Schon während des Auf- und Ausbaus der intelligenten Netze, also in den kommenden zehn Jahren, sollen sich die gesamtwirtschaftlichen Effekte auf insgesamt 336 Milliarden Euro summieren. Die vollen Effekte von 55,7 Milliarden Euro jährlich treten ein, wenn die entsprechenden Infrastrukturen existieren und die so ermöglichten neuen Angebote eingeführt sind und breit genutzt werden. Dazu müssen Rahmenbedingungen für Investitionen in neue Geschäftsmodelle und hochleistungsfähige Breitbandnetze geschaffen sowie spezifische Datenschutz- und Standardisierungsfragen gelöst werden.
Unter Intelligenten Netzen versteht man digitale Infrastrukturen in den Bereichen Energie, Verkehr, Gesundheit, Bildung und Verwaltung. Hinzu kommen die Breitbandnetze der Telekommunikation. Kempf: "Intelligente Netze sind nicht nur die Basis für die digitale Wirtschaft der Zukunft. Gesellschaftliche Herausforderungen wie die Energiewende, der demografische Wandel oder der Erhalt der Mobilität können nur mit Intelligenten Netzen gemeistert werden."
Intelligente Netze sind neben Unternehmensgründungen das Hauptthema auf dem 7. Nationalen IT-Gipfel, der kommenden Dienstag in Essen stattfindet. "Infrastruktur wird immer mehr zum Standortfaktor. Deutschland sollte sich zum Ziel setzen, innerhalb der kommenden fünf bis zehn Jahre die modernste Infrastruktur weltweit aufzubauen", sagte Kempf. Hierzu brauche man eine konzertierte Aktion der relevanten Vertreter aus Politik und Wirtschaft. Bislang würden einzelne Teil-Infrastrukturen noch zu sehr voneinander abgeschottet. Zum Beispiel neue Energienetze müssten von Beginn an mit der Elektromobilität entwickelt und aufgebaut werden. Kempf: "Spätestens im vernetzten Heim kommen dann künftig alle Netze zusammen. Deshalb müssen sie auch zusammen gedacht, entwickelt und aufgebaut werden. Dies ist eine nationale Mammutaufgabe. Auf dem IT-Gipfel geben wir den Startschuss, und gehen sie an."
In der von BITKOM beauftragten Studie wurden erstmals die gesamtwirtschaftlichen Effekte der verschiedenen Netze detailliert ausgewiesen. Im Gesundheitswesen ergibt sich ein wirtschaftlicher Nutzen von rund 12,2 Milliarden Euro jährlich, in der Energiewirtschaft von 10,7 Milliarden, im Verkehrswesen von 10 Milliarden, in der Verwaltung von 5,2 Milliarden und in der Bildung von 5 Milliarden Euro. Davon gehen jeweils rund drei Viertel auf Effizienzgewinne zurück und rund ein Viertel auf zusätzliches Wachstum. Den größten Nutzen mit 12,7 Milliarden Euro erbringen jedoch die netzübergreifenden Anwendungen, etwa die Verknüpfung von Smart Grids der Energie und Elektromobilität.
Beispiel Energiewirtschaft: Smart Grids, also intelligente Energienetze, sind die Basis für den Einsatz erneuerbarer Energiequellen. Eine intelligente Steuerung des Netzes mit einer flexiblen Verschiebung der Stromlast kann die Stromkosten um rund 5,5 Milliarden Euro jährlich senken. Hinzu kommen Einsparungen in Milliardenhöhe durch eine automatisierte Gebäudesteuerung und geringere Kosten beim Netzausbau.
Zur Methodik: Gegenstand der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) sind die gesamtwirtschaftlichen Effekte, die sich durch intelligente Netze erzielen lassen. Die Berechnungen basieren erstens auf einer Metastudie, in der verfügbare einschlägige Untersuchungen ausgewertet wurden. Zudem wurden Fraunhofer-Experten zur Dynamik in den einzelnen Bereichen befragt. Außerdem sind Bewertungen von Experten eingeflossen, die im Rahmen von Workshops mit dem Münchner Kreis die Voraussetzungen und Effekte intelligenter Netze analysiert haben. Bei den ermittelten Zahlen handelt es sich um fundierte Abschätzungen. Sie stellen einen Input für eine differenzierte Diskussion über die Voraussetzungen und Effekte von intelligenten Netzen in Deutschland dar.