„Bisher kommen je nach Getränk und Behälter rund zwanzig verschiedene Füllventilvarianten zum Einsatz“, sagt Jochen Ohrem, Expert of R&D Management bei KHS in Bad Kreuznach. „Die Getränkeindustrie fordert zunehmend vielseitig einsetzbare Füllsysteme. Auch digital vernetzte Anlagen- und Maschinenlösungen sind sehr gefragt.“ KHS möchte diese Transformationen entscheidend vorantreiben. Daher beteiligte sich der Dortmunder Systemanbieter mit sechs Partnern[2] am Forschungsprojekt DnSPro. Ihr gemeinsames Ziel: Ein selbstlernendes Füllventil zu entwickeln, mit dem Getränkeproduzenten jede Flüssigkeit in alle existierenden Behältertypen füllen können. Dadurch entfalle die manuelle Umstellung und der Bedien- und Wartungsaufwand reduziere sich deutlich, erklärt Ohrem.
Selbstlernend und digital vernetzt
„Wir haben dazu cyber-physische Systeme entwickelt, dank denen das Füllventil selbst herausfindet, wie es ein bestimmtes
Getränk optimal und möglichst schnell in einen bestimmten Behälter einfüllt“, führt Ohrem aus. Der Füllprozess wird dabei mithilfe einer Kamera analysiert. Diese kontrolliert ständig Blaseneinschlag sowie Schaumbildung, wodurch ein Überschäumen und daraus resultierender Produktverlust verhindert werden.
Mithilfe von Mikrocontrollern und der Auswerteelektronik der Kamera öffnet sich das Füllventil je nach Füllstand über einen Schrittmotor unterschiedlich weit. „Im Mittelpunkt stand dabei das ‚Erlernen‛ mehrerer Fähigkeiten: Selbstkonfiguration, Analyse, Selbstdiagnose und schließlich Selbstoptimierung“, erläutert Ohrem. Dahinter verbirgt sich das zukünftige Ziel, die Flexibilität sowie die Energie- und Ressourceneffizienz der Produktion durch den Einsatz selbstlernender künstlicher Intelligenz zu erhöhen. Auf der BrauBeviale gibt KHS erstmalig Einblick in die Eckdaten des intelligenten Füllventils, das die zuvor gesetzten Anforderungen des Projekts allesamt erfüllt.
Ideen für die Zukunft der Getränkeindustrie
„Die Entwicklung geht nun in die nächste Phase, in der wir mit diesem Prototyp weitere Erfahrungen sammeln“, sagt Ohrem.
Eine Idee für den späteren Einsatz in der Praxis hat er bereits. Statt eines zentral in der Maschine platzierten Füllrechners, der den Prozess aller Ventile steuert, sollen diese Aufgabe künftig dezentrale miniaturisierte Rechner an jeder Ventilgruppe übernehmen. Dadurch ließe sich im Füllventil einfache Sensorik wie zum Beispiel ein Drucksensor platzieren, der den Druckverlauf dokumentiert, analysiert und so einen sich selbstständig optimierenden Prozess ermöglicht. „Durch den geringeren Aufwand bei dieser Installation sollten sowohl Kosten- als auch Zeitvorteile, zum Beispiel bei der Inbetriebnahme, entstehen“, erläutert Ohrem.
[1] Kurz für dezentral kooperierende, sensorbasierende Subsysteme für Industrie-4.0-Produktionsanlagen.
[2] Neben KHS sind Infineon, WIBU Systems, EPOS, die Ruhr-Universität Bochum sowie die Hochschule Ostwestfalen-Lippe am Forschungsprojekt beteiligt. Die Projektkoordination übernahm KROHNE Innovation aus Duisburg, als Lieferant für Sensorik und Messtechnik ein langjähriger Partner des Komplettanbieters.