Für deutsche Energieversorger war bisher im Oktober viel zu tun: Mit der Festlegung diverser Strompreis-Umlagen für das folgende Jahr sowie der Notwendigkeit, die eigene Stromkennzeichnung zum Stichtag 01. November zu veröffentlichen, und den dann folgenden Preiskalkulationen war erhebliche Arbeitskraft gebunden. Dies wird sich nun ein wenig entzerren, nachdem der Stichtag für die Stromkennzeichnung in den Sommer gerückt ist. „Deutschland schwenkt damit letztlich auf den europäischen Normkurs ein“, ordnet Kara Hoffmann, Gruppenleiterin Ökoenergien bei der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW), die Entscheidung ein. „Tatsächlich ist Deutschland hier bislang, zumindest was den Stichtag betrifft, Schlusslicht in Europa. Insofern ist die Entscheidung der Bundesregierung zur Vorverlegung auf den 1. Juli nachvollziehbar. Allerdings wäre eine deutlich bessere Kommunikation zur Entscheidung von Vorteil gewesen. Die Anpassung des Paragraphen 42 EnWG an das Solarpaket 1 zu koppeln, hat das Anliegen ein wenig in den Hintergrund treten lassen.“
Mit dieser Fristanpassung der Stromkennzeichnungen in Richtung der Endkundschaft verändern sich auch die Fristen für die Kommunikation zwischen den Vorlieferanten. Regionalnachweise, die bisher zwischen dem 1. August und 15. Dezember entwertet werden können, werden ab nächstem Jahr zwischen dem 1. April und dem 31. Juli entwertet. „Dass die Stadtwerke die neue Frist erst in ihre Prozesse übersetzen müssen, ist völlig klar“, führt Christian Esseling, stellvertretender Abteilungs-leiter Vertriebslösungen bei der ASEW, aus. „Wir gehen davon aus, dass im nächsten Jahr die Fristverschiebung erst einmal zu einer Verkürzung der Bearbeitungszeit und damit zu einer Verschiebung der Belastung der involvierten Kolleginnen und Kollegen bei den Energieversorgern in das 2. Quartal führen wird. Die ASEW verlegt deshalb das jährliche Web-Seminar ‚Stromkennzeichnung‘ sowie die Erstellung der Stromkennzeichnung im Rahmen eines Workshops auf das Quartal 2/2025 vor. Im laufenden Jahr wird das Web-Seminar wie bisher Ende September stattfinden.“
Wie wichtig das Thema für die Energiewirtschaft ist, hat die ASEW für das Netzwerk in einer eigenen Marktrecherche zu den Stromkennzeichnungen der ASEW-Mitglieder herausgearbeitet. Ein Ergebnis: Von 293 in die Übersicht einbezogenen Unternehmen weisen etwas mehr als zehn Prozent (30) zu 100 Prozent Grünstrom aus. Diese Unternehmen nutzen die Nachweise für ihren kompletten Absatz – von Haushalts- über Großkunden bis zur Grundversorgung. Gut die Hälfte der Stadtwerke (144) ist mit der unternehmenseigenen Stromkennzeichnung besser aufgestellt als der deutsche Durchschnitt (Emissionen im Jahr 2022 von weniger als 377 Gramm je Kilowattstunde). Weniger als 15 Prozent (43) setzen wenig auf das Instrument der Herkunftsnachweise, sprich der Anteil am Absatz, der mit Herkunftsnachweisen grüngestellt worden ist, liegt bei 10 Prozent oder weniger.
„Die Ergebnisse zeigen, dass die Energiewelt durchaus Wert auf eine hohe Vergrünungsquote des eigenen Portfolios legt“, ist Kara Hoffmann überzeugt. Auch im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichtspflicht (CSRD) werden Herkunftsnachweise für berichtspflichtige Kundinnen und Kunden immer wichtiger. Im Rahmen der Berichte wird zukünftig auch eine Treibhausgasbilanz kommuniziert werden. Die Emissionen, die der Strombezug in Scope 2 verursacht, können mit Hilfe des marktbasierten Ansatzes auf Null reduziert werden. Dafür werden Herkunftsnachweise benötigt. „In der ASEW sehen wir eine zunehmende Relevanz von nachgewiesenen Eigenschaften von Produkten. Die Herkunftsnachweise, die europaweit etabliert und im europäischen Gesetz verankert sind, bieten hier eine eindeutige nachvollziehbare grüne Eigenschaft.“
Details zu den ASEW-Angeboten rund um Ökoenergien gibt es unter www.asew.de/asew-oekoenergie.