In der komplexen Welt der Apothekenbetriebe spielt ein umfassender Versicherungsschutz eine zentrale Rolle, um sowohl die kontinuierliche Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten zu gewährleisten als auch den finanziellen Fortbestand der Apotheken zu sichern. Trotz ihrer entscheidenden Bedeutung werden Versicherungen oft vernachlässigt oder nicht optimal gestaltet, was Apothekenbetreiber im Schadensfall vor große Herausforderungen stellen kann. Ein grundlegendes Missverständnis entsteht häufig durch die Unterschätzung des Zeitwertersatzes, der in vielen Policen verankert ist. Diese Klauseln versprechen zunächst einen Ersatz zum Neuwert, beschränken die Erstattung jedoch auf den Zeitwert für Geräte, die ein gewisses Alter erreicht haben. Diese Regelung kann für Apotheken, die auf spezielle, oft teure medizinische Ausrüstungen angewiesen sind, zu unerwarteten finanziellen Belastungen führen.
Unterversicherung ist ein weiteres, weit verbreitetes Problem. Durch saisonale Schwankungen, wie erhöhte Nachfrage nach Grippeimpfstoffen im Herbst oder Allergiemedikamenten im Frühjahr, kann der tatsächliche Wert des Lagerbestands schnell die Deckungssumme überschreiten. In einem solchen Fall würden im Schadensereignis nicht alle Verluste abgedeckt, was die finanzielle Stabilität der Apotheke gefährdet. Die Lösung liegt in einer engen Kommunikation mit dem Versicherer und einer regelmäßigen Anpassung der Policen an die aktuelle Lagerwertentwicklung.
Die Meldepflichten nach einem Schaden stellen eine zusätzliche Herausforderung dar. Apotheker müssen nach einem Vorfall nicht nur den Betrieb schnellstmöglich wiederherstellen, sondern auch komplexe, zeitsensitive Meldeprozesse managen. Verspätete oder fehlerhafte Meldungen können zu Strafen führen und den Versicherungsschutz gefährden. Moderne Versicherungskonzepte, die flexiblere Meldefristen und vereinfachte Verfahren anbieten, können hier Abhilfe schaffen und den Apothekern ermöglichen, sich auf die Wiederherstellung des Betriebs zu konzentrieren.
Die steigenden Anforderungen an die Cybersicherheit, besonders im Licht der DSGVO und des bevorstehenden NIS-2-Gesetzes, haben die Notwendigkeit von Cyberpolicen in den Vordergrund gerückt. Diese Policen sind essenziell, um den Schutz sensibler Patientendaten zu gewährleisten und rechtliche Unterstützung im Falle eines Cyberangriffs zu bieten, eine Ressource, die besonders in kleineren Apotheken mit limitierten IT-Ressourcen von unschätzbarem Wert ist.
Konflikte bei Gutachterverfahren nach einem Schaden können ebenfalls problematisch sein. Die Bewertungen durch Versicherungsgutachter und die strengen Anforderungen der Apothekenaufsicht können divergieren. Policen, die die Einschätzungen der Apothekenaufsicht priorisieren, sind daher von Vorteil, da sie Konflikte minimieren und eine zügige Schadensabwicklung fördern.
Schließlich ist die Betriebsunterbrechungsversicherung von großer Bedeutung. Viele Standardpolicen bieten nicht genügend Deckung, um die Verluste durch längere Schließungen, die durch strenge Hygienevorschriften und behördliche Überprüfungen verursacht werden, zu kompensieren. Apotheken benötigen daher speziell angepasste Versicherungslösungen, die eine angemessene Deckungssumme bereitstellen, um finanzielle Einbußen effektiv abzufedern.
Kommentar:
Der Aufbau eines umfassenden Versicherungsschutzes ist für Apotheken nicht nur eine Frage der Compliance, sondern eine grundlegende Notwendigkeit für den nachhaltigen Geschäftserfolg. Apotheker stehen täglich vor der Herausforderung, ihre Geschäfte gegen eine Vielzahl von Risiken abzusichern, von Naturkatastrophen über technische Defekte bis hin zu Cyberangriffen. Eine proaktive Herangehensweise an das Versicherungsmanagement – die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Policen, eine klare Kommunikation mit den Versicherern und das Verständnis für die Feinheiten der verschiedenen Versicherungsoptionen – ist entscheidend. Dies erfordert eine strategische Partnerschaft mit Versicherungsanbietern, die die spezifischen Bedürfnisse des Apothekenbetriebs verstehen und bereit sind, maßgeschneiderte Lösungen zu bieten. Durch eine solche Vorgehensweise können Apotheker nicht nur ihren Betrieb im Schadensfall schnell wiederherstellen, sondern auch die langfristige finanzielle und operationale Stabilität ihrer Apotheken sichern.
Von Engin Günder, Fachjournalist