Die Zunahme von Cyberangriffen in Deutschland trifft immer mehr Branchen – und Apotheken zählen dabei zu den besonders gefährdeten Einrichtungen. In einer Zeit, in der das Gesundheitswesen digitaler wird und der Datenaustausch zwischen Ärzten, Patienten und Apotheken stetig zunimmt, stehen Apothekenbetreiber vor einer dringenden Herausforderung: Wie lässt sich ein effektiver Schutz für sensible Patientendaten und der sichere Betrieb gewährleisten? Das Bewusstsein für Cybergefahren ist in der Branche zwar gestiegen, doch die Komplexität der Bedrohungen und die technischen Anforderungen für ein wirksames Abwehrsystem machen es vielen Apotheken schwer, Schritt zu halten.
Die Risiken eines Cyberangriffs sind vielfältig. Für Apotheken reicht die Gefahr von gestohlenen oder manipulierten Patientendaten über gestörte Betriebsabläufe bis hin zu ernsthaften Imageschäden, die das Vertrauen der Patienten nachhaltig beeinträchtigen können. Hinzu kommen die möglichen Haftungsansprüche von Betroffenen, die Apothekenbetreiber im Ernstfall finanziell und rechtlich belasten könnten. Im Jahr 2023 wurden bereits mehrere Apotheken Opfer von Cyberangriffen, bei denen Angreifer durch Ransomware-Infektionen die Computersysteme lahmlegten und sensible Daten verschlüsselten. Betroffene Betreiber mussten nicht nur erhebliche Kosten für die Schadensbegrenzung tragen, sondern sich auch mit dem Wiederaufbau ihrer digitalen Infrastruktur beschäftigen. Die finanziellen Schäden solcher Attacken belaufen sich schnell auf fünf- bis sechsstellige Beträge.
Ein unzureichender Schutz gegen Cyberrisiken könnte für Apothekenbetreiber schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Mit der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist der Schutz personenbezogener Daten rechtlich verankert, und Verstöße, etwa durch Datenlecks oder die nicht sachgemäße Verarbeitung von Patientendaten, können hohe Strafen nach sich ziehen. Das Risiko beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Datenschutzseite: Auch die Betriebshaftung der Apotheke kann zur Belastung werden, sollten Patientendaten verloren oder missbraucht werden, wodurch Patienten möglicherweise geschädigt werden.
Eine zentrale Rolle spielt daher die Cyberversicherung, die inzwischen für viele Apotheken zur Priorität geworden ist. Cyberversicherungen bieten Schutz vor den finanziellen Folgen eines Angriffs und stellen zudem technische sowie rechtliche Soforthilfe bereit, um die entstandenen Schäden schnellstmöglich zu begrenzen. "Im Ernstfall ist schnelles Handeln entscheidend, um den Schaden zu minimieren und den Betrieb rasch wieder aufzunehmen. Cyberversicherungen können hier wertvolle Unterstützung leisten", erklärt ein Sprecher des Bundesverbands Deutscher Apotheken (ABDA). Apothekenbetreiber, die sensible Patientendaten und Rezeptinformationen digital verarbeiten, sollten eine solche Absicherung als integralen Bestandteil ihrer betrieblichen Vorsorge betrachten. Auch IT-Dienstleister bestätigen, dass Apothekenbetreiber ohne adäquate Versicherung im Falle eines Angriffs oftmals nicht über die nötigen Ressourcen für eine umfassende Wiederherstellung und Schadensbegrenzung verfügen.
Neben der Cyberversicherung ist die allgemeine Haftpflichtversicherung für Apothekenbetreiber essenziell. Sie deckt mögliche Ansprüche ab, die aus Personenschäden oder Fehlern bei der Medikamentenabgabe resultieren könnten. Apotheken tragen eine gesetzliche Verantwortung, angemessene Sicherheitsmaßnahmen zu treffen, um sowohl die Patientendaten als auch die betriebliche Sicherheit zu gewährleisten. Die Versicherung gegen Cyber- und Haftungsrisiken entwickelt sich damit für Apothekenbetreiber zur Pflicht – nicht nur, um die finanziellen Auswirkungen eines Angriffs zu mildern, sondern auch, um langfristig das Vertrauen der Patienten zu erhalten.
Kommentar:
Cyberkriminalität stellt für das Gesundheitswesen eine existenzielle Bedrohung dar. Apotheken, die bisher oft als primär stationäre Einrichtungen gesehen wurden, sind längst Zielscheibe geworden. Für Apothekenbetreiber bedeutet dies, dass sie Verantwortung für die digitale Sicherheit übernehmen müssen – eine Sicherheit, die weit über das einfache Sperren von Zugangspunkten hinausgeht. Die digitale Transformation erfordert, dass Apotheken sich auch gegen die dynamischen, komplexen und teils unsichtbaren Bedrohungen des Internets schützen.
Der Aufbau einer soliden Cyberversicherung ist dabei kein "Nice-to-have", sondern eine Notwendigkeit. Die Versicherung allein reicht jedoch nicht aus: Apothekenbetreiber sind gefordert, ihre Mitarbeitenden im Umgang mit Cybergefahren zu schulen, regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen durchzuführen und gegebenenfalls ihre IT-Infrastruktur regelmäßig zu aktualisieren. Nur durch ein umfassendes und systematisches Vorgehen lassen sich Schwachstellen reduzieren, die Angreifer gezielt ausnutzen könnten. Eine klare Cyberstrategie, die nicht nur technologische, sondern auch organisatorische Maßnahmen umfasst, ist daher für Apotheken unabdingbar.
Zusätzlich zur Cyberversicherung müssen Betreiber sicherstellen, dass die betriebliche Haftpflichtversicherung umfassend abgedeckt ist. Im Fall von Personenschäden oder Fehlern bei der Abgabe von Medikamenten schützt die Haftpflichtversicherung nicht nur die Apotheke selbst, sondern trägt zur Sicherstellung des Patientenvertrauens bei. Hier greift die moralische Verantwortung der Apothekenbetreiber: Ein hoher Sicherheitsstandard ist nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern ein Garant für eine verantwortungsvolle Gesundheitsversorgung. Die digitale Sicherheit ist damit eine Säule, auf die keine moderne Apotheke verzichten kann – es geht um mehr als um die Reduzierung finanzieller Verluste.
Ein Apothekenbetrieb, der auf die digitale Absicherung und die umfassende Absicherung der Haftung setzt, beweist Weitsicht und unterstreicht seinen Anspruch an Professionalität und Patientenschutz. Die Bedrohungen durch Cyberkriminalität werden bleiben – nur wer vorbereitet ist, kann auch in Zukunft bestehen.
Von Engin Günder, Fachjournalist