Berufsunfähigkeit bei Apothekenbetreibern: So sichern Sie Ihre Existenz
Für Apothekenbetreiber ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung oft eine unverzichtbare Absicherung gegen Einkommensausfälle, die durch Unfälle, chronische Krankheiten oder psychische Belastungen entstehen können. Die Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und Kunden sowie die finanzielle Stabilität des eigenen Unternehmens machen eine BU-Versicherung für Apothekeninhaber besonders relevant. Doch die Beantragung und Durchsetzung der Leistungen stellt auch sie vor komplexe Herausforderungen.
Der Weg zur Berufsunfähigkeitsleistung beginnt mit einer präzisen und umfassenden Dokumentation des gesundheitlichen Zustands. Apothekenbetreiber sollten beachten, dass jeder Nachweis lückenlos und klar sein muss. In der Regel sind ausführliche Arztberichte, Gutachten und gegebenenfalls auch wirtschaftliche Nachweise erforderlich, um zu belegen, dass eine Berufsunfähigkeit vorliegt und eine Fortführung der Tätigkeit nicht mehr möglich ist. Diese Dokumentation ist besonders für Inhaber entscheidend, da sie nicht nur den persönlichen Gesundheitszustand, sondern auch die wirtschaftlichen Konsequenzen für das Unternehmen einfließen lassen sollten.
Ein spezifischer Punkt, der für Apothekenbetreiber von großer Bedeutung ist, ist die sogenannte Nachprüfungsklausel. Diese erlaubt dem Versicherer, den gesundheitlichen Zustand regelmäßig zu überprüfen, auch nach einer Bewilligung der BU-Rente. Sollte eine gesundheitliche Verbesserung eintreten oder der Betrieb anderweitig fortgeführt werden können, kann die Rente gekürzt oder eingestellt werden. Für Apothekenbetreiber bedeutet dies, dass eine kontinuierliche, sorgfältige Kommunikation mit dem Versicherer erforderlich ist, um etwaige Änderungen im Gesundheitszustand korrekt zu dokumentieren und Missverständnisse zu vermeiden.
Professionelle Unterstützung durch spezialisierte Anwälte oder Berater ist daher oft sinnvoll. Sie können nicht nur bei der Antragsstellung helfen, sondern auch die spezifischen Anforderungen und Risiken eines Apothekenbetriebs berücksichtigen. Eine lückenlose Darstellung der Situation des Unternehmens, wie Umsatzverluste oder organisatorische Veränderungen aufgrund der Berufsunfähigkeit, kann den Erfolg des Antrags entscheidend beeinflussen. Für Apothekenbetreiber, deren Unternehmen von ihrem persönlichen Einsatz und Fachwissen abhängig ist, ist diese Begleitung oft unverzichtbar, um finanzielle Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass Apothekeninhaber, die auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung setzen, gut vorbereitet sein sollten. Eine gründliche Dokumentation, die Einbindung fachlicher Unterstützung und die ständige Bereitschaft zur Nachberichterstattung über den Gesundheitszustand sind notwendig, um im Ernstfall abgesichert zu sein. So lässt sich die finanzielle Sicherheit für den Betrieb, die Mitarbeiter und die eigene Existenz auch im Fall einer plötzlichen Berufsunfähigkeit gewährleisten.
Für Apothekenbetreiber ist die Berufsunfähigkeitsversicherung mehr als nur eine persönliche Absicherung – sie ist eine zentrale Stütze für die Existenz des gesamten Unternehmens. Anders als bei Angestellten ist die finanzielle Stabilität einer Apotheke oft untrennbar mit der Arbeitskraft des Inhabers verbunden. Die Anforderungen der Versicherer, allen voran die Nachprüfungsklausel, setzen Inhaber jedoch unter ständigen Druck, ihre Gesundheit und die organisatorischen Bedingungen der Apotheke lückenlos nachzuweisen.
Die Herausforderungen bei der Beantragung und Sicherung der Leistungen sind beträchtlich. Insbesondere die hohe Beweislast und die Notwendigkeit, den Gesundheitszustand regelmäßig zu aktualisieren, führen zu zusätzlichem Aufwand. Apothekenbetreiber, die nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihr Unternehmen und ihre Mitarbeiter Verantwortung tragen, stehen so vor einer doppelten Belastung. Professionelle Unterstützung ist hier besonders wertvoll, da sie nicht nur den individuellen, sondern auch den wirtschaftlichen Aspekt berücksichtigen kann.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung sollte für Apothekeninhaber eine zuverlässige Absicherung darstellen – doch solange die Anforderungen so hoch bleiben, ist sie in der Praxis oft schwer zugänglich. Der Gesetzgeber könnte hier durch klarere Vorgaben und vereinfachte Prozesse eine größere Rechtssicherheit schaffen, sodass Apothekenbetreiber im Ernstfall auf die Unterstützung bauen können, die sie und ihr Unternehmen dringend benötigen.
Cyberangriff überstanden: AEP nimmt Lieferbetrieb schrittweise wieder auf
Nach einem gezielten Cyberangriff auf den Pharmagroßhändler AEP in Alzenau können Apotheken nach mehr als einer Woche Unterbrechung nun wieder Bestellungen aufgeben. Die Lieferfähigkeit des Unternehmens soll ebenfalls wiederhergestellt sein, wie AEP bekanntgab. Seit dem Angriff am 28. Oktober arbeiteten die internen Krisenstäbe intensiv daran, eine sichere und stabile Lösung für die IT-Infrastruktur einzurichten und zu testen. „Dank des unermüdlichen Einsatzes aller Mitglieder im Krisenstab“ könne der Bestell- und Lieferprozess jetzt wieder anlaufen, erklärte der Großhändler. Dennoch könne es vereinzelt zu Verzögerungen in der Bearbeitung von Anfragen kommen, da die volle Arbeitskapazität noch nicht erreicht sei.
Weiterhin sind jedoch Bestellungen für Betäubungsmittel nicht möglich. Auch in der Bearbeitung eingehender Anfragen könnten noch Verzögerungen auftreten. In der Zwischenzeit bleibt die Reaktion der Kundschaft vorsichtig, wie ein Apotheker ausführt: „Wir bestellen erst, wenn wir explizit daraufhin angesprochen werden.“
AEP erklärte, das Unternehmen sei Opfer eines gezielten kriminellen Cyberangriffs geworden, der durch spezialisierte Schadsoftware zur Verschlüsselung von Teilen der IT-Systeme geführt habe. Die Attacke sei dank interner Sicherheitsmechanismen schnell erkannt worden, woraufhin externe Verbindungen umgehend unterbrochen und IT-Experten hinzugezogen wurden.
Für Apothekenbetreiber stellt dieser Angriff eine deutliche Erinnerung an die Relevanz eigener IT-Sicherheitsmaßnahmen und vor allem einer Cyber-Versicherung dar, die im Ernstfall Schäden durch Betriebsunterbrechungen und Datenverlust abfedern kann. In einer zunehmend digitalisierten Branche könnte eine umfassende Absicherung gegen Vermögensschäden für Apothekenbetriebe von essenzieller Bedeutung sein.
Der Angriff auf AEP zeigt einmal mehr die Verwundbarkeit der Gesundheitsbranche gegenüber Cyberbedrohungen. Während die interne Sicherheitsstruktur von AEP durch eine schnelle Reaktion Schlimmeres verhinderte, bleibt der Vorfall ein Warnsignal. Pharmagroßhändler, Apotheken und sämtliche Dienstleister im Gesundheitssektor sollten sich mit der Frage auseinandersetzen, ob ihre aktuellen Schutzmaßnahmen und Versicherungen wirklich ausreichen. Gerade in Zeiten zunehmender Cyberkriminalität wird deutlich, dass neben dem Schutz von Kundendaten auch die Sicherstellung der Betriebsfähigkeit oberste Priorität haben muss.
Für Apotheken, die auf reibungslose Lieferketten angewiesen sind, könnten Sicherheitslücken dramatische Folgen haben. Hier setzt eine Cyber-Versicherung an, die im Ernstfall finanzielle Verluste und Imageschäden mindern könnte. Doch eine solche Versicherung ersetzt keinen umfassenden Schutz – Prävention und Schulungen des Personals bleiben essenziell. Die digitale Verwundbarkeit bleibt ein Wachstumsfeld, das alle Beteiligten zur Wachsamkeit mahnt.
Notdienst-Apotheken vor Umbruch? Overwiening warnt vor Parallelstrukturen
In einer Sitzung des Gesundheitsausschusses zur geplanten Notfallreform hat ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening eindringlich vor der Schaffung zusätzlicher Parallelstrukturen im Apothekenwesen gewarnt. Die Reform sieht vor, bundesweit Integrierte Notfallzentren (INZ) an Krankenhäusern einzurichten, die sowohl eine Notaufnahme als auch eine Notdienstpraxis umfassen sollen. Ziel ist es, Patienten direkt vor Ort versorgen zu können, ohne dass diese auf den Apothekennotdienst angewiesen sind.
Overwiening betonte, dass das bestehende System der ambulanten Notfallversorgung sehr gut funktioniere. „Täglich stehen rund 1200 Apotheken dezentral zur Verfügung und versorgen die Bevölkerung zuverlässig mit den notwendigen Arzneimitteln,“ erklärte sie. Beschwerden über eine mangelhafte Versorgung seien bisher nicht bekannt. Der Apothekennotdienst sei damit ein wichtiger Baustein in der Gesundheitsversorgung, der auch weiterhin die nötige Unterstützung verdiene.
Die Präsidentin der ABDA hob hervor, dass es sinnvoll sei, bestehende Strukturen effizienter zu gestalten und die Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern durch die Digitalisierung weiter zu verbessern. Die Möglichkeiten, die durch die Telematik-Infrastruktur geschaffen wurden, böten hier großes Potenzial. Overwiening sieht jedoch in den neuen Plänen keinen Mehrwert, sondern vielmehr die Gefahr, dass das bewährte System durch zusätzliche Strukturen geschwächt werden könnte.
Die Notfallzentren, die an ausgewählten Krankenhäusern flächendeckend eingeführt werden sollen, sollen den Zugang zur Notfallversorgung erleichtern. Patienten könnten hier künftig Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Rezepte direkt vor Ort erhalten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenhausträger sind angehalten, für die Medikamentenversorgung entsprechende Verträge mit Apotheken abzuschließen. Sollte ein solcher Vertrag fehlen, hätten Ärzte der Notdienstpraxis die Möglichkeit, Arzneimittel selbst auszugeben.
Die mögliche Einführung dieser Parallelstrukturen sieht Overwiening kritisch. Sie warnt davor, dass das Zusammenspiel zwischen Notdienstapotheken und medizinischen Einrichtungen, das sich in der Vergangenheit bewährt habe, gefährdet sein könnte. Der Apothekennotdienst sei für die Versorgung in Notfällen unverzichtbar und sollte gestärkt, statt durch konkurrierende Angebote unter Druck gesetzt werden.
Die Diskussion um die geplanten Notfallzentren wirft ein Schlaglicht auf die Bedeutung des Apothekennotdienstes und die Herausforderungen, die mit einer möglichen Reform des Systems einhergehen. Gabriele Regina Overwiening hat zurecht darauf hingewiesen, dass das bestehende Notdienstsystem seit Jahren funktioniert und auch in Krisenzeiten zuverlässig war. Die flächendeckende Verfügbarkeit von Apotheken ist ein entscheidender Vorteil, der den Bürgern eine sichere und wohnortnahe Versorgung garantiert.
Es stellt sich die Frage, ob die geplanten Notfallzentren tatsächlich eine Verbesserung bringen oder ob sie in der Praxis das bewährte System untergraben. Die Gefahr, dass Patienten durch konkurrierende Strukturen verwirrt werden, ist real. Anstatt ein funktionierendes System aufzugeben, sollte der Fokus darauf liegen, die Zusammenarbeit zwischen Apotheken und Ärzten weiter zu stärken und die Digitalisierung gezielt zur Optimierung der Notfallversorgung einzusetzen.
Die Einführung von Parallelstrukturen könnte nicht nur das Vertrauen in den Apothekennotdienst schwächen, sondern auch langfristig zu einem unübersichtlichen Versorgungssystem führen. Die Politik steht vor der Aufgabe, eine durchdachte Reform zu gestalten, die bestehende Strukturen nicht unnötig gefährdet, sondern das Gesundheitswesen im Sinne aller Beteiligten weiterentwickelt.
Impfen in der Apotheke: Wirtschaftlicher Anreiz oder Belastung?
In deutschen Apotheken können Bürgerinnen und Bürger derzeit gegen COVID-19 und Grippe geimpft werden – eine Option, die durch die Pandemie eingeführt wurde und sich bewährt hat. Nun plant der Gesetzgeber, das Angebot deutlich zu erweitern: Das geplante Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit sieht vor, dass Apotheken in Zukunft alle Totimpfstoffe verabreichen dürfen. Diese Neuregelung könnte theoretisch den Impfstatus in der Bevölkerung nachhaltig verbessern, doch ist die Frage nach der Wirtschaftlichkeit dieses Angebots für die Apotheken offen und brisant.
Laut dem Beratungs- und Forschungsunternehmen May und Bauer dauert eine Impfung in der Apotheke durchschnittlich rund 15 Minuten. Bei einem Vergütungssatz von 1,14 Euro pro Minute wird eine solche Leistung mit etwa 17 Euro honoriert. Doch ob dieser Betrag tatsächlich die Kosten deckt, ist umstritten. Ein Apotheker muss nicht nur die Zeit für das Impfgespräch und die Verabreichung einplanen, sondern auch für die Vor- und Nachbereitung. Hinzu kommen administrative Aufgaben, die Dokumentation und eventuelle Rücksprachen mit behandelnden Ärzten, was den Aufwand erheblich steigern kann.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Apotheken in vielen Fällen ihre Räumlichkeiten den strengen Hygienevorgaben anpassen müssen. Diese Investitionen und der zusätzliche Aufwand könnten gerade für kleinere Apotheken, die oft über begrenzte personelle Ressourcen verfügen, eine große Herausforderung darstellen. Kritiker bemängeln daher, dass die geplante Ausweitung des Impfangebots ohne eine deutliche Erhöhung der Vergütung für Apotheken kaum wirtschaftlich tragfähig ist.
May und Bauer unterstreichen, dass Apothekenbetreiber sich der Abwägung zwischen öffentlichem Gesundheitsauftrag und betriebswirtschaftlichen Anforderungen bewusst sein müssen. Sie empfehlen, die internen Abläufe zu optimieren und sorgfältig abzuwägen, welche Impfungen in das Angebot aufgenommen werden sollen. Auch der Bedarf an geschultem Personal ist ein entscheidender Faktor, denn Impfungen dürfen nur von entsprechend qualifizierten Mitarbeitern durchgeführt werden. Ein weiteres Thema bleibt die Frage der Haftung, falls nach der Impfung Komplikationen auftreten.
Die neue Regelung könnte zudem weitreichende wirtschaftliche Auswirkungen haben: Während große Apotheken mit mehreren Angestellten und höheren Kapazitäten das erweiterte Impfangebot möglicherweise als zusätzliche Einnahmequelle nutzen könnten, sehen sich kleinere Apotheken unter Umständen vor dem Dilemma, die Leistung zwar anbieten zu wollen, jedoch durch die geringe Vergütung finanziell benachteiligt zu werden.
Das Impfen in der Apotheke ist eine begrüßenswerte Ergänzung zur Stärkung des Gesundheitssystems. Für viele Menschen bietet es eine niedrigschwellige Alternative zum Arztbesuch, um schnell und unkompliziert die nötige Immunisierung zu erhalten. Allerdings zeigt sich erneut, dass Reformen im Gesundheitswesen oft die wirtschaftliche Lage der Apotheken übersehen. Die festgesetzte Vergütung von 1,14 Euro pro Minute mag auf den ersten Blick ausreichend erscheinen, berücksichtigt jedoch nicht den gesamten Aufwand, den Apotheken in den Impfprozess investieren müssen.
Hier wäre eine Überprüfung der Vergütungssätze dringend geboten, um ein wirtschaftlich faires und dauerhaftes Angebot sicherzustellen. Andernfalls droht die Gefahr, dass sich viele Apotheken gezwungen sehen, dieses Angebot aufgrund finanzieller Nachteile nicht weiterzuführen – eine Entwicklung, die der Idee einer umfassenden Versorgung mit Totimpfstoffen in der Fläche klar entgegenstehen würde. Letztlich ist es eine Frage der Anerkennung und Unterstützung der Apotheken als Partner im Gesundheitswesen, deren Rolle und Aufgabenbereich stetig wächst.
Groeneveld kritisiert Stillstand beim Apothekenreformgesetz: „Das Warten zermürbt uns“
Beim Protesttag in Hannover versammelten sich zahlreiche Apothekeninhaber, um ihrer Enttäuschung und Wut über die ausbleibende Verabschiedung des Apothekenreformgesetzes (ApoRG) Ausdruck zu verleihen. Berend Groeneveld, Vorsitzender des Landesapothekerverbands (LAV), fand dabei deutliche Worte: „Seit über einem Jahr liegt das Gesetz in der Pipeline, und bisher ist nichts passiert. Die Bundesregierung muss endlich handeln.“ Für die Apotheken in Deutschland, die seit Jahren mit steigenden Kosten und sinkenden Margen zu kämpfen haben, sei die Verzögerung eine weitere Belastung, die ihren Fortbestand bedrohe. Die zentrale Forderung des Protestes: ein klares Signal aus Berlin und die rasche Umsetzung der lange angekündigten Reform.
Das Apothekenreformgesetz, dessen Verabschiedung ursprünglich für 2023 geplant war, soll laut Groeneveld dringend notwendige Anpassungen im Apothekenwesen einführen. Dazu gehört eine bessere Vergütung für erbrachte Leistungen, die angesichts der zunehmenden Serviceanforderungen unerlässlich sei. Die Apotheken sind heute weit mehr als bloße Ausgabestellen für Arzneimittel; sie beraten, betreuen und übernehmen vielfältige gesundheitsfördernde Aufgaben – ohne dafür angemessen honoriert zu werden. „Wir fangen die Lücken im Gesundheitswesen auf, doch das wird immer weniger honoriert“, so Groeneveld.
Ein weiterer zentraler Punkt des ApoRG betrifft die Reduzierung bürokratischer Hürden. Insbesondere kleinere Apotheken kämpfen damit, die zahlreichen Dokumentationspflichten und regulatorischen Anforderungen zu bewältigen. Viele Betreiber sehen sich durch die steigende Bürokratie gezwungen, mehr Personal für administrative Aufgaben abzustellen, was Ressourcen kostet, die dringend in die Kundenbetreuung und -beratung investiert werden könnten. Das Apothekenreformgesetz soll hier Entlastung bringen, indem es die Anforderungen an die Dokumentation verschlankt und mehr Zeit für die eigentliche Arbeit mit den Patienten schafft.
In der Zwischenzeit sind die Apotheken auf sich allein gestellt, was für viele zur Existenzfrage wird. Die wirtschaftliche Unsicherheit belastet Investitionsentscheidungen und erschwert die Planung für die kommenden Jahre. Einige Apotheken überlegen, sich verstärkt auf alternative Einnahmequellen zu stützen, wie etwa die Einführung zusätzlicher Selbstzahler-Leistungen oder den Ausbau digitaler Dienstleistungen wie die Nutzung des E-Rezepts. Doch ohne klare gesetzliche Rahmenbedingungen bleibt dies für viele ein riskantes Unterfangen.
Auch die Einbindung der Apotheken in die zukünftige Digitalisierung des Gesundheitssystems hängt von der Reform ab. Durch die ausbleibende gesetzliche Grundlage wird die Einführung digitaler Services wie das E-Rezept erschwert, obwohl diese Instrumente langfristig zur Sicherung des Apothekenwesens beitragen könnten. „Wir sind bereit für die Zukunft, doch die Politik lässt uns im Regen stehen“, kritisiert Groeneveld.
Das Apothekenreformgesetz steht symbolisch für das politische Tauziehen um eine Branche, die sich im Wandel befindet. Seit Jahren wachsen die Anforderungen an Apotheken. Sie sind unverzichtbare Stützen des Gesundheitssystems, übernehmen Beratungen, unterstützen bei Präventionsmaßnahmen und bieten erweiterte Dienstleistungen an. Doch was fehlt, ist die politische Anerkennung dieser Leistungen in Form fairer Entlohnung und entlastender Strukturen.
Mit der Reform könnte die Bundesregierung endlich den Weg für eine moderne, zukunftsfähige Apothekenlandschaft ebnen – doch das Warten zieht sich. Die Konsequenzen sind gravierend: Apotheken, insbesondere in ländlichen Regionen, kämpfen zunehmend ums Überleben. Schließen sie, verlieren die Menschen in diesen Gebieten ihre ersten Ansprechpartner im Gesundheitswesen und riskieren längere Wege zur nächsten medizinischen Versorgung. Die Versorgungsstruktur, die jahrzehntelang zuverlässig funktioniert hat, beginnt zu bröckeln.
Gleichzeitig wächst der bürokratische Druck weiter, was besonders kleinere Betriebe an ihre Grenzen bringt. Statt sich auf ihre Kernkompetenzen – die Gesundheitsberatung und Arzneimittelversorgung – zu konzentrieren, müssen Apotheken immer mehr Zeit und Ressourcen in bürokratische Aufgaben investieren. Ohne die angekündigten Entlastungen droht ihnen eine wirtschaftliche Abwärtsspirale.
Die Bundesregierung sollte sich bewusst sein, dass es hier um mehr als nur ökonomische Fragen geht. Es geht um die Gesundheit der Bevölkerung, um verlässliche Anlaufstellen im Gesundheitswesen und um eine Branche, die in den letzten Jahren unermüdlich daran gearbeitet hat, auf die Bedürfnisse einer alternden und zunehmend erkrankten Gesellschaft einzugehen.
Mit jeder weiteren Verzögerung des Apothekenreformgesetzes riskiert die Regierung den Verlust eines essenziellen Bausteins im deutschen Gesundheitssystem.
Apotheken im Umbruch: Gesundheitsminister Philippi fordert Unterstützung für regionale Versorgung
Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) hat auf einer Protestveranstaltung in Hannover die Bedeutung der Apotheken für das Gesundheitssystem betont und scharfe Kritik an den Bedingungen für Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland geübt. Vor dem Hintergrund zunehmender Apothekenschließungen und stagnierender wirtschaftlicher Perspektiven warnte Philippi vor einer dramatischen Ausdünnung der Versorgungsstruktur, insbesondere im ländlichen Raum.
In seiner Rede wies Philippi darauf hin, dass Apotheken nicht nur Orte der Medikamentenabgabe seien, sondern für viele Menschen die erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Fragen darstellen. Dies gelte besonders in ländlichen Gebieten, wo sie oftmals die einzige sofort erreichbare medizinische Versorgung bieten. „Gesundheit funktioniert von Mensch zu Mensch. Versandapotheken können das nicht leisten“, betonte der Minister und verwies auf die Wichtigkeit des persönlichen Kontakts, den Apotheken vor Ort gewährleisten.
Philippi zeigte sich besorgt über die Entwicklung der Apothekenlandschaft in Niedersachsen, wo im vergangenen Jahr 35 Apotheken schließen mussten, während nur sieben neue eröffnet wurden. Dieser Rückgang sei alarmierend und müsse dringend gestoppt werden, um eine stabile Versorgung aufrechtzuerhalten. Die Situation sei durch steigende Betriebskosten und eine ausbleibende Honorarerhöhung zusätzlich belastet, so Philippi. Auch das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), das Rabatte bei Großhandelskäufen einschränkt, stelle für viele Apotheken eine erhebliche finanzielle Belastung dar.
„Die wirtschaftlichen Kapazitäten der Apotheken sind erschöpft“, betonte Philippi mit Blick auf den aktuellen Tarifabschluss, der deutlich hinter den Entwicklungen in anderen Branchen zurückbleibe. Er warnte, dass die schwierige wirtschaftliche Lage die Attraktivität des Berufsfeldes für junge Menschen erheblich beeinträchtige. Niedersachsen als Flächenland benötige jedoch dringend qualifizierten Nachwuchs, um auch in Zukunft die wohnortnahe Arzneimittelversorgung sicherzustellen.
Scharfe Kritik äußerte Philippi an dem kürzlich vorgelegten Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Der Entwurf sei zwar gut gemeint, „aber ehrlich gesagt schlecht gemacht“, sagte Philippi. Das Gesetz, so seine Einschätzung, gefährde die gewachsene Apothekenstruktur und die hohe Qualität der Arzneimittelversorgung. Laut Philippi bedarf es vielmehr einer schnellen Anpassung des Honorars sowie nachhaltiger Finanzierungsmodelle, um Apotheken als zuverlässigen Bestandteil des Gesundheitssystems zu erhalten. Er habe Lauterbach dies in einem persönlichen Schreiben nahegelegt und eine dringende Änderung der Arzneimittelpreisverordnung (AmPreisV) angeregt.
Zum Abschluss seiner Rede bedankte sich Philippi bei den Apothekenteams vor Ort für ihr unermüdliches Engagement und ihren kreativen Einsatz trotz der belastenden Rahmenbedingungen. „Ich werde mich weiterhin für die Apotheke vor Ort einsetzen“, versprach der Minister und betonte die Notwendigkeit einer starken und flächendeckenden Apothekenversorgung in Niedersachsen.
Dr. Andreas Philippi trifft mit seiner Kritik an den Rahmenbedingungen für Apotheken in Niedersachsen und ganz Deutschland einen wichtigen Nerv. Die Apothekenlandschaft ist derzeit einer starken Belastungsprobe ausgesetzt, was nicht nur die flächendeckende Versorgung bedroht, sondern auch die Attraktivität des Berufs für den dringend benötigten Nachwuchs. Der Rückgang an Apotheken und die Erschwernisse durch wirtschaftliche Zwänge sind Alarmsignale, die einen entschiedenen politischen Kurswechsel fordern.
Philippis Forderung nach einer schnellen Honorarerhöhung und einer Revision des ApoRG ist ein deutlicher Appell an die Bundesregierung, das bewährte Apothekennetz zu schützen. Der Verweis auf den zwischenmenschlichen Aspekt – dass Apotheken nicht nur Lieferanten von Medikamenten, sondern Orte der Vertrauensbildung und Gesundheitsberatung sind – unterstreicht, was auf dem Spiel steht: der persönliche und niedrigschwellige Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Wenn dieser Zugang in ländlichen Gebieten weiter erodiert, drohen weite Teile der Bevölkerung von einer verlässlichen Gesundheitsinfrastruktur abgeschnitten zu werden. Es bleibt zu hoffen, dass Philippis Weckruf bei den Verantwortlichen Gehör findet und die nötigen Anpassungen am Apotheken-Reformgesetz vorgenommen werden.
Frühzeitiger Versand der Wahlunterlagen zur Kammerwahl in Hessen sorgt für Unruhe und Diskussionen
In Hessen sorgt die diesjährige Kammerwahl der Apothekerinnen und Apotheker für ungeahnte Spannung: Überraschend wurden die Wahlunterlagen bereits jetzt an die Mitglieder verschickt – und das früher als bei vergangenen Wahlen. Noch bevor der Wahlkampf, insbesondere für die oppositionellen Listen 6 und 7, richtig starten konnte, befinden sich die Unterlagen in den Händen der Wählerschaft. Dies hat die Pläne der Kandidatinnen und Kandidaten durcheinandergebracht und Fragen zur Chancengleichheit im Wahlprozess aufgeworfen.
Während sich die etablierteren Listen schneller an den vorgezogenen Versand anpassen konnten, fühlen sich kleinere und oppositionelle Kräfte benachteiligt. Sie hatten erwartet, dass die Wahlkampfdynamik sich in der üblichen Zeitspanne entwickeln würde. Der frühe Versand erschwert es ihnen, ihre Inhalte rechtzeitig und umfassend zu platzieren, bevor Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgeben. Stimmen aus der Opposition warnen, dass dies eine Verzerrung der Ergebnisse nach sich ziehen könnte, weil den Mitgliedern nicht ausreichend Zeit bleibt, um sich intensiv mit den Positionen aller Listen auseinanderzusetzen. Die Verantwortlichen bei der Apothekerkammer Hessen erklärten dazu, dass der vorgezogene Versand eine logistische Entscheidung war, ohne politischen Einfluss auf den Wahlverlauf nehmen zu wollen.
Für Apothekerinnen und Apotheker, die nun vor einer früheren Wahlentscheidung stehen, ist die Informationslage von zentraler Bedeutung. Da der Wahlkampf bei einigen Listen durch den frühen Versand möglicherweise nicht vollständig in Schwung gekommen ist, wird den Wählern geraten, sich gezielt über alle Kanäle zu informieren. Die Programme und Positionen der Kandidierenden sollten mit Sorgfalt geprüft werden, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Viele Listen bieten zusätzliche Informationen auf ihren Webseiten und Social-Media-Kanälen an – eine Chance für Wähler, die nun eine intensivere, eigenverantwortliche Auseinandersetzung mit den Kandidatinnen und Kandidaten suchen.
Der frühzeitige Versand der Wahlunterlagen zur Kammerwahl in Hessen birgt erhebliches Konfliktpotenzial. Obwohl die Apothekerkammer die Entscheidung als administrativen Schritt verteidigt, hinterlässt der Vorgang ein ungutes Gefühl bei vielen Kandidaten, insbesondere denen, die auf intensive Wahlkampagnen angewiesen sind. Die Zeit für strategische Planung und gezielte Botschaften, gerade für kleinere Listen, wurde unvorhergesehen verkürzt. Wenn Wähler ihre Wahlentscheidung aufgrund der unerwartet frühen Unterlagenabgabe voreilig treffen, könnte dies zu einer ungewollten Benachteiligung jener Listen führen, die auf eine umfassendere Vorstellung angewiesen sind.
Für die Mitglieder der Apothekerkammer bedeutet dies, dass sie sich besonders gründlich informieren sollten, um keine voreiligen Entscheidungen zu treffen. Eine demokratische Kammerwahl lebt von der Vielfalt der Stimmen und Meinungen – eine Vielfalt, die gerade bei einer komplexen Entscheidung wie dieser ein transparentes und gleichberechtigtes Umfeld benötigt. Wählerinnen und Wähler sind daher gefragt, sich nicht ausschließlich auf die früh erhaltenen Unterlagen zu verlassen, sondern aktiv weitere Informationen einzuholen. Nur so bleibt die Chancengleichheit gewahrt, und eine fundierte Wahlentscheidung ist möglich.
Verschiebung des E-BtM-Rezepts: Vor-Ort-Apotheken kritisieren strukturelle Benachteiligung zugunsten der Versandapotheken
Die Einführung des elektronischen Betäubungsmittelrezepts (E-BtM-Rezept), ursprünglich für Juli geplant, wurde erneut verschoben, da die benötigten finanziellen Mittel fehlen. Diese Verzögerung wird vom Verband innovativer Apotheken (via) scharf kritisiert, der in diesem Aufschub eine klare Benachteiligung der Vor-Ort-Apotheken gegenüber den Versandapotheken sieht. Benedikt Bühler, Vorsitzender des Verbands, bezeichnet die Entscheidung als „Armutszeugnis“ für das deutsche Gesundheitssystem und äußerte Unverständnis darüber, dass Schmerzpatienten weiter auf eine dringend benötigte digitale Lösung warten müssen.
Gleichzeitig hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) durch einen neuen Vorschlag zusätzliche Kritik auf sich gezogen. Im Rahmen der Änderungsanträge zum Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit plante das BMG sogenannte „favorisierte Apotheken“ zu schaffen, die pflegebedürftigen Menschen den Zugang zu E-Rezepten erleichtern sollen. Diese favorisierten Apotheken, die in der letzten Version der Änderungsanträge nun nicht mehr enthalten sind, hätten nach Ansicht des via das Potenzial gehabt, die Marktstellung der Versandapotheken weiter zu stärken und ein strukturelles Ungleichgewicht zu schaffen, das die stationären Apotheken benachteiligt.
Der Verband verweist auch auf das Cardlink-Verfahren, das Versandapotheken von der Gematik früher genehmigt wurde als den Vor-Ort-Apotheken. Diese digitale Schnittstelle erleichtert den Rezeptdatentransfer und stärkt dadurch die Effizienz im Versandhandel. Für Bühler und den Verband ist dies ein klares Zeichen dafür, dass digitale Ressourcen aktuell genutzt werden, um Versandapotheken einen Vorteil zu verschaffen, während essenzielle Projekte wie das E-BtM-Rezept brachliegen. Dies zeige, dass die Prioritäten bei digitalen Projekten neu ausgerichtet werden müssten.
„Digitale Innovationen dürfen nicht dazu führen, dass nur eine Marktseite begünstigt wird,“ fordert Bühler in der Pressemitteilung vom Mittwoch. Via appelliert an die Politik, sicherzustellen, dass alle Apotheken – egal ob stationär oder online – unter fairen Wettbewerbsbedingungen agieren können und dass digitale Prozesse in einer Weise entwickelt werden, die den gesamten Gesundheitssektor stärkt. Die Priorität müsse auf dringend benötigten digitalen Projekten liegen, die den Zugang zur Versorgung für alle Patienten verbessern und eine gleichberechtigte Marktteilnahme ermöglichen.
Die wiederholte Verschiebung des E-BtM-Rezepts offenbart ein Grundproblem der aktuellen Digitalisierungsstrategie im deutschen Gesundheitssystem: Priorisierte Projekte scheinen nicht immer die drängendsten Bedürfnisse der Patienten und der Apothekenlandschaft zu berücksichtigen. Während wichtige digitale Instrumente, die insbesondere Schmerzpatienten eine Erleichterung verschaffen könnten, auf unbestimmte Zeit verschoben werden, werden stattdessen neue Konzepte diskutiert, die Versandapotheken mehr Spielraum verschaffen.
Das Konzept der favorisierten Apotheken war für viele Vor-Ort-Apotheken ein zusätzlicher Tropfen auf dem heißen Stein. Selbst wenn es letztendlich nicht umgesetzt wurde, bleibt der Eindruck, dass politische Entscheidungen den Versandhandel immer wieder begünstigen. Dies gefährdet langfristig die Diversität der Apothekenlandschaft, die gerade in strukturschwachen Regionen eine unverzichtbare Rolle spielt.
Gleiche Wettbewerbsbedingungen sind ein Grundpfeiler für eine starke Gesundheitsversorgung, doch der aktuelle Weg wirkt zunehmend einseitig. Die Digitalisierung darf nicht zum Werkzeug für Marktverschiebungen werden. Sie muss allen Beteiligten gerecht werden und den Nutzen für die Versorgung in den Vordergrund stellen.
Digitaler Aufbruch im Gesundheitswesen: Krankenkassen testen E-Verordnung für Hilfsmittel
In einem bundesweiten Pilotprojekt haben sieben große gesetzliche Krankenkassen einen digitalen Weg für die Verordnung von Hilfsmitteln geschaffen. Ab sofort können rund 34 Millionen Versicherte über die Apps ihrer Krankenkassen eine elektronische Verordnung (E-Verordnung) für Hilfsmittel bei teilnehmenden Apotheken und Sanitätshäusern einlösen. Dieser Schritt soll Praxiserfahrungen für die geplante Einführung einer verpflichtenden E-Verordnung im Jahr 2027 sammeln.
Die Kassen, darunter die AOK Bayern, Barmer, BIG direkt gesund, DAK-Gesundheit, IKK classic, Techniker Krankenkasse und die Hanseatische Krankenkasse, haben sich im letzten Jahr zur Arbeitsgemeinschaft eGesundheit (ARGE) zusammengeschlossen. Mit der elektronischen Hilfsmittelverordnung wollen sie nicht nur Verwaltungsprozesse modernisieren, sondern auch Patienten, Praxen und Anbietern von Hilfsmitteln Zeit und Aufwand sparen. Der stellvertretende Geschäftsführer der DAK-Gesundheit, Thomas Bodmer, erklärte, die digitale Lösung per App sei ein praxistaugliches Konzept, das Wege und Wartezeiten reduziere. „Unsere innovative und praxistaugliche Lösung spart Zeit, Aufwand und Wege – für Versicherte und zugleich für Arztpraxen und Hilfsmittelanbieter“, betonte Bodmer.
Bisher werden jährlich fast 35 Millionen Hilfsmittelverordnungen in Papierform ausgestellt, von denen nahezu die Hälfte aufgrund fehlerhafter Angaben Rückfragen erfordert. Durch die elektronische Verordnung könnten diese Fehler laut Krankenkassen deutlich reduziert werden. Automatische Prüflogiken stellen sicher, dass alle notwendigen Informationen korrekt und vollständig angegeben sind, bevor die Verordnung übermittelt wird. Damit sollen unnötige Rückfragen und Telefonate zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen entfallen.
Die technische Umsetzung des Projekts erfolgt in Zusammenarbeit mit führenden IT-Unternehmen wie CompuGroup Medical (CGM), Medisoftware, HMM, medicomp, der opta data Gruppe und CGI. Diese Partner sorgen dafür, dass die Verordnungen nahtlos in die Branchensoftware der Apotheken und Sanitätshäuser integriert werden können. Teilnehmer profitieren dabei von einer automatisierten Datenübernahme, die den Verordnungsprozess beschleunigt und für eine effiziente Abwicklung sorgt.
Aktuell stehen für die elektronische Verordnung ausgewählte Produktgruppen wie Arm- und Beinprothesen, Bandagen, Einlagen und orthopädische Schuhe zur Verfügung. In Zukunft sollen weitere Produktgruppen hinzukommen. Der digitale Verordnungsweg wird als bedeutender Schritt angesehen, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter voranzutreiben und den bürokratischen Aufwand zu reduzieren. Auf der Informationsplattform egesundheit-deutschland.de können Versicherte und Leistungserbringer sich über die digitalen Möglichkeiten informieren.
Der digitale Wandel im Gesundheitswesen nimmt mit der E-Verordnung für Hilfsmittel eine neue Dimension an. Ein Projekt dieser Größenordnung zeigt, dass die Krankenkassen verstanden haben, dass Digitalisierung nicht nur Effizienz schafft, sondern auch die Patientenorientierung verbessert. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich das System flächendeckend durchsetzen lässt und alle beteiligten Akteure – von Arztpraxen über Apotheken bis zu den Hilfsmittelanbietern – den Mehrwert spüren.
Die Krankenkassen setzen ein wichtiges Signal: Bürokratische Prozesse im Gesundheitswesen müssen moderner, schneller und patientenfreundlicher gestaltet werden. Die Pilotphase wird zeigen, wie effektiv die App-Lösung ist und ob sie die notwendigen Sicherheitsstandards erfüllt. Für Apotheken und Sanitätshäuser wird die E-Verordnung zu einem bedeutenden Zukunftsthema, das nicht nur technologische, sondern auch organisatorische Anpassungen erfordert.
Neues Medikament Vibegron erweitert Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit überaktiver Blase
Seit Anfang Oktober steht mit Vibegron eine neue Therapiemöglichkeit für Erwachsene mit überaktiver Blase (OAB) zur Verfügung. Der Wirkstoff, der unter dem Handelsnamen Obgemsa® von Pierre Fabre Pharma vertrieben wird, zielt auf die spezifische Entspannung der Detrusormuskulatur ab, was zu einer erhöhten Blasenkapazität führt und Symptome wie Harndrang, erhöhte Miktionsfrequenz und Dranginkontinenz mindert. Vibegron zählt zur Klasse der β3-Adrenorezeptor-Agonisten und unterscheidet sich damit von bisherigen Therapieansätzen, da es eine sehr geringe Affinität zu β1- und β2-Rezeptoren aufweist und somit eine gezielte Wirkung auf die Blase ermöglicht.
Eine Phase-III-Studie mit rund 1500 Patienten, die an Harndrang und hoher Miktionsfrequenz litten, konnte die Wirksamkeit des Medikaments bestätigen. Die EMPOWUR-Studie zeigte, dass Vibegron die täglichen Miktionen signifikant besser reduzierte als ein Placebo und im Vergleich zu Tolterodin tendenziell bessere Ergebnisse erzielte. Der Effekt setzte bei vielen Patienten bereits nach zwei Wochen ein und hielt über den gesamten Studienzeitraum von zwölf Wochen an. Bei den Teilnehmern, die unter Dranginkontinenz litten – etwa 77 Prozent der Studienteilnehmer – konnte Vibegron im Schnitt die Inkontinenz-Episoden täglich um zwei reduzieren, verglichen mit 1,4 unter Placebo und 1,8 unter Tolterodin.
Eine anschließende Langzeitstudie über 52 Wochen bestätigte die anhaltende Wirksamkeit. Die Ergebnisse waren vielversprechend: 41 Prozent der Patienten im Vibegron-Arm hatten am Ende der Verlängerungsstudie keine Dranginkontinenz-Episoden mehr, während 61 Prozent eine Reduktion der Episoden um mindestens 75 Prozent erreichten. Der Wirkstoff bewirkte zudem keine klinisch relevanten Veränderungen von Blutdruck oder Herzfrequenz, wie eine zusätzliche Studie mit 214 Patienten zeigte. Die häufigsten Nebenwirkungen umfassten Harnwegsinfektionen, Kopfschmerzen sowie gelegentlich Diarrhö und Übelkeit, die jedoch nur selten zum Abbruch der Therapie führten.
Die Fachinformation für Vibegron hebt hervor, dass das Medikament für Patienten mit schweren Leber- oder Nierenerkrankungen sowie Schwangere und stillende Frauen nicht geeignet ist. Zudem wird Vorsicht geboten bei Patienten mit bestehender Blasenausgangsobstruktion und bei gleichzeitiger Einnahme von Muscarin-Antagonisten wie Oxybutynin, da diese Kombination das Risiko eines Harnverhalts erhöhen kann.
Insgesamt stellt Vibegron eine vielversprechende Ergänzung im therapeutischen Spektrum für Patienten mit überaktiver Blase dar. Der Wirkstoff bringt neue Perspektiven für Betroffene, die von traditionellen Behandlungsoptionen nicht ausreichend profitieren.
Die Einführung von Vibegron bringt frischen Wind in die Therapie der überaktiven Blase und bietet eine gezielte Behandlungsmöglichkeit, die viele Betroffene entlasten könnte. Mit einer neuen Wirkweise, die speziell auf die Blasenmuskulatur abzielt, scheint Vibegron eine spezifischere und möglicherweise schonendere Alternative zu bisherigen Therapien darzustellen. Die Studienergebnisse, die eine rasche und langanhaltende Symptomlinderung belegen, sind vielversprechend und könnten die Lebensqualität der Patienten erheblich verbessern. Doch wie bei jedem neuen Medikament bleiben Fragen zur Langzeitsicherheit und zu potenziellen Risiken in Kombination mit anderen Medikamenten. Die hohe Spezialisierung auf β3-Rezeptoren könnte jedoch auch bedeuten, dass die Nebenwirkungen im Vergleich zu anderen Wirkstoffen reduziert sind.
Von Engin Günder, Fachjournalist