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Medizin im Dienst des NS-Regimes

Ausstellung in Potsdam beleuchtet die Rolle der Gesundheitsämter während der NS-Zeit

(PresseBox) (Karlsruhe, )
Die Ausstellung „Volk, Gesundheit, Staat“ im brandenburgischen Gesundheitsministerium beleuchtet die Rolle der Gesundheitsämter und einzelner Akteure des Gesundheitswesens unter der Herrschaft des Nationalsozialismus. Diese umfassende Schau basiert auf dem Forschungsprojekt „Der öffentliche Gesundheitsdienst in der Zeit des Nationalsozialismus. Die Beispiele Thüringen und Württemberg“, initiiert vom Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes und wissenschaftlich geleitet von Sabine Schleiermacher von der Charité.

Zur feierlichen Eröffnung der Ausstellung am 3. Juli sprachen Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnenmacher, Staatssekretär Thomas Götz, Sabine Schleiermacher und die Vorsitzende des Bundesverbandes, Kristina Böhm. Böhm betonte die immense Bedeutung des Forschungsprojekts für die heutige Zeit und warnte eindringlich vor der Gefahr einer möglichen Instrumentalisierung des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Sie hob hervor, dass die Ausstellung einen bedeutenden Beitrag zur Aufarbeitung der Verantwortung des öffentlichen Gesundheitsdienstes während der NS-Zeit leistet und als Mahnung dient, stets den Hippokratischen Eid zu achten.

Die Nationalsozialisten hatten die Gesundheitsförderung zu einem zentralen politischen Ziel erklärt, um sowohl rassenideologische Überlegungen als auch die Arbeits- und Kriegstüchtigkeit der Bevölkerung zu fördern. Amtsärzte und andere Akteure des Gesundheitswesens spielten eine zentrale Rolle bei der Umsetzung von Maßnahmen der „Erb- und Rassenhygiene“, die Aussonderung, Zwangssterilisation und Ermordung von Menschen beinhalteten, die als „minderwertig“ galten. Jüdinnen und Juden sowie politische Gegner wurden aus dem Gesundheitswesen verdrängt, wobei viele Amtsärzte nach 1933 im Amt blieben und eine starke Affinität zur NSDAP aufwiesen.

Ein Schwerpunkt der Ausstellung ist das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, das die Grundlage für Zwangssterilisationen schuf. Angehörige des Gesundheitssystems mussten Verdachtsfälle von „Erbkrankheiten“ melden, was oft zu Selbstanzeigen oder Anzeigen von Familienangehörigen führte. Schätzungen zufolge wurden zwischen 300.000 und 400.000 Menschen zwangssterilisiert, wobei etwa 5.000 an den Folgen starben, die Mehrheit davon Frauen.

Regionale Unterschiede in der Umsetzung dieser Maßnahmen werden ebenfalls thematisiert. In Württemberg waren die Anzeigen seltener als in Thüringen, teilweise aufgrund des Einflusses des Katholizismus und der Furcht vor Protesten. Auch die Eheberatung, bei der Gesundheitsämter Fortpflanzungsempfehlungen gaben und Ehetauglichkeitszeugnisse ausstellten, um Ehen zwischen vermeintlich „erbgesunden“ und „erbkranken“ Bürger*innen zu verhindern, wird ausführlich dargestellt.

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges verschoben sich die Aufgaben der Gesundheitsämter, wobei die Bekämpfung von Epidemien, insbesondere Tuberkulose, in den Vordergrund rückte. Trotz systematischer Diagnosen mangelte es an geeigneten Heilverfahren, was das Leiden vieler Erkrankter verschlimmerte. Manche Tbc-Erkrankte wurden in gefängnisartige Einrichtungen eingewiesen und durch Vernachlässigung getötet.

Die Rolle der Gesundheitsämter bei den Euthanasie-Morden wird ebenfalls intensiv beleuchtet. Diese sammelten erbbiologisch relevante Daten, die für die Erfassung von Opfern entscheidend waren. Mit einem Geheimerlass des Reichs-Innenministeriums wurden Morde an behinderten Kindern und Säuglingen angeordnet, wobei Hebammen für Meldungen Prämien erhielten. Gutachter-Ausschüsse entschieden über Leben und Tod der Kinder, die in speziellen „Kinderfachabteilungen“ ermordet wurden.

Die Gesundheitsbehörden waren ebenfalls in die massenweise Deportation, Versklavung und Vernichtung von Menschen eingebunden. Amtsärzte urteilten über die Arbeitsfähigkeit von Zwangsarbeiter*innen und entschieden über deren Schicksal. Nach dem Krieg wurden viele Angehörige des Gesundheitswesens von den Besatzungsmächten in ihren Ämtern belassen, und einige NS-Gesetze blieben in der BRD weiterhin in Kraft, wenngleich sie nicht angewendet wurden.

Die Ausstellung „Volk, Gesundheit, Staat“ ist bis zum 1. September 2024 im Foyer des Landes-Gesundheitsministeriums in Potsdam zu sehen und soll sowohl historische Aufarbeitung als auch eine politische Signalwirkung für die Gegenwart und Zukunft bieten. Kristina Böhm betonte die Hoffnung, dass die Ausstellung vor den Landtagswahlen ein Zeichen setzen kann.

Kommentar:

Die Ausstellung „Volk, Gesundheit, Staat“ stellt sich der schwierigen Aufgabe, die Verstrickung des Gesundheitswesens während der NS-Zeit umfassend zu beleuchten. Sie zeigt erschreckend klar, wie tief die Medizin und das Gesundheitswesen in die Ideologie und Verbrechen des Nationalsozialismus verstrickt waren. Besonders erschütternd ist die Erkenntnis, dass viele der involvierten Ärzte und Gesundheitsbeamten nach dem Krieg weiterhin in ihren Positionen blieben und einige der NS-Gesetze in der Bundesrepublik fortbestanden.

Diese Ausstellung ist ein unverzichtbarer Schritt zur Aufarbeitung und Mahnung. Sie erinnert uns daran, wie wichtig es ist, historische Verantwortung zu übernehmen und Lehren für die Zukunft zu ziehen. Gerade in Zeiten, in denen populistische Strömungen wieder an Einfluss gewinnen, ist es entscheidend, dass die Prinzipien des Hippokratischen Eides und die ethischen Grundlagen der Medizin nicht erneut in den Hintergrund geraten. Die Ausstellung setzt ein wichtiges Zeichen und fordert uns auf, wachsam zu bleiben und die Lehren der Vergangenheit niemals zu vergessen.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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