Apotheken sind zunehmend Ziel von Cyberangriffen, da die Digitalisierung im Gesundheitswesen rasant voranschreitet. Mit dem Ausbau digitaler Gesundheitsanwendungen und der Einführung des E-Rezepts steigt die Menge sensibler Daten, die in Apotheken gespeichert und verarbeitet werden. Diese Daten umfassen nicht nur persönliche Gesundheitsinformationen der Patienten, sondern auch vertrauliche betriebliche Daten der Apotheken. Cyberkriminelle haben erkannt, dass solche Daten ein wertvolles Ziel darstellen. Durch sogenannte Ransomware-Angriffe, bei denen Systeme verschlüsselt und Lösegeld gefordert wird, könnten Angreifer Apotheken lahmlegen und ihnen erheblichen finanziellen Schaden zufügen. Trotzdem wird das Risiko von Cyberangriffen oft unterschätzt – viele Apothekenbetreiber vernachlässigen den Aufbau einer umfassenden Cyberversicherung, die den wirtschaftlichen Schaden eines Angriffs mildern und die Wiederherstellung von Systemen unterstützen könnte. Neben technischen Schutzmaßnahmen wie Firewalls, regelmäßigen Backups und Mitarbeiterschulungen spielt eine Cyberversicherung eine unverzichtbare Rolle im Krisenfall, da sie nicht nur Kosten für technische Wiederherstellungen deckt, sondern auch Rechtskosten und mögliche Entschädigungen. Die Notwendigkeit einer solchen Absicherung nimmt stetig zu, da die Komplexität der Angriffe wächst und viele Apotheken noch nicht ausreichend auf die neuen Bedrohungen vorbereitet sind.
Ein weiterer gravierender Einschnitt für die Branche ist das sogenannte Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieses Urteil hat die Apothekenbranche massiv erschüttert, da es zu einer Anpassung der Rabatte durch die Großhändler führte, auf die Apotheken bisher angewiesen waren. Skonti sind im Geschäft mit Arzneimitteln ein bedeutender Bestandteil des Geschäftsmodells, da sie Apotheken in ihrer engen Kostenstruktur ein wenig finanziellen Spielraum verschaffen. Seit der Umsetzung des Urteils haben zahlreiche Großhändler die gewährten Skonti deutlich gekürzt, was viele Apotheken empfindlich trifft. Besonders kleinere Apotheken, die ohnehin um das wirtschaftliche Überleben kämpfen, sind von den finanziellen Einbußen stark betroffen. Der entgangene Rohgewinn durch die gesenkten Skonti zwingt viele Betreiber dazu, andere Einsparmaßnahmen zu erwägen oder Preisanpassungen für Selbstzahlerleistungen vorzunehmen. Angesichts steigender Betriebskosten und sinkender Einnahmen wächst die Sorge, dass diese Entwicklung die Versorgungssicherheit gefährden könnte, wenn kleinere Apotheken in finanzielle Not geraten oder sogar schließen müssen.
Auf internationaler Ebene wird derzeit der amerikanische »Biosecure Act« diskutiert, der potenziell weitreichende Folgen für die globale Arzneimittelversorgung haben könnte. Dieses Gesetz zielt darauf ab, die Zusammenarbeit von westlichen und chinesischen Biotechnologieunternehmen einzuschränken. Die USA befürchten, dass die chinesische Regierung Zugriff auf Forschungs- und Entwicklungsdaten nehmen könnte, wenn diese Kooperationen fortbestehen. Der »Biosecure Act« sieht vor, dass Unternehmen, die weiterhin mit chinesischen Partnern kooperieren, von Bundesaufträgen in den USA ausgeschlossen werden. Diese Maßnahme könnte die internationale Pharma- und Biotechbranche vor eine Zerreißprobe stellen, da viele Firmen stark in globale Netzwerke eingebunden sind und eine Entflechtung erhebliche wirtschaftliche Folgen hätte. Deutsche Unternehmen, die im internationalen Markt agieren, wären davon ebenso betroffen und könnten gezwungen sein, ihre Strategie neu auszurichten. Dies könnte in der Folge auch zu Lieferengpässen bei Medikamenten führen, da die pharmazeutischen Lieferketten noch anfälliger für Störungen werden könnten.
In Deutschland selbst sieht sich die Bevölkerung im Herbst mit einer ungewöhnlich hohen Zahl an Atemwegserkrankungen konfrontiert. Das Robert Koch-Institut meldete kürzlich, dass in der letzten Oktoberwoche rund sechs Millionen Menschen an akuten Atemwegsinfektionen litten. Besonders Rhinoviren und Coronaviren sind dabei die dominierenden Erreger. Apotheken nehmen in dieser Situation eine entscheidende Rolle ein, da sie oft die erste Anlaufstelle für Betroffene sind und durch Beratung und Produktempfehlungen zur Prävention beitragen können. Die hohe Belastung des Gesundheitssystems, mit überfüllten Arztpraxen und langen Wartezeiten, führt dazu, dass Apotheken für die schnelle und niederschwellige Versorgung immer wichtiger werden. Sie leisten somit einen unverzichtbaren Beitrag zur Entlastung des Systems und zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung.
Ein Thema, das oft im Schatten größerer Gesundheitsdebatten steht, ist der Eisenmangel, der viele Menschen betrifft, jedoch häufig unentdeckt bleibt. Eisen ist ein essenzielles Spurenelement und entscheidend für viele körperliche Funktionen, darunter die Blutbildung und der Sauerstofftransport. Die Symptome eines Eisenmangels – Blässe, Müdigkeit, Infektanfälligkeit – sind unspezifisch und werden oft als allgemeiner Stress oder Erschöpfung abgetan. Dies führt dazu, dass ein Eisenmangel oft erst spät diagnostiziert wird. Apotheken können hierbei wertvolle Aufklärungsarbeit leisten und passende Produkte zur Nahrungsergänzung anbieten, um Betroffenen zu helfen, ihre Eisenwerte zu stabilisieren und die Lebensqualität zu verbessern.
Auch die WHO hat sich jüngst mit einer neuen Prioritätenliste zur Impfstoffentwicklung positioniert, die auf endemische Krankheitserreger abzielt. Diese Liste soll die weltweiten Bemühungen zur Reduzierung der Krankheitslast vorantreiben und den Zugang zu Impfungen verbessern. Im Rahmen der Immunisierungsagenda 2030 verfolgt die WHO das Ziel, eine hohe Durchimpfungsrate für verschiedene endemische Erreger zu erreichen. Apotheken könnten bei der Verbreitung und Verfügbarkeit dieser Impfstoffe eine zentrale Rolle übernehmen, was insbesondere in Regionen mit weniger ausgeprägter medizinischer Infrastruktur wichtig wäre.
Neben den konkreten gesundheitlichen Herausforderungen nimmt die mentale Belastung durch eine allgegenwärtige Krisenstimmung in der Bevölkerung zu. Immer mehr Menschen erleben ein Gefühl des »Weltschmerzes«, das durch die dauerhafte Präsenz von Negativnachrichten und globalen Krisen verstärkt wird. Dieser psychische Druck führt zu einer Form der Erschöpfung, die das Wohlbefinden vieler Menschen beeinträchtigt. Apotheken sind zunehmend gefordert, auch bei der mentalen Gesundheit ihrer Kunden unterstützend tätig zu werden und Hilfsangebote zu vermitteln, die Entlastung und Stressbewältigung fördern können.
Inmitten dieser komplexen und teils bedrückenden Themen sieht sich die deutsche Apothekenbranche mit erheblichen politischen Herausforderungen konfrontiert. Nach dem Zerfall der Ampelkoalition herrscht in der Gesundheitsbranche Unsicherheit, da viele geplante Reformen nun ungewiss sind. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) fordert angesichts dieser Instabilität eine rasche politische Neuordnung, um der Branche wieder Planungssicherheit zu geben. Die Apotheken stehen in einem Spannungsfeld zwischen gesetzlichen Anforderungen und wirtschaftlichen Belastungen, und der plötzliche politische Wandel könnte für viele kleinere Apotheken ein Überlebensthema werden. Insbesondere das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) steht erneut zur Debatte. In Bayern hat die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) kürzlich ein starkes Signal gesetzt, indem sie sich gegen das Konzept der „Apotheke light“ stellte, das als Bedrohung für die bestehende Apothekenstruktur wahrgenommen wird. Die angespannte politische Lage und die Ungewissheit über zukünftige Gesetze und Rahmenbedingungen fordern von der Apothekenbranche nun eine klare Positionierung und verstärkte Lobbyarbeit.
Die Kampagne „Mission: Apotheke vor Ort“ versucht indessen, auf die Bedeutung der Vor-Ort-Apotheken aufmerksam zu machen und Missstände im Gesundheitssystem zu thematisieren. Initiator Ariel Wagner hat mit seinen Mitstreitern über soziale Medien viel Aufmerksamkeit generiert und zielt darauf ab, politische Veränderungen herbeizuführen. Dies zeigt, wie wichtig und zugleich schwierig es für Apotheken ist, sich in der aktuellen Lage Gehör zu verschaffen.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus den USA wirft ein Schlaglicht auf die dramatischen Folgen von Apothekenschließungen. Gerade für chronisch Kranke führt das Wegfallen von Vor-Ort-Apotheken zu gefährlichen Versorgungslücken, die von Versandapotheken nur unzureichend geschlossen werden können. Die deutsche Apothekenlandschaft sieht sich ebenfalls dieser Herausforderung gegenüber, da der Versandhandel zunehmend Marktanteile gewinnt, jedoch nicht in der Lage ist, die umfassende Versorgung der Vor-Ort-Apotheken zu ersetzen.
Kommentar:
Die Vielzahl der aktuellen Herausforderungen verdeutlicht die prekäre Lage, in der sich Apotheken heute befinden. Die Digitalisierung, die finanzielle Belastung durch juristische Entscheidungen, internationale politische Spannungen und die gesellschaftliche Krisenstimmung lasten schwer auf der Branche. Apotheken sind von der Gesundheitspolitik und der Rechtsprechung direkt abhängig, und es wird immer deutlicher, dass eine umfassende Absicherung, nicht nur im finanziellen, sondern auch im technischen Bereich, unabdingbar ist. Eine Cyberversicherung könnte in der heutigen Zeit den entscheidenden Unterschied machen – nicht nur als Schadensbegrenzung, sondern als Signal, dass Apotheken auf moderne Herausforderungen reagieren.
Auch der politische Wandel in Deutschland stellt Apotheken vor existenzielle Fragen. Der Widerstand gegen das Apotheken-Reformgesetz zeigt, wie sensibel die Versorgungsstruktur ist und wie entscheidend die Apotheken für das deutsche Gesundheitssystem sind. Das Konzept der „Apotheke light“ wird von vielen als Bedrohung wahrgenommen, da es den Eindruck vermittelt, Apotheken könnten durch vereinfachte Strukturen ihre Aufgaben bewältigen, was jedoch die umfassende Versorgung und Beratung für die Bevölkerung infrage stellt
Von Engin Günder, Fachjournalist