Vor-Ort-Apotheken gegen Versandapotheken: Was zählt wirklich für Patienten?
Die Vor-Ort-Apotheken haben sich seit Jahrzehnten als unverzichtbare Säulen des Gesundheitssystems etabliert und bieten eine breite Palette an Dienstleistungen, die über die reine Medikamentenabgabe hinausgehen. Mit direktem Zugang zu qualifizierten Apothekern und Pharmazeutischen Technischen Assistenten (PTAs) profitieren Kunden hier von persönlicher Beratung, unmittelbarer Medikamentenausgabe und oft auch von Zusatzleistungen wie Blutdruckmessungen oder der Erstellung von Medikationsplänen. In ländlichen Gegenden, wo der Zugang zu medizinischen Einrichtungen begrenzt ist, sind Vor-Ort-Apotheken oft die einzige Anlaufstelle für dringende gesundheitliche Fragen. Zudem erleichtern sie die direkte Kommunikation mit Ärzten und anderen Gesundheitsdienstleistern, was insbesondere bei komplexen Medikamentenregimen oder wechselnder Medikation entscheidend ist.
Für Apotheker stellt der persönliche Kontakt zu den Patienten eine Chance dar, Therapietreue zu fördern und individuelle Risiken zu minimieren. Doch auch rechtliche und wirtschaftliche Aspekte spielen eine wichtige Rolle: Die Apotheker müssen die in Deutschland geltenden Vorschriften streng beachten, um Haftungsrisiken zu vermeiden. Zudem stehen sie vor der Herausforderung, ihre Beratung trotz des hohen zeitlichen Aufwands kostendeckend zu gestalten, da die gesetzlich festgelegte Vergütung für verschreibungspflichtige Medikamente eng bemessen ist.
Auf der anderen Seite locken Versandapotheken mit dem Versprechen günstigerer Preise und unkomplizierter Lieferungen direkt nach Hause. Gerade für wiederkehrende Bestellungen, wie sie bei chronisch Kranken vorkommen, kann das bequem sein. Doch diese Bequemlichkeit hat ihre Grenzen: Versandapotheken bieten keine persönliche Beratung vor Ort, die für viele Patienten entscheidend ist, um sich wirklich sicher in der Anwendung ihrer Medikamente zu fühlen. Zwar bemühen sich einige Anbieter um telepharmazeutische Beratungsangebote, jedoch fehlt es oft an einer ausreichenden Schulung des Personals und an technischer Infrastruktur, um eine gleichwertige Qualität wie in der Vor-Ort-Apotheke zu gewährleisten. Online-Apotheken punkten in ihrer Werbung oft mit umfangreichen Gesundheitsinformationen, doch viele Kunden berichten von Schwierigkeiten, fundierte Beratung zu spezifischen Fragestellungen zu erhalten. Gerade in kritischen Fällen – etwa bei Wechselwirkungen zwischen Medikamenten oder bei Unsicherheiten über Nebenwirkungen – sehen sich Versandapotheken häufig durch fehlende patientennahe Betreuung eingeschränkt.
Der Konkurrenzdruck auf Vor-Ort-Apotheken durch die zunehmende Präsenz von Versandapotheken ist enorm. Doch der Wert einer lokal zugänglichen Apotheke bleibt für viele Patienten unersetzlich. Online-Apotheken mögen preisliche Vorteile bieten, doch letztlich ist es der persönliche Kontakt und das Vertrauen, das Vor-Ort-Apotheken zu wertvollen Anlaufstellen für Gesundheitsfragen macht. Es bleibt zu hinterfragen, inwieweit Versandapotheken, die rein auf Distanzkommunikation setzen, den individuellen Bedürfnissen von Patienten gerecht werden können.
Für die Vor-Ort-Apotheken stellt sich die Herausforderung, ihre Beratungsqualität weiterhin sichtbar zu machen und Kunden auch in einer zunehmend digitalisierten Welt anzusprechen. Apotheker müssen hier verstärkt in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren und gleichzeitig digitale Hilfsmittel nutzen, um Prozesse zu verbessern und mit den Erwartungen der Patienten Schritt zu halten. Eine bessere Vernetzung innerhalb der Gesundheitsbranche und der gezielte Einsatz von E-Health-Tools könnten helfen, diesen Herausforderungen zu begegnen. In einem Umfeld, in dem Vertrauen und Zuverlässigkeit zählen, haben lokale Apotheken die Chance, sich als unverzichtbare Partner für die langfristige Gesundheitsversorgung zu positionieren – mit einem klaren Plus an Sicherheit, das in der Versandapotheke schwer zu finden ist.
Cyberangriff auf AEP legt Apotheken-Lieferungen lahm: Anhaltende Störung gefährdet Versorgung
Ein gezielter Cyberangriff hat den Pharmagroßhändler AEP aus Alzenau schwer getroffen und den Betrieb lahmgelegt. Wie das Unternehmen in einem Schreiben an seine Kunden mitteilte, handelt es sich um eine kriminelle Attacke, die die gesamte IT-Infrastruktur des Unternehmens außer Gefecht gesetzt hat. Seitdem sind Bestellungen von Apotheken nicht mehr möglich, und es zeichnet sich ab, dass die Störung länger andauern könnte. „Ich glaube nicht, dass da diese Woche noch etwas geht“, äußerte sich ein betroffener Apotheker, der um die Versorgung seiner Kunden fürchtet. Durch die Einschränkung bei einem zentralen Lieferanten wird der Druck auf andere Großhändler erhöht, die derzeit versuchen, die zusätzliche Nachfrage abzufangen.
Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die Verwundbarkeit digital vernetzter Lieferketten, besonders in systemrelevanten Bereichen wie dem Gesundheitswesen. Apotheken, die auf regelmäßige Lieferungen von AEP angewiesen sind, stehen vor der Herausforderung, alternative Bezugsquellen zu finden und Lagerbestände für den Notfall bereitzuhalten. Auch wenn das Unternehmen zurzeit keine Details zur Art des Angriffs veröffentlicht hat, vermuten Experten den Einsatz von Ransomware, die oft durch Sicherheitslücken in der IT-Infrastruktur ins System gelangt und umfangreiche Schäden verursacht.
Im Rahmen der fortlaufenden Ermittlungen arbeitet AEP eng mit Experten für Cyberkriminalität und der Polizei zusammen, um den Ursprung und das Ausmaß des Angriffs zu ermitteln. Es bleibt unklar, ob ein Lösegeld gefordert wurde, wie in ähnlichen Fällen oft üblich. Der Vorfall zeigt jedoch, wie wichtig robuste Cybersicherheitsmaßnahmen im Gesundheitssektor sind, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Immer mehr Apothekenbetreiber setzen daher auf umfassende Schutzstrategien, die von Cyberversicherungen bis hin zu regelmäßigen IT-Sicherheitschecks reichen.
Zudem verdeutlicht der Angriff die Notwendigkeit, Mitarbeiterschulungen zu intensivieren, da menschliches Versagen nach wie vor eine der größten Schwachstellen darstellt. Neben einer sensibilisierten Belegschaft gehören sichere Passwortstrategien, Multi-Faktor-Authentifizierung und regelmäßige Software-Updates zu den wichtigsten Abwehrmaßnahmen. Viele Apotheken stehen jedoch vor der Herausforderung, die dafür nötigen Ressourcen bereitzustellen, da Cybersicherheitsmaßnahmen in kleineren Betrieben oft als Nebenkosten erscheinen.
Für die Apotheken und ihre Kunden bedeutet der Vorfall eine potenzielle Gefährdung der Arzneimittelversorgung. Branchenvertreter fordern daher verstärkt von der Politik, präventive Maßnahmen zum Schutz der IT-Infrastruktur im Gesundheitswesen zu fördern und gezielte Unterstützung für kleine und mittelständische Betriebe bereitzustellen. Ob der Betrieb bei AEP bald wieder aufgenommen werden kann, bleibt derzeit offen – die Folgen für die betroffenen Apotheken und die Versorgungssicherheit könnten jedoch langfristig spürbar bleiben.
Der Cyberangriff auf AEP führt die digitalen Verwundbarkeiten des Gesundheitssektors in drastischer Weise vor Augen. In einer zunehmend vernetzten Welt sind Apotheken, Großhändler und Krankenhäuser auf digitale Prozesse angewiesen, die Effizienz steigern und Abläufe optimieren sollen. Doch die Kehrseite dieser Digitalisierung wird oft vernachlässigt: Ohne ausreichende Cybersicherheit gleichen selbst die besten IT-Systeme einem offenen Scheunentor. Die Kosten für eine stabile Cybersicherheitsstrategie sind insbesondere für kleinere Apotheken eine Herausforderung, deren Geschäftsmodell meist kaum Spielraum für umfassende IT-Investitionen lässt.
Diese Attacke sollte ein Weckruf sein – nicht nur für Apotheken, sondern auch für politische Entscheidungsträger. Es ist an der Zeit, dass der Gesundheitssektor gezielte Unterstützung erhält, um gegen die wachsenden Bedrohungen durch Cyberkriminalität vorzugehen. Denn letztlich hängen hier nicht nur Gewinne, sondern die Gesundheit und das Wohl der Bevölkerung am digitalen Faden.
Im Fall von AEP zeigt sich zudem, wie wichtig eine effektive Krisenstrategie ist: Notfallpläne, alternative Lieferanten und ein transparenter Umgang mit betroffenen Kunden sind essenziell, um das Vertrauen der Apothekenkunden zu bewahren. Digitalisierung kann den Gesundheitssektor revolutionieren – doch ohne robuste Cybersicherheitsmaßnahmen bleibt die Vision einer vernetzten, effizienten Gesundheitslandschaft eine riskante Illusion.
Medizinal-Cannabis in der Apotheke: Hürden und Möglichkeiten bei der Rezeptur
Die Einführung von Medizinal-Cannabis in Deutschland hat die Apothekenlandschaft in den letzten Jahren nachhaltig verändert. Patienten mit schweren und chronischen Erkrankungen, für die herkömmliche Therapien nicht ausreichend wirken, können sich seit der Legalisierung Medizinal-Cannabis auf Rezept verschreiben lassen. Dieser Prozess stellt Apotheken vor neue Herausforderungen: Von der Identitätsprüfung über die Einhaltung von Sicherheitsstandards bis hin zu Abrechnungsfragen erfordert der Umgang mit Medizinal-Cannabis in der Rezeptur umfassende Kenntnisse und spezialisierte Abläufe. Doch obwohl Cannabis als Arzneimittel eine wichtige therapeutische Option darstellt, müssen Apotheken hohe Anforderungen und wirtschaftliche Überlegungen abwägen, um diese besondere Leistung überhaupt anbieten zu können.
Eine der ersten Herausforderungen, mit der Apotheken konfrontiert werden, betrifft die Identitätsprüfung. Medizinal-Cannabis muss als pflanzliches Produkt bestimmte Standards erfüllen, die durch eine Prüfung auf seine Identität und Qualität bestätigt werden. Diese Prüfung umfasst makroskopische und mikroskopische Verfahren, die die spezifischen Eigenschaften der jeweiligen Cannabissorte überprüfen. So sind die gängigsten Sorten in Deutschland – wie etwa „Bedrocan“ oder „Tilray“ – daraufhin zu prüfen, ob sie die festgelegten Gehalte an Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) aufweisen. THC und CBD unterscheiden sich in ihrer pharmakologischen Wirkung erheblich, weshalb eine exakte Dokumentation entscheidend für die richtige Versorgung der Patienten ist. Dabei ist es notwendig, dass Apotheken kontinuierlich fortgebildet sind und die aktuellen Standards in der Identitätsprüfung genauestens kennen, da Abweichungen oder Fehler die therapeutische Wirkung beeinflussen könnten.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Lagerung von Medizinal-Cannabis. Aufgrund seiner Einstufung als Betäubungsmittel unterliegt es strengen Auflagen nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Apotheken müssen sicherstellen, dass die Cannabis-Produkte nur von autorisierten Mitarbeitern eingesehen und bearbeitet werden können, weshalb sie in speziellen, verschließbaren Schränken oder gesicherten Lagerräumen aufbewahrt werden müssen. Auch Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen stellen ein Problem dar, da Cannabis bei unzureichender Lagerung an Wirkpotenz verlieren kann. Vor allem aber ist das Verfallsdatum der Präparate relevant: Cannabisblüten haben eine begrenzte Haltbarkeit, und Apotheken sind verpflichtet, darauf zu achten, dass nur Produkte abgegeben werden, die diese Frist nicht überschritten haben.
Die organisatorischen Anforderungen an Apotheken wirken sich auch auf die Wirtschaftlichkeit der Medizinal-Cannabis-Rezeptur aus. Die Abgabe und Dokumentation erfordern einen hohen Aufwand, der personelle Ressourcen bindet und zusätzlichen Schulungsbedarf hervorruft. Hierbei stehen Apotheken vor der Frage, ob sich der Verkauf von Medizinal-Cannabis trotz der vielen Auflagen lohnt. Die Krankenkassen decken zwar einen Teil der Kosten, dennoch reicht die Vergütung oftmals nicht aus, um die wirtschaftlichen Kosten vollständig zu kompensieren. Die wirtschaftlichen Zwänge haben zur Folge, dass viele Apotheken die Entscheidung treffen, Medizinal-Cannabis nicht anzubieten. Insbesondere kleinere Apotheken sehen sich hier an ihre Kapazitätsgrenzen gedrängt und entscheiden sich, angesichts der rechtlichen und wirtschaftlichen Unwägbarkeiten, gegen die Abgabe von Cannabis-Produkten.
Einige Apotheken erkennen dennoch die Möglichkeit, sich durch die Spezialisierung auf Medizinal-Cannabis als Kompetenzzentrum in der Patientenversorgung zu positionieren. Die wachsende Nachfrage von Patienten, die unter anderem bei Schmerzsyndromen, neurologischen Erkrankungen oder onkologischen Beschwerden Medizinal-Cannabis verordnet bekommen, bietet Apotheken die Möglichkeit, sich als vertrauenswürdige Anlaufstelle zu etablieren. Durch optimierte Abläufe und Spezialisierung können sie wirtschaftliche Effizienz und Servicequalität steigern und die Positionierung am Markt verbessern. Doch ohne eine nachhaltige Vergütungsstruktur bleibt der wirtschaftliche Nutzen für Apotheken begrenzt, weshalb die Debatte um eine sinnvolle Abrechnung und kostendeckende Vergütung auch in Zukunft notwendig bleiben wird.
Medizinal-Cannabis hat sich als wichtige Ergänzung im therapeutischen Spektrum etabliert, doch die Einführung in die Apotheken stellt weit mehr dar als eine reine Ausweitung des Arzneimittelangebots. Es erfordert umfangreiche fachliche und technische Kenntnisse, die speziell für die komplexe Behandlung chronisch Kranker notwendig sind. Apotheken stehen dabei vor der Aufgabe, die Identität und Qualität des Produkts sicherzustellen und gleichzeitig die strikten Auflagen des Betäubungsmittelgesetzes zu erfüllen. Hier zeigt sich die zentrale Rolle der Apotheke als Bindeglied zwischen Patient und Arzneimittelversorgung: Apotheker übernehmen nicht nur die Sicherstellung der Versorgung, sondern tragen Verantwortung für die fachgerechte Abgabe und Dokumentation – eine Verantwortung, die an Bedeutung gewinnt, wenn man die begrenzten Alternativen und oft schwierigen Krankheitsverläufe der Patienten bedenkt.
Um jedoch langfristig eine flächendeckende und zuverlässige Versorgung mit Medizinal-Cannabis zu gewährleisten, bedarf es klarer und tragfähiger Lösungen von Seiten der Politik. Die derzeitige Vergütungssituation ist für Apotheken nur schwer zu bewältigen, und die Komplexität der Abrechnung kann es gerade kleineren Apotheken erschweren, wirtschaftlich tragfähig zu bleiben. Hier sind Krankenkassen und Gesetzgeber gefordert, eine Vergütungsstruktur zu schaffen, die den tatsächlichen Aufwand und die Mehrkosten der Apotheken berücksichtigt. Medizinal-Cannabis könnte sich zu einer langfristigen Option für viele schwer kranke Patienten entwickeln – doch dafür müssen die Apotheken die Möglichkeit haben, diese Versorgung auch wirtschaftlich leisten zu können.
Apothekensterben setzt sich fort: Versorgung in Gefahr trotz leichtem Rückgang
Das Apothekensterben in Deutschland bleibt ein besorgniserregendes Dauerthema. Auch im dritten Quartal 2024 setzt sich der Abwärtstrend weiter fort, wenn auch leicht verlangsamt. Wie aktuelle Zahlen der Apothekenkammern zeigen, haben von Juli bis September weitere 100 Apotheken ihre Türen für immer geschlossen. Damit erreicht die Zahl der Apotheken in Deutschland erneut ein historisches Tief und wirft die Frage auf, wie sich dieser Rückgang langfristig auf die Arzneimittelversorgung auswirken wird.
Besonders in ländlichen Regionen, in denen die Versorgung ohnehin oft lückenhaft ist, macht sich die sinkende Apothekenzahl bemerkbar. Patienten müssen häufig weitere Strecken zurücklegen, um ihre Medikamente zu erhalten, und riskieren längere Wartezeiten sowie Schwierigkeiten bei der Verfügbarkeit spezifischer Arzneimittel. Dies könnte besonders problematisch werden, wenn Notdienste wegfallen und Patienten für eine nächtliche Versorgung lange Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen. Der Trend zeigt zudem, dass Apotheken im urbanen Raum unter wachsendem wirtschaftlichem Druck stehen, da die Fixkosten wie Miete und Personalkosten in den Städten höher sind und nur selten durch die festgelegte Vergütung gedeckt werden.
Die Ursachen für das Apothekensterben sind komplex. Ein wesentlicher Faktor bleibt der wirtschaftliche Druck, der durch unzureichende Vergütung und die Einführung neuer Regulierungen und Vorschriften noch verstärkt wird. Apotheken kämpfen seit Jahren mit steigenden Betriebskosten, die durch die festgelegten Erstattungsbeträge nicht ausreichend gedeckt werden. Gleichzeitig führt der immer weiter voranschreitende Versandhandel zu einem erheblichen Wettbewerbsdruck, da Online-Anbieter oft über Preisvorteile und einen vereinfachten Bestellprozess verfügen. Für viele kleinere Apotheken ist der Weg zur Schließung daher oft eine wirtschaftliche Notwendigkeit.
Die Reaktion der Politik blieb bislang jedoch verhalten. Während in der Öffentlichkeit oft der Wert der Apotheken als Gesundheitsdienstleister betont wird, mangelt es an strukturellen Maßnahmen, die langfristig eine stabile finanzielle Grundlage für Apotheken schaffen könnten. Das Apothekergewerbe fordert seit langem eine Reform, die höhere Honorare und Unterstützung für kleinere Betriebe in strukturschwachen Regionen vorsieht. Der Rückgang hat zwar im dritten Quartal leicht abgenommen, doch bleibt die Tendenz negativ – ein deutliches Zeichen, dass auch die Maßnahmen der letzten Jahre unzureichend waren, um das Apothekensterben zu stoppen. Das Einführen weiterer digitaler Gesundheitsdienste und die steigende Verlagerung von Arzneimitteln auf den Versandhandel hat in den vergangenen Jahren ebenfalls dazu geführt, dass Patienten immer weniger auf die klassische Apotheke angewiesen sind.
Für Apothekenbetreiber bedeutet die aktuelle Lage, dass sie sich an die veränderten Marktbedingungen anpassen müssen. Viele Apotheken setzen verstärkt auf Zusatzangebote wie Präventionsberatung, Impfservices oder Gesundheitschecks, um ihre Relevanz für die Kundschaft zu steigern. Auch Kooperationen und Zusammenschlüsse von Apotheken in sogenannten Apothekenverbünden oder Franchise-Modellen gewinnen an Bedeutung, da sie die Möglichkeit bieten, Kosten zu senken und gemeinsam am Markt zu agieren. Die Einführung digitaler Services kann ebenfalls eine Möglichkeit sein, das Angebot zu erweitern und konkurrenzfähig zu bleiben. Zudem ist es für Apothekenbetreiber ratsam, sich intensiv mit der Finanz- und Kostenstruktur auseinanderzusetzen und betriebswirtschaftliche Optimierungen vorzunehmen, um den Druck durch die finanziellen Belastungen besser abzufangen.
Doch auch der bürokratische Aufwand für Apotheken hat zugenommen und treibt einige Betreiber zur Aufgabe. Dokumentationspflichten, die Abrechnung mit Krankenkassen und die stetig wachsenden Anforderungen an Hygiene und Lagerung sind aufwändig und kostenintensiv. Gerade kleinere Apotheken ohne große finanzielle Rücklagen geraten hier an ihre Grenzen. Ohne eine politische Wende bleibt der Apothekenmarkt deshalb weiterhin angespannt, und die Fortsetzung des Abwärtstrends erscheint wahrscheinlich.
Die kontinuierlichen Apothekenschließungen in Deutschland sind ein Alarmsignal, das die Politik nicht länger ignorieren darf. Der Abwärtstrend, der auch im dritten Quartal mit 100 weiteren Schließungen anhält, zeigt deutlich, dass die derzeitigen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Apotheken vor Ort zu stärken und die flächendeckende Versorgung zu sichern. Apotheken sind unverzichtbare Bestandteile des Gesundheitssystems, vor allem in Zeiten zunehmender Digitalisierung, in denen der direkte Kontakt zwischen Patienten und Gesundheitsexperten an Wert gewinnt.
Für viele Patienten ist die Apotheke die erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Beschwerden, und die persönliche Beratung durch Fachkräfte ist ein wesentlicher Bestandteil einer ganzheitlichen Gesundheitsversorgung. Wenn Apotheken jedoch aufgrund der wirtschaftlichen Belastungen und des mangelnden politischen Rückhalts schließen müssen, geht nicht nur ein wichtiger Zugang zur Arzneimittelversorgung verloren, sondern auch ein Stück Vertrauen und Sicherheit für die Bevölkerung.
Um das Apothekensterben zu stoppen, braucht es keine kurzfristigen, sondern langfristige Lösungen, die die finanzielle Stabilität der Apotheken gewährleisten. Erforderlich sind eine angemessene Vergütung und Unterstützung für Apotheken in strukturschwachen Regionen, die Förderung von innovativen Dienstleistungen und eine Reduktion der Bürokratie, die viele Betreiber in die Knie zwingt. Die Gesundheitsversorgung in Deutschland wird langfristig Schaden nehmen, wenn es nicht gelingt, die Apotheken als feste Bestandteile des Gesundheitssystems zu erhalten. Ein grundlegender Wandel in der politischen und finanziellen Unterstützung ist daher längst überfällig, um das Apothekensterben zu bremsen und die Arzneimittelversorgung für alle Bürger zu gewährleisten.
Securpharm und Bündelpackungen: Was Apotheken zwingend beachten müssen
Im Zuge der Fälschungsschutzrichtlinie sind Apotheken verpflichtet, jedes verschreibungspflichtige Medikament vor der Abgabe aus dem Securpharm-System auszubuchen. Dies stellt sicher, dass Patienten nur verifizierte und sichere Arzneimittel erhalten. Für Apothekenbetreiber ergeben sich daraus jedoch komplexe Anforderungen, insbesondere im Umgang mit sogenannten Bündelpackungen. Diese können entweder als Multi- oder Single-Pack im System registriert sein, was sich auf die Handhabung und Ausbuchung aus dem Securpharm-System auswirkt.
Multi-Packs sind oft nur als Bündel abzugeben und tragen Aufdrucke wie „Nicht einzeln abgeben“. Diese Regelung ist bindend: Apotheker dürfen Multi-Packs nicht aufteilen, da sie vom Hersteller als Einheit konzipiert sind. Die Abgabe erfolgt über den auf der äußeren Verpackung aufgedruckten Datamatrix-Code, der verifiziert und ausgebucht wird. Eine Einzelabgabe würde gegen die Fälschungsschutzrichtlinie verstoßen und die Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels beeinträchtigen.
Single-Packs dagegen sind für den Einzelverkauf zugelassen. Jede Packung ist mit einem individuellen Sicherheitsmerkmal versehen, das einzeln verifiziert und ausgebucht werden muss. Diese Praxis erhöht zwar den administrativen Aufwand, sorgt jedoch für eine zusätzliche Sicherheitsebene, da jede Packung nachverfolgt werden kann.
Komplex wird es, wenn eine Teilmenge aus einer Packung abgegeben wird. Bereits beim ersten Öffnen wird die gesamte Packung aus dem System ausgebucht, was bedeutet, dass der Restinhalt nicht erneut eingebucht werden kann. Apotheken müssen in diesen Fällen die verbleibende Charge im Abgabedatensatz manuell dokumentieren. Diese Praxis stellt sicher, dass das Medikament weiterhin als verkehrsfähig gilt, auch wenn es nicht mehr in der Originalverpackung übergeben wird.
Ein umfassendes Verständnis der gesetzlichen Anforderungen ist für Apotheken essenziell, um Haftungsrisiken zu vermeiden. Verstöße gegen die Fälschungsschutzrichtlinie könnten gravierende Folgen für die betroffenen Apotheken haben. Hier sind regelmäßige Schulungen des Personals unabdingbar, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter die unterschiedlichen Anforderungen der Bündelpackungen korrekt umsetzen.
Das Securpharm-System stellt Apotheken vor erhebliche Herausforderungen, die weit über den administrativen Aufwand hinausgehen. Für die Betreiber bedeutet dies eine tägliche Verantwortung, die die Versorgungssicherheit stärkt, jedoch auch kostbare Ressourcen bindet. Besonders komplex ist die Handhabung von Bündelpackungen. Während die Vorschriften eine lückenlose Nachverfolgbarkeit von Arzneimitteln gewährleisten sollen, fehlt es häufig an Flexibilität und praktikablen Lösungen für den Apothekenalltag. Hier wird deutlich, dass weitere Anpassungen nötig wären, um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, ohne die Sicherheitsstandards zu gefährden. Eine einheitliche Regelung für Bündelpackungen könnte die Prozesse vereinfachen und Apotheken entlasten.
Apotheken-Schnelltests für Infektionskrankheiten: Widerstand aus der Labormedizin
Die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die Apotheken und Pflegeeinrichtungen das Durchführen von Schnelltests auf bestimmte Viren erlaubt, sorgt für Kontroversen. Der Berufsverband der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) kritisiert das Vorhaben scharf und warnt vor erheblichen diagnostischen und versorgungstechnischen Risiken.
Mit der Gesetzesänderung soll das Apothekenpersonal künftig Schnelltests auf Adenoviren, Influenzaviren, Noroviren, das Respiratorische Synzytial Virus (RSV) und Rotaviren durchführen dürfen – eine Kompetenz, die bisher ausschließlich Ärzten vorbehalten ist. Bereits in einem früheren Entwurf für das Apotheken-Reformgesetz war eine ähnliche Regelung vorgesehen, die der ALM ebenso ablehnte. Nun wurde die Bestimmung in den Entwurf für das Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit integriert, der kürzlich vom Bundeskabinett beschlossen und im Gesundheitsausschuss des Bundestages diskutiert wurde.
Der ALM begründet seine Ablehnung damit, dass die in Apotheken verfügbaren Schnelltests, sogenannte Point-of-Care-Tests (POCT), nicht die nötige Sensitivität für eine zuverlässige Diagnosestellung aufwiesen. Verbandsvorsitzender Michael Müller erklärte, dass eine fundierte Entscheidung über die Notwendigkeit eines Tests von ärztlicher Seite getroffen werden müsse, um medizinische Fehldiagnosen zu verhindern. „Die Apotheken haben weder die Infrastruktur noch das Personal für eine umfassende Diagnose,“ so Müller. Auch seien wichtige Aufgaben wie die Bewertung von Ausbruchsgeschehen und die klinische Beratung in Apotheken nicht leistbar. Die Laborärzte befürchten, dass Apotheken und Pflegeeinrichtungen durch die geplante Änderung gegenüber Ärztinnen und Ärzten bevorzugt würden, was langfristig die ärztliche Versorgung belasten könnte.
Zudem zweifelt der ALM an der Notwendigkeit der neuen Regelung. Bisher sei kein Versorgungsengpass im Bereich der Diagnostik dieser Infektionskrankheiten belegt. Sollte der Gesetzgeber dennoch an der Änderung festhalten, fordert der ALM, dass Apotheken gesetzlich zur Einhaltung der Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz verpflichtet werden. Auch sollten sie in die Anforderungen zur Qualitätssicherung und zum Arbeitsschutz, wie die Biostoffverordnung, aufgenommen werden, um die Diagnosesicherheit und den Schutz der Mitarbeitenden zu gewährleisten.
Im Gegensatz dazu unterstützt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) das Vorhaben. Die ABDA begrüßte die Erweiterung der Apothekenkompetenzen bereits im Vorfeld und sieht darin eine Chance, die öffentliche Gesundheitsversorgung zu stärken, insbesondere in ländlichen Regionen mit wenigen Arztpraxen. Die derzeitige Debatte um die geplante Gesetzesänderung zeigt die Spannungen zwischen den medizinischen Fachverbänden und den Apothekenorganisationen deutlich und verdeutlicht die komplexe Herausforderung, eine ausgewogene Lösung zu finden.
Die Diskussion über die geplante Gesetzesänderung verdeutlicht den komplexen Spagat zwischen der Entlastung der Ärzteschaft und der Sicherung diagnostischer Standards. Der Widerstand der Labormedizin zeigt berechtigte Sorgen hinsichtlich der diagnostischen Sicherheit auf. Schnelltests für Infektionskrankheiten bieten zwar Chancen für einen patientennahen Zugang, setzen jedoch Expertise und klinische Einordnung voraus, die nur von medizinisch geschultem Personal gewährleistet werden kann.
Dennoch sprechen auch gute Argumente für eine gezielte Öffnung der Testmöglichkeiten in Apotheken. Gerade in Regionen mit knappen ärztlichen Ressourcen könnten Apotheken eine wichtige Rolle spielen, um Engpässe abzumildern. Die Frage bleibt, ob und wie Apotheken künftig mit zusätzlichen Pflichten zur Qualitätssicherung und Meldepflichten für ihre Testangebote betraut werden sollen. Eine gesetzliche Regelung, die beides berücksichtigt, könnte einen wertvollen Beitrag zur öffentlichen Gesundheitsversorgung leisten – wenn sie mit Bedacht umgesetzt wird.
Streit um Schnelltests in Apotheken: Labormediziner kritisieren geplante Gesetzesänderung
Die geplante Gesetzesänderung im Infektionsschutzgesetz sorgt derzeit für heftige Diskussionen zwischen Apotheken und dem Berufsverband der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM). Die Ampelfraktionen im Bundestag möchten Apotheken und Pflegefachkräften künftig gestatten, Schnelltests zum Nachweis von Adeno-, Influenza-, Noro-, Respiratorischen Synzytial-Viren (RSV) und Rotaviren durchzuführen. Diese Regelung, die den Arztvorbehalt für bestimmte Tests aufheben soll, wurde Ende September im Bundeskabinett beschlossen und Mitte Oktober im Gesundheitsausschuss angehört. Der ALM sieht diese Entwicklung kritisch und warnt vor einem Qualitätsverlust in der Diagnostik.
Schon bei der ersten Vorlage des Vorhabens als Teil des Apotheken-Reformgesetzes hatte der Verband Bedenken geäußert. Nun argumentiert der ALM, vertreten durch seinen Vorsitzenden Michael Müller, dass Schnelltests in Apotheken aufgrund ihrer geringen diagnostischen Sensitivität nicht geeignet seien, eine fundierte Diagnosestellung zu ermöglichen. Die Entscheidung, ob ein Test überhaupt durchgeführt werden sollte, müsse weiterhin ärztlicherseits getroffen werden, da das Infektionsgeschehen umfassend bewertet und überwacht werden müsse – eine Aufgabe, die nach Ansicht des Verbandes nicht durch Apothekenpersonal geleistet werden könne. Auch die notwendige ärztliche Beratung und klinische Untersuchung zur Indikationsstellung gehöre zum diagnostischen Prozess und erfordere Fachkenntnisse und Infrastrukturen, die Apotheken nicht vorhalten.
Zusätzlich kritisiert der Verband, dass eine solche Regelung eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung von Apotheken und Pflegeeinrichtungen gegenüber ärztlichen Praxen darstelle. Laut ALM bestehen aktuell keine Versorgungslücken, die eine Ausweitung des Testangebots auf Apotheken und Pflegekräfte rechtfertigen würden. Der Verband sieht es als unverantwortlich an, die bisherigen Qualitätsstandards in der Infektionsdiagnostik durch die Einbindung nicht-ärztlicher Berufe zu gefährden.
Falls der Gesetzgeber dennoch an der Änderung festhalten sollte, fordert der ALM klare zusätzliche Regelungen: Apothekenleitungen sollten verpflichtet werden, Meldepflichten gemäß § 8 des Infektionsschutzgesetzes einzuhalten. Weiterhin sollten Apotheken durch den Gesetzgeber zur Qualitätssicherung und zur Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Vorgaben, etwa der Biostoffverordnung, angehalten werden. Diese Maßnahmen, so der ALM, seien notwendig, um ein Mindestmaß an Standards in der Durchführung und Dokumentation solcher Schnelltests zu gewährleisten.
Die Debatte um die Ausweitung der Infektionsdiagnostik in Apotheken zeigt deutlich den Spagat, den das Gesundheitswesen aktuell versucht: Einerseits soll die Erreichbarkeit und Flexibilität der medizinischen Grundversorgung verbessert werden, andererseits könnten darunter wichtige Qualitätsstandards leiden. In einer Zeit, in der Vertrauen in medizinische Prozesse von zentraler Bedeutung ist, wäre ein solcher Qualitätsverlust fatal. Die Forderung des ALM nach stärkeren Regulierungen und klaren Zuständigkeiten mag auf den ersten Blick bürokratisch wirken, doch der Verband wirft zu Recht Fragen auf, die einer gründlichen Klärung bedürfen. Schnelltests in Apotheken – eine sinnvolle Erweiterung der Versorgung oder eine Überlastung des Systems mit unübersichtlichen Zuständigkeiten? Die Politik steht vor einer Abwägung, die weitreichende Folgen für das Vertrauen in die Gesundheitsversorgung haben könnte.
Umstellung der Paxlovid®-Abgabe: Was Apotheken jetzt wissen müssen
Mit dem erneuten Anstieg von COVID-19-Infektionen in Deutschland wird das antivirale Medikament Paxlovid® von Pfizer für Risikopatient*innen wieder stärker nachgefragt. Apothekenbetreiber sehen sich hierbei mit einer wichtigen Änderung konfrontiert: Die vormaligen Bundespackungen, die per Sonder-PZN abgerechnet wurden, sind seit Februar 2024 nicht mehr abgabefähig. Stattdessen müssen Apotheken auf regulär erhältliche Packungen mit der PZN 18380061 zurückgreifen und diese entweder über den jeweiligen Kostenträger oder bei Privatrezepten zum aktuellen Apothekenverkaufspreis von 1.149,19 Euro abrechnen.
Diese Umstellung hat bei vielen Apotheken zunächst zu Unsicherheiten geführt, da die nicht mehr abgabefähigen Bundespackungen nach wie vor im Artikelstamm der ABDA verzeichnet sind. In der Lauertaxe sind ebenfalls spezielle Packungen gelistet, was zusätzliche Fragen aufwirft. Die Verbände haben darauf hingewiesen, dass die Apotheken strikt nur die neuen, regulären Packungen von Paxlovid® ausgeben dürfen, da die vorrätige Bundesware aus Sicherheits- und Haltbarkeitsgründen nicht mehr abgerechnet oder abgegeben werden darf. Auch das Privileg, das Ärzt*innen und Pflegeeinrichtungen einräumte, Paxlovid® direkt zu dispensieren, ist seit Februar entfallen, sodass ausschließlich Apotheken für die Ausgabe verantwortlich sind.
Laut der im Januar 2024 aktualisierten S3-Leitlinie soll Paxlovid® zur Therapie von Risikopatientinnen innerhalb der ersten fünf Tage nach Symptombeginn eingenommen werden. Eine alternative Behandlungsmöglichkeit für schwere COVID-19-Fälle stellt Remdesivir (Veklury®) dar, das intravenös verabreicht wird. Die Apotheken müssen dabei die Verfügbarkeit der regulären Packungen sowie den genauen Therapiezeitpunkt im Blick behalten und gegebenenfalls die Patientinnen über den Ablauf der Medikation und ihre Einnahme informieren.
Die Rückkehr zu einer regulären Vertriebslinie für Paxlovid® zeigt, wie dynamisch die Prozesse im Zusammenhang mit der Pandemie auch im Jahr 2024 weiterhin sind. Die Herausforderung für Apotheken liegt nun darin, den Übergang von der Sonderregelung hin zur regulären Abrechnung reibungslos zu gestalten und die neuen Abgabebedingungen klar zu kommunizieren. In der Praxis bedeutet dies für Apothekenbetreiber nicht nur, den aktuellen Artikelstamm konsequent im Blick zu behalten, sondern auch, Patient*innen wie auch das eigene Team über die genaue Handhabung zu informieren.
Neues orales Kontrazeptivum Kelzy®: Stabilere Hormonspiegel durch verzögerte Freisetzung
Am 4. September 2024 wurde in Deutschland ein neues orales hormonelles Kontrazeptivum zugelassen: Kelzy®, das nun auch in Apotheken erhältlich ist. Die Innovation dieses Präparats liegt in der verzögerten Freisetzung seiner Wirkstoffe Ethinylestradiol und Dienogest. Anders als bei konventionellen Kontrazeptiva setzt Kelzy® seine Hormone durch eine Hydrokolloidmatrix-Tablette langsamer frei und erzielt dadurch stabilere Hormonspiegel im Körper.
Die neue Galenik von Kelzy® verspricht der Anwenderin mehrere Vorteile. Laut Hersteller wurde die maximale Plasmakonzentration erst 3,8 Stunden nach der Einnahme gemessen. Zum Vergleich: Bei herkömmlichen, nicht-retardierten Kontrazeptiva tritt die maximale Hormonkonzentration bereits nach 1,3 Stunden ein. Trotz der verzögerten Freisetzung bleibt die Bioverfügbarkeit, also die Menge des wirksamen Hormons, gleich. Die gleichmäßigen Hormonspiegel könnten zudem die Zyklusstabilität fördern, wie eine Phase-III-Studie nahelegt. Ab dem dritten Einnahmezyklus traten demnach signifikant weniger Zwischenblutungen auf als bei Anwenderinnen konventioneller Präparate.
Kelzy® enthält eine niedrig dosierte Estrogen-Komponente mit 0,02 mg Ethinylestradiol sowie 2 mg Dienogest, das antiandrogene Wirkungen aufweist. Anwenderinnen profitieren außerdem von einem weiten Einnahmefenster: Bis zu 24 Stunden kann eine vergessene Tabletteneinnahme nachgeholt werden, ohne die kontrazeptive Sicherheit zu gefährden. Ein weiteres praktisches Detail: Die monatliche Abbruchblutung lässt sich durch die Einnahme zusätzlicher Tabletten flexibel verschieben.
Hinter der innovativen Formulierung steht eine spezielle Quellmatrix aus Hypromellose (E 464), die bei Kontakt mit Flüssigkeit eine Gelschicht bildet und die Hormone nach und nach freisetzt. Durch diese Gelbarriere bleibt die Tablette intakt und die Freisetzung erfolgt gleichmäßig während der Magen-Darm-Passage. Die Resorption wird dabei durch Nahrungsaufnahme nicht beeinträchtigt, wie Untersuchungen zeigen. Laut Packungsbeilage ist Kelzy® für Frauen vom Beginn der Menstruationsfähigkeit bis zur Menopause geeignet. Bei der Sicherheit ist das Präparat mit den üblichen Kombinationspräparaten vergleichbar und weist dieselben Kontraindikationen auf, darunter ein erhöhtes Thromboserisiko bei bestimmten Vorerkrankungen.
Kelzy® stellt somit eine attraktive Alternative zu herkömmlichen Kontrazeptiva dar, insbesondere für Frauen, die von stabileren Hormonspiegeln und einem flexibleren Einnahmeschema profitieren möchten.
Mit Kelzy® betritt ein Kontrazeptivum den Markt, das das Potenzial hat, die orale Verhütung zu revolutionieren. Durch die verzögerte Hormonfreisetzung könnte Kelzy® das Risiko von Nebenwirkungen, die bei stark schwankenden Hormonspiegeln auftreten, verringern und gleichzeitig eine sichere Verhütungsmethode gewährleisten. Das erweiterte Einnahmefenster und die Möglichkeit, den Zyklus flexibler zu steuern, sprechen für ein hohes Maß an Alltagstauglichkeit.
Während herkömmliche Präparate meist sofortige Wirkung zeigen, liegt die Innovation von Kelzy® in der Stabilität der Hormonzufuhr und der konsequenten Erhaltung der Bioverfügbarkeit. Hier zeigt sich ein klarer Fortschritt in der galenischen Technologie. Das Präparat könnte besonders Anwenderinnen ansprechen, die bisherige Nebenwirkungen von Kontrazeptiva als störend empfanden. Entscheidend wird sein, ob sich Kelzy® im Praxisalltag als ebenso zuverlässig wie die herkömmlichen Präparate erweist und ob die Erwartungen an die verbesserten Zyklusstabilität erfüllt werden.
Epilepsie im Alltag: Wichtige Hilfestellungen und ein Appell für mehr Aufklärung
Epilepsie betrifft etwa ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland – und doch wissen viele Menschen kaum, was diese neurologische Erkrankung im Alltag der Betroffenen bedeutet und wie man im Notfall helfen kann. Die 35-jährige Paula Bach gehört zu den Menschen, die immer und überall mit einem epileptischen Anfall rechnen müssen, sei es im Supermarkt, im Büro oder auf Reisen. Trotz fortschreitender Aufklärung in medizinischen Fachkreisen bleibt Epilepsie im gesellschaftlichen Bewusstsein oftmals eine Erkrankung voller Missverständnisse.
„Epilepsie ist mehr als nur das Klischee des krampfenden Körpers“, betont Dr. Julia Hoppe, Oberärztin an der Neurologieklinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Sie erklärt, dass epileptische Anfälle durch unkontrollierte elektrische Entladungen im Gehirn verursacht werden, die sich abrupt und unvorhersehbar äußern können. Während einige Betroffene den Anfall kaum wahrnehmen, führen andere Anfälle zu schweren Krämpfen und Bewusstseinsstörungen.
Paula Bach beschreibt, wie unvorhersehbar solche Anfälle auftreten. „Früher hatte ich bis zu vier Anfälle pro Woche“, erzählt sie. Nach einer Hirnoperation haben sich die Anfälle zwar reduziert, aber bis heute muss sie jederzeit damit rechnen. Was sie sich dabei von ihrer Umgebung wünscht? Verständnis und richtige Hilfe. Zu oft, so berichtet Bach, hätten Passanten ihren Zustand falsch interpretiert – und schlimmer noch, in Unkenntnis der Krankheit sogar gefährliche Maßnahmen ergriffen. Ein häufiges Missverständnis sei etwa, dass man Betroffenen etwas zwischen die Zähne schieben solle, um ein Zungenbeißen zu verhindern. „Das ist lebensgefährlich“, warnt Bach, denn ein solcher Gegenstand könne Atemprobleme verursachen und schlimmstenfalls zum Ersticken führen.
Die richtige Hilfe sei im Notfall entscheidend, erklärt Dr. Hoppe. „Zunächst einmal sollte der Rettungsdienst gerufen werden, besonders wenn Außenstehende die Situation nicht einordnen können.“ Wichtig sei vor allem, die Umgebung des Betroffenen zu sichern und Verletzungen zu vermeiden. Liegt der Betroffene auf hartem Boden, kann eine weiche Jacke unter den Kopf geschoben werden, um Stöße zu dämpfen. Festhalten oder in irgendeiner Weise eingreifen sei jedoch riskant. Ein Anfall sei eine instinktive Bewegung und könne auch für Helfende Verletzungsgefahr bedeuten.
Paula Bach empfiehlt anderen Betroffenen, ihr direktes Umfeld aufzuklären, damit diese im Notfall richtig reagieren. Ihre Freunde und Familie sowie ihre Arbeitskollegen wissen Bescheid und haben so die Unsicherheiten im Umgang mit der Erkrankung verloren. Auch wenn ein epileptischer Anfall für Außenstehende zunächst verstörend wirken kann, sei es hilfreich, informiert zu sein. „Je mehr Menschen verstehen, wie Epilepsie funktioniert und wie man helfen kann, desto sicherer fühlen wir uns im Alltag“, sagt Bach.
Epilepsie bleibt trotz fortschreitender medizinischer Erkenntnisse eine Krankheit, die häufig falsch eingeschätzt wird. Der Fall von Paula Bach zeigt, wie unzureichend das Wissen über Erste Hilfe bei Anfällen in der Gesellschaft ist. Statt Empathie erleben Betroffene wie sie oft misstrauische Blicke, Fehlinterpretationen und sogar Eingriffe, die ihre Situation verschlimmern können. Es wird höchste Zeit, Epilepsie in den Fokus der Aufklärung zu rücken, um Wissen und Verständnis in der breiten Bevölkerung zu fördern. Nur so kann die Gesellschaft lernen, richtig zu reagieren und den Betroffenen Sicherheit zu geben. Epilepsie darf kein Thema sein, das im Alltag übersehen wird.
Zwischen Heilkraft und Hausmittel: Honig im klinischen Einsatz
Honig, einst bekannt als altbewährtes Hausmittel, wird heute zunehmend als medizinisches Produkt geschätzt – insbesondere in der Wundbehandlung. Während sich Generationen von Menschen auf die beruhigende Wirkung heißer Milch mit Honig bei Husten verlassen haben, zeigt sich die medizinische Forschung bei der tatsächlichen Wirksamkeit skeptisch. Studienergebnisse zur symptomatischen Linderung bei Erkältungen sind uneinheitlich und lassen keine klare Aussage über die Effektivität zu. „Honig als Hustenmittel ist vor allem ein wohltuender Seelenwärmer und wirkt beruhigend auf die gereizten Schleimhäute“, erklärt Dr. Robert Fürst, Pharmazie-Professor an der Universität München. Honig legt sich wie ein Schutzfilm auf die Schleimhäute und lindert kurzfristig das Kratzen im Hals, doch ein heilender Effekt bleibt wissenschaftlich umstritten.
Deutlich besser belegt ist der Einsatz von Honig in der Wundtherapie. Hier profitiert der Honig von seinen natürlichen antibakteriellen Eigenschaften, die in klinischen Studien belegt sind. Manuka-Honig aus Neuseeland steht im Mittelpunkt, da er neben Wasserstoffperoxid auch Methylglyoxal enthält – eine Substanz, die selbst nach Erhitzen noch antibakteriell wirkt. Die besondere Zusammensetzung verleiht ihm eine überdurchschnittlich hohe Stabilität. Wissenschaftler bestätigen, dass Honig in der Wundversorgung durch die Stimulierung von Leukozyten und die Sauerstofffreisetzung bei der Zellerneuerung hilft und das Wachstum von Fibroblasten und die Angiogenese fördert. Der hohe Zuckergehalt erzeugt dabei osmotischen Druck, entzieht Bakterien die Lebensgrundlage und verhindert die Schorfbildung.
Ein großes Problem bei der medizinischen Anwendung des Honigs bleibt jedoch die Standardisierung, da Honig ein Naturprodukt ist und die Zusammensetzung stark variieren kann. Während sich Manuka-Honig durch besonders starke antibakterielle Eigenschaften auszeichnet, variiert die Zusammensetzung anderer Sorten je nach Herkunftsregion und Umweltfaktoren. Das Europäische Arzneibuch gibt für medizinischen Honig vage Richtlinien zur Reinheit vor, beschränkt sich jedoch auf einen Grenzwert für 5-Hydroxymethylfurfural, der eine korrekte Lagerung und Verarbeitung sicherstellen soll. Für die Sterilität wird medizinischer Honig häufig mit Gammastrahlung behandelt, was ihn keimfrei und haltbar macht, ohne seine aktiven Inhaltsstoffe zu beeinträchtigen.
Mit der zunehmenden wissenschaftlichen Anerkennung wird Honig inzwischen in Form steriler Wundauflagen und Präparate wie Medihoney™ eingesetzt. Dennoch bleibt Honig ein variables Naturprodukt, dessen medizinische Wirkweise weiterhin umfassender erforscht werden muss, um seine vollen Potenziale auszuschöpfen. Für die Behandlung von Erkältungssymptomen bleibt er vorerst eine wohltuende Alternative ohne bewiesene heilende Wirkung.
Die moderne Medizin hat das Heilpotenzial des Honigs wiederentdeckt – zumindest in der Wundbehandlung. Hier zeigen sich seine antibakteriellen und heilungsfördernden Eigenschaften von der besten Seite und machen Honig zu einem wertvollen Werkzeug. Gleichzeitig wirft seine Anwendung in der Erkältungstherapie Fragen auf: Können altbewährte Hausmittel wirklich die gleiche Wirkung wie standardisierte Medikamente bieten? Die wissenschaftlichen Daten deuten darauf hin, dass Honig eher ein beruhigender, aber kein heilender Effekt bei Atemwegsinfekten besitzt. Die Kombination aus Naturprodukt und Medizin ist zwar verlockend, dennoch bleibt eine kritische Überprüfung der vermeintlichen Heilkräfte entscheidend, um Patienten klare und evidenzbasierte Empfehlungen geben zu können.
Von Engin Günder, Fachjournalist