Ein weiterer Faktor, der die Branche in Aufruhr versetzt, ist die kontroverse Positionierung der Drogeriemarktkette dm. Der dm-Chef brachte den Vorschlag ein, Apotheken überflüssig zu machen, indem Automaten und künstliche Intelligenz (KI) als kostengünstigere Alternativen eingesetzt werden. Dieser Ansatz stößt auf Kritik und wird als übermäßige Selbstüberschätzung (dm-Hybris) betrachtet, insbesondere nach dem Scheitern von dm's Pick-up-Stationen.
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) versucht derweil, dem Nachwuchsmangel entgegenzuwirken. Mit einer Imagekampagne wird das Apothekenwesen als integraler Bestandteil der Drug-Community dargestellt. Parallel dazu setzt die ABDA auf die Förderung pharmazeutisch-technischer Assistenten (PTA) durch die Verteilung von Schokopäckchen, um das Berufsbewusstsein zu stärken.
Ein bedeutender Schritt steht der Branche mit der Einführung von elektronischen Rezepten (eRezept) für Betäubungsmittel (BtM-Drugs) bevor, vorausgesetzt, die technische Umsetzung verläuft reibungslos. Dieser Schritt markiert einen weiteren Wendepunkt im sich wandelnden Gesundheitswesen.
Kommentar:
Die aktuellen Entwicklungen in der Apothekenlandschaft Deutschlands werfen einen tiefen Blick auf die Herausforderungen und Unsicherheiten, mit denen die Branche konfrontiert ist. Die klare Ablehnung zusätzlicher finanzieller Mittel seitens der politischen Entscheidungsträger stellt Apotheken vor eine ernsthafte finanzielle Belastung. Gleichzeitig sorgt der Vorstoß von dm, Apotheken durch Automatisierung zu ersetzen, für intensive Diskussionen über die Zukunft des pharmazeutischen Berufsstandes.
Die Branche ist gefordert, nicht nur ökonomischen Druck zu bewältigen, sondern auch die Bedeutung und Relevanz der Apotheken in einer sich schnell verändernden Gesundheitslandschaft zu kommunizieren. Die Bemühungen der ABDA, dem Nachwuchsmangel entgegenzuwirken, sind lobenswert, zeigen jedoch auch den dringenden Handlungsbedarf in Bezug auf die Positionierung des Apothekenberufs.
Mit dem bevorstehenden Übergang zu eRezepten für Betäubungsmittel steht die Branche vor einer technologischen Transformation. Die erfolgreiche Umsetzung dieses Schrittes wird nicht nur die Effizienz, sondern auch die Sicherheit im Umgang mit sensiblen Medikamenten beeinflussen.
Insgesamt erfordert die gegenwärtige Situation eine ausgewogene Diskussion über die Rolle der Apotheken im Gesundheitswesen und die Notwendigkeit einer adäquaten finanziellen Unterstützung. Die Zukunft der Apotheken in Deutschland hängt nicht nur von politischen Entscheidungen, sondern auch von innovativen Ansätzen und einem klaren Berufsbild ab.
Von Engin Günder, Fachjournalist