Köln / Jülich. 17. Januar 2011. Der als Integrationsunternehmen anerkannte IT-Dienstleister AfB gGmbH startet in Jülich ein Projekt zur beruflichen Qualifizierung von Mitarbeitern aus Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Zum 1. Januar 2011 begann das Ausbildungsprojekt mit zwei jungen Männern, die bisher in den Dürener Rurtal-Werkstätten arbeiteten. Ziel ist es, sie für eine dauerhafte Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu qualifizieren - entweder bei AfB selbst oder einem anderen IT-Unternehmen. Das Schulungskonzept orientiert sich am bestehenden Ausbildungsgang „PC-Fachkraft“, angepasst an die Fähigkeiten und Unterstützungsbedarfe von Menschen mit Behinderung. Die auf zwei Jahre angelegte Qualifizierung wird vom LVR finanziell gefördert mit Einstellprämien und Lohnkostenzuschüssen. Schrittweise wird das Projekt alle drei Monate um zwei Teilnehmerinnen oder Teilnehmer erweitert, so dass AfB insgesamt zwölf Werkstatt-Wechsler ausbilden wird, die nach Ende der Qualifizierung in eine unbefristete Beschäftigung übernommen werden sollen.
Der LVR fördert dieses Programm aus Mitteln der Ausgleichsabgabe, im Rahmen des regionalen Arbeitsmarktprogramms aktion5 und aus Mitteln der Sozialhilfe aus einem Modell-Topf zur Förderung des Übergangs von der Werkstatt auf den Arbeitsmarkt. Insgesamt stellt der LVR für das gesamte Projekt über eine Laufzeit von drei Jahren rund 350.000 Euro zur Verfügung.
Das neue Ausbildungsprojekt „Werkstatt – Ausbildung – Beruf“ wurde am Montag im Rahmen einer kleinen Feier in der AfB-Niederlassung Jülich im Technologiezentrum offiziell gestartet.
„Die neuen Auszubildenden mit Behinderung lernen grundsätzlich alle Bereiche der AfB-Tätigkeiten kennen“, erläuterte AfB-Geschäftsführer Daniel Büchle. „Sie erwerben Grundkenntnisse in den Feldern Hard- und Software, Betriebssysteme, Netzwerktechnik und aus der Computerpraxis, aber lernen auch den Umgang mit moderner Büro-Software und dem bei AfB eingesetzten Warenwirtschaftssystem.“ AfB übernimmt nicht mehr benötigte IT-Hardware von Unternehmen und verwertet diese weiter, erläutert Büchle das Konzept: „Große Konzerne mit sozialer Verantwortung überlassen uns kostenlos ihre ausrangierten PC, Laptops oder Drucker. Wir inventarisieren, testen, reparieren und reinigen sie und stellen eine zertifizierte und qualitätsgesicherte Datenlöschung sicher.“ Die Gebrauchtgeräte werden dann über Lagerverkäufe oder online weiter verkauft.
Die AfB gGmbH wurde 2004 im baden-württembergischen Ettlingen gegründet und ist seit 2008 auch in Nordrhein-Westfalen aktiv. Im August 2008 hat der LVR die AfB gGmbH als Integrationsunternehmen anerkannt. Derzeit arbeiten an insgesamt vier Standorten in NRW (Essen, Köln, Jülich und Unna) 66 Beschäftigte – 35 von ihnen sind Menschen mit einer Schwerbehinderung.
„Als Integrationsunternehmen ist AfB ein ganz normales, wirtschaftlich selbstständiges Unternehmen, das sich auf dem Markt behaupten muss“, erläuterte Helga Seel, die Leiterin des LVR-Integrationsamtes. „Doch neben der Beschäftigung eines hohen Anteils schwerbehinderter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht AfB jetzt noch einen Schritt weiter und engagiert sich in der Qualifizierung von bisherigen Werkstatt-Beschäftigten. Damit ermöglicht das Unternehmen seinen Auszubildenden den Wechsel auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und gibt ihnen eine berufliche Perspektive. Andererseits sorgt AfB so dafür, dass die sich dynamisch entwickelnde Firma auch in den kommenden Jahren qualifizierte Beschäftigte hat, die die speziellen eigenen Anforderungen gut erfüllen.“
Neben der Förderung des Modellprojekts „Werkstatt – Ausbildung – Beruf“ gleicht der LVR den mit der Beschäftigung eines hohen Anteils schwerbehinderter Beschäftigter verbundenen Aufwand bei AfB aus durch eine finanzielle Förderung bei den Investitions- und Lohnkosten.
Einer der beiden Auszubildenden, mit denen das AfB-Qualifizierungs-Projekt Anfang des Jahres startete, ist der 29-jährige Thomas Bachtenkirch. Er hat aufgrund einer Spastik Bewegungsbeeinträchtigungen in Beinen und Händen und ist auf den Rollstuhl angewiesen. Nach seiner Schulzeit in einer Förderschule für Kinder mit körperlichen und motorischen Behinderungen, die er ohne Schulabschluss verließ, wechselte er 1999 in die Rurtal-Werkstätten. Er bewarb sich um die Teilnahme an dem Projekt mit AfB und überzeugte die Verantwortlichen in einem Praktikum seit November von seinen Fähigkeiten. Seit dem 1. Januar nimmt er jetzt als Auszubildender an dem Modellprojekt teil.
Thomas Bachtenkirchs Hobby ist die Musik. 2007 gründete er mit Gleichgesinnten die Band „Authentics“. Dort ist er der Lead-Sänger. „Die Leute von AfB habe ich bei einem Auftritt kennen gelernt. Sie haben keine Berührungsängste und behandeln mich einfach ganz normal. Ich freue mich über diese Chance, zu zeigen, was ich kann. Und dass ich über diese Qualifizierung eine ‚richtige‘ Arbeit auf dem Arbeitsmarkt bekomme.“