Mehr effektives Training zu geringeren Kosten. Das hat sich die britische Qinetiq Group plc auf die Fahnen geschrieben. Seit 2005 gehört mit der Verhaert Space in Kruibeke das führende belgische Unternehmen für die Integration von Weltraumsystemen zum Bereich Qinetiq Space. Zu dessen Kunden zählen neben dem britischen Verteidigungsministerium auch die ESA und andere namhafte Organisationen wie u. a. die NASA. Kunden wie diese verlangen nach High-end-Lösungen. Darauf hat sich das mit größtem technischem Wissen arbeitende Team der belgischen Tochterfirma spezialisiert. Deren Lösungen sind dabei von hoher Vielseitigkeit und Innovationskraft bestimmt. So gehört das Konstruieren eines speziellen Laufbandes für Astronauten wegen seines speziellen Zubehörs zu den Projekten von Qinetiq Space.
Zunächst einmal ist Laufen nichts Außergewöhnliches. Im Gegenteil: Für sich genommen, ist es eine der leichtesten Betätigungen des Menschen überhaupt. In der Schwerelosigkeit ist es ohne Hilfsmittel jedoch nicht mehr möglich zu laufen. Denn wenn man einmal den Boden verlassen hat, gibt es buchstäblich kein Halten mehr. In Raumfähren und Raumstationen sind Astronauten deshalb beim Trainieren auf Laufbändern mit starren Formteilen verbunden. Mit dem häufigen, intensiven Training werden die negativen Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf Muskeln und Knochen der Astronauten minimiert, so dass sie auch bei längeren Ausflügen ins Weltall keine gesundheitlichen Probleme bei der Rückkehr zur Erde bekommen. Da die Fixierung an kaum dehnbarem Gummi von den Astronauten während Testreihen als unangenehm beschrieben wurde, bekam Qinetiq Space den Auftrag, eine neue Laufbandgeneration zu entwickeln. Den Raumfahrtspezialisten schwebte dabei ein Modell vor, das auf Bungeeseilen basiert, so dass die Trainierenden quasi über ihr eigenes Gewicht am Boden gehalten werden können.
Raumfahrer stellt neues Laufband in der Schwerelosigkeit auf die Probe
Der belgische Astronaut Frank de Winne verbrachte 2010 sechs Monate auf der Raumstation ISS. Ihm waren die Bedingungen auf dem bisher verwendeten Laufband also bestens vertraut. Dies war ein Grund, warum ihn die belgische Tochter der Qinetiq Group plc als Proband auswählte. Der andere war, dass die Schwerelosigkeit auf der Erde nicht so ohne weiteres herzustellen ist. Frank de Winne musste ein Flugzeug besteigen. Aber nicht irgendeins, sondern einen als ZERO G getauften, für besondere Flüge umgebauten Airbus A300. Mit diesem wurden zahlreiche Tests ausgeführt. Eine Woche lang absolvierte das Team pro Tag 31 so genannte Parabelflüge. Bei dieser die Form einer Parabel nachzeichnenden Art des Fliegens wird für die Dauer von 22 Sekunden Schwerelosigkeit erzeugt. Der gesamte Vorgang eines Parabelfluges dauert zwei Minuten, in denen der Körper des Probanden auch immer wieder bis zu 2 G, also das Doppelte der Schwerkraft, aushalten muss. Bei Normalsterblichen kann dieser ständige Wechsel zu Übelkeit führen. Ein Astronaut ist durch seine Übung hingegen in der Lage, selbst unter diesen Bedingungen noch zu trainieren und wertvolle Testergebnisse zu liefern. Denn schließlich soll das T2-Rack getaufte Laufband der zweiten Generation demnächst in der ISS zum Einsatz kommen. Beim Training trug Frank de Winne nun ein Geschirr, das über die Bungees mit dem Laufband verbunden ist. Die Dämpfer der TUBUS-Serie dienen wiederum der Sicherheit des Gesamtsystems. Gleich drei dieser Strukturdämpfer von ACE, die als Alternative zu Industriestoßdämpfern dienen, wenn es nicht auf punktgenaues Stoppen ankommt, sind hier im Einsatz. Ein TUBUS ist im Pneumatikzylinder, die beiden anderen sind im Rest des Systems platziert. Alle Dämpfer haben die Aufgabe, die Anlage in dem Falle zu schützen, in dem die Antriebsriemen für das Laufband zu Schaden kommen. In diesem Falle würde der Zylinder eine sehr hohe Geschwindigkeit erreichen, und am Ende des Hubes würde er schwer beschädigt werden. Die anderen beiden Dämpfer schützen weitere mechanische Teile des Antriebs.
TUBUS getestet und für gut befunden
Bevor die TUBUS des Typs TS32-16 am Laufband angebracht worden sind, mussten sie zuerst die Konstrukteure der Qinetiq Space bv in Kruibeke und dann ESA und NASA von ihrer Tauglichkeit überzeugen. Mit einer speziellen Hochgeschwindigkeitskamera wurden Tests und Auswirkungen auf die Strukturdämpfer festgehalten. Mit ihr konnte festgestellt werden, dass die Dämpfer unter der maximal auftretenden Belastung von 18,75 Nm lediglich 5,5 ms benötigen, um die Kraft auf einer Wegstrecke von 12 mm abzubremsen. Damit verfügen die Konstrukteure bzw. später die Weltraumbesucher auch für nicht vorhergesehene Worst-case-Szenarien über mehr als ausreichende Reserven. Denn nach Angaben von ACE aus Langenfeld im Rheinland sind diese aus Co-Polyester-Elastomer bestehenden Maschinenelemente in der Lage, bis zu 26 Nm pro Hub zu absorbieren.
Im hier beschriebenen Fall sind linear arbeitende Modelle der TUBUS verwendet worden. Für andere Konstruktionen können sie auch als degressiv oder progressiv arbeitend geliefert werden. Durch ihre platzsparende Bauform sind sie im Pneumatik-Zylinder selbst anzubringen, was bei der bereits beschriebenen Funktion ein Pflichtkriterium darstellte. Mit zulässigen Temperaturbereichen von -40° C bis +90° C sind die TUBUS-Serien für den Inneneinsatz im Weltraum und für den Außeneinsatz auf unserem Heimatplaneten sehr gut geeignet. Da sie beständig gegen Fette, Öle, Mikroben, Chemikalien und Meerwasser sind, zeigen sie sich auf Erden für fast alle Umgebungen gerüstet.