Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Reinicke, die ABO Wind AG begibt aktuell eine neue Anleihe. Zudem ist es der erste Green Bond des Unternehmens. Wofür sollen die bis zu 50 Mio. Euro konkret verwendet werden? Welche Projekte sollen bezuschusst werden?
Alexander Reinicke: Wir werden die Mittel aus der Anleihe nutzen, um Wind-, Solar- und Batterieparks zu entwickeln und zu errichten. Das ist unser Kerngeschäft. Immer häufiger setzen wir Erneuerbare-Energie-Parks um, die mehrere dieser Technologien nutzen. Seit 28 Jahren sind wir als Entwickler Erneuerbarer-Energie-Projekte erfolgreich tätig – in aktuell 16 Ländern. Wir haben nun erstmals ein Rahmenwerk für Grüne Anleihen erarbeitet – auf Englisch: „Green Bond Framework“. Auf Grundlage der Green Bond Principles der International Capital Market Association definiert dieses Rahmenwerk die Mittelverwendung. Das Dokument ist ebenso auf unserer Webseite (www.abo-wind.com/anleihe) zu finden wie das dazu erstellte Gutachten – die sogenannte second party opinion. Wir werden einmal jährlich über die genaue Verwendung der Mittel berichten.
Anleihen Finder: Die Anleihe wird einen Zinssatz von mind. 7,00% p.a. bieten.Wen sprechen Sie mit dem Bond konkret an?
Alexander Reinicke: Aus früheren Emissionen wissen wir, dass es vielen unserer Anleger wichtig ist, sowohl rentabel als auch nachhaltig zu investieren. Die Anleihe erfüllt beide Ansprüche. Mit der gewählten Angebotsstruktur erreichen wir Investoren, die eine solide Kapitalanlage mit fünf Jahren Laufzeit und einem attraktiven Zinssatz suchen. Dies umfasst auch Retail-Investoren, denen wir einerseits die Möglichkeit der Zeichnung über unsere Website als auch über die Zeichnungsfunktionalität Direct Place der Frankfurter Wertpapierbörse bieten. Zudem platzieren die Bankhäuser Metzler und Warburg die Anleihe bei institutionellen Investoren. Wir freuen uns über die große Nachfrage, die der Anleihe bereits in den ersten Tagen des Angebots zuteilgeworden ist.
INFO: Der Wertpapier-Prospekt des ABO Wind-Green Bonds 2024/29 kann hier eingesehen werden
Anleihen Finder: Die ABO Wind AG hat sehr starke Geschäftsjahre in 2022 und 2023 mit einem Rekordgewinn von zuletzt 27,3 Mio. Euro hinter sich. Was sind die Gründe und die Treiber für den operativen Erfolg? Wie verteilen sich die Gewinne auf die einzelnen Geschäftsbereiche?
„In Deutschland stammt aktuell jede zweite Kilowattstunde aus Erneuerbarer Energie – überwiegend aus Windkraft und Photovoltaik“
Alexander Reinicke: Haupttreiber ist die Energiewende, die weltweit an Dynamik gewinnt. Laut Prognosen der International Energy Agency wird im Jahr 2050 etwa achtmal so viel Strom aus Erneuerbaren Energien benötigt wie aktuell. Durch die zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs- und des Wärmesektors sowie die fortschreitende Digitalisierung steigt zum einen der Bedarf an Strom. Zum anderen wächst der Anteil der Erneuerbaren an der Stromversorgung. In Deutschland zum Beispiel stammt aktuell jede zweite Kilowattstunde aus Erneuerbarer Energie – überwiegend aus Windkraft und Photovoltaik. Bis 2030 soll der Anteil auf 80 Prozent steigen. Im vergangenen Geschäftsjahr entfielen 43 Prozent unserer Umsätze auf die Planung und den Verkauf von Projektrechten, 52 Prozent haben wir mit Errichtungsleistungen erlöst und sechs Prozent mit dem Dienstleistungsgeschäft. Technologisch erwirtschaften wir den größten Teil unserer Gewinne mit Windkraftprojekten, gefolgt von Solar- und Batterieprojekten.
Anleihen Finder: Wie hoch sind gegenwärtig die Eigenkapitalausstattung und der Verschuldungsgrad der ABO Wind AG?
Alexander Reinicke: Die Eigenkapitalquote beträgt 39%. Die Relation Net Debt zu bereinigtem EBITDA beträgt 2,5.
Anleihen Finder: Wie sieht aktuell Ihre Auftragslage und die weitere Pipeline aus? Auf welche operativen Kennzahlen achten Sie dabei besonders?
„Eine wichtige operative Kennzahl ist der Rohertrag pro installierter Leistung und Projekt“
Alexander Reinicke: Wir arbeiten weltweit an der Entwicklung und Errichtung von Wind-, Solar- und Batterieprojekten mit einer Nennleistung von derzeit 23 Gigawatt. Viele dieser Projekte werden in den nächsten Jahren baureif. Dafür setzen wir unter anderem die Mittel aus dem Green Bond ein. Eine wichtige operative Kennzahl ist der Rohertrag pro installierter Leistung und Projekt. Unter anderem hierüber wird das mittel- bis langfristige Geschäft gesteuert. Der Höhe nach fallen diese je nach Land, Technologie und Vertriebsweg unterschiedlich aus. Die Optimierung dieser Kennzahlen ist eine unserer Kernaufgaben über alle Wertschöpfungsstufen. Klassische Finanzkennzahlen wie der Nettoverschuldungsgrad oder EBITDA werden zu Kontroll- und Vergleichszwecken wie zur kurzfristigen Steuerung herangezogen.
Anleihen Finder: Was betrachten Sie – geographisch gesehen – als Ihren Hauptmarkt und wo sind Sie aktuell überall tätig? Wie verteilen sich dabei die Umsätze?
„Deutschland ist unser wichtigster Markt. Hier haben wir in den vergangenen beiden Jahren jeweils mehr als ein Drittel unseres Umsatzes erwirtschaftet“
Alexander Reinicke: ABO Wind ist in 16 Ländern auf vier Kontinenten vertreten. 2023 haben 13 Länder zum Umsatz beigetragen. Deutschland ist unser wichtigster Markt. Hier haben wir in den vergangenen beiden Jahren jeweils mehr als ein Drittel unseres Umsatzes erwirtschaftet. Einen großen Anteil am Erfolg haben zudem Frankreich, Spanien und Finnland. Die Länder der Europäischen Union bilden also einen klaren Schwerpunkt unserer Geschäftstätigkeit. Das wird auch so bleiben. Aktuell errichten wir aber auch in Kolumbien erstmals Solarparks. Und in Südafrika sind wir seit einiger Zeit mit Rechteverkäufen erfolgreich und haben viele große Projekte in der Entwicklung. Technologisch wie geografisch wird sich das Fundament unseres Erfolgs weiter verbreitern.
Anleihen Finder: Inwieweit und in welchem Umfang halten Sie Projekte auch im eigenen Bestand?
Alexander Reinicke: ABO Wind ist ein reiner Projektentwickler. Das machen wir seit 28 Jahren mit Erfolg. Als Projektentwickler können wir am besten zum Erfolg der Energiewende und zur Wertschöpfung im Unternehmen beitragen. Darauf fokussieren wir unsere finanziellen und personellen Ressourcen.
Anleihen Finder: Erneuerbare Energien profitieren derzeit sicherlich fast überall von politischen Maßnahmen. Wie schätzen Sie das ein und wie sichern Sie Ihre Projekte gegen mögliche Rückschläge und einem weniger guten regulatorischem Umfeld ab?
Alexander Reinicke: Erfreulich ist natürlich, dass sich viele Länder verpflichtet haben, die Energiewende zu beschleunigen. Davon profitiert unser Geschäft, insbesondere in den europäischen Ländern. Durch unsere geographische und technologische Diversifizierung mindern wir das Risiko und die Abhängigkeit von einzelnen Märkten. Die politische Willensbildung in Demokratien ist Schwankungen unterworfen. Damit muss man als Akteur in einem regulierten Markt umgehen können. Nicht allein in Deutschland haben wir in den vergangenen Jahrzehnten energiepolitische Kehrtwenden erlebt und konnten uns stets gut darauf einstellen. Es ist kein Zufall, dass wir trotz vieler regulatorischer Veränderungen seit dem Jahr 2000 stets schwarze Zahlen geschrieben haben.
„Trotz vieler regulatorischer Veränderungen haben wir seit dem Jahr 2000 stets schwarze Zahlen geschrieben“
Anleihen Finder: Wo sehen Sie generell derzeit die größten Chancen aber auch größten Risiken im Erneuerbaren Energien-Bereich?
Alexander Reinicke: Die Wirtschaftlichkeit Erneuerbarer-Energien-Projekte hängt neben den natürlichen Ressourcen maßgeblich von einem stabilen regulatorischen Umfeld ab. Dort liegen die größten Chancen und Risiken. Der Kampf gegen die Erderhitzung und der Wunsch nach Unabhängigkeit von (fossilen) Energieimporten stehen in vielen Ländern weit oben auf der politischen Agenda. Es ist zu erwarten, dass uns das weiter Rückenwind bescheren wird. Gelegentlich sind aber auch Rückschläge zu bewältigen. Ein Beispiel: Die Ausgestaltung der Ausschreibungen für Windenergie im Jahr 2017 in Deutschland führte in der Folge zu einem drastischen Einbruch der Zubauzahlen. Es wurde dann nachgesteuert. Die Ausschreibungsmodalitäten wurden angepasst und darüber hinaus in den vergangenen Jahren regulatorisch einige Verbesserungen auf den Weg gebracht, um die Ausbauziele zu erreichen. Mit solchen Schwankungen können wir umgehen.
Anleihen Finder: Inwiefern sind denn Wasserstoff-Projekte in Ihrem Fokus?
Alexander Reinicke: Die Wasserstoffwirtschaft befindet sich in einem frühen Stadium der Entwicklung. Wasserstoff ermöglicht es, Strom aus Erneuerbaren Energien zu transformieren und zu speichern. Daher wollen wir frühzeitig in dieser vielversprechenden Technologie aktiv sein. Derzeit liegt unser Hauptfokus aber auf der Umsetzung netzgebundener Wind- und Solarprojekte. Damit werden wir mindestens über die fünfjährige Laufzeit der Anleihe den wesentlichen Teil unserer Erträge erwirtschaften. Die Wasserstofftechnologie bietet längerfristig zusätzliches Potenzial, ist aber noch mit vielen Unwägbarkeiten und Risiken behaftet.
Anleihen Finder: Zuletzt gab es kritische Diskussionen zum geplanten Formwechsel von ABO Wind in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Was sind – kurz zusammengefasst – die wesentlichen Vorteile des Rechtsformwechsels für das Unternehmen sowie dessen Investoren und wann wird dieser nun erfolgen?
„Der Wechsel zur ABO Energy KGaA wird im Mai vollzogen“
Alexander Reinicke: Der Einfluss der Gründer und die familienunternehmerische Prägung sind Wettbewerbsvorteile. Kunden, Grundstückseigentümer, Geschäftspartner und Mitarbeiter schätzen die Zuverlässigkeit und langfristige Orientierung von ABO Wind. Als KGaA bewahren wir diese Vorteile – selbst für den Fall, dass die Gründerfamilien in Folge von Kapitalerhöhungen irgendwann nicht mehr die Mehrheit in der Hauptversammlung haben sollten. Der Wechsel zur ABO Energy KGaA wird im Mai vollzogen.
Anleihen Finder: Nochmal kurz zur Anleihe: Wie sieht generell Ihre (Re-)Finanzierungsplanung für den neuen Green Bond und die halbjährlichen Zinszahlungen aus? Aus welchen Töpfen wird die Anleihe sozusagen „bedient“?
Alexander Reinicke: Die kurzfristen Zahlungen werden primär aus den Cash-Flows unseres operativen Geschäfts gewährleistet. Unser weiteres Wachstum wird aus unseren verschiedenen Finanzierungsmitteln bedient, dazu dient auch der Green Bond. Wir pflegen einen engen Kontakt zu unseren Finanzierungspartnern. Neu- und Refinanzierungen gehen wir gemeinsam stets rechtzeitig an.
Hinweis: Weitere Informationen zum ABO Wind-Green Bond Sie hier
Anleihen Finder: Welche unternehmerischen und operativen Ziele möchte ABO Wind – auch mithilfe der neuen Anleihe-Emission – in den kommenden fünf Jahren erreichen?
Alexander Reinicke: Alle unsere Tätigkeiten dienen dem Aufbau einer zukunftsfähigen und klimafreundlichen Energieversorgung. Dazu wollen wir mit möglichst vielen Erneuerbare-Energien-Projekten beitragen. Dabei setzen wir auf zwei Geschäftsmodelle: Zum einen den Verkauf von Projektrechten während oder nach Abschluss der Entwicklungsphase. Dann übernimmt der Investor die kapitalintensive Errichtung. Zum anderen die schlüsselfertige Errichtung (Turnkey). Dabei kümmern wir uns auch um die Errichtung der Erneuerbare-Energien-Parks und übergeben sie mit Inbetriebnahme an den Investor. Operativ haben wir das Ziel, die jährliche Gesamtleistung von rund 400 Millionen Euro im Jahr 2023 bis zum Jahr 2027 auf 600 Millionen Euro zu steigern. Weitere Ziele entnehmen Sie gerne den Unterlagen auf unserer Homepage.