Mit Federn der 1889 von Siegmund Scherdel gegründeten Drahtzieherei experimentierte schon Rudolf Diesel am ersten Dieselmotor der Welt. Inzwischen deckt die Scherdel-Gruppe von der Umformtechnik über die Montage- und Fügetechnik bis hin zur Oberflächentechnik sowie den Maschinen‑, Werkzeug- und Anlagenbau ein breites Spektrum ab. Das heute mit 32 Standorten weltweit tätige Unternehmen steht seinen Kunden vom Briefing bis zur Serienfertigung als Partner zur Seite. Ergebnis sind Premiumprodukte, die nicht nur in der Automobilindustrie, sondern beispielsweise auch in der Medizintechnik, der Elektro- und Energietechnik im Einsatz sind. Dazu zählen auch die Stanz- und Biegeteile, Federringe und Komponenten für die Elektromobilität, die bei der Scherdel Waldershof GmbH & Co. KG im bayerischen Waldershof gefertigt werden.
Die Komponenten aus verschiedenen Stahllegierungen, Edelstahlen und Buntmetallen erhalten zum Teil in Gleitschliffprozessen den perfekten Schliff. Neben der eigentlichen Bearbeitungsaufgabe wie dem Entgraten und Kantenverrunden sind dabei eine anforderungsgerechte technische Sauberkeit sowie saubere Oberflächen wichtige Qualitätsmerkmale, sodass eine optische Qualitätskontrolle einwandfrei durchgeführt werden kann. Eine entscheidende Rolle dafür spielt die Qualität des Prozesswassers.
Aufbereitung und Überwachung des Prozesswassers – für viele Anwender und Betreiber
Das Prozesswasser aus dem Gleitschliffprozess wird bei Scherdel Waldershof im Kreislauf geführt und durch eine halbautomatische Zentrifuge aufbereitet. Eine Überwachung der Prozesswasserqualität erfolgte jedoch nur sehr eingeschränkt in Form einer täglichen Kontrolle der Compound-Konzentration und mit wechselndem Personal, das über kein tiefes Know-how zur Aufbereitung und Überwachung des Prozesswassers verfügte. „Durch den Eintrag von Ölen aus den Stanz-Biegeprozessen und Bandschmiermitteln sowie dem Material- und Schleifkörperabrieb verändert sich die Prozesswasserqualität. Einerseits nimmt die Leitfähigkeit zu, was bei den optischen Prüfungen zu fehlerhaften Ergebnissen führte. Andererseits wurden die Vorgaben hinsichtlich Partikelgrößen und -mengen nicht immer eingehalten, woraus aufwendige Nacharbeiten oder sogar Ausschuss resultierte“, berichtet Tobias König, Abteilungsleiter Oberfläche Gleitschleifen / Reinigen bei Scherdel Waldershof.
Digitales Prozesswassermanagement bringt Transparenz und Know-how
Entsprechend groß war das Interesse des Abteilungsleiters, als ihm der Einsatz der digitalen Prozesswassermanagement-Lösung „Advanced“ von Rösler Smart Solutions als Pilotanwender vorgeschlagen wurde. Dieses neue Produkt für die Prozesswasseraufbereitung für halb- und vollautomatische Zentrifugen ermöglicht die anwenderorientierte Überwachung, Erfassung und Auswertung wesentlicher Prozessparameter. Dies sind: Compound-Konzentration (Titration oder Brechungsindex – BRIX), pH-Wert, Leitfähigkeit, Wasserhärte, mikrobiologische Belastung durch Bakterien, Hefen und Pilzen, Chloridgehalt, CSB-Wert (chemischer Sauerstoffbedarf), BIT-Gehalt (Biozide im Prozesswasser), Aussehen und Geruch. Angepasst an die jeweilige Anforderung an den Gleitschliffprozess, können die zu überwachenden Parameter individuell ausgewählt werden. In der ersten Ausbaustufe des Paketes „Advanced“ erfolgen die Probennahme und Analyse manuell mittels entsprechendem Messequipment, das auf Wunsch mitgeliefert werden kann. Eingegeben werden die ermittelten Werte ebenfalls manuell. Auf Basis der eingegebenen Daten berechnet der in der Software hinterlegte Algorithmus direkt umsetzbare Handlungsempfehlungen, um bei Abweichungen vom zuvor definierten Soll- oder Toleranzwert eines oder mehrerer Parameter diese wieder in den vorgegebenen Bereich zu bringen und damit die Prozessstabilität zu sichern. Die Handlungsempfehlungen enthalten darüber hinaus Erklärungen, welche Folgen Abweichungen des jeweiligen Parameters auf die Bearbeitungsqualität haben. Da alle Parameter gespeichert werden, kann auf die Daten in Form von Tabellen und Verlaufsdiagrammen zugegriffen werden. Letzteres ermöglicht ungeplante Betriebsunterbrechungen durch einen erforderlichen Wechsel des Prozesswassers zu vermeiden und einen Neuansatz auf einen in den Betriebsablauf optimal integrierbaren Zeitpunkt zu legen.
„Rösler hat uns das digitale Prozesswassermanagement vorgestellt und wir haben sofort das Potenzial erkannt, durch diese Lösung mehr Transparenz und Prozesssicherheit zu erzielen. Außerdem haben wir die Möglichkeit gesehen, das Prozessverständnis unserer Mitarbeitenden durch die Handlungsempfehlungen mit entsprechenden Erklärungen deutlich zu verbessern“, erklärt Tobias König.
Prozessstabilität und Bearbeitungsqualität optimiert
Scherdel Waldershof nutzt das digitale Prozesswassermanagement für eine halbautomatische Zentrifuge Z 800 von Rösler, die eine im dreischichtigem Betrieb laufende Gleitschliffanlage (Rösler R 620), mit Prozesswasser versorg. Überwacht werden die Compound-Konzentration und der pH-Wert jeweils einmal pro Schicht. Eine Leitfähigkeitsmessung erfolgt einmal wöchentlich. Die Kontrolle der mikrobiologischen Belastung des Prozesswassers wird nach Bedarf durchgeführt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Aussehen und Geruch, die ebenfalls regelmäßig erfasst werden, Anzeichen auf eine Veränderung liefern. „Die Messungen und die Erfassung der ermittelten Werte ist einfach und schnell durchzuführen. Der Zeitaufwand für die Messung und Erfassung der Compound-Konzentration und des pH-Werts ist nahezu identisch mit dem der Kontrollen vorher“, beschreibt der Abteilungsleiter. „Allerdings erhalten wir heute eine übersichtliche Auswertung und im Falle von Abweichungen leicht verständliche und direkt umsetzbare Handlungsempfehlungen, die automatisch ausgegeben werden. Das trägt definitiv dazu bei, sowohl die Prozesswasser- als auch die Teilequalität stabil zu halten und dadurch Nacharbeiten und Ausschuss um bis zu 50 % zu reduzieren.“
Handlungsempfehlungen stehen aber nicht nur bei Sollwert-Abweichungen zur Verfügung, sondern auch für bestimmte qualitätsmindernde Vorkommnisse wie Korrosion auf den Teilen, einer Schaumbildung im Gleitschliffprozess und bei unzureichender Bauteilsauberkeit, die beispielsweise Folgeprozesse beeinträchtigt. Um diese Probleme zu beseitigen, enthalten die Handlungsempfehlungen verschiedene Maßnahmen sowie Erklärungen über die Zusammenhänge im Prozess. „Die Kolleginnen und Kollegen in der Abteilung haben üblicherweise keine spezielle Ausbildung zum Thema Gleitschleifen und Prozesswasser. Durch die Handlungsempfehlungen wissen sie nicht nur, was im Fall des Falles zu tun ist. Sie erhalten auch entsprechendes Hintergrundwissen, sodass das Bewusstsein für die Zusammenhänge zwischen Prozesswasserqualität und Teilequalität gestärkt wird“, merkt Tobias König abschließend an.
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