Anleihen Finder: Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch, die Automobilbranche in Deutschland und Europa hat es derzeit nicht leicht. Wie laufen die Geschäfte bei der NZWL in 2024?
Hubertus Bartsch: Unsere Geschäfte laufen sehr solide – das lässt sich auch konkret am 1. Halbjahr 2024 festmachen. So haben wir unseren Umsatz um 6,2 % auf 91,0 Mio. Euro und unser EBITDA um 11,5 % auf 10,7 Mio. Euro gesteigert. Der Halbjahresüberschuss erhöhte sich deutlich von 0,1 Mio. Euro auf 1,3 Mio. Euro. Bereinigt um den Sondereffekt aus unrealisierten Währungskursdifferenzen in Höhe von -0,3 Mio. Euro (1. Halbjahr 2023: 0,7 Mio. Euro) lag das operative Konzernergebnis bei 1,0 Mio. Euro (1. Halbjahr 2023: 0,8 Mio. Euro). Mit Blick auf unsere Bilanz stiegen die liquiden Mittel gegenüber dem 31. Dezember 2023 von 16,1 Mio. Euro auf 29,4 Mio. Euro, was auch auf den starken operativen Cashflow zurückzuführen ist, der von 12,0 Mio. Euro auf 16,4 Mio. Euro zunahm.
Anleihen Finder: Wie hat sich das im vergangenen Jahr doch eher träge China-Geschäft in Ergänzung dazu entwickelt? Haben die anvisierten EU-Zölle auf chinesische Autos dabei einen Einfluss auf Ihr Geschäftsmodell?
Hubertus Bartsch: In China verlief das 1. Halbjahr 2024 stabil und nahezu plangerecht. In Bezug auf die EU-Zölle muss klar differenziert werden, denn sie betreffen ausschließlich E-Autos. Zur Einordnung: Unser Umsatzanteil im Bereich Elektro-/Hybridantrieb betrug zuletzt im 1. Halbjahr 2024 rund 9 %. Insgesamt dürften die Auswirkungen der EU-Zölle auf unsere Geschäftsentwicklung noch verhältnismäßig begrenzt sein. Ergänzend ist es wichtig zu wissen, dass wir in China hauptsächlich für den chinesischen Markt produzieren. Dabei profitieren wir davon, dass wir auch in Tianjin über eine komplette Wertschöpfungskette für die Hauptprodukte verfügen.
Anleihen Finder: Der Konzernumsatz ist im ersten Halbjahr auf 91 Mio. Euro angewachsen, der bereinigte Halbjahresgewinn lag bei gut 1 Mio. Euro. Wie ordnen Sie das ein? Was sind Ihre Wachstums- und Gewinntreiber?
„Als wesentliche Umsatzstütze erwies sich erneut unser Hauptproduktbereich Synchronisierungen“
Hubertus Bartsch: In Anbetracht des anhaltend herausfordernden Branchenumfelds sind wir mit der Geschäftsentwicklung im 1. Halbjahr 2024 durchaus zufrieden. Das Umsatzwachstum resultierte in Europa aus den gestiegenen Kundenabrufen im Bereich Synchronisierungen für Doppelkupplungsgetriebe sowie dem geplanten Hochlauf von Neuaufträgen im Nutzfahrzeugbereich. Als wesentliche Umsatzstütze in den ersten sechs Monaten erwies sich damit erneut unser Hauptproduktbereich Synchronisierungen, der gegenüber dem Vorjahr ein Wachstum von 10,4 % verzeichnete. Die erwähnten gestiegenen Kundenabrufe für Doppelkupplungsgetriebe spiegeln dabei die Substitution von Standardgetrieben durch automatisierte Getriebe wider.
Anleihen Finder: Wie werden die Finanzkennzahlen zum Jahresende aussehen? Was ist Ihre Prognose und wie planen Sie diesbezüglich für die kommenden Jahre?
Hubertus Bartsch: Auf Basis unserer positiven Geschäftsentwicklung in den ersten sechs Monaten können wir unsere Prognose für das Gesamtjahr 2024 bestätigen. Entsprechend rechnen wir unverändert mit einem Umsatzwachstum von 3 % bis 7 % sowie einer leichten Verbesserung des betrieblichen Rohertrags, des EBITDA und des Konzernjahresüberschusses (bereinigt um die Ergebnisse aus Währungsdifferenzen). Unsere solide Geschäftsentwicklung möchten wir auch in den kommenden Jahren nahtlos fortsetzen.
Anleihen Finder: Mit VW hat einer ihrer wichtigsten Kunden zuletzt aufgrund von großen Finanzlöchern deutliche Sparmaßnahmen angekündigt. Wie wirkt sich das auf Ihre Geschäftsbeziehung und Ihre Auftragslage aus?
Hubertus Bartsch: Wir pflegen zu VW sehr enge partnerschaftliche Geschäftsbeziehungen, die über viele Jahre vertrauensvoll gewachsen sind. Darauf sind wir stolz und daran werden wir selbstverständlich weiterhin festhalten. In Bezug auf die Auftragslage kommt einmal mehr unsere hohe Diversifikation zum Tragen. Mit Blick auf den VW-Konzern bedeutet dies konkret, dass zunächst einmal zwischen der Kernmarke Volkswagen und den neun weiteren Marken innerhalb des VW-Konzerns unterschieden werden muss. Was vielen vielleicht nicht so bewusst ist: Alle zehn Marken agieren in den regionalen Märkten als komplett eigenständige Kunden. Vor diesem Hintergrund erwarten wir derzeit keine unmittelbaren substanziellen Auswirkungen auf die Auftragsentwicklung.
Anleihen Finder: Inwiefern hat sich die NZWL in den letzten Jahren breiter aufgestellt, um Abhängigkeiten (von einzelnen Kunden und Produkten) zu verringern?
„Dass derzeit einige Autohersteller vielfältige Herausforderungen zu meistern haben, sehen wir für uns durchaus auch als zusätzliche Chance“
Hubertus Bartsch: Wir profitieren bereits seit vielen Jahren von unserer breiten Aufstellung und unserem bestehenden Produktportfolio, so dass gar keine wesentlichen Anpassungen erforderlich waren. Wir sind also schon längst in der Lage, flexibel auf volatile Marktentwicklungen zu reagieren. Das Thema der unabhängigen Marken haben wir bereits angesprochen. Hinzu kommt unsere hohe Diversifikation nach Ländern, die uns ermöglicht, regionale Umsatzschwankungen wie in Deutschland durch unsere Umsätze in Europa oder China erfolgreich zu kompensieren. Zudem bedienen wir seit vielen Jahren sämtliche Antriebsarten sowohl im Pkw- als auch im Nutzfahrzeugbereich. Dass derzeit einige Autohersteller, besonders in Europa, vielfältige Herausforderungen zu meistern haben, sehen wir für uns als langjährigen Partner der OEMs durchaus auch als zusätzliche Chance denn als Risiko. Vergleichbare Phasen in der Vergangenheit haben innovativen und agilen Zulieferern auf mittlere Sicht immer zusätzliches Geschäft gebracht.
Anleihen Finder: Sie konnten zuletzt einen neuen mehrjährigen Serien-Produktionsauftrag im Nutzfahrzeugbereich gewinnen. Was bedeutet der Deal für die NZWL sowohl finanziell als auch strategisch? Wo sehen Sie weitere zukünftige Potenziale für die NZWL?
Hubertus Bartsch: Der Neuauftrag stammt von einem langjährigen internationalen Kunden und zeugt damit von unserer guten Positionierung im Nutzfahrzeugbereich. Dieses Standing erweist sich sowohl finanziell als auch strategisch als nachhaltig wertvoll, weil die Modellzyklen bei Nutzfahrzeugen, insbesondere bei Lkw, wesentlich langfristiger sind als im Pkw-Bereich. Aber auch in diesem Segment konnten wir einen attraktiven Neuauftrag gewinnen – konkret eine Volumenerweiterung für den Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) von VW. Es gelingt uns also weiterhin in beiden Bereichen, als zuverlässiger Partner unsere Strategie erfolgreich fortzusetzen.
Anleihen Finder: Sie bieten aktuell eine neue Anleihe inklusive Umtauschangebot für Inhaber von zwei laufenden Bonds an. Der Kupon ist dabei erneut gestiegen – auf nunmehr 9,75% p.a. Inwiefern ist denn das Risiko einer NZWL-Investition gewachsen? Und wie können Sie die jährlichen Kuponzahlungen gewährleisten?
„Der höhere Kupon spiegelt ausschließlich die anhaltend herausfordernde Marktentwicklung und das allgemeine Zinsniveau wider“
Hubertus Bartsch: Der höhere Kupon spiegelt ausschließlich die anhaltend herausfordernde Marktentwicklung und das allgemeine Zinsniveau wider, aber ist keinesfalls das Ergebnis eines gestiegenen Unternehmensrisikos. Das möchten wir ganz klar betonen. Unsere Anleger können sich weiterhin darauf verlassen, dass wir unseren Zins- und Tilgungsleistungen vollumfänglich und pünktlich nachkommen werden – so wie schon in den vergangenen zehn Jahren. Die jährlichen Kuponzahlungen werden wir durch unseren soliden operativen Cashflow gewährleisten, der beispielsweise allein im 1. Halbjahr 2024 bei 16,4 Mio. Euro lag.
Anleihen Finder: Warum ist und bleibt eine Anleihe das Finanzierungsinstrument Ihrer Wahl? Welche Möglichkeiten ergeben sich mit einer Anleihe?
Hubertus Bartsch: Wir haben in den vergangenen zehn Jahren ausnahmslos positive Erfahrungen mit diesem Finanzierungsinstrument gemacht und sämtliche Vorhaben erfolgreich umsetzen können. Es begann mit der Errichtung und Erweiterung eines neuen Werks in China, gefolgt von gezielten Investitionen in unser weiteres profitables Wachstum. Aus unserer Sicht wäre es geradezu fahrlässig, diese bewährte Finanzierungsstrategie nicht fortzusetzen. Schließlich haben wir ein langjähriges Vertrauensverhältnis zu unseren Anlegern aufgebaut und verfügen über einen tadellosen Track-Record am Kapitalmarkt. Deshalb werden wir auch weiterhin bedarfsgerecht Anleihen begeben, um strategische Investitionen gezielt vorzunehmen und dadurch unsere Marktposition nachhaltig zu stärken und auszubauen.
„Aus unserer Sicht wäre es geradezu fahrlässig, diese bewährte Finanzierungsstrategie nicht fortzusetzen“
Anleihen Finder: Wie hoch ist gegenwärtig das Eigenkapital und der Verschuldungsgrad der NZWL?
Hubertus Bartsch: Wir verfügen hier über eine sehr solide Basis. Zum 30. Juni 2024 kletterte das Eigenkapital auf 29,3 Mio. Euro nach 27,3 Mio. Euro per 31. Dezember 2023. Daraus ergibt sich eine von 19,9 % auf 20,1 % verbesserte Eigenkapitalquote zur Jahresmitte 2024. Zum 31. Dezember 2023 lag das Verhältnis von Nettofinanzverbindlichkeiten zu EBITDA bei 3,3.
Anleihen Finder: Mit welcher weiteren Entwicklung rechnen Sie auf dem Automobilmarkt? Wo sehen Sie zukünftig Ihre Rolle als Zulieferer?
Hubertus Bartsch: Die vielfältigen Herausforderungen im Markt werden sicherlich noch einige Zeit bestehen bleiben. Wir erwarten gleichzeitig eine Fortsetzung des Transformationsprozesses hin zu nachhaltiger Mobilität. Die Elektrifizierung wird – wenn auch in gedrosseltem Tempo – weiter voranschreiten und sich in einer entsprechend zunehmenden Diversifizierung der Antriebskonzepte widerspiegeln. Unsere Rolle als Zulieferer wird sich darauf konzentrieren, auch in Zukunft hochwertige Produkte zuverlässig herzustellen, die sowohl bei Verbrennern als auch bei Hybrid- und Elektroantrieben eingesetzt werden können. Zudem sehen wir uns als Partner der Automobilhersteller, der maßgeschneiderte Lösungen und hohe technische Expertise bereitstellt, um die Herausforderungen gemeinsam erfolgreich zu bewältigen.
Anleihen Finder: Abschließend: Warum wird sich die NZWL auch weiterhin im Automobilmarkt durchsetzen? Welche Ziele haben Sie sich mit dem Konzern für die kommenden Jahre gesteckt?
„Wir sehen uns gut aufgestellt und wollen auch zukünftig exzellente Produkte anbieten“
Hubertus Bartsch: Wir verfügen über eine hohe Kompetenz für Elektro-, Hybrid- und Verbrennungsantriebe, da wir den Wandel in der Automobilindustrie frühzeitig erkannt und unsere Strategie darauf ausgerichtet haben. Zusätzlich profitieren wir von einer starken finanziellen Basis und langjährig gewachsenen, vertrauensvollen Kundenbeziehungen, die in einer hohen Planungssicherheit und attraktiven Folgeaufträgen münden. Als einer der führenden Produzenten von Synchronisierungen für Direktschaltgetriebe und Alleinlieferant bei ca. 90 % unserer Aufträge können wir ein Stück weit aus einer Position der Stärke agieren. Diese Assets bilden aus unserer Sicht ein starkes Fundament für unser weiteres profitables Wachstum. Durch gezielte strategische Investitionen wollen wir auch zukünftig exzellente Produkte anbieten und unsere Position als zuverlässiger, bevorzugter Partner der Automobilhersteller nachhaltig stärken. Wir sehen uns gut aufgestellt, um das weiterhin bestehende Wachstumspotenzial in Europa und China konsequent zu nutzen.
Anleihen Finder: Vielen Dank, Herr Dr. Bartsch.