- Nach vielen Verzögerungen stellt ABO Wind Planungen in Wächtersbach ein
- Zeitverlust entzog Projekt wirtschaftliche Basis
- "Symptomatisch für Misere in Hessen"
Jährlich zwölf Millionen Kilowattstunden Strom hätten zwei Windkraftanlagen im Wächtersbacher Stadtteil Aufenau im Main-Kinzig-Kreis bereits seit 2014 produzieren können. Während des Genehmigungsverfahrens aber haben neue Anforderungen der Naturschutzbehörden das Projekt verzögert. Nun hat der Entwickler ABO Wind die Reißleine gezogen. "Der Windpark ist unter den sich verändernden Bedingungen bezüglich der Einspeisevergütung nicht mehr wirtschaftlich, wir haben die Planungen eingestellt", berichtet Vorstand Dr. Jochen Ahn.
Zur Jahresmitte 2013 hatte ABO Wind den Genehmigungsantrag eingereicht. Bei einem glatten Verlauf hätten die Anlagen bereits im folgenden Jahr in Betrieb genommen werden können. Tatsächlich ist jetzt noch immer keine Genehmigung in Sicht. Da die Systematik des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG), das bundesweit die Einspeisevergütung für Windstrom regelt, ein stetiges Absinken des Tarifs vorsieht, haben die Zeitverluste die Wirtschaftlichkeit des Windparks massiv verschlechtert. Die Anforderungen der Oberen Naturschutzbehörde waren geradezu schikanös. Nachdem ABO Wind bereits ein Jahr lang die Flugbewegungen der im Areal ansässigen Rotmilane kartiert hatte, verlegten die Tiere ihren Horst um hundert Meter. Obwohl sich an der Entfernung zum geplanten Windpark nichts änderte, forderte die Behörde eine erneute Kartierung, die sechs Monate in Anspruch nimmt. Dazu ist der Projektentwickler nun nicht mehr bereit. Vor rund zwei Jahren war bereits ein weiteres Windkraftprojekt im Wächtersbacher Stadtteil Wittgenborn am Schutz einzelner Rotmilanexemplare gescheitert.
"Wächtersbach ist symptomatisch für die Misere in Hessen", sagt Vorstand Ahn. Zwar postulierten insbesondere die Grünen in der hessischen Landesregierung sportliche Pläne für den Windkraftausbau. Realität und Anspruch klafften aber immer weiter auseinander. Ahn erläutert: "Der Artenschutz erklärt einzelne Exemplare geschützter Arten für sakrosankt, die an praktisch jedem potenziellen Windkraftstandort vorkommen. Dadurch scheitern immer mehr Projekte und damit zugleich das übergeordnete Ziel des Klimaschutzes." Dabei hat sich der Bestand des Rotmilans nach einem starken Rückgang Anfang der Neunziger Jahre in den vergangenen Jahren - trotz Windkraftausbaus - erholt. Heute nisten geschätzte 12.000 bis 15.000 Brutpaare in Deutschland. Aufgrund der positiven Entwicklung steht der Rotmilan inzwischen hierzulande nicht mehr auf der Roten Liste. Der Anbau von Monokulturen und Pestizideinsatz, die Größe von Kleinsäugerpopulationen und die Existenz von Mülldeponien wirken sich im Gegensatz zu Windkraftanlagen tatsächlich auf den Rotmilanbestand aus.
Die erfreulicherweise stark gewachsene Population des Rotmilans führt nun dazu, dass immer mehr Windparkplanungen scheitern. Das wiederum vereitelt einen wirksamen Klimaschutz. "Es ist absurd, dass ausgerechnet der Naturschutz den Klimaschutz ausbremst", findet Dr. Ahn. "Denn ein umfassend verstandener Naturschutz ist ohne Klimaschutz gar nicht möglich." Wenn es der Politik in Hessen und darüber hinaus nicht schnell gelinge, diese Binsenweisheit im Naturschutzrecht zu verankern, trage der Artenschutz als Blockierer der Energiewende ungewollt zur Abwanderung unter anderem jener Arten auch aus Hessen bei, deren Schutz sich die Behörden auf die Fahnen geschrieben haben.