Apothekertag unter Druck: Machtlosigkeit, Reformambitionen und der Kampf um die Zukunft
Die Hauptversammlung des Deutschen Apothekertags steht zunehmend in der Kritik. Viele Delegierte und Kammervertreter werfen dem Gremium vor, seiner ursprünglichen Rolle als zentrale Instanz der Mitbestimmung nicht gerecht zu werden. Die Realität sei ernüchternd, so die Stimmen aus den Kammern: Zahlreiche Anträge seien in der Vergangenheit an Ausschüsse überwiesen worden, wo sie oft ohne konkrete Ergebnisse blieben. Diese strukturellen Schwächen werfen die grundsätzliche Frage auf, ob der Apothekertag in seiner jetzigen Form noch zeitgemäß ist.
Hinzu kommt eine spürbare Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Basis und den Entscheidungen der Führungsebene. Verbandschef Thomas Benkert zeigt sich dennoch zuversichtlich. Mit Blick auf ein mögliches Ende der Ampel-Koalition formuliert er: „Neues Spiel, neues Glück.“ Diese optimistische Haltung wirkt angesichts der Herausforderungen in der Branche jedoch nicht auf alle glaubwürdig. Besonders irritierend ist die Tatsache, dass bereits vor der nächsten Wahl offenbar Klarheit darüber besteht, wer künftig an der Spitze des Apothekerverbands stehen wird. Diese inoffizielle Vorentscheidung wirft Fragen zur Transparenz und demokratischen Legitimität innerhalb der Standesvertretung auf.
Parallel dazu spitzen sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Apotheken weiter zu. Steigende Betriebskosten, stagnierende Honorare und der anhaltende Fachkräftemangel setzen die Branche unter massiven Druck. Während von politischer Seite Soforthilfen gefordert werden, bereiten viele Apothekenkammern bereits deutliche Beitragserhöhungen vor, um finanzielle Spielräume zu schaffen. Ein wesentlicher Teil dieser Mittel soll dem Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) zugutekommen, das als zentraler Akteur für die Sicherstellung der Arzneimittelqualität gilt.
Die Diskussion um Zukunftskonzepte nimmt in diesem Zusammenhang an Fahrt auf. Im Fokus stehen dabei insbesondere die stärkere Einbindung von Apotheken in die Primärversorgung sowie ihre Rolle im Bereich der Prävention. Ziel ist es, Apotheken als niedrigschwellige Gesundheitsdienstleister zu etablieren, die sowohl die ärztliche Versorgung entlasten als auch eine zentrale Anlaufstelle für präventive Maßnahmen bieten können. Doch diese ehrgeizigen Pläne stoßen auf erhebliche Hürden. Es fehlt sowohl an ausreichend qualifiziertem Personal als auch an den finanziellen Ressourcen, um diese Konzepte flächendeckend umzusetzen.
Die Herausforderungen für die Branche sind enorm. Einerseits müssen strukturelle Defizite innerhalb der eigenen Organisationen behoben werden, um verloren gegangenes Vertrauen und Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. Andererseits erfordert die wachsende Belastung durch externe Faktoren wie die wirtschaftliche Lage und den Fachkräftemangel schnelle, aber durchdachte Maßnahmen. Die Zukunft des Apothekertags, einst ein Symbol für die Interessenvertretung der Apothekerschaft, steht dabei auf dem Prüfstand.
Der Deutsche Apothekertag ist seit Jahrzehnten eine zentrale Institution der Apothekerschaft – zumindest auf dem Papier. Doch die zunehmende Kritik an seiner Handlungsfähigkeit ist nicht unbegründet. Die Hauptversammlung, die eigentlich als Ort der Debatte und Beschlussfassung dienen soll, hat sich in den Augen vieler zu einer bloßen Bühne entwickelt, deren Ergebnisse kaum noch Einfluss auf die Praxis haben. Wenn Anträge in Ausschüssen versanden und keine konkreten Resultate erkennbar sind, verliert das Gremium nicht nur seine Legitimation, sondern auch das Vertrauen der Basis.
Die optimistischen Aussagen von Verbandschef Thomas Benkert wirken in diesem Kontext beinahe wie eine bewusste Beschwichtigung. Sie sollen Zuversicht vermitteln, doch sie könnten auch als Zeichen einer gewissen Realitätsferne interpretiert werden. Vor allem die inoffizielle Vorentscheidung über die künftige Führung des Apothekerverbands sorgt für Unmut. Demokratische Prozesse sind die Grundlage jeder glaubwürdigen Organisation. Wenn diese durch interne Absprachen untergraben werden, gefährdet das die gesamte Glaubwürdigkeit der Standesvertretung.
Finanzielle Aspekte stellen eine weitere Baustelle dar. Die geplanten Beitragserhöhungen der Kammern mögen kurzfristig notwendig erscheinen, um wichtige Institutionen wie das Zentrallaboratorium zu stärken und neue Projekte anzustoßen. Doch sie belasten die Apotheken zusätzlich, die ohnehin schon unter enormem wirtschaftlichem Druck stehen. Es bleibt unklar, wie weit diese Maßnahmen reichen können, ohne die Mitglieder weiter zu entfremden.
Die Idee, Apotheken stärker in die Primärversorgung und Prävention einzubinden, ist zweifellos sinnvoll. Sie spiegelt den Wunsch wider, die Rolle der Apotheken im Gesundheitssystem auszubauen und ihre gesellschaftliche Relevanz zu stärken. Doch auch hier fehlen bislang konkrete Umsetzungspläne. Ohne zusätzliches Personal und ausreichende finanzielle Mittel bleibt diese Vision schwer realisierbar. Stattdessen droht sie, als ambitioniertes, aber letztlich unrealistisches Konzept in den Akten zu verschwinden.
Der Apothekertag und die gesamte Branche stehen an einem Scheideweg. Es ist an der Zeit, die internen Strukturen zu hinterfragen, Prozesse zu verschlanken und die Entscheidungen transparenter zu gestalten. Nur so kann das Vertrauen der Basis zurückgewonnen werden. Gleichzeitig muss die Branche Antworten auf die wirtschaftlichen und strukturellen Herausforderungen finden, denen die Apotheken tagtäglich ausgesetzt sind. Wenn dies nicht gelingt, droht nicht nur der Bedeutungsverlust des Apothekertags, sondern auch eine nachhaltige Schwächung der gesamten Apothekerschaft.
Apothekertag in der Krise: ABDA plant Machtverschiebung – Basis fordert Reformen
Die ABDA, Spitzenorganisation der deutschen Apothekerschaft, steht unter massivem Druck. Der Vorwurf: eine zunehmende Entfremdung von der Basis und intransparente Entscheidungsstrukturen. Aktueller Zündstoff ist eine geplante Satzungsänderung, die die Hauptversammlung des Deutschen Apothekertags (DAT) in ihrer Rolle deutlich schwächen würde. Statt bindender Beschlüsse für die ABDA sollen diese künftig nur noch beratenden Charakter haben. Zudem soll die Hauptversammlung als zentrales Organ der ABDA entmachtet und lediglich als Institution eingestuft werden.
Diese Pläne stoßen auf heftigen Widerstand innerhalb der Apothekerschaft. Delegierte des letzten Apothekertags reichten einen Adhoc-Antrag ein, der die ABDA auffordert, die geplante Satzungsänderung zu revidieren. Darüber hinaus fordern sie eine Stärkung der Hauptversammlung als legitimes Gremium der Apothekerschaft. Der Antrag wurde maßgeblich von Mitgliedern der Nachwuchsinitiative AByou unterstützt, darunter Dr. Robin Brünn von der Landesapothekerkammer Hessen. Brünn spricht von einer notwendigen „Weiterentwicklung“ des Apothekertags, um die Interessen der Basis besser zu repräsentieren.
Die Rechtsabteilung der ABDA wies jedoch darauf hin, dass die Mitgliederversammlung (MV) für Satzungsfragen zuständig sei und die Hauptversammlung des Apothekertags daher keine bindende Autorität über solche Entscheidungen habe. Dies unterstreicht die kontroverse Rolle des Apothekertags und wirft die Frage auf, ob eine umfassendere Reform nötig ist. Kritiker bemängeln, dass die ABDA sich zunehmend von den Anliegen der Apothekerschaft vor Ort entfernt und wichtige Entscheidungen in Hinterzimmern treffe.
Während die Diskussion um die Satzungsänderung weiter anhält, fordern viele Delegierte eine grundsätzliche Neuausrichtung der Standespolitik. Stimmen werden laut, die Hauptversammlung des Apothekertags künftig mit mehr Macht auszustatten, beispielsweise durch das Recht, das Präsidium der ABDA direkt zu wählen. Für viele Apothekerinnen und Apotheker gilt dies als notwendiger Schritt, um die Basis wieder stärker einzubinden und die demokratische Legitimation der Standesvertretung zu stärken.
Die Entscheidung über die geplanten Änderungen liegt nun bei der Mitgliederversammlung der ABDA. Beobachter sehen dies als Bewährungsprobe für die Standesvertretung: Wird die ABDA die Kritik ernst nehmen und die Basis stärker einbeziehen, oder riskiert sie eine weitere Entfremdung?
Die geplanten Änderungen der Satzung werfen ein Schlaglicht auf ein grundlegendes Problem der ABDA: Ihre Strukturen und Entscheidungsprozesse sind nicht mehr zeitgemäß. In einer Berufsgruppe, die durch wachsenden Druck und komplexer werdende Anforderungen ohnehin stark belastet ist, sollte die Standesvertretung ein verlässlicher Partner sein, der die Interessen der Basis konsequent vertritt. Stattdessen entsteht der Eindruck, dass die ABDA in eigener Sache agiert und den Kontakt zu den Apothekenbetreibern verliert.
Die Forderungen der Delegierten, den Apothekertag zu stärken, verdienen Gehör. Der Apothekertag als zentrales Gremium der Berufsvertretung muss in der Lage sein, maßgebliche Entscheidungen zu treffen und die Richtung der Standespolitik mitzubestimmen. Ein bloßes „Berücksichtigen“ von Beschlüssen wäre ein fatales Signal an die Basis: Ihre Meinung zählt, aber ihre Stimme hat kein Gewicht.
Die ABDA steht vor der Wahl: Sie kann die berechtigte Kritik zum Anlass nehmen, ihre Strukturen zu modernisieren und demokratischer zu gestalten – oder sie riskiert, die Unterstützung der Apothekerschaft zu verlieren. Die Basis verlangt Transparenz, Mitbestimmung und eine echte Interessenvertretung. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, diese Forderungen ernst zu nehmen und die Standespolitik zukunftsfähig zu machen.
Apotheken im digitalen Wandel: E-Rezept und ePA sorgen für Unmut
Die Einführung des E-Rezepts und der elektronischen Patientenakte (ePA) sorgt weiterhin für Diskussionen und Unsicherheiten in der Apothekenbranche. Hans-Günter Lund, Vorsitzender des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, kritisierte auf der jüngsten Mitgliederversammlung, dass Apotheken trotz erheblicher Anstrengungen bei der Umsetzung des E-Rezepts keine finanzielle Anerkennung erhalten haben. Besonders der fehlende Referenzvalidator, der ursprünglich als essenzielles Werkzeug zur Fehlerprüfung bei E-Rezepten angekündigt wurde, bleibt ein großes Problem. Retaxationen aufgrund formaler oder technischer Fehler könnten mit diesem Instrument reduziert werden. Doch bislang ist keine Umsetzung in Sicht.
Ein weiteres Ärgernis für die Apotheken stellt die gesetzlich vorgeschriebene zehnjährige Speicherung der E-Rezepte dar. Während Papierrezepte traditionell von den Krankenkassen archiviert werden, müssen digitale Verordnungen von den Apotheken selbst aufbewahrt werden. Dies bedeutet nicht nur einen erheblichen Kostenaufwand für die technische Infrastruktur, sondern auch zusätzliche Verantwortung hinsichtlich Datenschutz und Sicherheit. „Das ist ein Unding. Rezepte sind Eigentum der Krankenkassen und sollten auch von diesen verwaltet werden“, erklärte Lund deutlich.
Mit Blick auf die elektronische Patientenakte zeigte sich Lund ebenfalls skeptisch. Er warnte vor einem weiteren Anstieg des bürokratischen Aufwands und befürchtet chaotische Zustände, sollte es keine klare Regelung und Unterstützung bei der Einführung geben. Er rief die neue Bundesregierung dazu auf, die Rolle der Apotheken im digitalen Gesundheitswesen stärker zu berücksichtigen und zusätzliche Aufgaben finanziell zu honorieren.
Apothekenbetreiber stehen vor der Herausforderung, diese Belastungen zu bewältigen und gleichzeitig den digitalen Wandel aktiv mitzugestalten. Neben Investitionen in technische Lösungen sind Schulungen des Personals sowie eine intensive Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Vorgaben erforderlich. Branchenexperten mahnen, dass eine fehlende Unterstützung durch die Politik langfristig die Existenz vieler Apotheken gefährden könnte.
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist notwendig und bietet langfristig große Chancen. Doch die aktuelle Umsetzung zeigt einmal mehr, dass die Lasten oft einseitig verteilt werden. Die Apotheken, die bereits in Zeiten von Fachkräftemangel und steigenden Kosten am Limit arbeiten, werden mit neuen Pflichten konfrontiert, ohne dafür angemessen entschädigt zu werden.
Der fehlende Referenzvalidator ist symptomatisch für eine schlecht geplante Digitalisierung. Apotheken brauchen praxistaugliche Lösungen, um Retaxationen zu vermeiden und Fehler bei der Datenverarbeitung zu minimieren. Die Pflicht zur zehnjährigen Speicherung von E-Rezepten ist ein weiteres Beispiel für eine unangemessene Aufgabenverlagerung. Es ist unverständlich, warum die Krankenkassen hier nicht in die Pflicht genommen werden.
Die elektronische Patientenakte, ein weiteres ambitioniertes Projekt, droht ebenfalls an mangelnder Vorbereitung und Unterstützung zu scheitern. Wenn Apotheken zusätzliche Aufgaben wie die Integration von Medikationsplänen übernehmen sollen, muss das honoriert werden – nicht nur mit warmen Worten, sondern auch finanziell.
Die Apothekerschaft muss geschlossen auftreten und deutlich machen, dass digitale Arbeit nicht zum Nulltarif zu haben ist. Nur so kann der digitale Wandel fair und nachhaltig gestaltet werden.
Apotheken zwischen Krise und Neuanfang: DAV fordert Soforthilfe und langfristige Reformen
Die Apothekenlandschaft in Deutschland steht an einem Scheideweg. Nach den Belastungen der letzten Jahre, geprägt von pandemiebedingten Herausforderungen, stagnierenden Honoraren und steigenden Betriebskosten, hat der Deutsche Apothekerverband (DAV) nun klare Forderungen an die kommende Bundesregierung formuliert. „Neues Spiel, neues Glück“ – mit diesen Worten fasste DAV-Vorsitzender Hans-Peter Hubmann die Stimmung in der Branche zusammen. Doch hinter dem optimistischen Slogan steckt eine ernste Botschaft: Ohne schnelle finanzielle Unterstützung und langfristige strukturelle Reformen droht die wirtschaftliche Grundlage vieler Apotheken zu erodieren.
Im Zentrum der Forderungen steht eine Soforthilfe, die es den Apotheken ermöglichen soll, die drängendsten finanziellen Engpässe zu bewältigen. Insbesondere kleine und mittelgroße Betriebe kämpfen zunehmend mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Inflation, gepaart mit steigenden Personalkosten und einer immer komplexeren Regulierungslandschaft, erschwert den Betrieb vielerorts. Hubmann fordert zudem eine jährliche Erhöhung der finanziellen Unterstützung um 2,8 Milliarden Euro. Dieser Betrag soll die Apotheken befähigen, ihre Rolle als erster Ansprechpartner im Gesundheitssystem weiter auszubauen und zusätzliche Leistungen wie Medikationsanalysen, Präventionsmaßnahmen und Impfungen anzubieten.
Die neue Bundesregierung, die voraussichtlich vor leeren Kassen und schwierigen Priorisierungsentscheidungen steht, wird jedoch kaum in der Lage sein, diese Forderungen ohne Weiteres zu erfüllen. Dies ist Hubmann bewusst, doch er sieht die Apotheken in der Pflicht, frühzeitig einen konstruktiven Dialog mit der Politik zu suchen. Ziel müsse es sein, die Bedeutung der Apotheken als unverzichtbarer Bestandteil der Gesundheitsversorgung herauszustellen.
Eine mögliche Lösung könnte ein strategischer Fahrplan sein, der die Zukunft der Apotheken im Detail beschreibt. Hierzu zählen die Definition eines modernen Leistungskatalogs, die Festlegung eines zukunftsfähigen Honorarsystems und die Förderung digitaler Transformationen in der Branche. Besonders die Digitalisierung bietet Potenzial, um Effizienzsteigerungen zu erzielen und neue Beratungsformate zu entwickeln, etwa durch den Einsatz von Telepharmazie.
Neben den finanziellen Herausforderungen bleibt auch die gesellschaftliche Wertschätzung der Apotheken ein zentrales Thema. Obwohl sie während der Pandemie eine Schlüsselrolle spielten, fehlt es nach wie vor an einer angemessenen politischen und gesellschaftlichen Anerkennung ihrer Leistungen. Der DAV sieht hier die Notwendigkeit, nicht nur Forderungen zu stellen, sondern auch durch Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit die Sichtbarkeit der Apotheken zu erhöhen.
Die Forderungen des Deutschen Apothekerverbands sind ambitioniert, doch in ihrer Dringlichkeit nicht von der Hand zu weisen. Apotheken sind eine der tragenden Säulen des deutschen Gesundheitssystems. Sie stellen nicht nur die flächendeckende Arzneimittelversorgung sicher, sondern bieten auch niedrigschwellige Beratungs- und Betreuungsangebote an, die für viele Patientinnen und Patienten unverzichtbar sind. Diese Leistungen müssen stärker honoriert werden, wenn sie langfristig gesichert bleiben sollen.
Die politische Realität spricht jedoch eine andere Sprache. Die neue Bundesregierung wird, ähnlich wie ihre Vorgängerin, mit knappen Kassen und vielfältigen Forderungen konfrontiert sein. In diesem Spannungsfeld werden die Apotheken keine Priorität haben, wenn sie nicht selbst aktiv Einfluss nehmen. Es reicht nicht aus, pauschale Forderungen nach Milliardenhilfen zu stellen. Stattdessen sollten die Apothekerverbände detaillierte Konzepte vorlegen, die zeigen, wie Investitionen in die Apotheken auch gesamtgesellschaftlich Nutzen stiften können. Etwa durch die Verlagerung bestimmter ärztlicher Aufgaben in den Apothekenbereich oder durch Präventionsangebote, die langfristig Kosten im Gesundheitssystem senken.
Die größte Herausforderung bleibt jedoch der Umgang mit den strukturellen Schwächen der Branche. Viele Apotheken stehen vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die durch einzelne Finanzspritzen nicht nachhaltig gelöst werden können. Ein zentraler Punkt muss die Anpassung der Honorierungssysteme sein, die sich bislang primär auf den Verkauf von Arzneimitteln konzentrieren. Zukünftig sollten pharmazeutische Dienstleistungen stärker in den Fokus rücken. Gleichzeitig muss die Digitalisierung vorangetrieben werden, um Apotheken in die Lage zu versetzen, effizienter zu arbeiten und neue Versorgungsformate anzubieten.
Hans-Peter Hubmann hat Recht, wenn er betont, dass Mut und Gelassenheit wichtige Eigenschaften sind, um die Herausforderungen der Branche zu bewältigen. Doch es braucht mehr als das: eine klare Vision, wie die Apotheken der Zukunft aussehen sollen, und eine Strategie, diese Vision gemeinsam mit der Politik und der Gesellschaft zu realisieren. Nur so können die Apotheken langfristig ihre zentrale Rolle im Gesundheitssystem sichern und weiter ausbauen. Es ist an der Zeit, dass die Apothekenschaft den Wandel selbstbewusst und proaktiv gestaltet, anstatt auf die Erfüllung ihrer Forderungen durch die Politik zu hoffen.
ABDA fordert Sofortmaßnahmen: Grüne sollen Apotheken aus der Krise führen
Die wirtschaftliche Situation der Apotheken in Deutschland spitzt sich weiter zu. Vor diesem Hintergrund nutzte die ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) die Delegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen, um auf die prekäre Lage hinzuweisen und konkrete Forderungen zu präsentieren. Präsidentin Gabriele Regina Overwiening fand klare Worte: „Es braucht ein Sofortprogramm, um die finanzielle Schieflage der Apotheken vor Ort zu beenden.“
Die Botschaft der ABDA zielte darauf ab, den Grünen die immense Bedeutung der Apotheken für die Gesundheitsversorgung in Deutschland zu verdeutlichen. Neben der Bereitstellung von Arzneimitteln spielen Apotheken eine entscheidende Rolle in der Primärversorgung und Prävention. Diese Funktion könne ausgebaut werden, so die ABDA, beispielsweise durch eine stärkere Einbindung in Impfkampagnen, die Beratung zu chronischen Erkrankungen und die Versorgung in unterversorgten Regionen.
Am Stand der ABDA auf der Konferenz fanden zahlreiche Gespräche mit führenden Politikern der Grünen statt. Besonders hervorgehoben wurde der Dialog mit dem neuen Bundesvorsitzenden der Partei, Felix Banaszak. Er betonte die Bereitschaft der Grünen, die Apothekenbranche aktiv zu unterstützen. „Wir wissen, wie wichtig Apotheken für das Gesundheitswesen sind“, versicherte Banaszak. Dennoch bleibt offen, ob die politischen Absichtserklärungen auch zu konkreten Maßnahmen führen.
Die Herausforderungen für Apotheken sind umfassend: Steigende Betriebskosten, Personalmangel und die zunehmende Konkurrenz durch den Versandhandel setzen vielen Betrieben zu. Hinzu kommen bürokratische Anforderungen, die nicht nur zeitaufwendig, sondern auch kostspielig sind. Die ABDA warnte davor, dass ohne spürbare Entlastungen die Schließung weiterer Apotheken droht – insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen, wo der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen ohnehin eingeschränkt ist.
Darüber hinaus kritisiert die ABDA die fehlende Dynamik bei politischen Reformen. Die Einführung neuer Leistungen, wie die Grippeimpfung in Apotheken, sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, reiche jedoch nicht aus, um die strukturellen Defizite zu beheben. „Wir brauchen weniger Bürokratie, faire Vergütungen und eine nachhaltige Unterstützung für die Vor-Ort-Apotheken“, forderte Overwiening.
Die Delegiertenkonferenz der Grünen bot der ABDA eine wichtige Plattform, um auf die drängenden Probleme der Apotheken hinzuweisen. Doch die eigentliche Herausforderung liegt darin, dass politische Worte in konkrete Taten umgesetzt werden. Die Grünen betonen zwar ihre Unterstützung, doch in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass wohlklingende Versprechen oft im politischen Alltag versanden.
Die wirtschaftliche Schieflage der Apotheken hat sich über Jahre zugespitzt. Steigende Betriebskosten, ein wachsender Fachkräftemangel und die Belastung durch Bürokratie lassen viele Apotheken kaum mehr handlungsfähig zurück. Besonders bedrohlich ist die Konkurrenz durch den Versandhandel, der durch niedrigere Kostenstrukturen und aggressive Preisstrategien den Vor-Ort-Apotheken das Wasser abgräbt.
Es ist unstrittig, dass Apotheken eine Schlüsselrolle in der Gesundheitsversorgung spielen. Sie sind nicht nur Lieferanten von Medikamenten, sondern auch Beratungsstellen, Notfallhelfer und präventive Einrichtungen. Wenn diese Versorgungsstruktur weiter ausdünnt, hat das gravierende Folgen – nicht nur für die Patienten, sondern für das gesamte Gesundheitssystem.
Die ABDA hat auf der Konferenz der Grünen klug agiert: Statt nur Missstände zu beklagen, wurden konkrete Lösungsansätze präsentiert. Doch die politischen Rahmenbedingungen müssen sich grundlegend ändern. Eine Reform der Vergütungsstruktur ist ebenso notwendig wie die Abschaffung unnötiger bürokratischer Hürden. Zudem bedarf es eines fairen Wettbewerbs zwischen Vor-Ort-Apotheken und dem Versandhandel.
Die Grünen stehen nun in der Verantwortung, ihre Versprechen zu halten. Die Stärkung der Apotheken könnte nicht nur die Gesundheitsversorgung verbessern, sondern auch als Erfolgsgeschichte für die Partei dienen. Doch dazu braucht es Mut, klare Prioritäten und entschlossenes Handeln. Für die Apotheken vor Ort ist die Zeit längst knapp – ohne ein Sofortprogramm drohen weitere Schließungen. Die Grünen müssen nun beweisen, dass sie mehr sind als nur gute Gesprächspartner. Sie müssen Gestalter sein.
Schiedsstelle ebnet Weg zu weniger Retaxationen bei Entlassrezepten
Die Schiedsstelle hat eine wegweisende Entscheidung getroffen, die die Arbeit von Apotheken erleichtern soll. Ziel ist es, die Retaxationsgefahr bei Entlassrezepten deutlich zu verringern. Auch wenn die finale Formulierung des Beschlusses noch aussteht, deuten die bisher bekannten Eckpunkte auf eine spürbare Entlastung für Apotheken hin.
Konkret soll die Verpflichtung, bei Unklarheiten eine telefonische Rücksprache mit der verschreibenden Ärztin oder dem Arzt zu halten, entfallen – ausgenommen davon bleiben jedoch Betäubungsmittel- und T-Rezepte. Gerade bei diesen Verordnungen bleibt die besondere Sorgfaltspflicht bestehen, um die Patientensicherheit nicht zu gefährden. Für die Apotheken bedeutet dies eine erhebliche Reduktion des bürokratischen Aufwands und ein geringeres Risiko für Beanstandungen durch Krankenkassen.
Die Entscheidung kommt zu einer Zeit, in der Apotheken unter wachsendem Druck stehen. Stagnierende Honorare, steigende Kosten und immer komplexere Regularien erschweren den Betrieb. Die neue Regelung könnte zumindest in einem Teilbereich für Erleichterung sorgen und eine sicherere Grundlage für die Bearbeitung von Entlassrezepten schaffen.
Nun gilt es, die endgültige Ausgestaltung der Regelung abzuwarten. Apothekenbetreiber sollten die Entwicklungen genau verfolgen und sicherstellen, dass ihre internen Prozesse rechtzeitig angepasst werden. Dies umfasst die Schulung von Mitarbeitenden, die Prüfung bestehender Abläufe und die Implementierung klarer Vorgaben für BtM- und T-Rezepte.
Die Frage bleibt, ob die Maßnahmen der Schiedsstelle ausreichen, um die Balance zwischen bürokratischen Anforderungen und praktischer Umsetzbarkeit in den Apothekenalltag zu bringen. Kritiker mahnen, dass die Entlastung zwar ein Schritt in die richtige Richtung sei, jedoch nur einen kleinen Teil der vielen Herausforderungen adressiert, mit denen Apotheken aktuell konfrontiert sind.
Der Beschluss der Schiedsstelle ist ohne Zweifel ein Lichtblick für Apotheken, die seit Jahren mit einer immer restriktiveren Retaxationspraxis zu kämpfen haben. Es bleibt jedoch die Sorge, dass die neuen Regelungen in der Praxis nicht weit genug greifen. Die Abschaffung der telefonischen Rücksprachepflicht ist eine sinnvolle Erleichterung, spart Zeit und Ressourcen – doch die wesentlichen Probleme, wie die unzureichende Vergütung und die wachsende Bürokratie, bleiben bestehen.
Besonders hervorzuheben ist die Ausnahmeregelung für BtM- und T-Rezepte. Hier zeigt sich, dass die Patientensicherheit nach wie vor oberste Priorität genießt. Apotheken werden weiterhin gefordert sein, in diesen Fällen besonders sorgfältig zu arbeiten.
Die Apothekenlandschaft steht vor grundlegenden Herausforderungen. Es ist an der Zeit, dass die Politik nicht nur punktuelle Entlastungen ermöglicht, sondern langfristige Lösungen schafft, die die Apotheken als unverzichtbaren Bestandteil der Gesundheitsversorgung stärken. Nur so kann die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung auch in Zukunft gewährleistet werden.
Apotheken am Scheideweg: Jens Dobbert fordert neue Wege für die Branche
Der Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg, Jens Dobbert, hat bei der jüngsten Kammerversammlung deutliche Worte gefunden. Angesichts der anhaltenden Herausforderungen für Apotheken forderte er die Branche dazu auf, über neue Konzepte nachzudenken, anstatt in eine Blockadehaltung zu verfallen. Dobbert kritisierte die ABDA scharf, weil sie sich entschieden habe, keinen Gegenentwurf zu den Reformplänen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach vorzulegen. Er bemängelte zudem, dass im Berliner Apothekerhaus bislang keine ernsthaften Überlegungen angestellt wurden, wie dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden könnte.
Als Beispiel nannte er das Modell der „Schwester Agnes“ aus der Ärzteschaft, bei dem medizinisches Fachpersonal ländliche Regionen betreut und bei Bedarf die Arztpraxis digital hinzuzieht. Für Apotheken, so Dobbert, wäre ein vergleichbares Konzept denkbar. „Warum gibt es keinen ‚Bruder Jakob‘ der Apotheken?“, fragte er und forderte dazu auf, die Aufgabenverteilung in der Branche neu zu denken. Eine apothekerlose Apotheke sei jedoch keine Lösung, betonte Dobbert, aber andere Modelle könnten geprüft werden, ohne den Stellenwert der Apotheker zu untergraben.
Darüber hinaus forderte Dobbert eine stärkere Orientierung der Apotheken hin zu mehr Serviceleistungen. Die reine Arzneimitteldistribution müsse in den Hintergrund rücken, da dies zunehmend von Versandapotheken übernommen werde. Stattdessen solle die Vor-Ort-Apotheke ein umfassendes Dienstleistungspaket rund um das Arzneimittel anbieten. Für eine nachhaltige Zukunft der Branche sei auch eine Vergütungsstruktur notwendig, die über die packungsbezogene Abrechnung hinausgehe. Apotheken könnten beispielsweise durch gezielte Präventionsprogramme oder Medikationsmanagement neue Einkommensquellen erschließen.
Dobbert äußerte sich auch kritisch zum Kommunikationsverhalten der ABDA. Obwohl die Organisation ein Konzept zur Apothekenzukunft erarbeitet habe, sei dieses unzureichend kommuniziert worden. Wichtige Unterlagen seien erst nach mehrmaliger Aufforderung an die Kammern versandt worden. Zudem sprach er von unrealistischen Forderungen wie dem angestrebten Fixum von 12 Euro pro Packung. Diese Forderung sei nicht durchsetzbar, weshalb die Apothekerschaft pragmatischere Wege finden müsse, um wirtschaftlich stabil zu bleiben.
In einem weiteren Punkt betonte Dobbert die Wichtigkeit, Risiken wie Rezeptfälschungen abzusichern. Diese stellten ein enormes finanzielles Risiko für Apotheken dar, weshalb eine entsprechende Versicherung für Betreiber von hoher Priorität sei. Angesichts der zunehmenden Digitalisierung, etwa durch das E-Rezept, sei das Risiko von Betrugsfällen weiter gestiegen.
Dobberts Aufruf zu Reformen und neuen Denkansätzen macht deutlich, dass die Apothekenlandschaft sich in einem entscheidenden Wandel befindet. Ohne neue Impulse droht ein langfristiger Verlust an Relevanz und wirtschaftlicher Stabilität.
Jens Dobbert hat den Finger in die Wunde gelegt. Seine Kritik an der fehlenden Innovationsbereitschaft der Apothekerschaft und insbesondere an der ABDA ist berechtigt. Die Herausforderungen für Apotheken sind längst keine neuen Themen, doch die Reaktionen darauf bleiben zaghaft und reaktiv. Während andere Berufsgruppen wie die Ärzteschaft mit Modellen wie „Schwester Agnes“ innovative Ansätze entwickeln, verharrt die Apothekerschaft in alten Strukturen.
Der Vorschlag, Serviceleistungen und Beratung in den Vordergrund zu rücken, ist nicht nur sinnvoll, sondern überfällig. Die Vor-Ort-Apotheke muss sich als unverzichtbarer Dienstleister etablieren, der weit über das Verteilen von Medikamenten hinausgeht. Gleichzeitig ist die Absicherung gegen Risiken wie Rezeptfälschungen ein zentraler Punkt. Diese Schäden können existenzbedrohend sein und erfordern gezielte Maßnahmen, sowohl durch die Betreiber selbst als auch durch geeignete Versicherungsmodelle.
Was Dobbert jedoch nicht direkt anspricht, ist die Notwendigkeit eines gemeinsamen und vor allem handlungsfähigen Branchenverbandes. Die Kritik am Kommunikationsverhalten der ABDA unterstreicht, wie dringend die Apothekerschaft einen klaren Kurs und transparente Strategien benötigt. Es ist an der Zeit, dass die Branche geschlossen auftritt und sich aktiv an der Gestaltung ihrer Zukunft beteiligt.
Die Apothekenlandschaft steht am Scheideweg – und nur durch mutige und pragmatische Entscheidungen kann der Niedergang aufgehalten werden.
Streit um Satzungsänderung: ABDA-Mitgliederversammlung im Fokus
Die kommende Mitgliederversammlung der ABDA am 11. Dezember rückt zunehmend ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Grund ist die unklare Frage, ob ein kontroverser Ad-hoc-Antrag des Deutschen Apothekertags auf die Tagesordnung gesetzt wird. Der Antrag fordert die Rücknahme einer Satzungsänderung, die darauf abzielt, die Kompetenzen der Hauptversammlung zu beschneiden. Die finale Tagesordnung ist bislang nicht bekannt, doch besonders aus Hessen werden Forderungen laut, dieses Thema zu behandeln.
Die Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, Ursula Funke, kündigte an, sich dafür einzusetzen, dass die Diskussion über den Antrag nicht ignoriert wird. Funke, die die Interessen der hessischen Delegierten vertritt, unterstreicht die Bedeutung des Antrags, der von mehreren Vertretern Hessens während des Deutschen Apothekertags eingebracht wurde. Die Delegierten betrachten die Satzungsänderung als Gefährdung der demokratischen Strukturen innerhalb der ABDA.
Beobachter sehen eine mögliche Weigerung der ABDA, dieses Thema zu diskutieren, kritisch. Sollte die Debatte unterdrückt werden, könnte dies als Zeichen von Intransparenz und mangelnder Dialogbereitschaft gewertet werden. Dies könnte nicht nur das Vertrauen in die Führung der ABDA weiter schwächen, sondern auch die internen Spannungen innerhalb der Organisation verschärfen. Viele Mitglieder erwarten daher ein klares Signal der Offenheit und einen konstruktiven Umgang mit dem kontroversen Antrag.
Die Entscheidung darüber, ob der Antrag auf die Tagesordnung kommt, wird mit Spannung erwartet. Die Sitzung gilt als Gradmesser für den Umgang der ABDA mit innerverbandlichen Konflikten und den Erwartungen ihrer Mitglieder.
Die anstehende Mitgliederversammlung der ABDA könnte sich als richtungsweisend erweisen. Der Ad-hoc-Antrag zur Rücknahme der umstrittenen Satzungsänderung ist weit mehr als eine Formalität. Er steht symbolisch für die Frage, wie demokratisch und transparent der Verband künftig geführt werden soll. Eine Weigerung, dieses Thema offen zu diskutieren, würde nicht nur die Kritiker stärken, sondern auch die Legitimation der Führungsebene infrage stellen.
Die ABDA hat in der Vergangenheit häufig bewiesen, dass sie in schwierigen Zeiten Kompromissbereitschaft und Dialogfähigkeit zeigen kann. Gerade in einer Phase, in der die Apothekerschaft von externen Herausforderungen wie wirtschaftlichem Druck und politischen Reformen betroffen ist, darf der Verband sich keine internen Zerwürfnisse leisten. Es braucht eine klare Botschaft: Die Mitglieder des Verbands müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Stimmen Gehör finden.
Sollte der Antrag auf der Tagesordnung erscheinen, hätte die ABDA die Chance, den internen Zusammenhalt zu stärken und ihr Bild als demokratische und transparente Organisation zu untermauern. Die Verantwortung liegt jetzt bei der Führung, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Eine vertane Chance könnte langfristige Schäden hinterlassen.
Apothekerschaft fordert Geschlossenheit und klare Positionierung
Niedersachsens Apothekerkammerpräsidentin Cathrin Burs hat die Apothekerschaft dazu aufgerufen, angesichts der anstehenden Neuwahlen nicht nachzulassen und entschlossen für die Interessen des Berufsstandes einzutreten. „Wir dürfen jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken“, mahnte Burs. Der Wahlkampf sei eine entscheidende Phase, in der es darauf ankomme, die Positionen der Apotheken klar zu vertreten und sich geschlossen zu präsentieren.
Besonders hob sie hervor, dass die Apotheken in Niedersachsen es geschafft hätten, die Landesgesundheitspolitik nachhaltig von der Bedeutung der inhabergeführten Präsenzapotheke zu überzeugen. Dieser Erfolg sei nicht durch Überreden, sondern durch sachliche Argumentation erreicht worden, was die Stärke der Apothekergemeinschaft verdeutliche.
Mit Nachdruck stellte sich Burs hinter die Haltung der ABDA, keinerlei Verhandlungen über Modelle wie „Apotheken ohne Apotheker“ zu führen. „Die Tür darf keinen Millimeter geöffnet werden“, betonte sie. Eine solche Diskussion würde den Berufsstand gefährden und die Struktur der deutschen Apothekenlandschaft langfristig schwächen.
Im Hinblick auf die politische Unterstützung kündigte Burs an, dass die Apothekerschaft diejenigen, die ihre Hilfe zugesagt haben, „beim Wort nehmen“ werde. Politische Versprechen müssten sich nach der Wahl auch in konkreten Maßnahmen widerspiegeln. Gleichzeitig warnte sie vor möglichen „Gedächtnislücken“ bei einigen Akteuren und forderte, Zusagen kritisch zu hinterfragen.
Für die Zukunft sieht Burs große Chancen in der stärkeren Integration von Apotheken in präventive Gesundheitsmaßnahmen und in der Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten. Insbesondere der Nachwuchs, so die Präsidentin, strebe nach herausfordernden und heilberuflichen Aufgaben. Um dies zu ermöglichen, müssten bürokratische Hürden abgebaut und die Attraktivität der Arbeit in der Offizin gesteigert werden.
Burs bekräftigte, dass die Apothekerschaft ihre Rolle im Gesundheitswesen weiter stärken und gleichzeitig junge Approbierte für den Beruf begeistern müsse. Dazu gehöre nicht nur die Förderung anspruchsvoller Tätigkeiten, sondern auch eine klare Positionierung gegenüber politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen.
Die Worte von Cathrin Burs sind ein deutlicher Appell an die Apothekerschaft, in schwierigen Zeiten Haltung zu bewahren. Es ist richtig, dass die inhabergeführte Präsenzapotheke als Rückgrat der Gesundheitsversorgung in Deutschland geschützt werden muss. Der entschlossene Widerstand gegen Modelle wie „Apotheken ohne Apotheker“ ist ein notwendiger Schritt, um den Berufsstand vor einer schleichenden Aushöhlung zu bewahren.
Doch auch in der Kommunikation mit der Politik darf der Berufsstand nicht nachlassen. Die versprochene Unterstützung muss eingefordert und gegebenenfalls kritisch hinterfragt werden. Es wird entscheidend sein, dass die Apothekerschaft mit einer klaren und einheitlichen Stimme spricht, um ihre Forderungen durchzusetzen.
Für die Zukunft bleibt die Herausforderung, die Attraktivität des Berufs zu steigern. Der Nachwuchs braucht Perspektiven, die über den bloßen Alltag hinausgehen. Prävention und interprofessionelle Zusammenarbeit sind hier Schlüsselthemen, die stärker in den Fokus rücken müssen. Gleichzeitig darf die Apothekerschaft nicht vergessen, dass der Abbau von Bürokratie eine Grundvoraussetzung ist, um junge Approbierte langfristig für die Offizin zu gewinnen.
Der Appell von Cathrin Burs ist deshalb mehr als eine Mahnung: Er ist eine Aufforderung zu Mut, Engagement und Zusammenhalt in einer entscheidenden Phase. Die Apothekerschaft hat es in der Hand, ihren Platz im Gesundheitswesen nicht nur zu verteidigen, sondern auch weiter auszubauen.
Massive Beitragserhöhung der Apothekerkammer Berlin sorgt für Unverständnis und Kritik
Die Apothekerkammer Berlin hat für 2024 eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge von 198 auf 294 Euro pro Jahr angekündigt. Dieser rund 50-prozentige Anstieg betrifft ausschließlich berufstätige Mitglieder, während Rentner und nicht berufstätige Apotheker von der Maßnahme ausgenommen bleiben. Die geplante Beitragserhöhung hat nicht nur Unverständnis, sondern auch breite Kritik ausgelöst. Besonders irritierend für viele Mitglieder ist die bislang fehlende transparente Begründung der Kammer.
In internen Kreisen wird gemunkelt, dass ursprünglich eine noch drastischere Erhöhung im Raum stand, was Fragen nach der Finanzplanung und den Ausgaben der Kammer aufwirft. Bisher hat die Apothekerkammer keine detaillierte Aufschlüsselung geliefert, wie die Mehreinnahmen verwendet werden sollen. Auch eine Stellungnahme zu möglichen Alternativen blieb bislang aus. Diese Intransparenz hat das Vertrauen vieler Mitglieder in die Kammer nachhaltig erschüttert.
Die Erhöhung kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Apotheken sehen sich mit einer Vielzahl wirtschaftlicher Herausforderungen konfrontiert. Steigende Betriebskosten, stagnierende Honorare und der zunehmende Fachkräftemangel setzen viele Betriebe unter Druck. Vor diesem Hintergrund wird die zusätzliche finanzielle Belastung durch die Beitragserhöhung von vielen als realitätsfern und unverhältnismäßig empfunden.
Die Diskussion geht jedoch über den akuten Ärger hinaus. Kritische Stimmen innerhalb der Branche lenken die Aufmerksamkeit auf die grundsätzliche Struktur der Apothekerkammern in Deutschland. Das föderale System mit 17 regionalen Kammern wird zunehmend als veraltet, ineffizient und kostenintensiv wahrgenommen. Insbesondere in wirtschaftlich angespannten Zeiten wird eine Zentralisierung der Kammern als mögliche Lösung diskutiert. Eine bundesweit einheitliche Kammer könnte nicht nur Verwaltungskosten senken, sondern auch die politische Schlagkraft der Berufspolitik erhöhen.
Bislang hat die Apothekerkammer Berlin auf die Kritik nicht reagiert. Ein ausführlicher Dialog mit den Mitgliedern steht noch aus. Beobachter sehen die Kammer in einer schwierigen Lage: Ohne eine überzeugende Begründung könnte die Beitragserhöhung nicht nur für anhaltenden Unmut sorgen, sondern auch zu einer intensiveren Diskussion über notwendige Reformen der Kammerstrukturen führen.
Die kommenden Wochen werden zeigen, wie die Kammer auf die anhaltende Kritik reagiert. Eine überzeugende Kommunikation und das Einbeziehen der Mitglieder in Entscheidungsprozesse könnten dazu beitragen, den entstandenen Schaden zu begrenzen. Langfristig steht jedoch die gesamte Kammerlandschaft vor der Herausforderung, ihre Strukturen und Kosten zu rechtfertigen.
Die angekündigte Beitragserhöhung der Apothekerkammer Berlin ist mehr als ein finanzielles Ärgernis für die betroffenen Mitglieder. Sie symbolisiert ein grundlegendes Problem in der Kommunikation und Struktur der Kammern. Die fehlende Transparenz bei einer solch drastischen Maßnahme ist schwer nachvollziehbar und sorgt zu Recht für Unmut.
Die Kammer hat bislang versäumt, ihre Mitglieder über die Gründe und Notwendigkeiten der Erhöhung umfassend zu informieren. Eine derartige Veränderung verlangt nicht nur eine klare Erklärung, sondern auch die Darstellung von Alternativen und eine Einbindung der Betroffenen. Stattdessen wirkt die Entscheidung wie ein Alleingang, der das Vertrauen in die Kammer nachhaltig schädigt.
Zugleich wirft die Diskussion ein Schlaglicht auf die föderale Struktur der Apothekerkammern in Deutschland. Die 17 regionalen Kammern mit teils erheblichen Verwaltungsapparaten wirken in einer Zeit, die nach Effizienz und Kostenbewusstsein verlangt, zunehmend überholt. Eine Zentralisierung der Kammern könnte nicht nur die finanzielle Belastung der Mitglieder senken, sondern auch zu einer moderneren und schlagkräftigeren Interessenvertretung führen.
Doch eine solche Reform ist kein Selbstläufer. Sie erfordert Mut, einen offenen Diskurs und den Willen zur Veränderung – von den Kammern ebenso wie von den Mitgliedern. Die Frage, wie sinnvoll eine Zentralisierung tatsächlich ist, muss mit Blick auf Kosten, Effizienz und politische Schlagkraft beantwortet werden.
Die Apothekerkammer Berlin hat jetzt die Möglichkeit, aus der Krise zu lernen. Eine transparente, ehrliche und nachvollziehbare Kommunikation kann der erste Schritt sein, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Doch die Diskussion um die Beitragserhöhung zeigt, dass es nicht nur um eine einzelne Entscheidung geht. Vielmehr steht die gesamte Struktur der Kammern auf dem Prüfstand – und die Zeit drängt, Antworten zu finden, bevor das Vertrauen der Mitglieder weiter erodiert.
Die Branche braucht Kammern, die modern, effizient und transparent arbeiten. Die Apothekerkammer Berlin sollte diese Diskussion nicht als Bedrohung, sondern als Chance für einen längst überfälligen Wandel begreifen. Nur so kann sie ihrer Aufgabe gerecht werden, die Interessen der Mitglieder effektiv zu vertreten und das Vertrauen in die Berufspolitik zu stärken.
Elektronische Patientenakte: Starttermin unter Druck
Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA), geplant für den 15. Januar, steht auf wackeligen Beinen. Während Politik und Krankenkassen den Termin offiziell bestätigen, wächst die Skepsis in Fachkreisen. Der Vergleich mit der Einführung des E-Rezepts drängt sich auf, dessen Start mehrfach verschoben wurde. Auch bei der ePA gibt es technische und organisatorische Herausforderungen, die den Zeitplan gefährden könnten.
Ein zentrales Problem liegt bei den Software-Herstellern, die nicht dazu verpflichtet sind, das Modul für die Anbindung von Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäusern bis zum Stichtag bereitzustellen. Dies könnte die Nutzung der ePA in diesen Einrichtungen erheblich erschweren. Dennoch betonen die Krankenkassen, dass die bundesweite Verfügbarkeit der ePA für Versicherte gewährleistet sei. Der Zugang zur ePA erfolgt über die Krankenkassen, die die erforderlichen Informationen bereitstellen sollen.
Ein weiterer Stolperstein sind offene Datenschutzfragen. Die Speicherung und Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten erfordert höchste Sicherheitsstandards, doch Details zur Zugriffssteuerung und zum Schutz vor Datenmissbrauch bleiben unklar. Insbesondere die Frage, welche Institutionen oder Personen Zugriff auf die Daten erhalten, ist nicht abschließend geregelt.
Auch die Akzeptanz der ePA durch die Versicherten ist eine offene Frage. Die Nutzung ist freiwillig, und Versicherte können der Einführung widersprechen. Eine umfassende Informationskampagne, die die Vorteile der ePA erläutert, steht bislang aus. Experten kritisieren, dass viele Versicherte nicht ausreichend über den Nutzen und die Handhabung der ePA informiert sind. Ohne breite Akzeptanz könnte der Start der ePA trotz technischer Verfügbarkeit verpuffen.
Die ePA verspricht, das Gesundheitswesen digital zu vernetzen und medizinische Prozesse zu verbessern. Doch ohne eine solide technische Grundlage, klare Datenschutzregelungen und eine gut informierte Öffentlichkeit droht der Start des ambitionierten Projekts erneut in Verzögerungen und Akzeptanzproblemen zu enden.
Der Countdown für die elektronische Patientenakte läuft, doch das Projekt droht zum erneuten Stolperstein in der Digitalisierungsstrategie des Gesundheitswesens zu werden. Die fehlende Verpflichtung der Software-Hersteller zur zeitnahen Implementierung zeigt einmal mehr, wie zersplittert die Zuständigkeiten in diesem Bereich sind. Es fehlt an zentraler Steuerung und klaren Vorgaben, um solche Mammutprojekte rechtzeitig umzusetzen.
Ebenso alarmierend ist der mangelnde Fokus auf den Datenschutz. Die ePA kann nur dann erfolgreich sein, wenn Versicherte sicher sein können, dass ihre sensiblen Gesundheitsdaten geschützt sind. Ungeklärte Fragen in diesem Bereich schüren Misstrauen und könnten viele davon abhalten, das System zu nutzen.
Der wohl größte Fehler ist jedoch die unzureichende Aufklärung. Eine digitale Revolution des Gesundheitswesens benötigt eine Bevölkerung, die mitgenommen wird. Ohne fundierte Informationen über den Nutzen und die Sicherheit der ePA wird das Projekt scheitern – nicht an der Technik, sondern am mangelnden Vertrauen der Menschen. Die Politik muss hier dringend nachbessern, wenn sie das ambitionierte Ziel nicht erneut verfehlen will.
Von Engin Günder, Fachjournalist