Ob Implantate, Instrumente, OP-Bestecke für minimalinvasive und klassische chirurgische Eingriffe oder viele andere medizintechnische Produkte, Rückstände aus der Herstellung stellen bei deren Einsatz ein Risiko dar. Und das auch, wenn sie mit dem Produkt sterilisiert wurden. Die Entfernung der Verunreinigungen aus der Teilefertigung wie beispielsweise Bearbeitungsmedien, Trennmittel, Partikel, Flittergrate und Stäube hat daher in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Dabei sind einerseits hohe Sauberkeitswerte sowie biologische Verträglichkeit zu erzielen, andererseits dürfen weder die Oberflächen noch Eigenschaften der Produkte durch den Reinigungsprozess verändert werden. Die klassische nasschemische Endreinigung mit wässrigen Medien stößt dabei oft an ihre Grenzen – insbesondere bei Teilen mit komplexen Geometrien wie Sacklockbohrungen und Komponenten mit schwierigen Konturen beziehungsweise Strukturen.
Trockene, rückstandsfreie und schonende Reinigung
In diesen Fällen eröffnet die quattroClean Schneestrahltechnologie der acp – advanced clean production GmbH der Medizintechnik neue Perspektiven. Reinigungsmedium bei diesem umweltneutralen Verfahren ist flüssiges Kohlendioxid, das als Nebenprodukt bei chemischen Prozessen und der Energiegewinnung aus Biomasse entsteht.
Das flüssige CO2 wird durch die verschleißfreie Zweistoffring-Düse des acp-Systems geleitet und entspannt beim Austritt zu feinen CO2-Kristallen. Sie werden durch einen ringförmigen Druckluft-Mantelstrahl gebündelt und auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt. Diese patentierte Technologie sorgt für eine homogene Reinigungsleistung – auch bei großflächigeren Anwendungen mit mehreren Düsen.
Trifft der gut fokussierbare, minus 78,5°C kalte Schnee-Druckluftstrahl auf die zu reinigende Oberfläche auf, kommt es zu einer Kombination aus thermischem, mechanischem, Sublimations- und Lösemitteleffekt. Durch diese vier Wirkmechanismen entfernt das quattroClean-System filmische Kontaminationen, beispielsweise Reste von Kühlschmiermitteln, Bearbeitungsölen, Polierpasten, Trennmitteln und auch Silikonen, sowie partikuläre Verunreinigungen wie Späne, Staub und Flittergrate zuverlässig und reproduzierbar. Gleichzeitig wirkt die CO2-Schneestrahlreinigung durch die tiefe Prozesstemperatur bakteriostatisch und unterstützt die Keimreduzierung auf Oberflächen. Da die Reinigung durch den nicht brennbaren, nicht korrosiven und ungiftigen CO2-Schnee materialschonend erfolgt, können auch empfindliche und fein strukturierte Oberflächen behandelt werden – je nach Bedarf ganzflächig oder selektiv. Durch die aerodynamische Kraft des Strahls werden abgelöste Verunreinigen weggeströmt und gemeinsam mit dem in den gasförmigen Zustand sublimierten CO2 aus der Reinigungszelle abgesaugt. Die Werkstücke sind nach der Reinigung trocken und können sofort weiterverarbeitet beziehungsweise sterilisiert/verpackt werden.
Trockene Endreinigung – Lösung für zahlreiche Produkte
Dass sich mit der quattroClean Schneestrahltechnologie bei unterschiedlichen medizintechnischen Produkten mit komplexen Geometrien eine hohe Sauberkeit erzielen lässt, zeigen verschiedene Anwendungen. So ist das System bereits mehrere Jahre für die Endreinigung von Pedikelschrauben aus Titan im Serieneinsatz. Bei der Endreinigung von metallischen und Kunststoff-Komponenten für Endoskope hat sich das quattroClean-System ebenfalls bewährt. Dabei wird selbst in extrem kleinen Rohr-Querschnitten und Sacklochbohrungen eine bedarfsgerechte Sauberkeit erreicht, die sich mit herkömmlichen nasschemischen Reinigungsverfahren aufgrund einer unzureichenden Bespülung nicht oder nur mit extrem hohem Aufwand erzielen lässt. Eine weitere Domäne der quattroClean-Schneestrahlreinigung ist die Mikroentgratung und Feinstreinigung von Einwegsystemen aus Kunststoff für die Diagnostik, Pharmazeutik, Analytik und Medizintechnik. Zu diesen so genannten Disposablen zählen mikrofluidische Systeme wie beispielsweise Lab-on-Chip-Produkte für die schnelle und einfache Analyse von Körperflüssigkeiten von Menschen und Tieren. Mikroentgraten und Feinreinigen ist auch die Aufgabenstellung bei der Anwendung des Reinigungssystems bei innovativen Medikamententrägern. Sie werden aus einer speziellen 3D-Folie gefertigt und weisen pylonenförmige Kammern als Medikamentenreservoir auf, aus denen das Arzneimittel auf die Haut abgegeben wird. Eingesetzt wird das quattroClean-System außerdem zum Schmieren, Kühlen und gleichzeitigen Reinigen bei der spanenden Herstellung von Implantaten und medizintechnischen Komponenten aus PEEK. Es ermöglicht dabei nicht nur eine Produktivitätssteigerung von rund einem Drittel, sondern reduziert die Bauteilverschmutzung dramatisch, so dass teilweise auf eine Endreinigung der Komponente verzichtet werden kann. Entsprechend den Anforderungen lässt sich ein der Zerspanung nachgeschaltetes, separates Reinigungsmodul schnell und effizient integrieren.
Untersuchung belegt optimierte Reinigungswirkung
Die hohe Reinigungswirkung wurde auch durch eine beim Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut (NMI) an der Universität Tübingen durchgeführte Untersuchung zum Einsatz innovativer Reinigungsverfahren belegt. Hier ergab die abschließende Prüfung Sauberkeit, Partikelarmut, Zytotoxizität mittels BCA-Test und Funktionalität (Oberflächenstrukturen), dass durch die Kombination nasschemische und anschließende CO2-Schneestrahlreinigung mit dem quattroClean-System bei allen metallischen Proben die besten Werte erzielt werden.
Kompakt, einfach automatisierbar und zielgerichtet steuerbar
Das quattroClean-System der acp ermöglicht durch sein modulares Konzept die einfache und platzsparende Anpassung an kundenspezifische Aufgaben. So lassen sich manuelle und teilautomatisierte Reinigungssysteme ebenso realisieren wie vollautomatische Lösungen, inklusive Integration in bestehende Fertigungs-, Montage- und Verpackungslinien. Alle Prozessparameter wie Volumenströme für Druckluft und Kohlendioxid sowie Strahlzeit werden durch Reinigungsversuche im Technikum von acp exakt auf die jeweilige Applikation, die Materialeigenschaften und die abzureinigenden Kontaminationen abgestimmt. Systeme in Reinraumausführung können entsprechend der Aufgabenstellung mit einem lokalen Reinraumsystem (MENV) und einer speziell angepassten Absaugung realisiert werden.