Batteriewechsel-Technologie: Erprobt, aber in Deutschland schwerfällig
Batteriewechselsysteme sind vor allem in China weit verbreitet. Allein der chinesische E-Auto-Hersteller NIO hat dort bereits rund 2.200 Wechselstationen aufgebaut und betreibt derzeit auch 14 Stationen in Deutschland. Daneben sind in China Anbieter wie Aulton Dianba, der Autobauer BYD oder der Batteriehersteller CATL mit eigenen Wechselstationen aktiv. In Europa kooperiert der Stellantis Konzern mit dem US-Anbieter Ample, um der Technologie auch in Europa zum Durchbruch zu verhelfen. „Batteriewechselsysteme sind bereits ausführlich erprobt“, sagt Zalwert. Allerdings setzen die großen europäischen und US-Autobauer bisher überwiegend auf fest verbaute Stromspeicher. Insbesondere für die Betreiber größerer Fahrzeugflotten könnten Wechselsysteme aber interessant sein, um die Standzeiten der Fahrzeuge zu reduzieren. So förderte das Bundeswirtschaftsministerium das Forschungsprojekt „eHaul“, das inzwischen als Spin-off weitergeführt wird und sich mit der Entwicklung und Umsetzung eines Batteriewechselkonzepts für den Fernverkehr mit 40t eLkw und Energiedienstleistungen im Stromnetz beschäftigt.
Schonendes Laden verlängert die Lebensdauer der Stromspeicher
Neben der Schnelligkeit eines Batteriewechsels im Vergleich zum konventionellen Laden bietet das Modell weitere Vorteile. „Ein großer Vorteil des Wechselmodells ist, dass die Batterien in den Stationen mit niedriger Spannung sehr schonend geladen werden können“, sagt Zalwert. „Das hat starken Einfluss auf die Batteriegesundheit und erhöht die Langlebigkeit der Batterien.“ Zudem werde bei jedem Batteriewechsel eine Tiefenanalyse zum Zustand der Batterie durchgeführt. Damit erhöht sich die Sicherheit des Fahrzeug-Batterie-Systems für die Kund:innen. Wechselsysteme bieten aber auch wirtschaftliche Vorteile. Da die Batterie nicht fester Bestandteil des Autos ist, kaufen Halter:innen die Kraftfahrzeuge ohne Batterie, was den Kaufpreis in der Regel um 20 Prozent sinken lässt. Die Batterien werden dann meist in einem Leasing-Modell angeboten.
Als teuerstes Einzelteil im E-Fahrzeug spielt der Zustand der Batterie auf dem Gebrauchtwagenmarkt eine entscheidende Rolle. „Der Wiederverkaufswert von E-Autos misst sich häufig an der verbleibenden Batteriegesundheit – auch bekannt als State of Health oder SoH. Verbraucher:innen profitieren von der Entkopplung von Batterie und Auto auf dem Zweitmarkt, da ein Gebrauchtwagen ohne Batterie deutlich einfacher zu bewerten ist“, erklärt Zalwert. Der TÜV-Verband fordert, den Markt für gebrauchte E-Autos zu stärken. Dafür sind einheitliche Standards für die Ermittlung des Batteriezustands notwendig. „Bisher gibt es keine einheitlichen Maßstäbe für die Bewertung des State-of-Health“, sagt Zalwert. Das Thema Batteriegesundheit ist ein Schwerpunkt des aktuellen „TÜV-Report 2025“, bei dem erstmals zehn Elektrofahrzeuge vertreten sind. „Der Markt für gerbrauchte Elektrofahrzeuge kommt in Fahrt“, sagt Zalwert. „Die Bewertung der Batteriegesundheit und alternative Konzepte wie Wechselbatteriesysteme können dem Markt für neue und gebrauchte E-Autos weiteren Auftrieb geben.“
Normen und Standards schaffen Komfort
Größtes Hindernis auf dem Weg zu Wechselsystemen sind einheitliche Normen und Standards. „Standardisierte Wechselbatteriesysteme über Herstellergrenzen hinweg gibt es noch nicht. Das würde die Kosten für den Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur massiv verringern“, sagt Zalwert. Außerdem werben die Anbieter damit, dass bei Wechselsystemen immer die neueste Batterietechnologie zum Austausch zur Verfügung steht. Das führt wahrscheinlich zu mehr Sicherheit, Performance und Reichweite. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ist auch bei Wechselbatterien darauf zu achten, dass die mit der Abgasnorm EURO 7 zu erwartenden Mindestanforderungen an die Lebensdauer eingehalten werden. Auch bei Wechselbatterien muss von vornherein an die Weiterverwendung der Batterie in einem anderen Anwendungsbereich gedacht werden. Auch Betreiber von Geschäftsmodellen, die über die Nutzung der Batterie in einem Fahrzeug hinausgehen, betonen die Vorteile von Wechselbatterien. So sind diese einfacher in eine Zweitanwendung zu überführen und zum Lebensende einfacher zu recyceln.
Technologie und Systemrennen bleibt weiter offen
Ob sich Batteriewechselsysteme auch außerhalb Chinas durchsetzen werden, ist derzeit ungewiss. „Die Reichweiten von Elektrofahrzeugen steigen und die Ladeinfrastruktur wird stetig ausgebaut“, sagt Zalwert. „Je nach Akku und Hersteller ist das Aufladen der Batterien von 10 auf 80 Prozent schon heute oftmals in weniger als 30 Minuten möglich.“ Dazu kommt die Vision der Feststoffbatterie, die eine höhere Energiedichte, mehr Reichweite und kürzere Ladezeiten verspricht.
Die TÜV-Unternehmen begleiten die Entwicklung der Elektromobilität und gestalten sie mit sicherheitsrelevanten Prüfungen aktiv mit. So engagieren sich die TÜV-Unternehmen schon heute für die Sicherheit an Batteriewechselstationen und unterstützen Projekte zum Aufbau einer sicheren Infrastruktur.
Methodik-Hinweis: Grundlage der Studienergebnisse ist eine repräsentative Ipsos-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 2.500 Personen ab 16 Jahren. Die Umfrage wurde zwischen 14.03.2024 und 03.04.2024 durchgeführt.
Frage: Hersteller von Elektroautos setzen auf Wechselbatterien. Ist die Batterie leer, wird diese in einer spezialisierten Service-Station gegen eine geladene getauscht. Wie finden Sie dieses System im Vergleich zu den E-Autos mit fest verbauten, nicht tauschbaren Batterien?