Die Apothekenbranche sieht sich zunehmend mit Herausforderungen konfrontiert, die die Existenz vieler Betriebe gefährden könnten. Dabei ist das Thema Vergütung von zentraler Bedeutung, insbesondere in Bezug auf die seit Jahren eingefrorenen Honorare für Apothekeninhaber. Trotz zahlreicher Bemühungen, die Vergütungssysteme anzupassen, sind die Fortschritte eher bescheiden geblieben. Ein Umdenken scheint dringend erforderlich, da viele Apothekenbetreiber in ihrer wirtschaftlichen Realität zunehmend an die Grenzen stoßen.
Die Diskussionen innerhalb der ABDA und ihrer Mitgliedsorganisationen spiegeln diese Spannungen wider. Während die Organisationen offiziell als Einheit auftreten, gibt es in der Praxis unterschiedliche Stimmen und Strategien. Einige Apotheker sind überzeugt, dass die Bemühungen, eine pauschale Erhöhung der Vergütung zu erreichen, eine Illusion bleiben. Andere sehen die Fehler darin, dass man sich zu stark auf diese Forderungen verlassen hat, ohne gleichzeitig nachhaltige Veränderungen innerhalb des eigenen Betriebs vorzunehmen. Der Slogan „Unisono sieht anders aus“ trifft es treffend: Es gibt keine einheitliche Front, sondern vielmehr einen Flickenteppich an Meinungen, der die Apothekenvertretung schwächt.
Besonders brisant ist die Tatsache, dass die Vergütung für Apotheker seit 20 Jahren eingefroren ist. Dies hat nicht nur die wirtschaftliche Grundlage vieler Apotheken gefährdet, sondern auch den Druck auf die Inhaber verstärkt. Während sich die Betriebskosten kontinuierlich erhöhten und neue Anforderungen an die Apotheker gestellt wurden – von der Digitalisierung über das zunehmende Angebot an Gesundheitsdienstleistungen bis hin zu den immer komplexeren rechtlichen Anforderungen –, bleibt das Honorar unverändert. Hier zeigt sich ein zentrales Problem der Branche: Der finanzielle Rahmen reicht nicht aus, um die gewachsenen Aufgaben und die steigenden Betriebsausgaben zu decken.
Doch was bedeutet diese Situation für die Apothekenbetreiber? Die Realität ist, dass viele Apotheken heute nicht mehr ohne weiteres wirtschaftlich betrieben werden können. Die pauschale Hoffnung auf eine Erhöhung der Vergütung durch die ABDA oder politische Entscheidungsträger stellt sich immer mehr als naiv heraus. Das System der Vergütung ist zu starr, um auf die dynamischen Veränderungen im Gesundheitswesen schnell reagieren zu können. Apothekeninhaber müssen erkennen, dass die Lösung nicht in einer passiven Haltung gegenüber politischen Entscheidungen liegt, sondern in einer aktiven Auseinandersetzung mit der eigenen betrieblichen Struktur und einer strategischen Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells.
Die Apotheker müssen ihr Geschäftsmodell neu denken. Es reicht nicht mehr aus, lediglich Medikamente zu verkaufen und auf eine generelle Vergütungserhöhung zu hoffen. Angesichts der finanziellen Engpässe müssen Apothekenbetreiber verstärkt auf interne Optimierung setzen, etwa durch den verstärkten Einsatz von Digitaltechnik, die Einführung von zusätzlichen Serviceleistungen oder die Suche nach neuen Einnahmequellen. Die klassische Apotheke als reine Abgabestelle für Medikamente ist ein Modell, das angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen immer weniger zukunftsfähig ist. Stattdessen müssen Apotheken als Dienstleistungsunternehmen agieren, das mehr bietet als nur Arzneimittel.
Der Wettbewerb innerhalb des Gesundheitsmarktes nimmt zu, und gerade Apotheken, die auf traditionelle Geschäftsmodelle setzen, sehen sich einer wachsenden Bedrohung durch Online-Apotheken und andere Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen ausgesetzt. Es ist dringend erforderlich, dass Apothekeninhaber ihre Betriebe als Unternehmer führen, die nicht nur auf die Veränderungen im Markt reagieren, sondern diesen aktiv mitgestalten.
Kommentar:
Die jüngste Entwicklung in der Apothekenbranche ist eine ernüchternde Bestätigung für die anhaltenden Herausforderungen der Apothekenvergütung. Seit Jahren hat sich eine Debatte um eine pauschale Erhöhung der Vergütung etabliert – ein Traum, der bislang nicht in Erfüllung ging. Die Zahl der Apotheken, die wirtschaftlich nicht mehr tragfähig sind, wächst, und es ist absehbar, dass dieser Trend sich noch verstärken wird, wenn keine radikalen Veränderungen stattfinden.
Es ist zu hinterfragen, ob die ABDA und ihre Mitgliedsorganisationen in der Vergangenheit wirklich die richtigen Maßnahmen ergriffen haben, um den Betrieb der Apotheken langfristig zu sichern. Ein pauschales Eingreifen durch politische Akteure oder eine schnelle Vergütungserhöhung durch die ABDA war und ist keine nachhaltige Lösung. Der Markt verändert sich dynamisch, die Apotheken sind einem zunehmenden Wettbewerb ausgesetzt, und die Aufgaben, die an sie gestellt werden, sind vielfältiger geworden. Es ist naiv zu glauben, dass eine einfache Erhöhung der Vergütung diese Herausforderungen lösen kann. Vielmehr geht es darum, die Apotheken als wirtschaftliche Akteure zu begreifen, die ihre eigenen Betriebe aktiv steuern müssen.
Die Apotheken müssen sich zunehmend als Unternehmen im Gesundheitssektor verstehen, die Innovationen integrieren, digitale Dienstleistungen anbieten und den Servicegedanken in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Dabei reicht es nicht aus, die gewohnten Prozesse fortzusetzen und zu hoffen, dass sich irgendwann eine Lösung von außen ergibt. Vielmehr müssen Apotheker lernen, ihre Ressourcen sinnvoll zu bündeln und gleichzeitig ihre Dienstleistungen zu erweitern. Dies umfasst den Ausbau von Beratungsangeboten, die Einführung von Präventionsleistungen und die Integration von digitalen Lösungen, die nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch zusätzliche Einnahmequellen erschließen können.
Die Tatsache, dass die Vergütung seit Jahrzehnten eingefroren ist, zeigt, wie schwerfällig das System reagiert. Es ist höchste Zeit, dass die Apothekenbetreiber die Initiative ergreifen und ihre Geschäftsmodelle weiterentwickeln. Es geht nicht nur um die Anpassung der Honorare, sondern auch um die Frage, wie Apotheken in Zukunft als unverzichtbare Akteure im Gesundheitswesen wahrgenommen werden können. Eine solche Neuausrichtung erfordert eine klare Vision und die Bereitschaft, den eigenen Betrieb umfassend zu überdenken und zu optimieren. Die Zeit der passiven Hoffnungen ist vorbei – jetzt sind eigenständige Lösungen gefragt.
Von Engin Günder, Fachjournalist