Was ist die erste Tätigkeitsstätte?
Die erste Tätigkeitsstätte ist der Ort, dem der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist, um seiner Arbeit nachzugehen. Das kann beispielsweise eine Betriebsstätte, eine Filiale oder eine feste Einrichtung des Arbeitgebers sein. Nach Paragraph 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Fahrtkosten zur ersten Tätigkeitsstätte als Werbungskosten absetzen. Die Definition und Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte hat direkte Auswirkungen darauf, ob Beschäftigte Pendlerpauschalen, Verpflegungsmehraufwendungen und andere beruflich bedingte Ausgaben bei der Steuer absetzen können.
Was ist ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet?
Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet liegt in Abgrenzung zur ersten Tätigkeitsstätte vor, wenn Angestellte eher auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers tätig sind. Die Regelung zur ersten Tätigkeitsstätte ist nicht frei von Kritik. „So kann die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte in der Praxis zu Unklarheiten und Streitigkeiten mit den Finanzbehörden führen. Das ist gerade dann der Fall, wenn mehrere potenzielle Arbeitsorte oder wechselnde Projektorte vorliegen“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Stefanie Anders in Düsseldorf.
Verfahren beim Bundesfinanzhof
Am 8. Februar 2024 erfolgte ein Beschluss durch den Bundesfinanzhof (BFH) über einen Fall, der sich mit der Frage befasste, ob eine erste Tätigkeitsstätte oder ein weiträumiges Tätigkeitsfeld bei einem Rettungssanitäter vorliegt (VI B 46/23).
Ein Rettungssanitäter rotierte laut Dienstplan zwischen verschiedenen Wachen. Der Arbeitgeber bestätigte, dass keine dienst- und arbeitsrechtliche Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte vorlag. Der BFH bestätigte, dass in diesem Fall ein weiträumiges Tätigkeitsfeld gegeben ist.
Welche Konsequenzen resultieren?
„Sind Sanitäterinnen und Sanitäter keiner Rettungswache ständig zugeordnet, stehen die Chancen gut, dass die Finanzverwaltung ihnen ein weiträumiges Tätigkeitsfeld gestattet. In diesem Fall können sie alle über den kürzesten Anfahrtsweg zum nächstgelegenen Zugang hinausgehenden Kilometer als Werbungskosten zusätzlich ansetzen“, erklärt Anders.
Beispiel: Der Rettungssanitäter A fährt an 150 Tagen mit dem Pkw von seiner Wohnung zu dem 15 km entfernten, nächstgelegenen Zugang des ihm zugeordneten Versorgungsbereichs. Eine dauerhafte Zuordnung zu einer bestimmten Rettungswache oder einer ersten Tätigkeitsstätte kann nicht angenommen werden (weiträumiges Tätigkeitsgebiet). An 70 Tagen fährt A von seiner Wohnung über eine weiter entfernt gelegene Rettungswache (20 km) in den Versorgungsbereich.
Die Fahrten von der Wohnung zu dem weiträumigen Tätigkeitsgebiet kann er wie die Fahrten von der Wohnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte behandeln.
- A kann somit für diese Fahrten lediglich die Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 Euro je Entfernungskilometer, also 675 Euro (= 15 km x 0,30 Euro x 150 Tage) als Werbungskosten ansetzen.
- Die Fahrten zur weiter entfernt gelegenen Wache lassen sich zunächst zwar nur mit 15 Kilometer und der Entfernungspauschale (15 km x 0,30 Euro x 70 Tage) berücksichtigt. Die jeweils zusätzlichen fünf Kilometer für den tatsächlich längeren Hin- und Rückweg lassen sich mit den tatsächlichen Kosten oder aus Vereinfachungsgründen mit dem pauschalen Kilometersatz in Höhe von 0,30 Euro je gefahrenem Kilometer (Hin- und Rückfahrten) ansetzen, also 210 Euro (= (5 km Hinfahrt + 5 km Rückfahrt) x 0,30 Euro x 70 Tage).