In Deutschland erlebt die Apotheke vor Ort eine tiefgreifende Transformation. Ursprünglich als reine Verkaufsstelle für Medikamente etabliert, sind Apotheken heute zu digital vernetzten Dienstleistern im Gesundheitswesen avanciert. Diese Entwicklung bringt neue gesetzliche Aufgaben und steigende Erwartungen seitens der Gesundheitspolitik mit sich. Vor allem die Digitalisierung zentraler Betriebsprozesse und der Wandel im Patientenverhalten haben die Anforderungen an Apotheken grundlegend verändert. Diese zunehmende Komplexität der Aufgaben und die wachsende Haftung bedingen auch ein erhöhtes Betriebsrisiko, das durch herkömmliche Versicherungspolicen oft nicht mehr ausreichend abgedeckt wird.
Gleichzeitig zeichnet sich eine neue Dynamik im Markt der rezeptfreien Arzneimittel ab. Die Drogeriekette dm sorgt hier für Aufsehen, indem sie in einer Verbraucherumfrage bereits als zweitbeliebtester Anbieter für rezeptfreie Medikamente im Internet genannt wird – und das, obwohl das Unternehmen sein Online-OTC-Geschäft bislang nur in Tschechien testet und in Deutschland noch nicht aktiv ist. Diese Entwicklung könnte eine Verschiebung der Marktanteile einleiten, die bisher von etablierten Versandapotheken wie DocMorris dominiert wurden.
Juristische und ethische Fragen werden auch im Umgang mit elektronischen Gesundheitskarten (eGK) relevant. Ein Urteil des Landgerichts Magdeburg hat im Februar 2021 die Praxis eines Unternehmers untersagt, eGK von Versicherten zu sammeln und zu Arztpraxen zu transportieren. Dieses Urteil verdeutlicht die Sensibilität im Umgang mit persönlichen Gesundheitsinformationen und die rechtlichen Grenzen, die dabei zu beachten sind.
Zudem ist in Deutschland die flächendeckende Arbeitszeiterfassung eingeführt worden, basierend auf einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das wiederum auf einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs fußt. Diese Maßnahme soll die Einhaltung von Arbeitszeitvorgaben effektiv kontrollieren und dadurch sowohl die Gesundheit der Arbeitnehmer schützen als auch eine faire Vergütung sicherstellen.
Vor dem Hintergrund zunehmender globaler Spannungen und der aggressiven Außenpolitik Russlands hebt Janosch Dahmen, Gesundheitsexperte der Grünen und Mitglied des Bundestages, hervor, dass das deutsche Gesundheitssystem dringend für extreme Notfallsituationen gerüstet werden muss. Dies erfordert eine radikale Überarbeitung der bestehenden Notfallpläne, um auf militärische Bedrohungen vorbereitet zu sein.
Ein wirtschaftliches Tief erlebt derweil die Geratherm Medical AG, ein Hersteller medizinischer Messgeräte. Seit über einem Jahr kämpft das Unternehmen mit einer tiefgreifenden Krise, ausgelöst durch den Verlust eines Großkunden und den Rückzug ihres amerikanischen Vertriebspartners. Dies hat zu erheblichen Umsatzeinbußen geführt und zwingt das Unternehmen, Kurzarbeit am Standort Geratal fortzusetzen.
Die Digitalisierungsdefizite in Pflegeheimen, besonders in der Handhabung elektronischer Gesundheitskarten, stellen heimversorgende Apotheken vor signifikante Herausforderungen. Die Karten sind für die Medikamentenverwaltung unerlässlich, doch deren Handhabung bindet Personal und Ressourcen, die anderweitig dringend benötigt würden.
Parallel dazu hat in Deutschland die Zahl der Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen zugenommen. Im Jahr 2024 stiegen die Fehltage aufgrund psychischer Diagnosen auf 342 Tage je 100 Beschäftigte, ein Anstieg von fast 6% im Vergleich zum Vorjahr. Besonders betroffen sind Berufsgruppen wie Kita-Mitarbeiter und Pflegepersonal, die eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Ausfalltagen verzeichnen. Dies unterstreicht die wachsende Herausforderung im Bereich der mentalen Gesundheit innerhalb der deutschen Arbeitswelt.
Kommentar:
Die beschriebenen Entwicklungen in der deutschen Apothekenlandschaft und darüber hinaus spiegeln eine tiefgreifende Transformation wider, die weit über den Gesundheitssektor hinausgeht. Die zunehmende Digitalisierung und die sich ändernden Verbrauchererwartungen zwingen traditionelle Einrichtungen wie Apotheken, ihre Geschäftsmodelle radikal zu überdenken. Doch während die Digitalisierung Effizienz und Zugänglichkeit verbessern kann, bringt sie auch neue Risiken mit sich, besonders im Hinblick auf Datenschutz und Cybersicherheit.
Das Beispiel der Geratherm Medical AG verdeutlicht, wie externe Wirtschaftsfaktoren – wie der Verlust von Großkunden und strategischen Partnern – selbst etablierte Unternehmen in die Krise stürzen können. Hier zeigt sich die Notwendigkeit, dass Unternehmen flexibel bleiben und sich kontinuierlich anpassen müssen, um wirtschaftlich überlebensfähig zu bleiben.
Die Einführung der flächendeckenden Arbeitszeiterfassung und der Anstieg der psychischen Erkrankungen sind Indikatoren dafür, dass die Arbeitswelt im Umbruch ist. Diese Entwicklungen fordern nicht nur die Gesundheitssysteme heraus, sondern auch die Politik, die gefordert ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, die sowohl die Gesundheit der Arbeitnehmer schützen als auch eine faire und gerechte Arbeitswelt fördern.
Vor dem Hintergrund globaler Unsicherheiten und der potenziellen Bedrohung durch militärische Konflikte wird zudem die Notwendigkeit deutlich, dass Sicherheitsvorkehrungen und Notfallpläne stets aktuell gehalten und den neuen Gegebenheiten angepasst werden müssen.
All diese Punkte zusammenführend, wird klar, dass wir an einem Wendepunkt stehen, der eine umfassende strategische Neuausrichtung erfordert – sowohl in der Gesundheitsversorgung als auch in anderen Sektoren. Die aktuellen Herausforderungen sind vielschichtig und verlangen nach koordinierten und durchdachten Lösungen, die Sicherheit, Gesundheit und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen berücksichtigen.
Von Engin Günder, Fachjournalist