Die Digitalisierung hat Apotheken neue Möglichkeiten eröffnet, Patienten besser zu versorgen, effizienter zu arbeiten und Prozesse zu optimieren. Gleichzeitig hat sie jedoch eine neue Ebene von Risiken geschaffen. Cyberkriminelle haben das Gesundheitswesen längst als lukratives Ziel erkannt, da hier besonders sensible Daten verarbeitet werden. Die Folgen eines erfolgreichen Cyberangriffs können verheerend sein: Der Betrieb einer Apotheke könnte zum Erliegen kommen, finanzielle Schäden könnten in die Tausende gehen, und der Vertrauensverlust der Patienten wäre kaum wieder gutzumachen. Während Cyberversicherungen Abhilfe schaffen können, sind diese oft an strenge Bedingungen geknüpft. Betreiber müssen umfassende Sicherheitsmaßnahmen wie regelmäßige Backups, Firewalls und Schulungen des Personals nachweisen. Angesichts der wachsenden Bedrohung durch Ransomware und Phishing-Angriffe wird klar, dass Apotheken ihre IT-Sicherheitsstrategien grundlegend überdenken und verstärken müssen.
Neben den technologischen Herausforderungen belastet der Fachkräftemangel das Gesundheitswesen erheblich. Laut aktuellen Berechnungen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung bleiben jährlich rund 47.400 Stellen unbesetzt. Besonders betroffen sind Physiotherapeuten mit 11.600 offenen Stellen, zahnmedizinische Fachangestellte (7.350) und Pflegekräfte (7.100). Dieser Mangel führt nicht nur zu einer Überlastung der vorhandenen Mitarbeiter, sondern hat auch direkte Auswirkungen auf die Versorgungsqualität. Apotheken, die eng mit diesen Berufsgruppen zusammenarbeiten, spüren die Folgen ebenfalls: Längere Wartezeiten und ein erhöhter Stresslevel für die Teams sind an der Tagesordnung. Um diesem Trend entgegenzuwirken, bedarf es nicht nur attraktiverer Arbeitsbedingungen, sondern auch langfristiger Strategien, etwa durch die gezielte Anwerbung ausländischer Fachkräfte.
Ein weiteres Thema, das in Apotheken für Diskussionen sorgt, ist die Arbeit an verkaufsoffenen Sonntagen. Gerade in der Adventszeit öffnen viele Apotheken ihre Türen, um Kunden zusätzliche Einkaufsmöglichkeiten zu bieten. Doch für die Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) stellt sich die Frage, ob sie rechtlich verpflichtet sind, an solchen Tagen zu arbeiten. Während Arbeitgeber dies oft als selbstverständlich ansehen, pochen viele Arbeitnehmer auf ihr Recht auf einen freien Sonntag. Diese Unklarheiten führen zu Spannungen innerhalb der Teams und werfen die Frage auf, ob klare gesetzliche Regelungen notwendig sind, um den Arbeitsfrieden zu sichern.
Auch Betrugsversuche nehmen zu: In den vergangenen Monaten sind Apotheken verstärkt ins Visier von Betrügern geraten, die gefälschte Rechnungen verschicken. Diese Schreiben wirken täuschend echt und fordern Zahlungen für angebliche Dienstleistungen wie "Google Ads" oder "Yahoo Search". Die Täter nutzen dabei psychologischen Druck durch knappe Zahlungsfristen und Skonto-Angebote, um schnelle Überweisungen zu erzwingen. Für Apotheker wird es zunehmend wichtig, Rechnungen sorgfältig zu prüfen und ihre Teams für solche Betrugsmaschen zu sensibilisieren.
Neben solchen direkten Angriffen sehen sich Apotheker auch mit anderen Herausforderungen konfrontiert, etwa im Bereich der Gebäude- und Betriebssicherung. Die Investition in Wärmepumpen, die als nachhaltige Technologie gelten, gewinnt an Bedeutung. Doch der Schutz dieser Anlagen vor Schäden erfordert spezialisierte Versicherungslösungen. Anbieter wie Allianz und Signal Iduna bieten maßgeschneiderte Policen, um den spezifischen Bedürfnissen von Apothekenbetreibern gerecht zu werden. Dabei überzeugen besonders kostengünstige Zusatzbausteine, die Flexibilität und umfassenden Schutz bieten.
Dass interne Kontrollmechanismen essenziell sind, zeigt ein aktueller Fall aus Bremen. Eine approbierte Mitarbeiterin manipulierte über zwei Jahre hinweg systematisch Preise im Warenwirtschaftssystem, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen. Der Betrug wurde erst durch eine interne Prüfung aufgedeckt. Die Inhaberin der Apotheke reagierte mit einer fristlosen Kündigung, doch die juristische Auseinandersetzung um eine Abfindung läuft weiter. Solche Vorfälle verdeutlichen, wie wichtig es ist, sowohl technologische als auch organisatorische Maßnahmen zur Betrugsprävention zu implementieren.
Im ländlichen Raum hingegen kämpfen Apotheken mit anderen Problemen. Im Fichtelgebirge wurde kürzlich ein traditionsreicher Standort geschlossen. Die Betreiber entschieden sich, ihre Ressourcen auf zwei verbleibende Apotheken zu konzentrieren, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Dieser Schritt zeigt, wie groß der Druck auf Apotheken in strukturschwachen Regionen ist. Die Schließung eines Standortes bedeutet oft einen erheblichen Verlust an Versorgungssicherheit für die Bevölkerung und stellt die Politik vor die dringende Aufgabe, ländliche Apotheken besser zu unterstützen.
Kommentar:
Die Vielschichtigkeit der Herausforderungen, vor denen Apotheken heute stehen, ist beispiellos. Cyberkriminalität, Fachkräftemangel, wirtschaftliche Zwänge und wachsende bürokratische Belastungen – all das trifft auf eine Branche, die für die Gesundheitsversorgung in Deutschland unverzichtbar ist. Doch die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen scheinen diesen Anforderungen nicht gewachsen zu sein.
Cyberangriffe auf Apotheken sind kein hypothetisches Szenario mehr. Die zunehmende Vernetzung und die Abhängigkeit von digitalen Systemen haben Apotheken zu einem bevorzugten Ziel für Kriminelle gemacht. Der Einsatz von Cyberversicherungen ist ein sinnvoller Schritt, aber ohne eine grundlegende Verbesserung der IT-Sicherheitsstandards bleibt das Risiko bestehen. Hier sind nicht nur die Betreiber gefordert, sondern auch die Politik, die finanzielle Förderungen für Sicherheitsmaßnahmen und Schulungen bereitstellen sollte.
Der Fachkräftemangel ist ein weiteres drängendes Problem, das nicht nur Apotheken, sondern das gesamte Gesundheitssystem betrifft. Die Zahlen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung sind alarmierend und zeigen, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Es bedarf einer umfassenden Reform der Arbeitsbedingungen, einer verbesserten Bezahlung und der Möglichkeit, ausländische Fachkräfte schneller zu integrieren. Apotheken könnten hier eine Vorreiterrolle einnehmen, indem sie gezielt Programme zur Weiterbildung und Integration initiieren.
Die Arbeit an verkaufsoffenen Sonntagen ist ein Thema, das exemplarisch für die fehlende Balance zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen steht. PTAs und andere Angestellte in Apotheken leisten tagtäglich wichtige Arbeit und haben Anspruch auf klare Regelungen, die ihre Rechte schützen und gleichzeitig den Betrieb sicherstellen. Ohne solche Regelungen könnten Konflikte innerhalb der Teams zunehmen und die ohnehin belastete Arbeitsatmosphäre weiter verschlechtern.
Die Betrugsmaschen, mit denen Apotheken konfrontiert werden, sind ein weiteres Beispiel dafür, wie wichtig interne Sensibilisierungsmaßnahmen sind. Betreiber müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter in der Lage sind, gefälschte Rechnungen zu erkennen und solche Vorfälle zu melden. Gleichzeitig sollte der Gesetzgeber strengere Maßnahmen ergreifen, um solche Betrüger effektiver zu verfolgen.
Die Schließung von Apotheken im ländlichen Raum ist jedoch das vielleicht drängendste Problem. Hier zeigt sich, dass die wirtschaftlichen Zwänge viele Betreiber zu Entscheidungen zwingen, die weitreichende Folgen für die Gesundheitsversorgung haben. Die Politik muss dringend handeln und Anreize schaffen, damit Apotheken in diesen Regionen bestehen bleiben können. Ob durch finanzielle Unterstützung, Steuererleichterungen oder andere Maßnahmen – ohne ein entschlossenes Eingreifen droht eine Erosion der Versorgungsstruktur, die nur schwer rückgängig zu machen ist.
Insgesamt steht die Apothekerschaft an einem Scheideweg. Die kommenden Jahre werden entscheiden, ob Apotheken ihre zentrale Rolle im Gesundheitssystem behalten oder ob sie zunehmend von digitalen Lösungen und Großanbietern verdrängt werden. Doch eines ist klar: Ohne Unterstützung von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft ist die Zukunft der Apotheken gefährdet. Es ist Zeit für einen entschlossenen Schulterschluss, um die Weichen für eine sichere und nachhaltige Zukunft zu stellen.
Von Engin Günder, Fachjournalist