Die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitssektor stellt Apotheken vor neue Herausforderungen in der IT-Sicherheit. Während digitale Prozesse die Effizienz in Apotheken steigern und den Zugang zu Informationen vereinfachen, machen sie sensible Daten auch zu einem begehrten Ziel für Cyberkriminelle. Besonders im Fokus stehen Ransomware-Angriffe, bei denen Schadsoftware den Zugriff auf Systeme blockiert und Lösegeld gefordert wird, um die Daten wieder freizugeben. Die Bedrohung durch solche Angriffe ist im Gesundheitswesen in den letzten Jahren deutlich gestiegen – 2023 verzeichnete der Sektor weltweit durchschnittlich 1.684 Angriffe pro Woche, ein Anstieg von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Deutschland gibt es ebenfalls eine klare Zunahme von Angriffen, obwohl konkrete Zahlen für Apotheken fehlen.
Für Apotheken ist IT-Sicherheit kein bloßer Kostenfaktor, sondern eine betriebswirtschaftliche und ethische Verpflichtung gegenüber den Kunden. Patientendaten gehören zu den sensibelsten Informationen und unterliegen besonders hohen Datenschutzanforderungen. Ein einziger erfolgreicher Angriff kann neben finanziellen Schäden auch massive Imageschäden verursachen. Das Vertrauen der Kunden, das auf einem sicheren Umgang mit ihren Daten basiert, steht auf dem Spiel – ein Verlust, den viele Apotheken nur schwer kompensieren können.
Eine zentrale Maßnahme zur Verbesserung der Cyber-Sicherheit ist die enge Zusammenarbeit mit spezialisierten IT-Dienstleistern. Viele Apotheken setzen auf externe Dienstleister, die jedoch oft nur standardisierte Sicherheitslösungen anbieten. Hier ist es unerlässlich, dass Apotheken auf maßgeschneiderte Konzepte bestehen, die nicht nur Tools beinhalten, sondern auch präventive und reaktive Maßnahmen umfassen. Gemeinsam mit dem IT-Dienstleister sollten Apotheken ein umfassendes Sicherheitskonzept entwickeln, das regelmäßige Systemüberprüfungen, Sicherheitsupdates und präventive Schulungen für das Apothekenpersonal einschließt. Die kontinuierliche Überprüfung der Service-Level-Agreements (SLAs) und regelmäßige Audits können zudem helfen, die Effektivität der umgesetzten Maßnahmen zu gewährleisten und Sicherheitslücken frühzeitig zu identifizieren.
Ein weiterer wichtiger Schutzmechanismus ist die Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA). Apotheken verarbeiten eine Vielzahl sensibler Daten, von Medikamenteninformationen bis hin zu persönlichen Patientendaten. Herkömmliche Passwortlösungen reichen hier längst nicht mehr aus. Die Einführung von MFA, die eine zusätzliche Sicherheitsstufe in Form eines Authentifizierungstokens oder biometrischer Daten hinzufügt, erhöht die Sicherheit deutlich. Mitarbeiter müssen in die Nutzung von MFA eingeführt werden, um einen reibungslosen und sicheren Arbeitsablauf zu gewährleisten. MFA sollte als Standard für alle Systeme etabliert werden, die Zugriff auf sensible Informationen bieten.
Ein kritischer Aspekt der IT-Sicherheit in Apotheken ist die regelmäßige Datensicherung und Wiederherstellung. Eine umfassende Backup-Strategie ermöglicht es Apotheken, im Fall eines Cyberangriffs schnell wieder betriebsfähig zu sein und Schäden zu minimieren. Diese Backups sollten mindestens täglich durchgeführt und an externen Standorten oder in der Cloud verschlüsselt gespeichert werden. Zudem ist es wichtig, die Wiederherstellung der Daten regelmäßig zu testen, um sicherzustellen, dass die Backups im Ernstfall auch einsatzbereit sind. Eine aktuelle Version der Backup-Software sowie alle notwendigen Lizenzschlüssel sollten stets verfügbar sein, um im Ernstfall sofort reagieren zu können.
Darüber hinaus sind klare Cyber-Sicherheitsrichtlinien unverzichtbar, um Mitarbeiter für potenzielle Risiken zu sensibilisieren. Eine schriftlich fixierte Sicherheitsrichtlinie, die klare Handlungsanweisungen bei Sicherheitsvorfällen und den Einsatz moderner Sicherheitstools umfasst, sollte von jedem Apothekenmitarbeiter verstanden und angewendet werden können. Neben der Einführung spezifischer Tools, die für Apotheken optimiert sind, gehört auch die Schulung des Personals im sicheren Umgang mit Daten und Programmen zum Pflichtprogramm.
Apothekenbetreiber sollten zudem regelmäßig die Leistung ihres IT-Dienstleisters überprüfen. Hierzu gehört eine monatliche Überprüfung der vertraglich festgelegten Service-Levels sowie ein jährliches Audit, das von einem unabhängigen Dritten durchgeführt wird. Neben der Sicherstellung der vertraglichen Einhaltung hilft dies auch, die Aktualität der genutzten Technologien zu gewährleisten. Ein weiteres Mittel zur Absicherung ist die Einführung eines klaren Eskalationsprozesses im Fall eines Cyberangriffs oder wenn der IT-Dienstleister nicht die vereinbarte Leistung erbringt. Ein solches Vorgehen erhöht die Rechenschaftspflicht und sorgt dafür, dass Sicherheitsvorfälle schnell und effektiv behandelt werden.
Statistiken zeigen deutlich, dass die Bedrohungslage durch Cyberangriffe im Gesundheitswesen weiter zunimmt. Angesichts dieser Zahlen ist Cyber-Sicherheit längst keine optionale Investition mehr, sondern eine Notwendigkeit. Ein unzureichender Schutz kann nicht nur hohe finanzielle Verluste und Betriebsunterbrechungen verursachen, sondern auch das Vertrauen der Kunden in die Apotheke nachhaltig beeinträchtigen. Ein umfassender Schutz, der über den Einsatz von Tools hinausgeht, ist der einzige Weg, um sich gegen die wachsenden Cyber-Bedrohungen zu wappnen.
Kommentar:
In einer Zeit, in der Cyberangriffe täglich an Komplexität und Häufigkeit zunehmen, ist der Gesundheitssektor – und damit auch Apotheken – einem besonderen Risiko ausgesetzt. Die digitale Transformation bietet Apotheken große Chancen zur Verbesserung der Effizienz und Patientenversorgung, bringt jedoch erhebliche Sicherheitsrisiken mit sich. Ein Angriff auf die IT-Infrastruktur einer Apotheke kann nicht nur die Betriebsabläufe massiv stören, sondern auch hochsensible Patientendaten kompromittieren, was verheerende Folgen für das Ansehen der Apotheke haben kann.
Doch trotz dieser Risiken wird Cyber-Sicherheit in vielen Apotheken noch immer nicht als Priorität wahrgenommen. In kleinen und mittelständischen Apotheken fehlt oft das Bewusstsein für die Relevanz umfassender Schutzmaßnahmen. Eine Investition in spezialisierte Cyber-Versicherungen ist für viele Betreiber daher kein Luxus, sondern eine notwendige Absicherung. Diese Versicherungen schützen vor unmittelbaren Vermögensschäden und decken oft auch die Kosten für die Wiederherstellung der IT-Infrastruktur und die Bewältigung rechtlicher Folgen nach einem Vorfall. Die Bedeutung einer solchen Absicherung wächst mit der Bedrohungslage im Gesundheitswesen.
Zusätzlich sollten Apothekenbetreiber klar definierte Richtlinien und Prozesse einführen, die das gesamte Team in die Verantwortung nehmen. Schulungen und gezielte Weiterbildungen für alle Mitarbeiter sind ebenso wichtig wie das Festlegen eines klaren Notfallplans im Falle eines Angriffs. Eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Sicherheitsmaßnahmen ist unerlässlich, um mit den neuesten Bedrohungen Schritt zu halten.
Der Ruf und das Vertrauen einer Apotheke bauen auf Integrität und Zuverlässigkeit. Das Risiko, durch unzureichende Sicherheitsmaßnahmen einen Cyberangriff zu erleiden und damit das Vertrauen der Kunden zu verlieren, ist für viele Apotheken existenzbedrohend. Apothekenbetreiber sollten sich daher darüber im Klaren sein, dass Cyber-Sicherheit nicht nur ein technisches Thema ist, sondern eine unternehmerische Verantwortung. In einer Zeit, in der digitale Sicherheit immer wichtiger wird, sollten Apotheken alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den Schutz ihrer Daten und ihres guten Rufs zu gewährleisten.
Von Engin Günder, Fachjournalist