Dies hat zunehmend auch stärkere Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft in Deutschland. Insbesondere die Immobilienwirtschaft hat unter der aktuellen Finanzpolitik zu leiden. Kaum noch neue Bauvorhaben werden geplant und diverse bereits geplante Projekte können aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten nicht umgesetzt werden. Und das geschieht in einer Branche, in der bereits große Not herrscht. Inzwischen stellt sich gar nicht mehr die Frage, ob bezahlbarer Wohnraum oder nicht, sondern wir reden faktisch über zu wenig vorhandenen Wohnraum in allen Segmenten. Alle politischen Ziele bezüglich Neuerschließungen und Neubauten werden weit verfehlt. Auch gibt es im privaten Bereich kaum noch Immobilientransaktionen. Angeheizt wird die angespannte Stimmung von sich immer wieder häufenden Berichten über eine mögliche Immobilienblase, die platzen könnte. Zahlen zeigen aber, dass es zwar momentan ein höheres Angebot bei Immobilien gibt als noch in den letzten Jahren und die Preise auch tatsächlich leicht zurück gehen – aber eben bei nahezu null Umsatz. Es sind also eher zurückgehende Bewertungskurse als tatsächliche Preisfeststellungen.
Gleichzeitig sorgen die globalen Krisenherde für eine Zuspitzung der Inflation. Die Inflationsrate in der Eurozone beträgt aktuell immer noch 5,3%. Auch im nächsten Jahr wird noch von einer Inflationsrate von 3,2% ausgegangen. Neben den viel beschriebenen Energiepreisen sind es inzwischen die Nahrungsmittelpreise, die in Deutschland immer weiter steigen und den Menschen Sorgen bereiten. Speziell in diesem Bereich wird die Gesellschaft hart getroffen. Es sind Grundbedürfnisse wie Wohnen oder Essen, die zunehmend unbezahlbarer werden. Die Zentralbanken haben nun die Wahl zwischen Pest oder Cholera. Da aber die Inflation zumindest momentan nicht nachhaltig schwindet und die Bekämpfung selbiger nach wie vor das Hauptziel der Notenbanken ist, war die letzte Erhöhung aus dieser Sicht wohl eine logische Konsequenz.
Am Anleihenmarkt herrscht derzeit eine gewisse Ruhe. Diese spiegelt sich insbesondere bei der Aktivität der Marktteilnehmer wider. Trotz steigender Zinsen und immer wieder verheerenden Nachrichten in einigen Branchen bleiben die ganz starken Turbulenzen aktuell (noch) aus. Speziell im oben beschriebenen Immobiliensektor sind einige Emittenten in ernsthaften Schwierigkeiten. Bei vielen Retail-Anlegern beliebte Titel haben teilweise sogar Insolvenz anmelden müssen.
Spannend ist auch die Entwicklung am internationalen Markt der Börsen und Handelsplattformen. Am Tag nach der jüngsten Zinsentscheidung der EZB (14.09.23) veröffentlichte der Broker Trade Republic die Information, dass zukünftig auch Anleihen zu hervorragenden Konditionen gehandelt werden können. Insgesamt rund 500 „liquide“ Staats- und Unternehmensanleihen sind zukünftig dort ab einem Euro handelbar. Damit stellt Trade Republic den bisherigen Anlegermarkt für Retail-Investoren in Bonds komplett auf den Kopf. Zum einen ist die Fremdkostenpauschale von genau einem Euro im Anleihen-Handel einmalig und sagenhaft und zum anderen wird auch mit der Mindeststückelung von Anleihen dem privaten Anleger eine ganz große Hürde weggenommen. Bei Trade Republic können Anleger Bonds trotz Mindeststückelung von beispielsweise 1.000 EUR oder sogar 100.000 EUR für beispielsweise 100 EUR kaufen. Das ist neu, das ist sehr spannend und das ist wirklich toll! Es ist davon auszugehen, dass dadurch diverse neue Anleger den Bondmarkt für sich entdecken werden und Anleihen wieder zu einer attraktiven Anlegerklasse (auch) bei Kleinanlegern werden können.
Das Q4/23 wird also noch mal spannend. Erste Neuemissionen im Mittelstandsbereich kamen auf den Markt. Damit ist auch das Eis an der nun neuen Zinsfront gebrochen. Dazu ist – wie bereits beschrieben – mit neuem Interesse von zusätzlichen Retail-Investoren zu rechnen. Die globale Politik kann auch immer wieder mit nicht zu erwartenden Wendungen für Schwung sorgen und so könnte das absolute Liquiditätstief bald Geschichte sein und die Investoren aus der Deckung locken.