In einer kürzlich im British Journal of Sports Medicine veröffentlichten Studie haben Wissenschaftler neue und bemerkenswerte Erkenntnisse zur Prävention von Herzkrankheiten bei Frauen mittleren Alters vorgestellt. Die Studie umfasste eine detaillierte Analyse der Daten von 13.018 Frauen und 9.350 Männern im Alter von 40 bis 69 Jahren, die ihre körperliche Aktivität durch Accelerometer über einen Zeitraum von sieben Tagen erfassten. Alle Teilnehmenden gaben an, sich üblicherweise wenig zu bewegen, wobei ihr körperliches Engagement selten über einen Spaziergang pro Woche hinausging.
Die Ergebnisse der Studie sind besonders für Frauen signifikant. Sie zeigen, dass schon extrem kurze und intensive Bewegungseinheiten, wie das schnelle Treppensteigen oder das schnelle Laufen, um einen kurz vor der Abfahrt stehenden Bus noch zu erreichen, das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse um 45% senken können. Diese Aktivitäten, oft nur 20 bis 30 Sekunden dauernd, lassen sich einfach in den täglichen Ablauf integrieren und erfordern keine speziellen Geräte oder zusätzlichen Zeitaufwand.
Interessanterweise stellten die Forschenden fest, dass dieser Schutzeffekt bei Männern nicht gleich ausgeprägt war. Die Daten zeigten keinen klaren, statistisch signifikanten Trend bei männlichen Studienteilnehmern, was auf tiefere, möglicherweise hormonelle oder physiologische Unterschiede in der Reaktion auf kurze Bewegungsintervalle hindeuten könnte.
Die Studie unterstreicht die Bedeutung der Intensität der Bewegung, nicht nur deren Dauer. Die Forschenden betonen, dass es für den Schutzeffekt entscheidend ist, dass die Bewegung intensiv genug ist, um die Herzrate deutlich zu erhöhen und kurzzeitig zu intensiver Atmung zu führen. Diese Erkenntnisse könnten die Richtlinien für körperliche Aktivität, besonders für beschäftigte Personen oder jene, die lange Arbeitszeiten haben und nur wenig Zeit für traditionelles Training finden, maßgeblich beeinflussen.
Kommentar:
Die Implikationen dieser Studie sind weitreichend und könnten zu einem Paradigmenwechsel in der öffentlichen Gesundheitspolitik und individuellen Gesundheitsstrategien führen. Für viele Frauen, die den Spagat zwischen Berufs- und Familienleben meistern, bietet die Erkenntnis, dass auch minimale, aber gezielte körperliche Einsätze einen erheblichen Unterschied machen können, eine willkommene Erleichterung und eine praktische Lösung.
Die Tatsache, dass solch kurze Bewegungsintervalle signifikante gesundheitliche Vorteile haben können, demystifiziert die oft vorherrschende Annahme, dass nur langes, intensives Training die Gesundheit fördern kann. Diese Erkenntnis könnte insbesondere für die städtische Bevölkerung, die oft lange Arbeitswege und wenig Freizeit hat, von besonderer Bedeutung sein. Es zeigt auch, dass präventive Gesundheitsmaßnahmen flexibler und vielfältiger gedacht werden müssen, um sie der Realität moderner Lebensweisen anzupassen.
Dieser Ansatz könnte auch zu einer stärkeren Inklusion in Gesundheitsprogramme führen, die oft von der falschen Vorstellung geleitet sind, dass nur längere, zeitintensive Übungen wertvoll sind. Letztendlich ist diese Studie ein Aufruf, Gesundheit in den Mikromomenten des Alltags zu suchen und zu fördern, und sie ermutigt jeden Einzelnen, auch kleinste Möglichkeiten für Bewegung zu nutzen, um langfristige Gesundheitsvorteile zu erzielen.
Von Engin Günder, Fachjournalist