Die erforderlichen Korrekturen und Anpassungen wurden durch den Gesetzgeber teilweise bereits in die Wege geleitet. So kann die Bundesnetzagentur ab 1.1.2023 den Höchstgebotswert um bis zu 25% nach oben anpassen, sofern die entsprechenden beihilferechtlichen Regelungen durch die EU-Kommission zeitnah genehmigt werden.
Der Vorstandsvorsitzende Lothar Schulze: „Damit ist aber nur ein Teil der kurzfristigen Probleme gelöst. In einer kurzfristigen EEG-Novelle müssen die Umsetzungsfristen angepasst, Pönalen und der Verfall von Zuschlägen gestrichen werden. Und neben der Wiederherstellung der wirtschaftlichen und zeitlichen Umsetzungsperspektiven muss das Ausschreibungsvolumen an das vorhandene Projektpotenzial angepasst werden. Sonst schieben wir im kommenden Jahr durchgehend ein vierstelliges Projektvolumen vor uns her, dass gebaut werden könnte aber keinen Zuschlag erhalten kann!“
Die fehlenden Umsetzungsperspektiven und die Aussicht auf bessere Rahmenbedingungen führten zu Unterzeichnungen, obwohl ausreichend genehmigte Projekte vorhanden waren. Im kommenden Jahr trifft dadurch ein großes Projektvolumen auf möglicherweise stark reduzierte Ausschreibungsmengen. Schulze: „Das wäre ein fatales Signal und würde statt der gewünschten Aufbruchsdynamik den Ausbau der Windenergie an Land erneut abbremsen!“
Die große Koalition hatte sich mit einer EEG-Änderung selbst eine Falle beim Ausbau der Windenergie gestellt: Der Grund liegt im § 28 (6) des EEG: Danach muss (ab EEG 2023 „kann“) die Bundesnetzagentur das Ausschreibungsvolumen reduzieren, wenn eine Unterzeichnung droht. Und dies ist laut Gesetzestext insbesondere dann der Fall, wenn der Vortermin unterzeichnet war und die Summe der Neugenehmigungen zwischen den relevanten Stichtagen der Ausschreibungen unter dem gesetzlich festgelegten Ausschreibungsvolumen liegt.
Beides wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Fall sein. Mit unerwünschten Folgen: Die Bundesnetzagentur soll die Ausschreibungsmenge gemäß der im EEG genannten Formel massiv auf die Summe der Neugenehmigungen (zuzüglich aktuell unrelevanter nicht bezuschlagter Mengen) reduzieren. Für den Ausschreibungstermin Februar 2023 wäre dies aller Voraussicht nach nur eine dreistellige Menge, während gemäß EEG 2023 ein Volumen von 3.200 MW plus nicht bezuschlagter Mengen aus 2022 ausgeschrieben werden sollten. Ausgerechnet wegen der von der Bundesregierung stark angehobenen Mengenziele würde eine Unterzeichnung drohen und ein Kürzungsmechanismus greifen, der den Ausbau der Windenergie trotz umsetzungsreifer Projekte im Umfang von mehr als 2.000 MW massiv einschränkt. Nach Ansicht des WVW braucht es eine deutliche Rückenstärkung der Bundesnetzagentur durch Wirtschaftsministerium und Kanzleramt, um ein solches Szenario zu vermeiden.
Der Wirtschaftsverband Windkraftwerke e.V. fordert die Bundesnetzagentur dringend auf, ihren Ermessensspielraum maximal zu nutzen. Die Mengensteuerung in EEG-Ausschreibungen für die Windenergie an Land muss schnellstmöglich Vergütungsperspektiven für im Markt befindliche Projekte schaffen. Lothar Schulze appelliert an Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz: „Es bedarf klarer Anweisungen aus dem Wirtschaftsministerium und einer entsprechenden Unterstützung aus dem Kanzleramt! Sonst verlieren wir statt des erforderlichen Aufbruchs ein weiteres Jahr für die Energiewende!“
Hintergrund und weiterführende Maßnahmen:
Die eigentliche Ursache der Misere wurde aber schon weit früher gesetzt. Durch den Einsatz von Haushaltsmitteln zur Abschaffung der EEG-Umlage wurde das EEG europarechtlich zu einer sog. „Beihilfe“, die von der EU-Kommission genehmigt werden muss. Diese Genehmigung erteilt die EU-Kommission aber nur, wenn durch Ausschreibungen ein ausreichender Wettbewerb geschaffen wird. Die von der großen Koalition u.a. geänderte Regelung in § 28 Abs. 6 EEG soll zwar diesem Zweck dienen, führt aber im Ergebnis nur dazu, den Windenergieausbau in Deutschland abzuwürgen. Die Forderung muss also letztlich lauten: Keine Haushaltsmittel mehr für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, zumal diese ohnehin im Moment nicht gebraucht werden, weil das EEG-Konto weit im Plus ist und nicht mehr ausgeglichen werden muss. Die beste Lösung wäre eine Abschaffung der Ausschreibungen und die Rückkehr zum überaus erfolgreichen EEG 2016!