Ein Blick zurück: Als der israelische Feuchttuchhersteller Albaad Group um die Jahrtausendwende beschloss, in Europa zu expandieren, fiel die Wahl auf die Feucht-Hygiene-Werk GmbH (FHW) im Deutsch-Niederländischen Grenzgebiet. Die FHW beschäftigte seinerzeit 80 Mitarbeiter und produzierte ausschließlich feuchtes Toilettenpapier. Dabei war der Kauf eines deutschen Unternehmens gut fünfeinhalb Dekaden nach dem Holocaust innerhalb des israelischen Konzerns durchaus umstritten.
Ochtrup liefert Löwenanteil zum Konzernergebnis
Im Jahr 2002 übernahm Albaad die FHW. Zwei Jahre später wurde Wolfgang Tenbusch Geschäftsführer der neu eingegliederten und nach der Muttergesellschaft benannten Albaad Deutschland GmbH. 2004 betrug der Jahresumsatz 32 Millionen Euro, seitdem wurden die Erlöse kontinuierlich zweistellig gesteigert. Heute beschäftigt Albaad Deutschland 470 Mitarbeiter. Das Produktportfolio umfasst 300 verschiedene Haushalts-, Hygiene- und Toilettenartikel von der Körperpflege bis zum Bodenreinigungstuch. Mit rund 200 Millionen Euro Umsatz trägt Ochtrup als einer von acht Standorten des Albaad-Konzerns den Löwenanteil zum Konzernergebnis von 500 Millionen Euro bei.
Albaad Israel-Geschäftsführer Dan Mesika erkannte in seiner Ansprache die Leistung der deutschen Tochtergesellschaft an. „Albaad Deutschland produziert im umkämpften Handelsmarken-Segment ein Produkt mit niedriger Marge, dennoch gelingt es unseren Kollegen, den Umsatz kontinuierlich zu steigern und Arbeitsplätze im Hochlohnland Deutschland nicht nur zu halten, sondern auch in beachtlicher Zahl neu zu schaffen. Das ist eine unternehmerische Leistung“, sagte Mesika. Für Bürgermeister Kai Hutzenlaub leistet Albaad einen erheblichen Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Ochtrup: „Albaad ist sich seiner Verantwortung bewusst und engagiert sich in der Töpferstadt nicht nur in kultureller Hinsicht, etwa für den Erhalt des jüdischen Friedhofs, sondern bietet vielen Menschen durch einen Arbeitsplatz die nötige Sicherheit und interessierten Jugendlichen einen guten Ausbildungsplatz.“
Deutschland zunehmend unternehmensfeindlich
Feiern ja, sich auf den Lorbeeren ausruhen: Nein, lautete sinngemäß die Botschaft von Wolfgang Tenbusch. „Mein Dank geht an alle, die diesen Erfolg im Team möglich gemacht haben“, sagte der Geschäftsführer. Leider würden die Standortbedingungen in Deutschland zunehmend unternehmensfeindlich, so Tenbusch. Hierzu gehörten Regulierungs- und Zertifizierungsanforderungen, die angespannte Arbeitsmarktsituation im Kreis Steinfurt, Marktpreiserosion und steigende Energiekosten. Aber es gebe auch Wachstumschancen aufgrund neuer Feuchttuchanwendungen, etwa zur Bräunung, Handreinigung und Desinfektion, Nagellackentfernung, Intimpflege sowie beim Sonnenschutz und als Fußdeodorant. Dennoch: Die Erfolgsstory Albaad Deutschland könne nur fortgesetzt werden, sofern die hohe Produktivität gehalten werde.
Das dies gelingt, daran hat zumindest Dan Mesika kaum Zweifel. Er schloss seine auf Englisch gehaltene Rede, die Tenbusch simultan für das Publikum übersetzte, mit den Worten: „At the 300 million celebration, I will keep my speech in German“, zu Deutsch: Bei der 300 Millionen Euro-Feier werde ich auf Deutsch sprechen.