Der Kläger machte den Beklagten allein für den Unfall verantwortlich und argumentierte, dass dieser seine Vorfahrt missachtet habe. Der Beklagte verteidigte sich, indem er behauptete, der Kläger habe die am Unfallort geltende Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometer pro Stunde um mindestens 80 Prozent überschritten.
Das Gericht schloss sich der Argumentation des Beklagten an und urteilte, dass sein Vorfahrtsverstoß angesichts des grob verkehrswidrigen Verhaltens des Klägers vollständig in den Hintergrund trete. Sowohl das Landgericht Cottbus, das in erster Instanz mit dem Fall befasst war, als auch das Brandenburgische Oberlandesgericht als Berufungsinstanz hielten die Schadenersatzklage für unbegründet.
Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger stellte fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls mit mindestens 90 Kilometer pro Stunde statt der erlaubten 50 Kilometer pro Stunde unterwegs war. Es wurde auch vermutet, dass der Kläger zuvor eine Ampel in einer Entfernung von 100 Metern, die sich in Blickrichtung des Beklagten befand, bei Rot passiert haben könnte.
Aufgrund des grob verkehrswidrigen Verhaltens des Klägers konnte der Beklagte nicht mit einer solchen Situation rechnen. Darüber hinaus hatte der Beklagte den Abbiegevorgang fast abgeschlossen, als es zur Kollision kam. Daher wurde ihm keinerlei Mitverschulden an dem Unfall zugeschrieben.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht sah keine Notwendigkeit, eine Revision gegen die Entscheidung zuzulassen. Das Urteil ist somit rechtskräftig.
Dieser Fall wirft wichtige Fragen zur Verantwortlichkeit bei Verkehrsunfällen auf und zeigt, dass auch das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer, wie eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung, bei der Zurechnung der Verantwortung berücksichtigt werden kann. Die Entscheidung könnte Auswirkungen auf die allgemeine Rechtsprechung in ähnlichen Fällen haben.
von Oliver Ponleroy, Fachjournalist