Rezept-Abo als Antwort auf die Versand-Konkurrenz: Apotheker testet neues Modell
Apotheken stehen seit der Einführung des E-Rezepts vor neuen Herausforderungen, insbesondere durch den wachsenden Wettbewerb mit großen Versandapotheken, die verstärkt in den Rx-Markt drängen. Versandapotheken wie Doc Morris und Redcare werben mit millionenschweren Kampagnen, um Kunden für sich zu gewinnen. Ein zentrales Angebot, das den Erfolg der Versandhändler antreibt, ist das Rezept-Abo, bei dem die Dauermedikation direkt beim Arzt angefordert und an die Patienten nach Hause geliefert wird.
Apotheker Stefan Göbel aus Heringen sieht jedoch eine wesentliche Schwäche in diesem System: die fehlende persönliche Bindung zwischen Versandapotheken und den behandelnden Ärzten. „Es gibt keine vertrauensvolle Beziehung zu den Ärzten vor Ort“, betonte Göbel während seines Vortrags auf der Expopharm in München. Negative Rückmeldungen von Ärzten in den sozialen Medien belegen aus seiner Sicht die Probleme bei der Kommunikation zwischen Versandhändlern und den Praxen. Vor allem aber kritisiert Göbel, dass Patienten ihre persönlichen Daten oft selbst eingeben, was das Risiko von Fehlern und Missverständnissen erhöht. Dies stelle eine Schwachstelle im Rezept-Abo der Versandhändler dar.
Göbels Lösung: ein Rezept-Abo für Vor-Ort-Apotheken. Seit sechs Monaten testet er dieses Modell in seiner Brücken-Apotheke in Hessen. Das Konzept basiert auf einer engen Zusammenarbeit zwischen Apotheke und Arztpraxis, um eine fehlerfreie Medikamentenversorgung zu gewährleisten. Patienten werden zu einer umfassenden Medikationsanalyse eingeladen, bei der sie zustimmen, dass die Apotheke ihre personenbezogenen Daten verwenden darf, um Rezepte im Namen des Patienten anzufordern. Diese Einwilligung, so Göbel, schaffe die rechtliche Grundlage, um das Abo-Modell sicher umzusetzen.
Ein zentraler Bestandteil des Modells ist die computergestützte Reichweitenberechnung für die Medikation der Patienten. Dabei wird für die Bestellung neuer Rezepte ein Puffer von 20 Tagen eingeplant, um Lieferengpässe zu vermeiden. Die Rezepte können dabei über verschiedene Kanäle wie KIM, E-Mail, Fax oder Papier an die Arztpraxis übermittelt werden. Die Patienten können die Medikamente in der Apotheke abholen oder sich liefern lassen. Durch diese Prozesse wird nicht nur die Versorgung gesichert, sondern auch die pharmazeutische Betreuung intensiviert, da Medikationslücken frühzeitig erkannt und behoben werden können.
Aus Sicht von Göbel profitieren alle Beteiligten von diesem Modell. Patienten sparen sich lange Wartezeiten in Arztpraxen, die Arztpraxen werden entlastet und können effizienter arbeiten, während die Adhärenz der Patienten – also ihre Bereitschaft, die Medikamente regelmäßig einzunehmen – deutlich gesteigert wird. Zudem ergibt sich durch den Puffer bei der Rezeptanforderung eine bessere Planbarkeit für die Apotheken, was Lieferengpässe entschärfen kann.
Ein weiterer Vorteil des Modells ist die Verbesserung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL), die für Apotheken zunehmend attraktiver werden. Langfristig, so Göbel, könnte das Modell sogar gesundheitspolitische Auswirkungen haben, da es durch eine bessere Versorgung und höhere Adhärenz Kosteneinsparungen im Gesundheitssystem ermöglicht. Er geht davon aus, dass das Rezept-Abo in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird, vor allem im Kontext des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG), das Anreize für effizientes Arbeiten in Arztpraxen schaffen soll.
Nach der erfolgreichen Testphase plant Göbel, sein Rezept-Abo-Modell auch in anderen Apotheken zu implementieren. Bis Ende Oktober 2024 können sich interessierte Apotheken für das Pilotprojekt anmelden. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Nutzung der Warenwirtschaft von Pharmatechnik und des Tools Medicheck. In Zukunft sollen jedoch auch andere Systeme eingebunden werden, um das Rezept-Abo für eine breitere Masse von Apotheken zugänglich zu machen.
Das Rezept-Abo von Apotheker Stefan Göbel zeigt auf eindrucksvolle Weise, wie Vor-Ort-Apotheken den Wettbewerb mit Versandapotheken aufnehmen können, indem sie ihre Stärke – die persönliche Beziehung zu Ärzten und Patienten – nutzen. Während Versandhändler auf Masse setzen, bietet Göbels Modell eine maßgeschneiderte Lösung, die auf den individuellen Bedarf der Patienten zugeschnitten ist und gleichzeitig die Effizienz der Arztpraxen steigert.
Durch die enge Vernetzung zwischen Apotheken und Arztpraxen können Fehler in der Medikation minimiert und die Adhärenz verbessert werden. Dies trägt nicht nur zur Sicherheit der Patienten bei, sondern ermöglicht es den Apotheken, ihre Rolle als Gesundheitsdienstleister zu stärken. Auch gesundheitspolitisch könnte das Modell an Relevanz gewinnen, da es durch eine verbesserte Versorgung langfristig zu Kosteneinsparungen führen könnte.
Die Idee, das Rezept-Abo auch in anderen Apotheken zu implementieren, zeigt, dass das Modell nicht nur eine individuelle Lösung für Göbels Apotheke ist, sondern potenziell zu einer zukunftsweisenden Strategie für den gesamten Apothekenmarkt werden könnte. Es bleibt zu hoffen, dass mehr Apotheken dieses Potenzial erkennen und sich dem Projekt anschließen – im Interesse der Patienten, der Ärzte und der Apotheken selbst.
IhreApotheken.de mahnt Shop Apotheke wegen wettbewerbswidriger Gutscheinwerbung ab
IhreApotheken.de (IA.de) hat die niederländische Versandapotheke Shop Apotheke wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht abgemahnt. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Nutzung von Gutscheinen zur Neukundengewinnung, die aus Sicht von IA.de gegen das im Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) verankerte Zuwendungsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel verstößt. Das Gesetz, das seit 2020 in Kraft ist, untersagt jegliche Rabatte oder finanzielle Vergünstigungen im Zusammenhang mit der Abgabe solcher Medikamente, um den fairen Wettbewerb zwischen Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken zu sichern.
Shop Apotheke bewirbt auf ihrer Website einen Gutschein, der Neukunden bei der Einlösung eines E-Rezepts einen Rabatt von bis zu 10 Euro gewährt. Laut IA.de ist diese Aktion nicht nur unzulässig, sondern auch ein klarer Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG), das die Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel streng reglementiert. Der Gutschein schließt zwar bestimmte Verordnungen wie Freitextrezepte aus, dennoch sieht IA.de hierin eine verbotene produktbezogene Absatzförderung.
Darüber hinaus wirft IA.de der Shop Apotheke irreführende Werbung vor, indem diese mit „schneller Lieferung“ wirbt. Während IA.de in der Regel am selben Tag liefern kann, sei dies bei der Versandapotheke nicht möglich. Die Versandapotheke bietet zwar den Service „Shop Apotheke Now“ an, bei dem Produkte am selben oder nächsten Tag abgeholt oder geliefert werden können, jedoch sieht IA.de darin keine tatsächliche Konkurrenz zu den schnellen Abholmöglichkeiten in stationären Apotheken.
IA.de fordert von Shop Apotheke bis zum 15. Oktober eine Unterlassungserklärung. Sollte diese Frist verstreichen, kündigt IA.de an, rechtliche Schritte einzuleiten. Die Vertretung erfolgt durch die Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB.
Die Abmahnung von IhreApotheken.de gegen Shop Apotheke zeigt einmal mehr die Spannungen zwischen stationären und Versandapotheken im deutschen Markt. Mit dem Apothekenstärkungsgesetz wurde versucht, die Chancengleichheit zu bewahren und den Wettbewerb zu regulieren. Doch die Werbung mit Gutscheinen, die das Zuwendungsverbot umgehen soll, stellt eine ernsthafte Herausforderung dar. Der Fall verdeutlicht, dass selbst strenge Regulierungen Lücken lassen, die Marktteilnehmer auszunutzen versuchen.
Auch die Werbung mit vermeintlich „schneller Lieferung“ birgt Probleme, insbesondere in einem Gesundheitsbereich, in dem schnelle Verfügbarkeit von Medikamenten entscheidend sein kann. Während Versandapotheken wie Shop Apotheke weiter auf innovative Lösungen setzen, um ihre Marktposition zu stärken, stehen Vor-Ort-Apotheken zunehmend unter Druck, ihre traditionellen Stärken – Beratung und direkte Verfügbarkeit – hervorzuheben. Dies führt unweigerlich zu weiteren Auseinandersetzungen, bei denen nicht nur juristische, sondern auch moralische Fragen des Wettbewerbs aufgeworfen werden.
Heilberufler und Apobank fordern Kurswechsel in der Gesundheitspolitik
Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) hat sich gemeinsam mit führenden Vertretern der Heilberufe, darunter Ärzte, Zahnärzte und Apotheker, kritisch zur aktuellen Gesundheitspolitik geäußert. In einer gemeinsam veröffentlichten Erklärung warnen die Beteiligten eindringlich vor einer drohenden Versorgungslücke in der ambulanten Patientenversorgung und betonten den dringenden Handlungsbedarf. Unter dem Hashtag #GuteVersorgungVorOrt machen sie auf die zunehmenden Herausforderungen durch übermäßige Bürokratie, strikte Regulierungen und einen wachsenden Kostendruck im Gesundheitssystem aufmerksam. Diese Faktoren führten zu einer spürbaren Überlastung der Kapazitäten, so die gemeinsame Botschaft.
Matthias Schellenberg, Vorstandsvorsitzender der Apobank, hob in einer Pressemitteilung hervor, dass Ärzte, Zahnärzte und Apotheker das Rückgrat der ambulanten Versorgung in Deutschland darstellen. „Es ist an der Zeit, ihnen den Rücken zu stärken“, so Schellenberg. Er wies darauf hin, dass das bestehende System, das auf medizinischer Autonomie, freier Arztwahl und der Expertise der Apotheken basiert, durch die aktuelle Politik gefährdet sei. Schellenberg forderte einen grundlegenden Kurswechsel, der die Heilberufler als zentrale Akteure in der Gestaltung der Gesundheitspolitik einbindet. „Ein Masterplan für das Gesundheitssystem muss gemeinsam mit den Heilberuflern entwickelt werden“, betonte er.
Diese Forderung steht nicht zum ersten Mal im Raum. Bereits im vergangenen Jahr hatten die ABDA, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) gemeinsam ein „SOS“ an die Politik gerichtet und auf die wachsende Unterfinanzierung des Gesundheitssystems hingewiesen. Auch die unzureichende Kommunikation mit dem Bundesgesundheitsministerium wurde damals bemängelt. In diesem Jahr unterstützt auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft die Forderungen der Heilberufler nach mehr Unterstützung und einer besseren finanziellen Ausstattung.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening betonte in ihrer Stellungnahme die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den ärztlichen Berufsorganisationen und der Apobank. Sie warnte vor den Folgen der aktuellen Gesetzesvorhaben des Bundesgesundheitsministeriums, insbesondere vor dem Plan, Apotheken ohne Apotheker zuzulassen. „Diese Maßnahmen würden die Versorgungssituation weiter verschärfen“, so Overwiening. Auch Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV, zeigte sich besorgt über die Realität, die mit den politischen Vorhaben nicht übereinstimme. Die geplanten Gesetze würden weder mehr Ärzte noch mehr Zeit für Patienten schaffen, sondern vielmehr die Attraktivität der Praxen weiter verringern.
Martin Hendges, Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, kritisierte die zunehmende Tendenz der Politik, sich an staatlichen Strukturen zu orientieren, statt die bewährte Selbstverwaltung zu stärken. Auch der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Christoph Benz, äußerte sich kritisch und forderte, dass gerade in ländlichen Gebieten und kleineren Städten die Praxisstrukturen gestärkt werden müssen, um eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen.
Die Heilberufler und die Apobank appellieren mit ihrer gemeinsamen Initiative an die Politik, die Weichen in der Gesundheitspolitik neu zu stellen und dabei auf die Expertise der Fachkräfte zu vertrauen. Nur so könne die Qualität der Patientenversorgung langfristig gesichert werden.
Die aktuelle Kritik der Heilberufler und der Apobank an der Gesundheitspolitik kommt nicht überraschend, sondern ist vielmehr Ausdruck eines seit Jahren schwelenden Konflikts. Die ambulante Versorgung, das Rückgrat des deutschen Gesundheitssystems, steht unter enormem Druck. Ärzte, Zahnärzte und Apotheker kämpfen nicht nur mit wachsendem bürokratischen Aufwand, sondern auch mit der zunehmenden Unterfinanzierung ihrer Praxen. Der Vorstoß der Politik, die Rahmenbedingungen zu reformieren, greift zu kurz, da er die Realität in den Praxen oft verkennt.
Die Initiative der Heilberufler zeigt deutlich, dass ohne ihre aktive Beteiligung keine sinnvollen und tragfähigen Lösungen für die Zukunft der Gesundheitsversorgung gefunden werden können. Anstatt über die Köpfe der Fachkräfte hinweg zu entscheiden, sollte die Politik auf den Dialog mit ihnen setzen. Ein nachhaltiger Kurswechsel, der die ambulante Versorgung stärkt und die Belastungen der Heilberufler reduziert, ist längst überfällig. Die Warnung vor einer drohenden Versorgungslücke ist keine Übertreibung, sondern eine ernste Mahnung, die nicht ignoriert werden darf.
Apotheker in Aktion: Engpässe im Fokus – Transparent sorgt für Aufmerksamkeit
In der Rats-Apotheke im niedersächsischen Ebstorf sorgte eine außergewöhnliche Aktion für Aufsehen. Inhaberin Eva Heitmann-Leong und ihr Team wollten mit einem 7,5 Meter langen Bodentransparent, das vom Eingangsbereich bis zum Handverkaufstisch reichte, auf die gravierenden Engpässe im Apothekenwesen aufmerksam machen. Diese Engpässe betreffen nicht nur die Lieferfähigkeit vieler Medikamente, sondern auch die allgemeinen Arbeitsbedingungen, unter denen Apotheken seit längerer Zeit leiden. Die Aktion war darauf ausgelegt, das Bewusstsein der Kunden und der Öffentlichkeit zu schärfen, indem sie auf die Probleme aufmerksam gemacht wurden, die oftmals im Verborgenen bleiben.
Das große Transparent dominierte den Apothekenalltag der letzten Tage so stark, dass es schließlich wieder entfernt werden musste, da es den normalen Arbeitsablauf beeinträchtigte. „Es gab kein anderes Thema mehr“, berichtete Heitmann-Leong. Sowohl das Apothekenteam als auch die Kunden wurden ununterbrochen mit den Problemen konfrontiert, auf die das Transparent hinwies. Dennoch bleibt das Ziel der Aktion weiterhin bestehen: Die Apotheker wollen die bestehenden Missstände nicht hinnehmen und arbeiten daran, weiterhin auf die Engpässe hinzuweisen, die sich auf die medizinische Versorgung und die tägliche Arbeit in den Apotheken auswirken.
Die Apotheke in Ebstorf ist dabei nicht allein. Viele Apotheken in ganz Deutschland kämpfen seit geraumer Zeit mit ähnlichen Problemen. Lieferengpässe, steigende Kosten und sinkende Margen belasten den Berufsstand zusehends. Inzwischen ist auch die Politik auf die Engpassproblematik aufmerksam geworden, doch bisher bleiben nachhaltige Lösungen aus. Apotheken sehen sich nicht nur mit operativen Schwierigkeiten konfrontiert, sondern auch mit der Herausforderung, ihre Patienten trotz allem bestmöglich zu versorgen. Für viele Apotheker bleibt die Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation, doch der Handlungsdruck steigt täglich.
Die Aktion der Rats-Apotheke zeigt einmal mehr, wie ernst die Lage im Apothekenwesen inzwischen geworden ist. Dass ein so auffälliges Transparent notwendig ist, um Aufmerksamkeit zu erregen, verdeutlicht den Frust der Apotheken. Die immer häufiger auftretenden Lieferengpässe und die zunehmend schwierigen Rahmenbedingungen stellen nicht nur die betroffenen Apotheken vor Herausforderungen, sondern gefährden auch die medizinische Versorgung der Patienten.
Es ist höchste Zeit, dass Politik und Entscheidungsträger die Rufe der Apotheker ernst nehmen. Die gegenwärtigen Missstände erfordern nicht nur kurzfristige Lösungen, sondern eine grundsätzliche Neuausrichtung der Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen. Apotheken spielen eine Schlüsselrolle in der medizinischen Grundversorgung – sie dürfen nicht weiter unter den bestehenden Engpässen leiden.
Lunapharm-Skandal: Prozess läuft weiter – Neue Enthüllungen werfen Fragen auf
Der langwierige Prozess gegen den brandenburgischen Reimporteur Lunapharm am Landgericht Potsdam hat erneut für Schlagzeilen gesorgt. Seit über einem Jahr wird verhandelt, nachdem der Skandal um den Import von Medikamenten durch eine rbb-Recherche im Jahr 2018 publik wurde. Im Zentrum des Verfahrens steht die Geschäftsführerin Susanne Krautz-Zeitel, die sich gegen Vorwürfe der Manipulation und des illegalen Handels mit Arzneimitteln verteidigt. Ein besonders brisantes Thema, das die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregte, sind die jüngsten Enthüllungen um den Mitangeklagten Dr. Mohamed Deyab Hussein.
Der Apotheker Hussein, der als mutmaßlicher Hintermann des Medikamentenhandels gilt, wurde zu Beginn des Prozesses wegen gesundheitlicher Probleme für verhandlungsunfähig erklärt. Seither ist der Prozess gegen ihn abgetrennt. Neue Recherchen des ARD-Politmagazins „Fakt“ zeigen jedoch, dass Hussein offenbar weiterhin im Geschäft ist und nicht in dem schlechten Gesundheitszustand, der ihm bescheinigt wurde. In einem verdeckt gefilmten Treffen soll er sich mit einem Geschäftspartner in einem Frankfurter Hotel getroffen haben und dabei mit seinem „exzellenten Netzwerk“ geprahlt haben, das ihm Zugang zu teuren Krebsmedikamenten verschaffe.
Während Hussein weiterhin Geschäfte zu tätigen scheint, verteidigt sich Krautz-Zeitel vor Gericht vehement gegen die gegen sie erhobenen Vorwürfe. Sie wies erneut darauf hin, dass die Vorwürfe der unsicheren oder manipulierten Arzneimittel unbegründet seien und die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft andere Sachverhalte betreffen würden. Besonders kritisch sieht sie die mediale Berichterstattung, die nach wie vor versucht, Verbindungen zwischen dem Lunapharm-Skandal und gefährlichen Medikamenten herzustellen.
Der Prozess wurde in den letzten Monaten immer wieder durch verschiedene Verzögerungen unterbrochen, zuletzt aufgrund interner Probleme beim Gericht. Eine der zentralen Figuren im Verfahren, ein zypriotischer Geschäftspartner von Lunapharm, erschien kürzlich als Zeuge, nachdem er zuvor mehrfach nicht zum Termin erschienen war. Seine Aussagen stützten jedoch nicht die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, sondern relativierten diese eher, was den weiteren Verlauf des Prozesses beeinflussen könnte.
Der Ausgang des Verfahrens bleibt offen, doch die Komplexität des Falles und die neuen Enthüllungen rund um Hussein werfen immer mehr Fragen auf. Das Landgericht Potsdam hat weitere Verhandlungstage bis kurz vor Weihnachten anberaumt. Es ist davon auszugehen, dass der Gesundheitszustand Husseins nach Abschluss des laufenden Verfahrens gegen Krautz-Zeitel erneut geprüft wird, um zu klären, ob er doch noch zur Verantwortung gezogen werden kann.
Der Fall Lunapharm zeigt auf beunruhigende Weise, wie fragil das System der Medikamentenversorgung sein kann, wenn gesetzliche Kontrollmechanismen versagen oder umgangen werden. Trotz der schwerwiegenden Anschuldigungen gegen die Verantwortlichen steht das Verfahren nach wie vor auf wackeligen Beinen. Während Krautz-Zeitel darauf besteht, dass es nie um unsichere Medikamente ging, ist der Vorwurf des illegalen Imports von Arzneimitteln immer noch gravierend. Die jüngsten Enthüllungen um Dr. Mohamed Deyab Hussein verschärfen das Bild eines Falles, in dem die Grenzen zwischen legalen und illegalen Geschäften fließend zu sein scheinen.
Die Tatsache, dass Hussein trotz angeblicher Verhandlungsunfähigkeit weiterhin in Geschäfte verwickelt ist, wirft Fragen zur Ernsthaftigkeit der prozessualen Abläufe auf. Wenn der gesundheitliche Zustand Husseins erneut überprüft wird, könnte dies den Prozessverlauf dramatisch beeinflussen. Doch bis dahin bleibt das Vertrauen in die Integrität der beteiligten Akteure erschüttert, und die Bevölkerung wartet gespannt auf Antworten.
Der Lunapharm-Skandal ist ein Mahnmal für die Wichtigkeit strengerer Kontrollen im Medikamentenhandel und eine Erinnerung daran, wie weitreichend die Konsequenzen sein können, wenn ethische und rechtliche Grenzen überschritten werden.
Künstliche Intelligenz in Apotheken: Zukunftstechnologie mit Verantwortung
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Apotheken wird immer wichtiger, insbesondere angesichts der fortschreitenden Digitalisierung im Gesundheitswesen. Die Abda, der Spitzenverband der Apotheker, sieht in der Integration von KI ein großes Potenzial, um die Effizienz und die Qualität in der Arzneimittelversorgung nachhaltig zu steigern. In ihrem kürzlich veröffentlichten Positionspapier zum „Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Pharmazie“ hebt die Abda die Chancen hervor, die sich aus dieser Technologie ergeben, betont aber auch die Notwendigkeit, Risiken zu minimieren.
KI kann in Apotheken in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden. Ein zentrales Anwendungsgebiet ist die Arzneimittelsicherheit. KI-Systeme können dazu beitragen, durch die Analyse großer Datenmengen seltene und unerwartete Nebenwirkungen zu identifizieren, die in klinischen Studien möglicherweise nicht aufgetreten sind. Zudem können Wechselwirkungen von Medikamenten schneller und präziser überprüft werden, was die Patientensicherheit erheblich erhöht.
Ein weiterer Bereich, in dem KI die Arbeit von Apotheken revolutionieren könnte, ist die Automatisierung administrativer Aufgaben. Bestandsverwaltung, Rezeptprüfung und Dokumentation könnten durch KI-Systeme effizienter gestaltet werden, sodass Apotheker mehr Zeit für die direkte Beratung ihrer Patienten hätten. Auch in der Kundenbetreuung zeigt KI großes Potenzial: Automatisierte Systeme könnten helfen, Sprachbarrieren zu überwinden und die Kommunikation zu optimieren.
Trotz dieser Vorteile gibt es jedoch auch Risiken, die mit dem Einsatz von KI einhergehen. Die Abda weist in ihrem Positionspapier darauf hin, dass Apotheker weiterhin die zentrale Rolle in der Beurteilung und Abgabe von Arzneimitteln spielen müssen. KI-Systeme können eine wertvolle Unterstützung bieten, aber sie dürfen keinesfalls menschliche Expertise ersetzen. Insbesondere bei der Interpretation komplexer heilberuflicher Fragestellungen bleibt der Apotheker unersetzlich.
Ein weiteres Risiko besteht in der Datensicherheit. Der Einsatz von KI erfordert den Umgang mit sensiblen personenbezogenen Daten, deren Schutz oberste Priorität haben muss. Zudem fordert die Abda klare rechtliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI in Apotheken, um sicherzustellen, dass ethische Standards eingehalten und die Autonomie der Apotheker gewahrt bleibt.
Insgesamt wird der Einsatz von KI in Apotheken als Chance bewertet, die Effizienz zu steigern und gleichzeitig die Qualität der Versorgung zu verbessern. Jedoch müssen die damit verbundenen Risiken sorgfältig abgewogen werden, um sicherzustellen, dass KI verantwortungsvoll und ethisch eingesetzt wird.
Der technologische Fortschritt schreitet unaufhaltsam voran, und die Apotheken stehen an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter der Digitalisierung. Künstliche Intelligenz bietet enormes Potenzial, nicht nur um Arbeitsabläufe zu optimieren, sondern auch um die Arzneimittelsicherheit zu erhöhen und den Apothekern mehr Zeit für ihre Kernaufgabe zu verschaffen: die Beratung der Patienten.
Doch bei aller Euphorie über die Vorteile von KI ist Vorsicht geboten. Die menschliche Expertise, die in Apotheken auf wissenschaftlich fundierten Ausbildungen beruht, darf nicht durch Algorithmen ersetzt werden. KI sollte als Werkzeug verstanden werden, das Apotheker unterstützt, jedoch niemals deren Rolle infrage stellt. Besonders in Fragen der Arzneimittelabgabe und der Patientensicherheit ist die finale Entscheidung in menschlicher Hand unverzichtbar.
Gleichzeitig müssen klare Regularien geschaffen werden, um den sicheren und ethischen Umgang mit KI zu gewährleisten. Apotheker müssen nicht nur darauf vertrauen können, dass die eingesetzten Systeme zuverlässig sind, sondern auch, dass der Schutz personenbezogener Daten jederzeit gewährleistet ist. Transparenz, Sicherheit und ethische Standards müssen die Grundpfeiler eines verantwortungsvollen KI-Einsatzes im Apothekenwesen bilden.
Die Digitalisierung bietet viele Chancen, doch sie bringt auch Verantwortung mit sich. Apotheker und die Abda sind sich dessen bewusst und setzen sich dafür ein, dass Künstliche Intelligenz im Dienste der Patienten steht – als Unterstützung, aber niemals als Ersatz für den Menschen.
Sanofi stellt RSV-Antikörper Nirsevimab flächendeckend für Neugeborene bereit
Ab dieser Woche soll allen Neugeborenen und Säuglingen in Deutschland der monoklonale Antikörper Nirsevimab zur Verfügung stehen, um sie vor schweren Erkrankungen durch das Respiratorische Synzytialvirus (RSV) zu schützen. Sanofi, der Hersteller von Nirsevimab, das unter dem Handelsnamen Beyfortus® vermarktet wird, hat am 14. Oktober 2024 bekannt gegeben, dass nun ausreichend Dosen des Medikaments in den Stärken 50 mg und 100 mg bereitstehen. Diese sollen gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) allen Neugeborenen vor oder während ihrer ersten RSV-Saison, die von Oktober bis März andauert, verabreicht werden. Kinder, die ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe aufweisen, könnten bei Bedarf auch vor ihrer zweiten RSV-Saison eine zusätzliche Dosis erhalten.
Die Versorgung mit Nirsevimab war in den letzten Monaten knapp, und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte Ende September 2024 offiziell einen Versorgungsmangel gemeldet. Priorität hatten zunächst Kinder mit Vorerkrankungen oder einem erhöhten Risiko, für die das Präparat in französischer und spanischer Verpackung zur Verfügung stand. Sanofi hat nun jedoch zusätzliche Dosen bereitgestellt und beginnt mit der Auslieferung von Beyfortus® in US-amerikanischen Packmitteln. Diese werden in deutschen Apotheken neben den bisherigen Verpackungen in französischer, spanischer und deutscher Aufmachung erhältlich sein.
Sanofi hat angekündigt, fast eine halbe Million Dosen für Deutschland bereitzustellen und diese kontinuierlich in den kommenden Wochen auszuliefern, um sicherzustellen, dass alle Neugeborenen den erforderlichen Schutz vor RSV erhalten. RSV ist besonders in den Wintermonaten eine Gefahr für Säuglinge, da das Virus schwere Atemwegserkrankungen verursachen kann. Laut Robert Koch-Institut (RKI) infizieren sich 50 bis 70 Prozent aller Kinder bereits im ersten Lebensjahr mit RSV, wobei bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu jedes Kind mit dem Virus in Kontakt kommt.
Eine aktive Immunisierung gegen RSV steht bislang nicht zur Verfügung. Schwangere haben jedoch die Möglichkeit, sich mit dem Impfstoff Abrysvo® immunisieren zu lassen, wodurch ihre Babys über die Plazenta und das Stillen mit maternalen Antikörpern versorgt werden. Eine offizielle Empfehlung der STIKO für Abrysvo® in der Schwangerschaft gibt es jedoch noch nicht.
Die flächendeckende Bereitstellung von Nirsevimab für alle Neugeborenen ist ein entscheidender Schritt im Kampf gegen schwere RSV-Infektionen, die insbesondere für Säuglinge lebensbedrohlich sein können. Die Tatsache, dass Sanofi in kurzer Zeit eine halbe Million Dosen bereitstellt, zeigt das Engagement des Unternehmens, eine umfassende Immunisierung zu gewährleisten.
Jedoch stellt die Ankündigung auch Fragen nach der Planungssicherheit in der Arzneimittelversorgung auf. Der kürzlich gemeldete Versorgungsmangel hat gezeigt, wie verletzlich das Gesundheitssystem ist, wenn es um die Verfügbarkeit lebenswichtiger Medikamente geht. Dass nun Beyfortus® in mehreren internationalen Verpackungen ausgeliefert wird, könnte als pragmatische Lösung gesehen werden, wirft jedoch auch die Frage auf, ob in Zukunft ähnliche Versorgungslücken mit besserer Vorbereitung vermieden werden könnten.
Darüber hinaus bleibt abzuwarten, ob auch der Impfstoff Abrysvo® für Schwangere zeitnah in die STIKO-Empfehlungen aufgenommen wird, um werdenden Müttern eine zusätzliche Schutzoption zu bieten. Ein umfassender Schutz vor RSV für Säuglinge wäre ein Meilenstein für die Gesundheitsprävention im frühen Kindesalter.
AMTS-Software revolutioniert Medikationsanalysen: Schnellere Ergebnisse, höhere Sicherheit
Der Einsatz von AMTS-Software (Arzneimitteltherapiesicherheit) hat sich als entscheidender Faktor zur Optimierung von Medikationsanalysen in Apotheken erwiesen. Dies zeigen aktuelle Studienergebnisse, die auf der Expopharm vorgestellt wurden. Apotheker können durch den Einsatz von Programmen wie »MediCheck« nicht nur deutlich schneller arbeiten, sondern auch mehr arzneimittelbezogene Probleme (ABP) identifizieren, was zu einer signifikanten Verbesserung der Patientenversorgung führt. Besonders bei Patienten mit Polypharmazie – der gleichzeitigen Einnahme mehrerer Medikamente – spielt die Medikationsanalyse eine wesentliche Rolle in der Arzneimitteltherapiesicherheit.
Die Erkenntnisse, die auf der Expopharm präsentiert wurden, basieren auf mehreren Studien, die die Effizienz von AMTS-Software in der Praxis und der Ausbildung untersucht haben. In einer Studie mit Studierenden der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zeigte sich, dass die Teilnehmer, die eine Medikationsanalyse mit der Software durchführten, um 17 Prozent schneller waren als jene ohne technische Unterstützung. Zudem gaben sie an, sich sicherer bei der Analyse zu fühlen und besser für die Kommunikation mit Ärzten vorbereitet zu sein. Diese Ergebnisse belegen, dass AMTS-Software nicht nur die Geschwindigkeit erhöht, sondern auch die fachliche Kompetenz der Anwender stärkt.
Eine weitere Untersuchung, die sogenannte Medi-fASt-Studie, beschäftigte sich mit approbierten Apothekern und lieferte ähnliche Ergebnisse. Die Apotheker, die mit »MediCheck« arbeiteten, konnten ihre Analysen um bis zu 30 Prozent schneller durchführen und fanden dabei deutlich mehr arzneimittelbezogene Probleme. Dies zeigt, dass AMTS-Software auch im Apothekenalltag einen erheblichen Mehrwert bietet und die Arbeitsabläufe effizienter gestaltet.
Ein praktisches Beispiel aus der Apotheke verdeutlicht die Relevanz dieser Ergebnisse. In einer Doktorarbeit wurde die »erweiterte Medikationsberatung Polymedikation« untersucht, wobei Patienten mit mehreren Medikamenten, darunter auch antithrombotische Arzneimittel, analysiert wurden. Die Anzahl der arzneimittelbezogenen Probleme konnte durch den Einsatz von AMTS-Software mehr als halbiert werden. Die Patienten profitierten nicht nur von einer verbesserten Therapie, sondern auch von einer erhöhten Lebensqualität und besseren Therapietreue.
Trotz dieser positiven Effekte werden Medikationsanalysen in vielen Apotheken immer noch nicht flächendeckend angeboten. Die häufigsten Gründe sind Zeit- und Personalmangel. Diese Hindernisse könnten jedoch durch den Einsatz von AMTS-Software überwunden werden, wie die aktuellen Studien deutlich zeigen. Die Experten der Expopharm fordern deshalb Apotheken auf, verstärkt auf Softwarelösungen zu setzen, um sowohl die Arbeitsbelastung zu reduzieren als auch die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern.
Die Einführung von AMTS-Software wie »MediCheck« ist ein bedeutender Schritt zur Modernisierung der Apothekerpraxis und zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Die Studienergebnisse verdeutlichen eindrucksvoll, dass Apotheker durch den Einsatz solcher Programme nicht nur effizienter arbeiten, sondern auch wesentlich bessere Ergebnisse erzielen können. Die Identifikation von arzneimittelbezogenen Problemen ist ein zentraler Faktor, um das Risiko unerwünschter Arzneimittelwirkungen zu reduzieren und die Therapietreue der Patienten zu erhöhen.
Der anhaltende Personalmangel in vielen Apotheken darf nicht länger als Hindernis gesehen werden, sondern als Motivation, auf moderne Technologien zurückzugreifen. AMTS-Software stellt eine Win-Win-Situation dar: Apotheken können ihre Arbeitsabläufe optimieren, während die Patienten von einer sichereren und individuelleren Therapie profitieren. Es ist an der Zeit, dass Apotheken diesen technologischen Fortschritt flächendeckend nutzen, um die Qualität ihrer Dienstleistungen nachhaltig zu steigern.
Die aktuelle Situation in vielen Apotheken zeigt, dass es nicht an Wissen oder Kompetenz mangelt, sondern vielmehr an der notwendigen Zeit und Ressourcen. AMTS-Software ist ein Werkzeug, das genau diese Lücken schließen kann. Die langfristigen Vorteile, sowohl für die Apotheker als auch für die Patienten, sind unbestreitbar und sollten in Zukunft verstärkt gefördert werden.
Sterilitätsprobleme bei Impfstoffnadeln: Apotheken und Gesundheitsinstitutionen zur Vorsicht aufgerufen
Aktuell wurde bekannt, dass die Sterilität der beigefügten Nadeln bei den Impfstoffen Boostrix Polio und Infanrix Hexa der Firmen Orifarm GmbH und Kohlpharma GmbH nicht gewährleistet ist. Apotheken werden dringend gebeten, Einrichtungen, die mit diesen Chargen beliefert wurden, zu informieren. Es handelt sich um einen Verpackungsfehler, der durch die Firma GlaxoSmithKline AG in der Schweiz (GSK) in einer offiziellen „Direct Healthcare Professional Communication“ (DHPC) gemeldet wurde. Aufgrund eines etwa einen Millimeter großen Lochs auf der Papierseite der Nadelverpackung besteht das Risiko, dass die Sterilität der Nadeln beeinträchtigt ist. Dies kann zu erheblichen gesundheitlichen Risiken führen, da unsterile Nadeln Infektionen verursachen können.
Betroffen sind folgende Chargen: Boostrix Polio Injektionssuspension in einer Fertigspritze, PZN 14171461, Charge AC39B182BK, Verfall 12/2025 (Orifarm) sowie Boostrix Polio Injektionssuspension in einer Fertigspritze, 10 Stück, Charge AC39B182BK, Verfall 12/2025 (Kohlpharma) und Infanrix Hexa Pulver und Suspension zur Herstellung einer Injektionssuspension, 10 Stück, Charge A21CE382B, Verfall 09/2025 (Kohlpharma). Auch wenn nicht jede Packung von dem Defekt betroffen ist, besteht das Risiko, dass das kleine Loch in der Verpackung übersehen wird. Als Vorsichtsmaßnahme rät GSK daher, alle Nadeln der betroffenen Chargen zu entsorgen und durch sterile Nadeln gleicher Größe und Länge zu ersetzen.
Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) hat Apotheken angewiesen, betroffene Institutionen wie Arztpraxen oder Impfzentren zu informieren. Weitere Re- oder Parallelimporteure könnten ebenfalls betroffen sein. Sobald weitere Informationen vorliegen, wird die AMK diese tagesaktuell auf ihrer Website veröffentlichen.
GSK hat bereits reagiert und das Verpackungsproblem bei den zukünftigen Chargen behoben. Dennoch bleibt für die aktuellen Lieferungen Vorsicht geboten. Es wird betont, dass es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme handelt, um jegliches Gesundheitsrisiko auszuschließen.
Der Vorfall rund um die Sterilität der beigefügten Nadeln von Boostrix Polio und Infanrix Hexa zeigt erneut, wie wichtig eine lückenlose Qualitätskontrolle bei medizinischen Produkten ist. Ein Verpackungsfehler mag auf den ersten Blick gering erscheinen, doch die Folgen könnten im schlimmsten Fall schwerwiegende gesundheitliche Komplikationen sein. Der verantwortungsvolle Umgang der Hersteller und der schnellen Reaktion der Arzneimittelkommission verdient Beachtung. Gleichzeitig zeigt der Fall, dass nicht nur der technische Fortschritt in der Medizin, sondern auch das Qualitätsmanagement bei grundlegenden Produkten wie Nadeln unverzichtbar bleibt. Der Gesundheitsschutz steht stets an oberster Stelle – auch bei vermeintlich kleinen Risiken.
Blutdruckmessung: Falsche Armhaltung führt zu signifikant höheren Werten
Eine neue Studie der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore hat gezeigt, dass die Armposition bei der Blutdruckmessung einen erheblichen Einfluss auf die Messwerte hat. In der Untersuchung, die zwischen August 2022 und Juni 2023 durchgeführt wurde, nahmen 133 Personen teil, um den Effekt unterschiedlicher Armhaltungen auf den Blutdruck zu erforschen. Die Teilnehmer wurden zufällig in sechs Gruppen eingeteilt und führten vier Messungen mit drei verschiedenen Armpositionen durch: der Referenzposition auf einem Tisch, auf dem Schoß abgelegt und mit seitlich hängendem Arm.
Die Ergebnisse, die im Fachjournal „JAMA Internal Medicine“ veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Armhaltung, insbesondere wenn der Arm auf dem Schoß abgelegt oder seitlich hängt, zu signifikant höheren Blutdruckwerten führt. Messungen mit der Hand auf dem Schoß ergaben durchschnittlich um 3,9 mmHg höhere systolische und um 4,0 mmHg höhere diastolische Werte im Vergleich zur Referenzposition. Noch gravierender waren die Unterschiede bei einem seitlich hängenden Arm, wo die systolischen Werte im Durchschnitt um 6,5 mmHg und die diastolischen um 4,4 mmHg anstiegen.
Die Forscher betonen, dass diese Abweichungen durch eine falsche Positionierung der Manschette hervorgerufen werden. Ist die Manschettenmitte nicht auf Herzhöhe positioniert, erhöht sich der hydrostatische Druck in der Oberarm-Arterie, was zu höheren Messwerten führt. Muskelverspannungen durch eine nicht abgestützte Armhaltung verstärken diesen Effekt noch.
Die Ergebnisse der Studie haben erhebliche Auswirkungen auf die Praxis. Fehlerhafte Blutdruckmessungen können zu einer Überdiagnose von Bluthochdruck und damit verbundenen unnötigen Untersuchungen und Behandlungen führen. Angesichts der Tatsache, dass Bluthochdruck eine der häufigsten Erkrankungen weltweit ist, ist die korrekte Durchführung der Messungen von entscheidender Bedeutung. Die Studie unterstreicht daher die Notwendigkeit, die Empfehlungen der Leitlinien strikt zu befolgen und den Arm stets auf einem Tisch abzustützen, um die Genauigkeit der Messergebnisse sicherzustellen.
Die Ergebnisse der Studie aus Baltimore werfen ein Schlaglicht auf ein alltägliches Problem in der medizinischen Praxis: die korrekte Durchführung von Blutdruckmessungen. Oftmals wird der Blutdruck hastig oder unter suboptimalen Bedingungen gemessen, was zu verfälschten Werten führt. Gerade im Hinblick auf die weit verbreitete Diagnose Bluthochdruck ist dies alarmierend, da falsche Messergebnisse ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen können – von unnötigen Medikamentenverschreibungen bis hin zu verfrühten Folgeuntersuchungen.
Die Verantwortung liegt hier sowohl bei medizinischen Fachkräften als auch bei den Patienten selbst. Während Ärzte und Pflegepersonal die korrekte Messmethode sicherstellen müssen, sollten Patienten darüber informiert werden, wie sie ihre Blutdruckmessungen zu Hause richtig durchführen können. Nur durch Aufklärung und genaue Anwendung der Richtlinien kann die Präzision der Blutdruckmessungen gewährleistet und damit das Risiko einer Fehldiagnose minimiert werden.
In einer Zeit, in der Prävention und frühzeitige Diagnose von Erkrankungen im Fokus stehen, sollte der korrekten Blutdruckmessung mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Studie ist ein wichtiger Weckruf an alle, die mit der Diagnose und Behandlung von Bluthochdruck betraut sind.
Von Engin Günder, Fachjournalist