- Schandfleck im Industriegebiet beseitigt
- Anwohner und Industriebetriebe erhalten günstige Wärme
- Umwelt bleiben jährlich 3.500 Tonnen Kohlendioxid erspart
- Landwirte haben zuverlässigen Abnehmer für Silage und Gülle
- agri.capital Gruppe betreibt Anlage
Errichtet ist die neue Biogasanlage in Aschersleben (Sachsen-Anhalt) bereits. Aktuell befüllen die technischen Betriebsführer der örtlichen Firma VEC GmbH die Fermenter mit "Animpfmaterial", einem Gemisch aus Gülle und Silage aus einer benachbarten Biogasanlage. Mitte Juni wird genug Biogas entstanden sein, um mit der Stromproduktion zu beginnen. Schon jetzt ist klar, dass der Neubau viele positive Effekte hat. So wertet die Anlage das Ortsbild und die Hygiene im Industriegebiet Junkersfeld deutlich auf. Vor deren Errichtung prägten Brachflächen, abbruchreife Gebäude, unterirdische Öllager und rund 4.000 Tonnen Klärschlammkompost das Bild.
Zwei benachbarte Industriebetriebe profitieren künftig von der zuverlässigen und preiswerten Wärmeversorgung durch die Biogasanlage. Der Maschinenbauer Schiess und das Majoranwerk Aschersleben (Mawea) beziehen künftig Wärme vom Blockheizkraftwerk 1 neben der Anlage, in dem ein Großteil des Biogases verstromt wird. Mawea-Geschäftsführer Jörg Overkamp empfindet das Nebeneinander seines Betriebs mit der Biogasanlage als "gute Symbiose". Mawea plant zudem, eine moderne Kräuter- Trocknungsanlage auf dem Firmengelände zu errichten. "Die Wärme aus der Biogasanlage sichert uns langfristige Preissicherheit. Das ist für uns entscheidend, denn beim Erdgas oder Erdöl weiß ich nicht, was ich im nächsten Jahr bezahlen muss."
Um ein harmonisches Nebeneinander von hochwertiger Kräuterproduktion und klimaschonender Energieerzeugung zu ermöglichen, war das Konzept der Biogasanlage speziell auf die Anforderungen des Standorts abgestimmt worden. So wurde in der Planungsphase genau untersucht, in welchem Radius sich Keime verbreiten, die sich theoretisch in der Maissilage befinden können. Erst als sicher gestellt war, dass die Güte der hochwertigen Kräuter unter keinen Umständen beeinträchtigt wird, erteilten die Behörden eine Baugenehmigung für die Biogasanlage. Für deren Betreiber ist das Majoranwerk ein perfekter Kunde, denn im Sommer verpufft bei den meisten Biogasanlagen ein Großteil der bei der Stromproduktion gewonnenen Wärme. Mit der Kräutertrocknung erhöht sich die jährliche Ausnutzung am Standort auf hervorragende 87 Prozent.
Um die klimafreundlich erzeugte Energie optimal zu nutzen, haben die Biogasanlagen-Planer Hans- Werner Gress und Mike Luther von ABO Wind für den Standort Aschersleben ein Konzept mit zwei Blockheizkraftwerken entwickelt. Ein Teil des produzierten Biogases fließt durch eine 1,6 Kilometer lange Leitung, um in einem zweiten Blockheizkraftwerk verstromt zu werden. In Kooperation mit den Stadtwerken soll das benachbarte Wohngebiet Hellgraben ganzjährig mit Wärme zu langfristig stabilen Preisen versorgt werden. Das größere BHKW am Standort der Biogasanlage verfügt über 600 Kilowatt elektrische Leistung. Das Satelliten-BHKW, das künftig Gebäude der Ascherslebener Gebäude- und Wohnungsgesellschaft beheizt, hat eine Leistung von 191 Kilowatt. Besonders hochwertige Komponenten stellen sicher, dass die Bewohner Wärme vom BHKW erhalten, aber nicht von Lärm gestört werden.
Im Vergleich zur konventionellen Strom- und Wärmeproduktion wird die Biogasanlage Aschersleben mit den beiden Standorten zu jährlichen Kohlendioxid-Einsparungen von rund 3.500 Tonnen Kohlendioxid führen und damit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Im Laufe eines rund fünfjährigen Planungsprozesses ist es dem Projektentwickler ABO Wind, der in Sachsen-Anhalt bereits fünf weitere Biogas-Projekte realisiert hat und weitere plant, gelungen, zahlreiche Skeptiker zu überzeugen. "Wir mussten viel Überzeugungsarbeit bei allen Beteiligten leisten", sagt Mike Luther. Umso glücklicher ist er über den Erfolg. So haben zwölf Landwirte aus der Region zugesichert, die Biogasanlage langfristig zu füttern und Lieferverträge über Mais, Roggen und Weizen (jährlich 12.000 Tonnen) sowie 5.500 Kubikmeter Schweinegülle abgeschlossen. Das daraus gewonnene Biogas wird in 5.600 Megawattstunden Strom jährlich umgewandelt. Für externe Nutzer stehen zudem rund 4.500 Megawattstunden Wärme zur Verfügung. Der produzierte Strom entspricht dem Jahresverbrauch von 1.400 durchschnittlichen Drei-Personen-Haushalten.
Eigentümerin der Biogasanlage ist seit wenigen Tagen die agri.capital Gruppe, die die Anlage langfristig im eigenen Bestand halten und selbst betreiben wird. Das Unternehmen ist mit seinen derzeit 55 Biogasstandorten der größte Energieerzeuger auf Biogasbasis in Europa. ABO Wind und agri.capital befinden sich derzeit in Gesprächen über den weiteren Ausbau der gemeinsamen Zusammenarbeit. "Wir sind froh, mit agri.capital einen professionellen und zuverlässigen Partner zu haben und freuen uns auf weitere Vorhaben", sagt Dr. Jochen Ahn, Vorstand der ABO Wind AG.