Die Geschichte der Blutdruckmessung begann im 18. Jahrhundert, als erstmals der Druck in der Arterie eines Pferdes gemessen wurde. Die Entwicklung der nicht-invasiven Messung des systolischen und diastolischen Blutdrucks durch Scipione Riva-Rocci und Nicolai Korotkoff markierte einen Meilenstein in der Medizin. Trotz dieser Fortschritte hielt sich lange die Überzeugung, dass hohe Blutdruckwerte bei älteren und nierenkranken Patienten notwendig seien, um die Organe ausreichend zu durchbluten. Dieser Irrglaube führte zur Bezeichnung „essenzielle Hypertonie“, die heute als „primäre Hypertonie“ bekannt ist.
Ein tragisches Beispiel für die Folgen dieser Fehleinschätzung ist der Tod von Franklin D. Roosevelt, der mit einem Blutdruck von 300/190 mmHg an einem Hirnschlag starb. Sein Arzt erkannte keinen Zusammenhang zwischen den extrem hohen Blutdruckwerten und dem tödlichen Ereignis. Dieses Beispiel unterstreicht die lebensbedrohlichen Risiken, die mit Bluthochdruck verbunden sind.
In Deutschland sind 20 bis 30 Millionen Menschen von Bluthochdruck betroffen. Mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz; drei von vier Menschen zwischen 70 und 80 Jahren leiden darunter. Trotz einer steigenden Zahl von Behandlungen und einer durchschnittlichen Senkung der Blutdruckwerte bleibt das Präventionspotenzial hoch. Ein Fünftel der Betroffenen weiß nichts von seiner Erkrankung.
Doch ab wann spricht man von behandlungsbedürftigem Bluthochdruck? Werte ab 140/90 mmHg gelten als Hypertonie und erfordern eine Bestätigung durch eine 24-Stunden-Blutdruckmessung oder eine Heimblutdruckmessung. Je nach Alter und Begleiterkrankungen können die Grenzwerte für eine Therapie variieren. Erhöhter Blutdruck erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle und Herzinsuffizienz erheblich. Eine unbehandelte Hypertonie kann das Risiko für Demenz um 42 Prozent erhöhen.
Die Zielwerte für den Blutdruck wurden immer wieder diskutiert. Heute werden flexible Zielkorridore zwischen 120/70 und 160/90 mmHg empfohlen, um individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen. Eine partizipative Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient ist entscheidend, um die Therapieziele festzulegen und die Adhärenz zu fördern.
Die Steigerung der Adhärenz ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung der Blutdruckkontrolle. Untersuchungen zeigen, dass weniger als die Hälfte der Hypertonie-Patienten die Therapievorgaben einhalten. Patientenschulungen und Adhärenzschulungen in der Apotheke können das Selbstmanagement verbessern.
Die Therapie der Hypertonie basiert auf nicht-pharmakologischen Maßnahmen wie gesunder Lebensweise und Pharmakotherapie. Letztere beginnt meist mit einer Kombination aus zwei Wirkstoffen in niedriger Dosierung. Zu den bevorzugten Medikamenten gehören Thiazid-Diuretika, ACE-Hemmer, AT₁-Blocker und Calciumkanalblocker. Betablocker werden vor allem bei kardialen Komorbiditäten empfohlen.
Bei therapieresistentem Bluthochdruck können zusätzliche Maßnahmen wie Spironolacton oder Bisoprolol ergriffen werden. Aprocitentan, ein neuer Wirkstoff, bietet seit 2024 eine weitere Option zur Behandlung des therapieresistenten Bluthochdrucks.
Ein gesunder Lebensstil kann das Auftreten von Hypertonie hinauszögern und zukünftige kardiovaskuläre Risiken reduzieren. Patienten sollten korrekt in der Durchführung der Blutdruckmessung geschult werden. Eine antihypertensive Therapie ist oft lebenslang notwendig, und regelmäßige Überprüfungen der Medikation sind sinnvoll.
Apotheker spielen eine wichtige Rolle bei der Betreuung von Patienten mit Hypertonie. Sie informieren über die Erkrankung, die Antihypertensiva und bieten Adhärenzschulungen an. Mit den zur Verfügung stehenden pharmazeutischen Dienstleistungen können sie effektiv zur Bekämpfung der Hypertonie beitragen.
Bluthochdruck bleibt eine der größten Gesundheitsherausforderungen. Durch eine Kombination aus Lifestyle-Modifikationen, korrekter Medikation und gezielter Patientenbetreuung kann das Risiko von Komplikationen deutlich reduziert werden. Eine partizipative Entscheidungsfindung und regelmäßige Adhärenzüberprüfungen sind dabei essenziell.
Kommentar:
Bluthochdruck ist ein stiller Killer, der Millionen von Menschen betrifft und ernsthafte gesundheitliche Risiken birgt. Die Fortschritte in der Diagnostik und Therapie sind beeindruckend, doch der Weg zur optimalen Blutdruckkontrolle ist noch lang. Es ist entscheidend, dass Ärzte und Apotheker eng zusammenarbeiten, um Patienten umfassend zu betreuen. Die partizipative Entscheidungsfindung spielt dabei eine zentrale Rolle, da sie die Adhärenz fördert und individuelle Therapieziele ermöglicht.
Nicht nur die Medikation, sondern auch Lebensstiländerungen sind essenziell, um die Blutdruckwerte zu senken. Es liegt in der Verantwortung des Gesundheitssystems, präventive Maßnahmen stärker zu fördern und Patienten besser zu informieren. Bluthochdruck mag eine Volkskrankheit sein, doch mit den richtigen Strategien und einem kollektiven Engagement kann diese Bedrohung wirksam bekämpft werden.
Von Engin Günder, Fachjournalist