Der Fall einer Frau, die im Herbst 2019 auf einem öffentlichen Parkplatz in Bargteheide ausrutschte und schwere Verletzungen erlitt, hat das Landgericht Lübeck beschäftigt und könnte wegweisende Auswirkungen für zahlreiche Betreiber von Gewerbeflächen, darunter Apotheken, haben. Die Frau war beim Überqueren eines Parkplatzes gestürzt, der mit einer dicken Laub- und Matschschicht bedeckt war. Sie erlitt schwere Prellungen, Hämatome sowie eine Fraktur am rechten Unterarm, die sie für mehrere Wochen erheblich in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkte. Die Klägerin, die für den Vorfall 6.000 Euro Schmerzensgeld sowie die Erstattung von Anwaltskosten verlangte, sah die Straßenbaulastträgerin in der Verantwortung, die für die Verkehrssicherungspflicht auf der Fläche zuständig ist. Diese jedoch verteidigte sich mit dem Hinweis, dass aufgrund der geringen Frequentierung und der Randlage des Parkplatzes eine einmal jährliche Reinigung am Ende der Laubsaison ausreichend sei. Das Gericht folgte dieser Einschätzung jedoch nicht und verurteilte die Straßenbaulastträgerin zur Zahlung von 2.000 Euro Schmerzensgeld sowie einem Teil der Prozesskosten.
Das Gericht stellte in seinem Urteil vom 21. Februar 2024 klar, dass eine einmalige Reinigung im Jahr den Anforderungen der Verkehrssicherungspflicht in Herbst und Winter nicht gerecht wird. Es verwies dabei auf § 45 des Straßenwegerechtsgesetzes (StrWG), demzufolge öffentliche Straßen innerhalb von Ortschaften regelmäßig gereinigt werden müssen – eine Pflicht, die auch die Beseitigung von Laub einschließt. Der Entscheidung des Gerichts zufolge ist Laubfall ein witterungsabhängiges Phänomen, das bei Vernachlässigung eine erhebliche Rutschgefahr darstellen kann. Besonders bei feuchtem Wetter und auf häufig genutzten Flächen wie Parkplätzen bildet sich schnell eine Schicht aus vermodertem und rutschigem Laub, die Unfälle begünstigen kann. Eine starre, jährliche Reinigungsfrequenz würde dem Gericht zufolge diesem Gefahrenpotenzial nicht gerecht, sodass flexible und wetterangepasste Reinigungspläne erforderlich seien.
Obwohl die Beklagte argumentierte, dass sie die Verkehrssicherungspflicht an den Eigentümer des angrenzenden Grundstücks übertragen habe, stellte das Gericht fest, dass sich der Unfallort außerhalb des übergebenen Bereichs befand und die Straßenbaulastträgerin damit weiterhin in der Verantwortung war. Die Straßenreinigungssatzung der Stadt Bargteheide legt fest, dass Anlieger, die zur Reinigung verpflichtet sind, mindestens einmal im Monat und zusätzlich je nach Bedarf tätig werden müssen. Eine einmalige jährliche Reinigung sei daher unverhältnismäßig wenig und für die spezifischen Erfordernisse eines öffentlichen Parkplatzes unzureichend. Das Gericht stellte fest, dass die Straßenbaulastträgerin damit die Erfordernisse der Verkehrssicherungspflicht verkannt habe.
Das Urteil birgt Konsequenzen für Apothekenbetreiber und andere Gewerbetreibende mit Außenflächen, die von Kunden genutzt werden. Laubfall und Schnee im Herbst und Winter stellen eine nicht zu unterschätzende Rutschgefahr dar, der Betreiber durch regelmäßige, dem Wetter angepasste Reinigung begegnen müssen, um Unfälle und Haftungsrisiken zu vermeiden. Betreiber von Apotheken sollten daher die Pflege von Gehwegen, Parkplätzen und Zugängen zur Apotheke an die jeweilige Witterung anpassen und besonders in kritischen Monaten verstärkte Reinigungsmaßnahmen durchführen. Eine umfassende Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung ist in solchen Fällen essentiell, um bei Unfällen und Schadensersatzforderungen abgesichert zu sein. Diese Versicherung übernimmt im Schadenfall die finanziellen Verpflichtungen für Schmerzensgeld und Prozesskosten und mindert damit das Haftungsrisiko erheblich. Gerade in der Herbstsaison ist es ratsam, die Versicherungspolicen auf Aktualität und Deckungsumfang zu prüfen und für eine sorgfältige Wartung der Außenflächen zu sorgen, um finanzielle Risiken zu minimieren.
Kommentar: Flexibilität und Sorgfalt als Schlüssel zur Haftungsvermeidung
Das Urteil des Landgerichts Lübeck unterstreicht, wie essenziell flexible und witterungsangepasste Reinigungspläne für eine umfassende Verkehrssicherungspflicht sind. Laubfall ist ein stetiges, kaum planbares Ereignis, das nicht nur für öffentliche Stellen, sondern auch für gewerbliche Betreiber von Außenflächen erhebliche Herausforderungen mit sich bringt. Der Versuch der Straßenbaulastträgerin, sich auf eine einmal jährliche Reinigung am Saisonende zu berufen, zeigt, wie sehr die Anforderungen an eine verantwortungsvolle Verkehrssicherung missverstanden wurden. Tatsächlich ist Laubfall nicht weniger gefährlich als Schnee oder Eis – die Kombination aus Feuchtigkeit und modrigem Laub stellt eine ernsthafte Gefährdung dar, die gezielt durch flexible Reinigungspläne abgemildert werden muss.
Für Apothekenbetreiber, die häufig von Kunden auf ihren Außenflächen besucht werden, gilt dies in besonderem Maße. Es ist ihre Pflicht, die Flächen regelmäßig von Laub, Schnee und Eis zu befreien und die Sicherheit ihrer Kunden und Mitarbeiter durch angepasste Wartungsintervalle zu gewährleisten. Die Verkehrs- und Gehwegsicherung darf keinesfalls auf einen festen Reinigungsplan reduziert werden. Die Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung ist in solchen Fällen unverzichtbar. Neben der finanziellen Absicherung bei Schadensersatzforderungen und Prozesskosten schafft sie für Betreiber eine unverzichtbare Sicherheit, die sie in ihrem alltäglichen Geschäftsbetrieb unterstützt und gegen unvorhersehbare Unfälle schützt. Dieses Urteil sollte deshalb für alle Betreiber, insbesondere für Apotheken, ein klarer Weckruf sein, der Verkehrssicherung mit der nötigen Flexibilität und Sorgfalt zu begegnen.
Von Engin Günder, Fachjournalist