Ein geparktes Auto, das sich von allein in Bewegung setzt, kann im Straßenverkehr erhebliche Schäden verursachen. Dies zeigt ein aktuelles Urteil des Landgerichts Lübeck, das die Verantwortung des Fahrzeughalters auch im Ruhezustand des Wagens klar regelt. Konkret ging es in dem Fall um ein Auto, das an einer abschüssigen Straße geparkt war und, nachdem es sich unbemerkt in Bewegung setzte, gegen ein anderes geparktes Fahrzeug prallte. Das Gericht entschied, dass der Halter des rollenden Autos den entstandenen Schaden vollständig zu tragen hat, da in solchen Fällen die sogenannte Betriebsgefahr greift.
Die Betriebsgefahr beschreibt das allgemeine Risiko, das von jedem Kraftfahrzeug ausgeht – nicht nur im laufenden Betrieb, sondern auch, wenn das Fahrzeug steht. Dieses Prinzip besagt, dass der Halter eines Fahrzeugs dafür verantwortlich ist, dass das Fahrzeug in jeder Situation, auch im parkenden Zustand, keine Gefahr für andere darstellt. Im vorliegenden Fall konnte das Gericht keine Fremdeinwirkung oder einen technischen Defekt feststellen, der den Vorfall hätte erklären können. Daher wurde die Haftung auf die Betriebsgefahr zurückgeführt, die immer dann relevant wird, wenn ein Auto am Straßenverkehr teilnimmt – sei es aktiv oder passiv.
Der Halter des verursachenden Fahrzeugs wurde dazu verurteilt, den gesamten Schaden am geschädigten Auto zu zahlen. Dies umfasste die Reparaturkosten, eventuell anfallende Gutachterkosten sowie eine mögliche Wertminderung des geschädigten Fahrzeugs. Das Gericht betonte dabei, dass es unerheblich sei, ob der Halter des Fahrzeugs den Vorfall bewusst verschuldet hat oder nicht. Entscheidend ist die Tatsache, dass das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß gesichert war und so eine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer darstellte.
Dieses Urteil verdeutlicht, wie wichtig es ist, beim Abstellen eines Fahrzeugs besondere Vorsicht walten zu lassen, insbesondere an abschüssigen Straßen oder in Situationen, in denen das Fahrzeug möglicherweise in Bewegung geraten könnte. Selbst kleine Unachtsamkeiten, wie eine nicht vollständig angezogene Handbremse, können zu erheblichen Schäden führen, für die der Halter dann in vollem Umfang haftet.
Kommentar:
Das Urteil des Landgerichts Lübeck lenkt den Blick auf einen oft unterschätzten Aspekt der Halterhaftung: die Betriebsgefahr eines Fahrzeugs endet nicht mit dem Abstellen des Wagens. Der Begriff Betriebsgefahr umfasst nicht nur das aktive Fahren, sondern auch die potenziellen Risiken, die von einem parkenden Fahrzeug ausgehen können. Viele Autofahrer verlassen sich darauf, dass ein abgestelltes Fahrzeug keine Gefahr darstellt – doch das Gegenteil ist der Fall, wenn das Auto nicht ordnungsgemäß gesichert wird.
Die Gefährdungshaftung nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) greift immer dann, wenn ein Schaden durch ein Fahrzeug entsteht, das im Straßenverkehr „in Betrieb“ ist – und dazu zählt auch das Parken. Für Fahrzeughalter bedeutet das, dass sie stets sicherstellen müssen, dass ihr Auto so abgestellt wird, dass es keine Gefahrenquelle darstellt. In diesem Fall hätte eine korrekt angezogene Handbremse oder das Einlegen des ersten Gangs genügt, um den Schaden zu vermeiden.
Das Urteil zeigt deutlich, dass Fahrzeughalter auch im parkenden Zustand wachsam bleiben müssen. Wer sein Fahrzeug an abschüssigen Straßen oder in gefährlichen Positionen abstellt, sollte besonders auf eine sorgfältige Sicherung achten. Der Fall verdeutlicht, dass im Zweifelsfall der Halter des Fahrzeugs in vollem Umfang haftet – unabhängig von seiner subjektiven Schuld.
Von Engin Günder, Fachjournalist