-BGH Urteil korrigiert restriktive Rechtsprechung zum zwingenden Ausschluss von Angeboten
-BGH hält die Pflicht zur Benennung von Nachunternehmern mit Angebotsabgabe für unzumutbar
In einem Urteil vom 10.06.2008 (BGH X ZR 78/07) bescheinigt der Bundesgerichtshof der Bieterpflicht zur Benennung der Nachunternehmer Unzumutbarkeit bereits im Angebot. Der Kläger störte sich besonders daran, dass bei der Nutzung des Vergabehandbuchs des Bundes (VHB, Fassung bis 30.06.2008) die Auftraggeber mit der Verwendung des EFB 317 EG vom Bieter bereits im Angebot sowohl die Benennung des vorgesehenen Nachunternehmers als auch dessen Verpflichtungserklärung verlangen. Der BGH erhebt gegen eine derartige Vergabepraxis grundsätzliche Bedenken und führt aus: "Um dazu wahrheitsgemäße Erklärungen abzugeben, müssten sich alle Ausschreibungsteilnehmer die Ausführung der fraglichen Leistungen von den jeweils ins Auge gefassten Nachunternehmern bindend zusagen lassen. Eine solche Handhabung kann die Bieter (...) in einem Maße belasten, das in der Regel nicht in einem angemessen Verhältnis zu den Vorteilen dieser Vorgehensweise für die Vergabestellen steht. (...)" Nach dem Urteil verpflichtet das neue Formblatt EFB 235 EG zur konkreten Benennung der Nachunternehmer (...) erst auf Verlangen der Vergabestelle.
"Mit diesem Urteil siegt der wirtschaftliche Sachverstand über den jahrelang etablierten Vergabeformalismus. Es muss nun nicht mehr teuer gebaut werden, nur weil ein wirtschaftliches Angebot aus formalen Gründen ausgeschlossen werden muss", kommentiert Thomas Hofbauer Geschäftsführer bei Hill International Deutschland, weltweit führend im Construction-Risks-Management sowie Contract- und Claimmanagement im Bau- und Anlagenbau, das Urteil. Thomas Hofbauer sieht in diesem Urteil weitere Vorteile für die beteiligten Seiten: "Der Bieter muss Nachunternehmer nicht binden und kann im Zuge weiterer Verhandlungen seine wirtschaftliche Position verbessern. Auch das Nachtragsrisiko lässt sich reduzieren, da die Nachunternehmer erst zu einem Zeitpunkt gebunden werden müssen, zu dem einerseits der Leistungsumfang klarer ist andererseits die Ausführungstermine bekannt sind. Aber auch Nachunternehmer profitieren, weil sie sich nachträglich an den siegreichen Bieter wenden können, da er nicht an den vorherigen Bieter gebunden ist." "Allerdings", schränkt Hofbauer ein, "kann sich der Auftraggeber nicht endgültig auf die Angaben der Bieter zu Nachunternehmern verlassen, was zu Qualitätsproblemen führen kann. Der Bieter kann Nachunternehmer nun schlechter Binden, auch wenn dieses in Zeiten steigender Preise wünschenswert wäre. Nachteilig für die Nachunternehmer ist, dass durch den nun noch größeren Wettbewerb unter Umständen niedrige Preise veranschlagt werden müssen, um den Zuschlag zu bekommen." Bei Hill International ist man davon überzeugt, dass mit diesem Urteil dem Markt Flexibilität und ein Wettbewerb zurückgegeben wurde, der allen beteiligten Seiten große Vorteile bringen kann.
Das vollständige Urteil finden Sie unter: www.hillintl.de/Downloads.htm