Die Formulierung von Stellenanzeigen wird für Arbeitgeber zunehmend zu einem rechtlichen Minenfeld. Besonders Begriffe wie „junges und dynamisches Team“, „Berufsanfänger“ oder „langjährige Erfahrung“ stehen unter kritischer Beobachtung, da sie leicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen können. Das Gesetz schützt vor Diskriminierung aufgrund von Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung und weiteren Kriterien. Arbeitgeber, die solche Begriffe verwenden, laufen Gefahr, diskriminierende Botschaften auszusenden, die teure Konsequenzen nach sich ziehen können.
Die Gerichte haben hierzu bereits mehrfach Stellung bezogen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied etwa, dass die Bezeichnung „Hochschulabsolventen/Young Professionals“ in einer Stellenanzeige als altersdiskriminierend einzustufen ist. Ein 36-jähriger Bewerber, der sich abgelehnt fühlte, klagte erfolgreich auf Entschädigung. Das Gericht sah in der Formulierung eine Benachteiligung aufgrund des Alters und sprach dem Kläger eine finanzielle Entschädigung zu (BAG, Urteil vom 24. Januar 2013, Az. 8 AZR 429/11).
Auch weniger offensichtliche Diskriminierungen können rechtliche Konsequenzen haben. So bewertete das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg eine Anzeige, in der ein „junges, hochmotiviertes Team“ beschrieben wurde, als mittelbar altersdiskriminierend. Ein 61-jähriger Bewerber, der nach einer Absage klagte, erhielt eine Entschädigung in Höhe von zwei Bruttomonatsgehältern. Die Begründung des Gerichts: Die Formulierung suggeriere, dass ältere Arbeitnehmer nicht in das Team passen könnten (LAG Nürnberg, Urteil vom 27. Mai 2020, Az. 2 Sa 1/20).
Diese Urteile zeigen deutlich, dass Arbeitgeber jede Formulierung in Stellenanzeigen mit äußerster Sorgfalt wählen müssen. Das gilt besonders für Apothekenbetreiber, die in einem von Fachkräftemangel geprägten Arbeitsmarkt agieren. Diskriminierende oder missverständliche Begriffe können nicht nur potenzielle Bewerber abschrecken, sondern auch zu teuren Rechtsstreitigkeiten führen. So kann bereits die Angabe, dass Bewerber „null bis zwei Jahre Berufserfahrung“ mitbringen sollen, als mittelbare Altersdiskriminierung ausgelegt werden. Auch hier entschied das BAG, dass solche Formulierungen problematisch sind und potenziell diskriminierend wirken können (Urteil vom 19. Mai 2016, Az. 8 AZR 470/14).
Rechtsexperten raten dazu, Formulierungen strikt an den beruflichen Anforderungen auszurichten und allgemeine Begriffe wie „jung“, „dynamisch“ oder „Berufsanfänger“ zu vermeiden. Stattdessen sollten die Aufgaben und benötigten Kompetenzen klar beschrieben werden, etwa „Erfahrung im Umgang mit Rezepturen“ oder „Kenntnisse in der Anwendung von Apothekensoftware“. Eine abschließende Prüfung der Stellenanzeige durch juristische Fachleute kann zusätzlich helfen, Risiken zu minimieren.
Für Apothekenbetreiber, die häufig mit Fachkräftemangel und steigendem Wettbewerbsdruck zu kämpfen haben, ist die Schaffung einer diskriminierungsfreien und einladenden Ansprache besonders wichtig. Sie ermöglicht nicht nur den Zugang zu einem breiteren Bewerberkreis, sondern unterstreicht auch die gesellschaftliche Verantwortung der Branche.
Kommentar:
Die Diskussion über diskriminierende Formulierungen in Stellenanzeigen ist nicht neu, gewinnt jedoch angesichts der wachsenden Sensibilität für Gleichbehandlung und Inklusion immer mehr an Bedeutung. Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, einerseits attraktive und spezifische Anzeigen zu erstellen und andererseits rechtliche Risiken zu vermeiden. Für Apothekenbetreiber ist dies eine Gratwanderung, da sie in einem stark regulierten Markt tätig sind und gleichzeitig unter erheblichem Druck stehen, qualifiziertes Personal zu finden.
Es zeigt sich, dass jede Formulierung nicht nur die Zielgruppe einer Anzeige beeinflusst, sondern auch das Bild des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit prägt. Begriffe wie „junges Team“ oder „Berufsanfänger“ mögen auf den ersten Blick harmlos erscheinen, vermitteln aber unterschwellig Ausschlusskriterien, die Bewerber demotivieren können. Besonders ältere Bewerber, die oft über wertvolle Erfahrung verfügen, könnten sich dadurch ausgeschlossen fühlen. Dies steht nicht nur im Widerspruch zu den Vorgaben des AGG, sondern wirkt sich auch nachteilig auf die Attraktivität des Unternehmens aus.
Apothekenbetreiber sollten in diesem Kontext eine Vorreiterrolle einnehmen. Als zentrale Akteure im Gesundheitswesen tragen sie eine gesellschaftliche Verantwortung, die sich auch in ihrem Recruiting widerspiegeln sollte. Diskriminierungsfreie Formulierungen sind nicht nur eine rechtliche Pflicht, sondern auch ein Signal an potenzielle Mitarbeiter, dass Vielfalt und Gleichberechtigung in der Unternehmenskultur gelebt werden. Dies ist in Zeiten des Fachkräftemangels ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.
Gleichzeitig gilt es, die Anforderungen an die zu besetzende Stelle klar und präzise zu formulieren. Wer potenzielle Mitarbeiter nicht anhand von Alter oder Geschlecht bewertet, sondern ihre Fähigkeiten und Kompetenzen in den Mittelpunkt stellt, gewinnt nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern auch das Vertrauen eines vielfältigen Bewerberkreises. Apothekenbetreiber, die diese Chance nutzen, stärken langfristig nicht nur ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit, sondern tragen auch dazu bei, den Arbeitsmarkt insgesamt inklusiver zu gestalten.
Von Engin Günder, Fachjournalist