Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Schnippe, die Score Capital AG bietet eine öffentliche Unternehmensanleihe an. Wofür sollen die Emissionsmittel konkret verwendet werden und warum ist das Finanzierungsinstrument „Anleihe“ dafür das passende Element.
Stephan Schnippe: Wir arbeiten in einer Industrie, die kontinuierlich wächst. Fußball ist ein absoluter Wachstumsmarkt und das weltweit. Wir können die Nachfrage nach unseren Leistungen nicht decken und müssen viele Transaktionen absagen. Die Anleihe bedeutet für uns zusätzliches Wachstum und beschleunigt unsere Geschäftstätigkeit. Wenn wir bis zu 20,0 Mio. EUR mit der Anleihe einsammeln, bedeutet das 60 bis 80 Mio. EUR zusätzliches Neugeschäft – und das jährlich.
Anleihen Finder: Score Capital kauft Fußballvereinen aus den großen Profi-Ligen Forderungen bspw. bei Transfers oder Sponsoringeinnahmen ab und verkauft diese wieder. Wie genau funktioniert Ihr Geschäftsmodell?
Stephan Schnippe: Wenn Sie in der Presse von großen Transfers lesen mit 20, 50 oder 100 Mio. EUR Transfersumme, dann werden diese Ablösebeträge in der Regel nicht auf einmal bezahlt, sondern in Raten. Diese Raten laufen dann über 24 Monate, können aber auch 36 Monate oder in Einzelfällen bis zu 60 Monate gehen. Die Score Capital AG kauft diese zukünftigen Raten an und gibt dem verkaufenden Verein das Geld, abzüglich unserer Gebühren, sofort. Der den Spieler kaufende Verein zahlt den Ablösebetrag gemäß der im Transfervertrag vereinbarten Zahlungstermine.
Anleihen Finder: Welche Margen werfen Forderungs-an und -verkäufe ab?
„Unser strategisches Ziel ist es mit unseren Forderungen zu handeln, um damit Handelsgewinne zu erzielen“
Stephan Schnippe: Sie haben Recht, die Score Capital versteht sich als Forderungshändler und ist nicht am Aufbau einer großen Bilanz als Bestandshalter – wie das eine Bank anstrebt, interessiert. Unser strategisches Ziel ist es mit unseren Forderungen zu handeln und diese an institutionelle Investoren und am Kapitalmarkt weiter zu verkaufen, um damit Handelsgewinne zu erzielen. Für uns ist die eigentliche Marge des Geschäftes nicht so entscheidend, solange wir das Geschäft teurer verkaufen als wir es einkaufen. Als Händler sind wir wesentlich robuster und widerstandsfähiger, da wir ein sehr reagibles und flexibles Kostengerüst haben. Das ist auch der Grund dafür, dass wir nach der Gründung der Score Capital AG im Jahr 2016 trotz Corona und steigenden Zinsen in jedem Geschäftsjahr profitabel waren.
Anleihen Finder: Welche Vorteile haben die Vereine durch Ihre angebotenen Dienstleistungen? Warum tätigen die Proficlubs ihre Finanzierung mit Score Capital und nicht etwa mit einer Bank?
Stephan Schnippe: Wir sind quasi Bindeglied zwischen kaufendem und verkaufendem Verein und mittlerweile fester Bestandteil des Transfermarktes. Wir generieren aktiv Vorteile für beide Clubs. Der kaufende Club kann über Raten bezahlen, der verkaufende Club erhält sein Geld sofort. Diese Spezialdisziplin der Finanzierung haben wir über die letzten 20 Jahre entwickelt. Wir sind weltweit mit eigenen Repräsentanten in den wichtigsten Märkten tätig. Das ist nicht so ohne weiteres von einer Bank abzudecken. Vielmehr ergänzen wir mit unseren Leistungen die Hausbankenbeziehungen unserer Clubs.
„Wir generieren aktiv Vorteile für beide Clubs: Der kaufende Club kann über Raten bezahlen, der verkaufende Club erhält sein Geld sofort“
Anleihen Finder: Wie hoch sind Ihre Forderungsankäufe in der Regel? Bis zu welcher Größenordnung fühlen Sie sich wohl und wie viele Transfer-Beteiligungen haben Sie durchschnittlich im Jahr?
Stephan Schnippe: Wir streben ein möglichst breit diversifiziertes Neugeschäft an und gehen nicht auf große Einzeltransaktionen. Die Score Capital AG ist eher wie ein Fischer, der sein Netz auswirft, um möglichst viele Fische zu fangen, und nicht wie der Walfänger, der über die Meere fährt und hofft, einen Wal zu erlegen. Wir machen im Jahr 40 bis 50 Einzeltransaktionen. Die breite Streuung bedeutet nicht nur Risikodiversifizierung, sondern sichert auch aktiv unsere Geschäftstätigkeit ab. Daher engagieren wir uns selten bei großen Transfers, sondern vor allem im Segment bis 20 Mio. EUR. Am wohlsten fühlen wir uns bei Transfersummen von bis zu 10 Mio. EUR.
Anleihen Finder: Ein weiteres Geschäftsstandbein sind finanzielle Beratungsdienstleistungen für die Proficlubs. Was genau machen Sie da und wie hoch ist Ihr Umsatz in diesem Bereich?
Stephan Schnippe: Durch unsere Tätigkeit als weltweiter Transferfinanzier verfügen wir über einen belastbaren Zugang zu den Vereinen. Gleichzeitig ist die Score Capital sehr aktiv auf den globalen Finanzmärkten, da wir unsere Forderungen an den Kredit- und Kapitalmarkt weitergeben. Wir verbinden diese beiden Welten bzw. unserer Netzwerke in diesen unterschiedlichen Welten und partizipieren so zusätzlich an unserem Netzwerk.
Anleihen Finder: Wie haben sich die wesentlichen Geschäftszahlen (Umsatz, EBITDA, Gewinn) der Score Capital AG in den letzten Jahren entwickelt?
Stephan Schnippe: Unser Umsatzwachstum in den Jahren 2017 – 2023 liegt bei jährlich 12,3 % und das Ergebniswachstum in der gleichen Zeit bei 8,4 % jährlich. Und das trotz Corona und steigenden Zinsen. Wir sind also nachhaltig profitabel und wachsen.
Anleihen Finder: Aufgrund Ihres Geschäftsmodells benötigen Sie doch augenscheinlich stets eine hohe Liquidität. Wie stellen Sie diese sicher? Wie hoch ist zudem die Eigenkapitalausstattung von Score Capital?
„Je mehr Refinanzierung wir haben, umso mehr Geschäft können wir machen“
Stephan Schnippe: Sie haben Recht, die Refinanzierung ist unser Engpassfaktor, nicht der Markt bzw. die Nachfrage. Es ist relativ einfach, umso mehr Refinanzierung wir haben, umso mehr Geschäft können wir machen. Dabei ist der Umfang unserer Zwischenfinanzierungsfasziliäten – also unserem Warehouse – entscheidend. Wie bei jedem Händler ist auch bei uns die Höhe der Lagerfinanzierung wichtig für das Handelsvolumen aber auch für die Flexibilität. Die Anleihe ist Teil unserer Zwischenfinanzierung und ergänzt die vorhandenen Refinanzierungslinien. Wenn wir eine Forderung kaufen, nehmen wir diese zunächst auf die eigene Bilanz. Dazu brauchen wir eine eigene Zwischenfinanzierung, ein eigenes „Lager“. In diesem Lager bereiten wir dann die Forderung so auf, dass wir diese über die einzelnen Absatzkanäle – Banken, Versicherungen, Senior Notes etc. – regresslos weiterverkaufen.
Anleihen Finder: Wie stellen Sie auf der anderen Seite sicher, dass Ihre Schuldner liquide sind? Inwiefern prüfen Sie die Bilanzen der Vereine?
Stephan Schnippe: Seit Gründung der Score Capital AG fahren wir eine „Zero-Default-Strategie“ mit dem Ergebnis, dass wir über unsere gesamte Transaktionshistorie noch keinen Ausfall hatten. Es ist die bewusste Ankaufsentscheidung und die funktionierenden Marktmechanismen, die unsere Assetklasse so sicher macht. Jede einzelne Transaktion wird bei uns intensiv überprüft und durchläuft einen sorgfältigen Entscheidungsprozess. Wir haben ein weltweit einzigartiges Ratingsystem speziell für die Fußballindustrie entwickelt, welches auf einer Datenbank von über 2.400 Einzelabschlüssen von Fußballvereinen aufbaut. Gleichzeitig ist die vorhandene Regulatorik auf Ebene der FIFA, der UEFA und der jeweilen Nationalverbände ein Schutzschirm für unsere Forderungen. Die Regeln zwingen die Vereine dazu, ihre Transferverbindlichkeiten zu bezahlen. Eine Nichtzahlung bedeutet empfindliche Sanktionen bis hin zur Versagung der Lizenz, was dem Entzug der Geschäftsgrundlage eines Vereins gleich kommt. Das ist ideal für uns.
„Hatten über unsere gesamte Transaktionshistorie noch keinen Ausfall“
Anleihen Finder: Wo sehen Sie trotz des stetig wachsenden Fußballmarktes die größten Risiken in Ihrem Geschäftsmodell?
Stephan Schnippe: Ehrlich gesagt sehe ich keine signifikanten bzw. schlagenden Risiken für unser Unternehmen bzw. für die Zeichner der Anleihe.
Fußball ist konjunkturunabhängig und wächst kontinuierlich. Allein die Top-5 Ligen in Europa – also England, Spanien, Deutschland, Italien und Frankreich – werden diese Saison fast 21 Mrd. EUR Einnahmen erwirtschaften. Der langfristige Wachstumstrend im Fußball ist intakt – eine globale Sättigung im Fußball sehen wir nicht.
Fußball ist krisenresistent. Egal ob wir eine wirtschaftliche, politische oder gesundheitliche Krise haben, die Menschen interessieren sich für Fußball. Fußball ist unter den Sportarten in Europa die mit Abstand stärkste und bedeutendste Sportart.
Der Transfermarkt hat sich die letzte Dekade sehr gut entwickelt und eilt von Rekord zu Rekord. Das nicht nur bei dem Volumen einzelner Transfers, die dreistellige Millionenbeträge erreichen können, sondern auch bei dem Gesamtvolumen des Transfermarktes, welches bei rund 7 Mrd. EUR jährlich liegt. Die Entwicklung der Transferinvestitionen wächst jedoch im Kontext mit der Entwicklung der Gesamteinnahmen der Vereine über die letzten 10 Jahre. Wir sind also von einer Transfermarkt-Blase weit entfernt. Durch die FIFA haben wir mit dem Fußball die einzige Industrie, die weltweit eine einheitliche Regulatorik unterliegt und die gleichen Standards hat. Dieses Level Playing Field zeigt keine andere Industrie, ermöglicht entsprechende Skaleneffekte und ist Grundlage einer weiteren Globalisierung des Fußballs.
Anleihen Finder: Wie ist generell die Konkurrenz-Situation in Ihrem Business und warum setzen Sie sich mit Score Capital am Markt durch?
Stephan Schnippe: Es gibt weltweit nur drei weitere nennenswerte Anbieter, wobei die Score Capital als einzige Nicht-Bank der First Mover und Innovationsführer in der Branche ist. Generell ist festzuhalten, dass die Nachfrage wesentlich größer als das Angebot ist.
Anleihen Finder: Sie haben sich nun für ein öffentliches Anleihe-Angebot entschieden, nach dem die vorherige Anleihe im Rahmen ein Privatplatzierung emittiert wurde. Warum gehen Sie mit Ihrem doch eher diskreten Geschäft nun mehr publik? Was erhoffen Sie sich davon?
„Jetzt ist die Assetklasse Fußball bereit für den breiteren Kapitalmarkt“
Stephan Schnippe: Fußball ist zwar bunt und atmosphärisch und wird of als High-Risk angesehen. Die Realität ist jedoch, dass Fußball eine sehr risikoarme, belastbare Assetklasse ist. Wir mussten in den letzten Jahren erst einmal unseren eigenen Track Record aufbauen – sowohl als Emittent als auch als „Asset Manager“. Wir sagen immer, Fußball ist das, was Private Equity vor 20 Jahren war. Institutionelle Investoren haben sehr früh die Vorteile der Assetklasse Fußball gesehen und investierten. Wir haben unsere erste Anleihe, unseren ersten Kreditfonds und auch unsere erste Senior Note ausschließlich bei institutionellen Investoren platziert. Jetzt ist die Assetklasse Fußball bereit für den breiteren Kapitalmarkt, sie hat über die letzten Jahre gezeigt, was diese Assetklasse ausmacht – geringe Korrelation, geringe Risiken, kurze Laufzeiten, gute Verzinsung – schlichtweg ein überzeugendes Chancen-Risiko-Ratio. Das hat uns letztendlich auch die Zusammenarbeit mit dem Family Office FINVIA gezeigt, welche wir 2023 begonnen haben. Für uns bedeutet das öffentliche Angebot eine Verbreiterung und Absicherung unserer Kapitalmarktstrategie.
Anleihen Finder: Die dreijährige Anleihe bietet nun einen Zinskupon von 8,00% p.a. Wie gewährleisten Sie die jährlichen Zinszahlungen und welche weiteren Sicherheiten können Sie Ihren Anlegern darüber hinaus anbieten?
Stephan Schnippe: Grundsätzlich ist es doch so, dass der Zinssatz auf der einen Seite für die Anleger interessant sein muss. Auf der anderen Seite muss er für uns als Emittent bezahlbar sein und nicht zu Problemen führen. Ich denke 8 % p.a. ist ein guter Kompromiss – für uns gut bezahlbar und für unsere zukünftigen Investoren attraktiv.
„Bei uns führen die Anleiheerlöse zum sofortigen Neugeschäft“
Uns unterscheidet etwas von vielen anderen Emittenten von Anleihen und das ist der Verwendungszweck der Anleiheerlöse. Viele Emittenten investieren die Erlöse in langfristige Vermögenswerte wie z.B. Fabrikgebäude oder Maschinen, versuchen damit neue Märkte zu erschließen oder entwickeln neue Produkte. Alles Investitionen in eher langfristige, illiquide Vermögensgegenstände, die erst in der Zukunft zu Umsätzen führen. Auch werden oft Anleihen zur Tilgung anderer Schulden verwendet. Bei uns hingegen führen die Anleiheerlöse zum sofortigen Neugeschäft und Umsätzen, also zu weiterem Wachstum. Wir nutzen die Anleihen für den Ankauf von kurz- bis mittelfristigen, fungiblen Forderungen. Sie ergänzen unsere bestehenden Banklinien und ersetzen diese nicht. Bei einer Vollplatzierung der Anleihe rechnen wir mit bis zu 80 Mio. EUR Neugeschäft im Jahr und einem zusätzlichen Rohertrag von 2,5 Mio. EUR jährlich.
Um den Investoren eine weitere Sicherheit zu geben, verpflichten wir uns zusätzlich, dass jeweils in Höhe des platzierten Anleihevolumens freie Vermögenswerte auf der Aktivseite der Score Capital vorhanden sein müssen. Damit ist die Rückzahlung der Anleihe de facto abgesichert.
Anleihen Finder: Abschließend: Welche operativen und unternehmerischen Ziele verfolgen Sie – auch mithilfe der aktuellen Anleihe-Emission – mit der Score Capital AG in den kommenden Jahren?
Stephan Schnippe: Unsere langfristige Vision ist es zum weltweit größten, bankenunabhängigen Fußballfinanzierer zu werden. Operativ werden wir mit dieser Anleihe unser weiteres Wachstum aktiv unterstützen, unsere Schnelligkeit und Flexibilität ausbauen und unsere Refinanzierung diversifizieren, was letztendlich zu einer höheren Profitabilität der Score Capital führen wird.
Anleihen Finder: Herr Schnippe, besten Dank.