80 Einsätze als Notfallseelsorger hat Stolz inzwischen absolviert. Der gelernte Sozialpädagoge kann aus einem reichen Erfahrungsschatz schöpfen, er hat in seinem Leben als Kindergartenleiter, Beamter des Bundegrenzschutzes und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr gearbeitet. Der Rentner hatte vor neun Jahren in einer Tageszeitung gelesen, dass Mitarbeiter für die Notfallseelsorge gesucht werden und sich gemeldet. "Wir sind für die Betroffenen so lange da, bis das soziale Netz greift", sagt Stolz. "Manchmal sind wir eine schweigende Stütze und helfen so, den Schmerz auszuhalten. Ein anderes Mal wird ein Gespräch gewünscht. Wichtig ist, dass wir mitfühlen, aber nicht mitleiden." Die Reaktionen auf eine Krisensituation seien unterschiedlich: Vom Schock, über Wut bis hin zum Verneinen des Geschehenen sei alles dabei. "Wesentlich ist, dass wir den Menschen Raum für ihre Gefühle geben, diese aber nicht verstärken."
Wie das funktioniert, lernen die Mitarbeiter in einer 70 Stunden dauernden Grundausbildung, die Gesprächstechniken, psychologisches Wissen und Übungen beinhaltet. Später besuchen sie Fortbildungen, beispielsweise zum Thema Stressbewältigung. Monatlich findet eine Einsatzbesprechung mit einem Psychologen statt. Dabei haben die Seelsorger die Möglichkeit, über den Einsatz und ihre Gefühle zu sprechen. Ziel ist es, die belastenden Erlebnisse gut aufzuarbeiten. "Mein Lohn ist die Wertschätzung der Menschen, die ich begleite", sagt der ehrenamtliche Helfer. "Einmal habe ich sogar einen Dankesbrief erhalten, das hat mich gerührt." Dank der professionellen Unterstützung und den Schulungen gelinge es ihm, gut mit den belastenden Situationen umzugehen. "Ich bin ein fröhlicher Mensch geblieben und habe gelernt, das Leben noch mehr zu schätzen." Woran ist zu erkennen, dass der Betroffene die Situation angenommen hat? "Wenn ein Mensch nach Stunden plötzlich fragt, wer ich bin, weiß ich, das Schlimmste ist überstanden. Denn er ist wieder in der Realität angekommen", erzählt Stolz. Nach dem Einsatz müssen die Helfer die Betroffenen und deren Geschichten wieder loslassen. Meist erfahren sie nicht, wie es mit den begleiteten Menschen weiter geht.