„Bei der Planung eines Windparks nehmen wir Rücksicht auf die Interessen von Mensch und Natur“, sagt Projektleiter Karl Schultheis von ABO Wind. Im Auftrag der Wiesbadener Firma kümmert er sich um die Planung von bis zu acht Windenergieanlagen in der finnischen Kainuu-Region, nahe der Grenze zu Russland. „Hier in Finnland müssen wir dabei auf ein paar andere Dinge achten als in Deutschland“, sagt Schultheis. Er muss es wissen. Schließlich kennt er dank finnischer Mutter und deutschem Vater beide Länder. „Finnland hat ähnlich gute Windverhältnisse wie Deutschland, ist aber wesentlich dünner besiedelt. Vor allem im Norden“, erklärt er. Der von ihm geplante Windpark in Illevaara habe zum Beispiel rund zwei Kilometer Abstand zum nächstgelegenen Einzelhaus. Im Umkreis von vier Kilometern befindet sich gerade mal eine Handvoll Wohnhäuser. In Deutschland sind Entfernungen von weniger als einem Kilometer zu ganzen Ortschaften keine Seltenheit.
Doch nicht nur die Menschen berücksichtigt Schultheis in seinen Planungen. Auch Flora und Fauna kommen nicht zu kurz, was uns zurückbringt zu Joeli. Der Fischadler bewohnte in diesem Sommer rund 500 Meter entfernt vom Standort des potentiellen Windparks ein Nest. Laut Vorgabe der zuständigen Behörde ist das zu nahe, um ein störungsfreies Miteinander von Maschine und Tier garantieren zu können. Vor dem Abflug des Zugvogels in die wärmeren Gefilde Afrikas wurde er daher von Mitarbeitern der Finnish Osprey Foundation eingefangen und mit einem GPS-Sender ausgestattet. ABO Wind finanzierte die Aktion. „Wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagt Schultheis. Zum einen generieren Forscher wichtige Daten zum besseren Verständnis der Flugrouten von Fischadlern. „Zum anderen können wir dank der GPS-Überwachung von Joeli überprüfen, ob unsere Umsiedlungsbemühungen erfolgreich sind“, so Schultheis. Denn bei seiner Rückkehr erwarten den Vogel zwei Kunstnester in der Nähe seines ursprünglichen Nistplatzes. Sie sollen Joeli im kommenden Sommer in ausreichende Entfernung zum geplanten Windpark locken.
Darüber hinaus unterscheiden sich noch weitere Aspekte der Projektentwicklung in Finnland von der in Deutschland: „Wir haben uns zum Beispiel ausführlich mit den hier heimischen Rentieren beschäftigt“, sagt Schultheis. Dafür wurden einige Tiere mit GPS-Sendern ausgestattet. „Damit wollen wir prüfen, ob der Bau dieses Windparks eventuell Routen der Herden beeinflusst“, erklärt der Projektleiter. Außerdem sponserte ABO Wind in diesem Jahr die Sumpffußballweltmeisterschaft in Hyrynsalmi, ein schlammiges Spektakel, zu dem mehr als 2.000 Menschen aus etlichen Ländern anreisten. „Natürlich haben wir dort auch selbst mitgespielt“, unterstreicht Schultheis, der das Team von ABO Wind im finnischen Matsch auf einen beachtlichen vierten Platz führte.
Hier sind Flugroute sowie aktueller Standort von Joeli zu sehen.