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Apotheken-News: Apotheken ohne Apotheker?

Telepharmazie als Zukunftsmodell – Streit um Verantwortung und Kontrolle

(PresseBox) (Karlsruhe, )
Die Zukunft der Apotheken steht auf dem Prüfstand: Im Streit um die „Apotheke ohne Apotheker“ prallen unterschiedliche Vorstellungen aufeinander. Gesundheitsminister Karl Lauterbach befürwortet die Telepharmazie als moderne Lösung, während Apotheker vor einem Verlust der Aufsicht über den Apothekenbetrieb warnen. Die Kernfrage bleibt, ob digitale Beratung den komplexen Anforderungen der Apotheken gerecht werden kann.

Die Diskussion um die sogenannte „Apotheke ohne Apotheker“ hat eine neue Dynamik erhalten und sorgt für erheblichen Diskussionsstoff sowohl in der Apothekerschaft als auch in der Politik. Im Zentrum der Kontroverse steht die Frage, inwiefern telepharmazeutische Beratung den bisherigen Betrieb der Apotheken ersetzen oder ergänzen könnte. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat beim Deutschen Apothekertag 2024 seine Position deutlich gemacht: Aus seiner Sicht sei eine telepharmazeutische Beratung eines Patienten, die aus der Apotheke heraus durchgeführt wird, nicht anders zu bewerten als eine solche Beratung, die direkt von zu Hause aus erfolgt. Lauterbach zog dabei Parallelen zur Telemedizin im Rettungsdienst, wo Ärzte Patienten aus der Ferne beraten, bevor vor Ort Hilfe eintrifft, oder bei geplanten Hausbesuchen, bei denen ärztliche Beratung per Video stattfindet.

Diese Aussagen haben in der Apothekerschaft, vor allem bei der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände), für Bedenken gesorgt. Die ABDA weist darauf hin, dass der wesentliche Konfliktpunkt nicht in der Frage liegt, ob Telepharmazie möglich ist, sondern vielmehr, welche Rolle der Apotheker im gesamten Apothekenbetrieb spielt. Es gehe dabei nicht nur um die Qualität der Beratung, sondern um die vielschichtigen Aufgaben, die ein Apotheker tagtäglich in einer Offizin zu bewältigen hat. Diese Aufgaben lassen sich laut ABDA nicht einfach durch die Einführung telepharmazeutischer Beratung ersetzen.

Das Herzstück der Kontroverse ist die Apothekenbetriebsordnung. Diese regelt, dass jede Apotheke unter ständiger Aufsicht eines Apothekers stehen muss. Diese Aufsicht erstreckt sich auf alle Bereiche des Apothekenbetriebs: von der Überprüfung der Arzneimittelherstellung über die Überwachung des Fachpersonals bis hin zur Einhaltung der Hygienevorschriften. Apothekerinnen und Apotheker müssen sicherstellen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und dass das Personal stets korrekt und fachlich einwandfrei arbeitet. Dieser Aufsichtspflicht können Apotheker nur vor Ort vollständig nachkommen. Ein Betrieb, der auf Telepharmazie setzt, wäre auf die Fähigkeit des Fachpersonals angewiesen, die Notwendigkeit einer Beratung selbst zu erkennen und dann eine Verbindung zum Apotheker aufzubauen. Dieser Aspekt ist einer der Hauptkritikpunkte der ABDA, die darin eine Schwächung der apothekerlichen Aufsichtsfunktion sieht.

Minister Lauterbach hingegen betont, dass Telepharmazie eine moderne und effiziente Möglichkeit darstelle, die Beratungsqualität aufrechtzuerhalten und gleichzeitig den Betrieb flexibler zu gestalten. In seiner Rede verglich er die Apotheke mit der Telemedizin, bei der Ärzte Patienten auch aus der Ferne beraten können. Diese Argumentation greift jedoch aus Sicht vieler Apotheker zu kurz, da die Anforderungen an den Apothekenbetrieb deutlich komplexer sind. Anders als in der Notfallmedizin, wo es um temporäre Maßnahmen geht, muss der Apotheker den täglichen Betrieb einer Apotheke im Griff haben, der nicht nur die Beratung umfasst, sondern auch die Überwachung der Arzneimittelabgabe, der internen Abläufe und die kontinuierliche Unterstützung des Personals.

Ein weiteres zentrales Thema der Diskussion ist das Vertrauen der Patienten. Viele Kunden suchen eine Apotheke nicht nur aufgrund der Arzneimittelberatung auf, sondern auch, weil sie eine schnelle und unkomplizierte Hilfe vor Ort erwarten. Telepharmazie, so die Befürchtung vieler Apotheker, könnte dieses Vertrauensverhältnis untergraben, da sie die persönliche Beratung durch eine technische Interaktion ersetzt. Kunden, die sich in einer Apotheke beraten lassen, erwarten oft den direkten Kontakt mit dem Apotheker, der auch für spontane Nachfragen zur Verfügung steht. Eine Beratung über Video könnte dieses unmittelbare Vertrauensverhältnis schwächen und den Eindruck vermitteln, dass die Apotheke nur noch als Durchgangsstation fungiert, ohne dass der Apotheker tatsächlich anwesend ist.

In der Praxis würde die Umsetzung einer telepharmazeutischen Beratung zu erheblichen Umstrukturierungen in den Apotheken führen. Während Minister Lauterbach betont, dass die Qualität der Beratung unabhängig vom Ort des Patienten gewährleistet sei, machen Apotheker geltend, dass die laufende Aufsicht über das Personal und den Betrieb eine physische Präsenz voraussetzt. In Zweifelsfällen oder bei unklaren Situationen müssen PTA (Pharmazeutisch-technische Assistenten) die Möglichkeit haben, sich schnell rückzuversichern – sei es durch Blickkontakt oder kurze Abstimmungen. Dieser spontane Austausch, der für den reibungslosen Ablauf in einer Apotheke notwendig ist, wäre in einem telepharmazeutischen Setting nicht ohne Weiteres möglich.

Die ABDA kritisierte zudem, dass eine Apotheke ohne ständige Aufsicht durch den Apotheker den regulatorischen Rahmen der Apothekenbetriebsordnung aushöhlen würde. Diese Ordnung dient nicht nur der Qualitätssicherung, sondern auch dem Schutz der Patienten, die darauf vertrauen, dass in der Apotheke vor Ort jederzeit ein Apotheker die Verantwortung trägt. Eine Lockerung dieser Regeln würde die Apothekenstruktur grundlegend verändern und könnte langfristig das Vertrauen der Patienten schwächen.

Der kommende politische Diskurs wird sich vor allem um die Frage drehen, inwieweit die Telepharmazie als ergänzendes oder ersetzendes Modell für Apotheken in Deutschland etabliert werden kann. Dabei wird es entscheidend sein, wie die Apothekergemeinschaft ihre Position zu diesem Thema weiter vertritt und ob es gelingen wird, einen Kompromiss zwischen den modernen Anforderungen an Effizienz und Flexibilität sowie den bewährten Strukturen des Apothekenbetriebs zu finden.

Kommentar: Der Verlust der Aufsicht – eine Gefahr für das Apothekenwesen

Die Debatte um die „Apotheke ohne Apotheker“ zeigt auf, wie stark die Digitalisierung mittlerweile auch die Gesundheitsversorgung beeinflusst. Doch während Minister Karl Lauterbach in seiner Rede beim Deutschen Apothekertag die Telepharmazie als moderne Ergänzung des Apothekenbetriebs darstellt, greift seine Argumentation zu kurz. Die eigentliche Problematik liegt nicht in der telepharmazeutischen Beratung als solcher, sondern in der Frage, wie die Aufsicht über den Apothekenbetrieb gewährleistet wird.

Die Rolle des Apothekers ist weitaus komplexer, als nur Beratungsgespräche mit Patienten zu führen. Apotheker tragen die Verantwortung für den gesamten Betrieb einer Apotheke: Sie überwachen die Abgabe von Medikamenten, die Herstellung von Rezepturen, die Einhaltung der Hygienestandards und nicht zuletzt die Arbeit des gesamten Personals. Diese Aufgaben lassen sich nicht durch eine digitale Beratung ersetzen. Die physische Anwesenheit des Apothekers in der Offizin ist notwendig, um die gesetzlich vorgeschriebene Aufsichtsfunktion zu erfüllen.

Lauterbachs Vergleich mit der Telemedizin im Rettungsdienst verkennt die Natur der apothekerlichen Arbeit. Während in der Notfallmedizin Telemedizin eine vorübergehende Überbrückungslösung darstellt, bis ein Arzt vor Ort eintrifft, handelt es sich in Apotheken um einen kontinuierlichen, tagtäglichen Betrieb, der auf langfristige Prozesse und Aufsicht angewiesen ist. Der Apotheker muss in der Lage sein, schnell einzugreifen, Personal zu unterstützen und sicherzustellen, dass alle Vorschriften eingehalten werden. Diese Form der Aufsicht kann nicht über eine Videokonferenz gewährleistet werden, bei der der Apotheker nur auf Abruf zur Verfügung steht.

Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion häufig übersehen wird, ist das Vertrauen der Patienten. Viele Menschen schätzen die Möglichkeit, in einer Apotheke ohne größere Hürden direkten Rat von einem anwesenden Apotheker zu erhalten. Die Einführung telepharmazeutischer Beratung könnte dieses Vertrauensverhältnis schwächen, da Patienten das Gefühl haben könnten, dass der Apotheker nicht mehr vor Ort präsent ist. Die persönliche Beratung vor Ort ist ein wesentlicher Bestandteil des Apothekenwesens, der nicht durch digitale Lösungen ersetzt werden sollte.

Die ABDA hat in der Debatte bislang nicht immer den richtigen Fokus gesetzt. Anstatt sich auf die Frage der telepharmazeutischen Beratung zu konzentrieren, sollte sie stärker die Bedeutung der Aufsicht durch den Apotheker in den Vordergrund stellen. Eine Apotheke ist mehr als nur ein Beratungsort – sie ist ein komplexer Betrieb, der auf die physische Präsenz des Apothekers angewiesen ist. Eine Schwächung dieser Präsenz würde das Apothekenwesen nachhaltig verändern und könnte langfristig negative Folgen für die Patientenversorgung haben.

Die Politik sollte sich darüber im Klaren sein, dass eine „Apotheke ohne Apotheker“ nicht nur eine Frage der Effizienz ist, sondern auch die bewährten Strukturen der Apothekenlandschaft untergräbt. Der Weg in die Digitalisierung darf nicht dazu führen, dass die Qualität und Sicherheit der Apotheken leidet. Der Apotheker vor Ort bleibt unerlässlich, und dies sollte in den kommenden politischen Diskussionen deutlich betont werden.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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