- Besuch der rheinland-pfälzischen Ministerinnen Eveline Lemke und Ulrike Höfken
- Hunsrück-Projekt weist weiterem Ausbau der Windkraft im Binnenland den Weg
- Sechs REpower-Rotoren produzieren jährlich rund 39 Millionen Kilowattstunden Strom für den Energieversorger Mark-E
- Viel Potenzial für weiteren Ausbau in hügeligem Gelände und Wäldern
- Höhere Türme und größere Rotoren steigern Erträge der Windenergieanlagen
- Fachwissen der Projektentwickler in ökologisch sensiblen Regionen gefordert
Die technische Entwicklung der Windenergienutzung hat ein neues Stadium erreicht und ist im Hunsrück zu besichtigen: Bei ihrem Baustellen-Besuch am heutigen Freitag überzeugten sich die rheinland-pfälzischen Staatsministerinnen Eveline Lemke (Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung) und Ulrike Höfken (Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten) von den aktuellen Möglichkeiten der klimafreundlichen Stromerzeugung in einem Waldgebiet bei Klosterkumbd (Verbandsgemeinde Simmern, Rhein-Hunsrück-Kreis).
Die sechs Windenergieanlagen vom Typ REpower 3.4M104 mit einer Nennleistung von jeweils 3,4 Megawatt werden an dem Waldstandort jährlich rund 39 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen - das entspricht dem Bedarf von mehr als 11.000 durchschnittlichen Haushalten. Der Windpark Klosterkumbd geht noch in diesem Jahr ans Netz und leistet einen Beitrag, um den rheinland-pfälzischen Strombedarf ab 2030 bilanziell zu hundert Prozent aus regenerativen Quellen zu decken. Dieses ehrgeizige Ziel hat sich die rot-grüne Landesregierung im Koalitionsvertrag gesteckt.
Windkraft ist die mit Abstand effektivste und ökonomischste Form der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie, allerdings bedarf es auf dem Weg zu einer Vollversorgung in der Region noch des Baus weiterer leistungsstarker Windparks nach dem Vorbild Klosterkumbds. "Die Bereitschaft dazu ist groß in Rheinland-Pfalz - nicht allein bei der Landesregierung, sondern auch bei den regional und kommunal Zuständigen", sagt Urta Steinhäuser, Planungschefin Deutschland des in Heidesheim bei Mainz und Wiesbaden beheimateten Projektentwicklers ABO Wind. "Die Ausweisung neuer Vorrangflächen in den Regionalplänen und der erklärte Wunsch, kommunale Flächen für die Windkraft zur Verfügung zu stellen, beflügeln die Entwicklung." So ist ABO Wind zwar mit 170 Mitarbeitern in sieben europäischen Ländern und Südamerika aktiv. Doch am dynamischsten gehe es derzeit in Rheinland-Pfalz voran. Zunächst hatte ABO Wind am Standort Klosterkumbd mehr Anlagen mit jeweils geringerer Leistung geplant. "Wir haben im laufenden Verfahren auf den technischen Fortschritt reagiert und mit Hilfe der sehr kooperativen Genehmigungsbehörden im Dezember 2010 kurzfristig auf den neuen Anlagentyp umgestellt", berichtet die Planungschefin. Statt - wie zunächst vorgesehen - acht Turbinen mit jeweils 2,3 Megawatt-Leistung drehen sich nun bald sechs Anlagen mit je 3,4 Megawatt. "Die Konzentration auf weniger Anlagen mit höherer Leistung hilft, den Eingriff in die Natur so gering wie möglich zu halten, ohne Abstriche beim Ertrag zu erleiden."
Damit ist der Windpark Klosterkumbd wegweisend für den weiteren Ausbau der Windkraft im Binnenland - nicht allein in Rheinland-Pfalz. Voraussetzung für den großen Stromertrag ist die Höhe des Turms in Kombination mit dem großen Rotor der REpower-Anlagen. Die in Klosterkumbd eingesetzten Turbinen mit 128 Meter Nabenhöhe und 104 Meter Rotordurchmesser überragen mit fast 180 Metern Blattspitzenhöhe beispielsweise den Kölner Dom (157 Meter) deutlich. "Als Faustformel gilt: Jeder zusätzliche Meter bringt an Binnenlandstandorten rund 0,8 Prozent mehr Energie", erläutert Kurt Stürken, Direktor Global Projects des Herstellers REpower, den Zusammenhang. "Die sogenannte Bodenrauigkeit durch Bebauung, Berge und Bäume nimmt nach oben hin immer weiter ab." Damit sei dieser Anlagentyp prädestiniert, den weiteren Ausbau der Windkraft insbesondere in hügeligen Regionen und Wäldern zu ermöglichen.
In Klosterkumbd werden speziell für hohe Nabenhöhen entwickelte Hybridtürme errichtet. Die unteren 67 Meter des Turms bestehen aus vorgefertigten Beton-Segmenten. Auf diesen sitzt dann ein 61 Meter hoher Stahlturm. Wer die Baustelle besucht, erlebt, wie ein gigantischer Kran halbkreisförmige Betonteile zusammenfügt. Jeder dieser Halbringe ist größer und schwerer als ein Afrikanischer Elefant.
"Mit dem in Klosterkumbd umgesetzten Hybridturm-Konzept ist REpower technischer Vorreiter. Das Verfahren haben wir gemeinsam mit der Baufirma Max Bögl entwickelt und erwarten, dass es sich in den kommenden Jahren vor allem in Deutschland immer mehr durchsetzen wird: Mehr als die Hälfte der Anlagen, die REpower hierzulande in den nächsten drei Jahren errichten wird, werden Nabenhöhen über 100 Meter haben", führt Stürken aus. Das Fertigungsprinzip sei witterungsunabhängig einsetzbar und erlaube zudem einen sehr einfachen Rückbau der Anlagen.
Bei der Windkraftplanung an Waldstandorten wie Klosterkumbd kommt es besonders darauf an, die Auswirkungen für das Ökosystem zu minimieren. ABO Wind hat bereits zahlreiche Windparks in Wäldern oder an deren Rand insbesondere in Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg geplant und errichtet. "Unsere Expertise versetzt uns in die Lage, etwa bei der Bestimmung der Standorte, beim Parklayout, bei der Gestaltung von Ausgleichsmaßnahmen oder der Auswahl des Anlagentyps Entscheidungen zu treffen, die negative Folgen der Windkraftnutzung soweit wie möglich begrenzen", betont Planungschefin Steinhäuser. So stehen vier der sechs Anlagen auf bereits vorhanden Freiflächen, die zum Beispiel durch Windwurf entstanden sind, so dass nur wenige Bäume gefällt werden mussten. Für die in Anspruch genommene Fläche wird ein ebenso großes Areal in der Gemeinde Klosterkumbd auf geforstet. Über die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Fledermaus-und Vogelpopulationen hat ABO Wind Studien erstellen lassen, deren Ergebnisse in Planung und Betrieb des Windparks einfließen. Als Betriebsführer kümmert sich ABO Wind langfristig darum, Konflikte zwischen Windkraft sowie Flora und Fauna zu vermeiden.
Eigentümer des Windparks Klosterkumbd ist die Mark-E Aktiengesellschaft mit Sitz in Hagen (NRW). Der regionale Energiedienstleister gehört zur ENERVIE Gruppe, die zu mehr als 80 Prozent in kommunalem Besitz ist. Größte Anteilseigner sind die Städte Hagen und Lüdenscheid. Der Windpark Klosterkumbd ist das zweite Projekt, das Mark-E und ABO Wind gemeinsam realisieren. Mark-E plant darüber hinaus weitere Windparks in Rheinland-Pfalz - insbesondere in der Region Hunsrück - gemeinsam mit ABO Wind, um das Engagement regional zu bündeln. Ziel des Unternehmens ist es, bis zum Jahr 2020 ein Portfolio aus Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von rund 240 Megawatt aufzubauen. Klosterkumbd ist der bislang größte Windpark von Mark-E und ein strategischer Meilenstein beim konsequenten weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien.
Die erste Windenergieanlage des Windparks Klosterkumbd wird voraussichtlich Ende September Strom produzieren, die sechste einen Monat später ans Netz gehen. Von der Einreichung des auf den neuen Anlagentyp umgeschriebenen Genehmigungsantrags bis zur Inbetriebnahme werden dann lediglich elf Monate vergangen sein. So zügig lassen sich Windkraftprojekte nur realisieren, wenn alle Beteiligten gut zusammenarbeiten.