Mit der Einführung neuer Impfleistungen in Apotheken steht eine weitreichende Veränderung der Gesundheitsversorgung bevor. Die geplante Ausweitung des Impfangebots auf Impfungen gegen Polio, FSME, Tetanus und Diphtherie soll nicht nur die Impfquote steigern, sondern auch die Versorgungssituation insbesondere in strukturschwachen Regionen verbessern. Während sich viele Apotheken auf diese neue Rolle vorbereiten, wird deutlich, dass die Verabreichung von Impfungen weit über die bisherige Funktion der Arzneimittelabgabe hinausgeht und rechtliche, finanzielle und logistische Herausforderungen mit sich bringt. Eine gezielte Absicherung und eine branchenspezifische Apothekenversicherung werden damit zur unverzichtbaren Voraussetzung.
Für Apothekeninhaber bedeutet das Impfangebot nicht nur eine Erweiterung ihrer Dienstleistungen, sondern auch eine neue Form der Verantwortung, die spezifische Haftungsfragen aufwirft. Eine Injektion wird juristisch als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit betrachtet und ist somit grundsätzlich als Körperverletzung einzustufen. Diese ist jedoch durch die Einwilligung des Patienten und eine detaillierte Aufklärung gedeckt, die nun vollständig in der Verantwortung des Apothekers liegt. Im Gegensatz zu Ärzten handeln Apotheker ohne eine ärztliche Kontrollinstanz, was im Schadensfall zu einer direkten Haftung führt. Diese rechtlichen Besonderheiten unterstreichen die Notwendigkeit eines umfassenden, branchenspezifischen Versicherungsschutzes, der sowohl Personen- als auch Vermögensschäden abdeckt.
Die sogenannte AMG-Vorsorgedeckung (Arzneimittelgesetz-Vorsorgedeckung) ist hierbei eine wichtige Absicherung, die Apotheker im Umgang mit der Rekonstitution und Vorbereitung von Impfstoffen schützt – Tätigkeiten, die bislang in ärztlichen Praxen durchgeführt wurden und ein erhöhtes Risiko bergen. Eine solche Deckung ist unerlässlich, um Apotheken vor haftungsrechtlichen Konsequenzen zu bewahren, wenn es im Rahmen der Impfleistung zu einem Vorbereitungsfehler kommen sollte. Ein weiteres Risiko stellt die Vermögensschadenhaftpflicht dar. Diese deckt finanzielle Schäden ab, die etwa durch falsche Dokumentation in Impfausweisen oder Missverständnisse bei Reisedokumenten entstehen können und sonstige Ansprüche betreffen, die durch klassische Haftpflichtpolicen oft nicht gedeckt sind. Apothekeninhaber sollten deshalb ihre Policen auf diese spezifischen Anforderungen prüfen und, wenn nötig, erweitern.
Mit den Impfangeboten kommen auch erhöhte Anforderungen an die räumliche und technische Ausstattung der Apotheken hinzu. Impfstoffe, insbesondere temperatursensible Präparate wie COVID-19-Impfstoffe, müssen unter optimalen Bedingungen gelagert werden. Spezielle, nach DIN-Norm zertifizierte Kühlschränke sind hier Pflicht, um Temperaturschwankungen und damit potenziellen Lagerungsschäden vorzubeugen. Bei Ausfällen oder Lagerfehlern können hohe finanzielle Verluste entstehen, weshalb Apotheken auf Policen setzen sollten, die Lagerungsschäden ausreichend abdecken. Empfohlen wird eine Versicherungssumme von mindestens 500.000 Euro, die Temperaturschäden sowie den Ersatzwert der Impfstoffe berücksichtigt. Neben der technischen Ausstattung müssen Apotheken auch in geeignete Räumlichkeiten investieren, um die Hygienestandards für die Impfung zu gewährleisten. Ein eigens eingerichteter Impfraum, der die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, ist eine zwingende Voraussetzung.
Die branchenspezifische Apothekenversicherung wird somit zu einem Schlüsselinstrument, um Apothekeninhaber vor finanziellen und rechtlichen Belastungen zu schützen. Besonders sinnvoll sind Policen, die Unterversicherung vermeiden, indem sie den Versicherungswert flexibel über Faktoren wie Mitarbeiterstunden oder Umsatz bemessen, statt nur den Inventarwert zu berücksichtigen. Diese flexiblen Deckungssummen bieten eine umfassende Absicherung, die Apotheken den nötigen Rückhalt gibt, um sich ohne zusätzliche wirtschaftliche Risiken auf neue Aufgaben im Gesundheitswesen einzulassen. Auch wenn die Politik die Erweiterung des Apothekendienstes als eine Entlastung des Gesundheitssystems betrachtet, sind diese neuen Aufgaben für viele Betreiber mit erheblichen Kosten und Verantwortungen verbunden, die nur durch eine passgenaue Absicherung beherrschbar bleiben.
Insgesamt zeigt sich, dass die neue Rolle als Impfstation für Apotheken eine gründliche Vorbereitung und Absicherung verlangt. Der richtige Versicherungsschutz wird hierbei zum unverzichtbaren Bestandteil für die rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit von Apotheken, die sich dieser Aufgabe widmen. Für Apotheker, die diesen Dienst anbieten möchten, ist eine umfassende Apothekenversicherung ein entscheidender Schritt, um auch in Zukunft eine vertrauensvolle und rechtssichere Versorgung der Patienten zu gewährleisten.
Kommentar: Apotheken im Wandel – Verantwortung und Risiko im neuen Impfangebot
Die geplante Erweiterung des Impfangebots in Apotheken könnte das Gesundheitssystem enorm entlasten und zugleich die Impfquote in Deutschland nachhaltig stärken. Doch was als Chance für die Gesundheitsversorgung erscheint, stellt die Apotheken vor erhebliche neue Herausforderungen. Die Impfung ist kein rein pharmazeutischer Dienst, sondern ein medizinischer Eingriff, der rechtliche, finanzielle und logistische Veränderungen nach sich zieht und eine intensive Vorbereitung der Apotheken erfordert.
Juristisch bewegen sich Apotheken mit diesem neuen Angebot in einem sensiblen Bereich. Anders als bei der reinen Arzneimittelabgabe geht es beim Impfen um Eingriffe, die in der ärztlichen Praxis gut abgesichert sind und detaillierte Aufklärung und Einwilligung des Patienten erfordern. Apotheker, die Impfungen anbieten, müssen deshalb in vollem Umfang die Verantwortung für mögliche Schäden übernehmen, die durch den Eingriff entstehen könnten. Ohne eine branchenspezifische Apothekenversicherung, die Haftungsfragen in Fällen von Personen- und Vermögensschäden abdeckt, wäre diese Verantwortung für viele Apotheker ein kaum tragbares Risiko. Die AMG-Vorsorgedeckung ist hier eine Grundvoraussetzung, um den Haftungsrahmen zu begrenzen und das wirtschaftliche Risiko kalkulierbar zu machen.
Doch auch die infrastrukturellen Anpassungen sind nicht zu unterschätzen: Die Lagerung temperatursensibler Impfstoffe wie COVID-19-Impfstoffen verlangt nach spezialisierter Technik und Versicherungslösungen, die Temperaturschäden abdecken. Ohne diese Absicherung würden Apotheken im Schadensfall hohe Verluste riskieren, was insbesondere für kleinere Betriebe existenzbedrohend sein könnte. Die nötigen Investitionen in Impfräume und zertifizierte Kühlschränke sind ebenso kostenintensiv wie notwendig, um eine rechtlich sichere und hygienisch einwandfreie Impfumgebung zu schaffen.
Für die Apothekenbranche stellt diese Neuausrichtung eine spannende, aber auch risikoreiche Herausforderung dar. Die Politik erwartet von Apotheken, eine erweiterte Rolle in der Gesundheitsversorgung zu übernehmen, ohne immer die nötigen strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen zu gewährleisten. Der Ausbau der Apothekenversicherung ist daher kein optionaler Zusatz, sondern eine unverzichtbare Grundlage, um Apothekern den Rückhalt zu geben, den sie für diese Aufgabe benötigen.
Im besten Fall wird die Möglichkeit, in Apotheken Impfungen anzubieten, eine neue Ära der Versorgungssicherheit einleiten, in der Impfungen niedrigschwellig und flächendeckend verfügbar sind. Doch damit dies gelingt, müssen Apotheken umfassend abgesichert und unterstützt werden. Der Weg zur neuen Rolle als Impfstation ist kein leichter – aber mit der richtigen Vorbereitung und einem maßgeschneiderten Versicherungsschutz ist es möglich, diese Herausforderung zum Vorteil des Gesundheitssystems und der Patienten erfolgreich zu meistern.
Von Engin Günder, Fachjournalist