„Dass wir vielleicht die ersten sind, die das neue AMF Beladesystem einsetzen, ist eine nette Randnotiz. Viel entscheidender ist jedoch, was Smart Automation uns an Unabhängigkeit bringt“, betont Wolfgang Stein, Standortleiter der Güthle Pressenspannen GmbH. Das neue, flexible Roboter-Beladesystem Smart Automation von AMF automatisiert das Werkstückhandling von Kugelpfannen an der Haas-Drehmaschine. Diese für ihr Hauptprodukt wichtigen Teile stellen sie nun in Ebersbach an der Fils nahe Stuttgart selbst her, anstatt sie weiterhin zuzukaufen. Bis zu 10.000 Stück der Metallpressteile werden jährlich in vier Varianten auf Maß gedreht. Beladen und entnommen werden die Werkstücke vom Roboter. Dazu öffnet und schließt Smart Door die Türe zur Drehmaschine automatisch, bevor die Werkstücke in der gegenüber positionierten Reinigungsanlage Smart Cleaning gesäubert werden und dann zum Härten gehen.
Systeme für spielend leichte Werkzeugwechsel
„Die Entscheidung für dieses wunderbar zusammenspielende Ensemble ist nicht zwingend wirtschaftlich begründet. Wir senken damit auch Risiken der Lieferkette und können Terminzusagen gegenüber unseren Kunden zuverlässiger einhalten“, erklärt Stein. Dass dabei auch die Lagerverwaltung entlastet wird und Lagerkosten sinken, lässt Stein nicht unerwähnt. Bekannt ist Güthle, das nächstes Jahr sein 100-Jähriges feiert, für seine Rollbloc und Dilos Wechselsysteme für schwere Werkzeuge bis jenseits von 60 to Werkzeuggewicht. Entscheidend für den Erfolg sind die Kugelleisten, die je nach Werkzeuggröße und Gewicht 2-28 Kugeln enthalten. Diese Kugeln werden in die Kugelpfannen eingepresst. Damit lassen sich Werkzeuge spielend leicht in eine Maschine einbringen.
Bis es soweit ist, müssen die AMF-Neuheiten zuverlässig ihre Arbeit tun. „Das beginnt bei der Programmierung, die sich intuitiv und ohne Programmierkenntnisse am Bildschirm erledigen lässt“, verspricht Produktmanager Maximilian Gress, von AMF in Fellbach. Das ist vor allem wichtig, wenn die Stückzahlen der Produktionsaufträge immer kleiner und variantenreicher werden. Entscheidend ist für Güthle auch der geringe Platzbedarf, den Smart Automation aufweist. Mit 930 x 960 mm benötigt die Beladezelle nicht einmal einen Quadratmeter Aufstellfläche und hat den kleinsten Footprint am Markt. So ist für den Werker der Zugang zur Maschine jederzeit möglich. Dann steht der Roboter natürlich schon still. Denn ein Bodenscanner fungiert als platzsparende Alternative zu einer Umhausung und gewährleistet die Sicherheit der Mitarbeiter, indem der Roboter zunächst verlangsamt und schließlich ganz stoppt.
Durchdacht konstruiert mit kleinstem Platzbedarf am Markt
Die kleine Fläche realisiert AMF indem sie den KUKA 6-Achs Roboter mit einer Traglast von 10 kg nicht seitlich anbringen, sondern oben aufsetzen. Darunter befindet sich ein Werkstückwagen mit zehn Schubladen mit Rasterplatten, die der Roboter selbstständig öffnet und schließt. In denen platziert Güthle gleichermaßen bis zu 2000 Roh- und Fertigteile der Kugelpfannen aus Werkzeugstahl. Die vier Varianten umfassen einen Durchmesserbereich von 18 bis 36 Millimeter. Eingeschoben wird der Werkstückwagen von hinten. Weil er auf Schwerlastrollen steht, lässt er sich bequem ein- und ausfahren. Steht ein zweiter Wagen zur Verfügung, geschieht die Bestückung der Schubladen extern und hauptzeitparallel. Den benötigt Güthle nicht, da die gegenüberstehende Schwestereinheit Smart Cleaning ebenfalls einen Werkstückwagen mit zehn Schubladen enthält – doch dazu später mehr.
In zwei Aufspannungen werden die Kugelpfannen durch zwei Drehoperationen auf Endmaß gebracht. Am Ende des 6-Achs-Roboters sitzt ein Doppelgreifer mit integrierter Ausblasung. Der kann durch unterschiedliche Greifergeometrien in einem Zyklus ein fertig bearbeitetes Teil entnehmen und ein neues Rohteil einwechseln. Eine optionale Wendeeinheit würde die Bearbeitung von Teilen an allen Seiten ermöglichen. Das ist bei Güthle nicht möglich, da die zweite Aufspannung ein anderes Spannmittel zur Aufnahme erfordert. So werden also zunächst alle ersten Drehoperationen durchgeführt, bevor nach dem Wechsel der Aufnahme alle zweiten erledigt werden. Damit dies reibungslos und vollautomatisch gelingt, hat Güthle den Türöffner Smart Door von AMF mit hinzu installiert. Smart Door ist für Maschinen ohne automatische Türöffnung. Die Einheit ist kompatibel mit allen gängigen Maschinenausführungen, einfach nachrüst- und programmierbar und passt also auch für die Haas-Drehmaschine. Das begrüßt auch Zerspanungsmechanikerin Ibah Koda: „Ich bin nun nicht mehr so stark an diese Maschine gebunden und kann mich anderen Projekten widmen.“
Für saubere Bauteile sorgt Power-Luft von Smart Cleaning
Weil Güthle nicht nur seine Lieferperformance erhöhen will, sondern ebenso wie viele andere auch mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen hat, haben die Verantwortlichen als drittes Element das ebenfalls nagelneue Reinigungssystem von AMF, Smart Cleaning, beigestellt. Hat der Roboterarm mit seinen beiden Greifern ein Teil entnommen und das nächste eingebracht, führt er das bearbeitete Teil in die gegenüber positionierte Smart Cleaning Einheit. Dort hält er es in den Luftstrahl, der über sechs Düsen Späne und Kühlflüssigkeit wegbläst. Währenddessen ist das nächste Werkstück fast schon wieder fertig. „Das Zusammenspiel der drei Einheiten funktioniert hervorragend“, freut sich ein beeindruckter Wolfgang Stein. „Und weil alles so schnell eingerichtet ist, fertigen wir die Teile auftragsbezogen, ohne ein großes Lager aufzubauen.“
Für die Herstellung der Rollbloc-Leisten, die Güthle 1978 eingeführt hat, ist das eine große Verbesserung. Damit hat Güthle damals den Werkzeugwechsel an Pressen revolutioniert. Tonnenschwere Werkzeuge lassen sich plötzlich einfach bewegen und präzise positionieren. Zusammen mit den robusten Dilos Werkzeugtransportern und der intelligenten Spanntechnik ist Güthle so zu einem wichtigen Erst-Ausrüster für viele Pressehersteller geworden. Dass sich mit der Eigenproduktion der Kugelpfannen mithilfe der drei neuen AMF-Automatisierungslösungen die Lieferperformance absichern lässt, stärkt sicher Güthles Position bei den Kunden.
Nach erfolgreicher Bewährung neue Einsätze im Auge
Natürlich sind mit den 10.000 Teilen pro Jahr weder die Maschine noch die Automatisierungseinheiten ausgelastet. Deshalb gehen die Überlegungen bei Güthle jetzt erst richtig los, wo man diese flexiblen und mobilen Einheiten noch einsetzen könnte. Mit einem Hubwagen lässt sich Smart Automation nämlich mühelos und flexibel versetzen und woanders positionieren. Das gilt genauso für Smart Cleaning. Produktmanager Gress ermutigt dazu. „Wir haben bei der Konstruktion sehr gründlich nachgedacht und die beste Lösung für alle Anwendungsfälle eingebracht. So erhalten Anwender eine multifunktionale und hochflexible Beladezelle für viele Anwendungen.“ Stein ergänzt abschließend: „Wir durchleuchten unsere Fertigung danach, wo sich mit AMF Smart Automation und „Kollegen“ außerdem noch Prozesssicherheit erhöhen sowie Maschinenlaufzeit und Produktivität steigern lassen.“