Das Amtsgericht hatte die Räumungsklage zunächst abgewiesen, während das Landgericht Berlin das Verwandtschaftsverhältnis der Cousins als ausreichend erachtete und der Klage stattgab. Der BGH hob dieses Urteil jedoch auf und stellte klar, dass Cousins nicht zur Familie im Sinne der gesetzlichen Ausnahmen zählen. Der BGH erläuterte, dass der Begriff der „Familie“ in § 577a Abs. 1a S. 2 BGB deckungsgleich mit dem Begriff der „Familienangehörigen“ in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sei. Familienangehörige sind demnach nur diejenigen Personen, denen gemäß § 383 der Zivilprozessordnung (ZPO) und § 52 der Strafprozessordnung (StPO) ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen zusteht. Cousins fallen nicht in diesen privilegierten Personenkreis.
Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Gesetzgeber innerhalb der Familie typischerweise eine enge persönliche Verbundenheit und gegenseitige Solidarität vermutet. Diese Annahme werde durch das Zeugnisverweigerungsrecht objektiv bestimmt, weshalb es sachgerecht sei, diese Wertung auch bei der Eigenbedarfskündigung anzuwenden.
Dieses Urteil hat weitreichende Bedeutung für Eigenbedarfskündigungen durch Gesellschaften bürgerlichen Rechts und stellt klar, dass nur enge Familienangehörige im Sinne des BGB und der ZPO/StPO unter den Begriff der „Familie“ fallen. Cousins können somit nicht als Begründung für eine Eigenbedarfskündigung herangezogen werden.
BGH, Urteil vom 10.07.2024 – Az. VIII ZR 276/23
Kommentar
Das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs zur Eigenbedarfskündigung ist ein deutliches Signal für die Präzision im Mietrecht. Indem Cousins nicht als Familienangehörige im Sinne der Eigenbedarfskündigung anerkannt werden, zieht der BGH eine klare Linie und vermeidet damit potenzielle Missbrauchsmöglichkeiten. Obwohl diese Entscheidung für Menschen mit engen Bindungen zu ihren Cousins überraschend oder enttäuschend sein mag, ist sie juristisch stringent und konsequent.
Der BGH hat sich auf die Annahme des Gesetzgebers gestützt, dass innerhalb der Familie typischerweise eine enge persönliche Verbundenheit und gegenseitige Solidarität besteht. Diese Annahme wird durch das Zeugnisverweigerungsrecht objektiv bestimmt und sorgt so für eine klare Abgrenzung. Diese Entscheidung stärkt die Rechtssicherheit und schützt Mieter vor möglicherweise unberechtigten Kündigungen, die auf weit entfernte Verwandtschaftsverhältnisse gestützt werden könnten.
Von Engin Günder, Fachjournalist