Die beiden Parteien in diesem Fall sind Brüder und Nachbarn aus dem Landkreis München. Sie hatten ihre Haustürschlüssel aus Gründen der Notfallbereitschaft miteinander ausgetauscht. Nach Meinungsverschiedenheiten zwischen den Brüdern wurden die Schlüssel zurückgefordert. Im Dezember 2022 forderte der Kläger den Beklagten zum zweiten Mal auf, seinen Schlüssel gegen Rückgabe des Haustürschlüssels des Beklagten zurückzugeben. Er drohte damit, das Schloss auszutauschen und die Kosten hierfür dem Beklagten in Rechnung zu stellen, sollte die Rückgabe ausbleiben. Als der Schlüssel nicht zurückgegeben wurde, setzte der Kläger seine Ankündigung um und tauschte das Schloss aus, wodurch ihm Kosten in Höhe von insgesamt 685,92 Euro entstanden.
Erst knapp zwei Monate nach dem Schlossaustausch gab der Beklagte den Schlüssel Mitte Juni 2023 zurück. Als Grund für die verzögerte Rückgabe führte er unter anderem Krankenhausaufenthalte an. Der Kläger argumentierte jedoch, dass er aufgrund der verzögerten Rückgabe des Schlüssels berechtigt war, das Schloss auszutauschen, und forderte vom Beklagten Ersatz der hierdurch entstandenen Kosten.
Das Amtsgericht München wies die Klage in vollem Umfang ab. Die Begründung lautete, dass kein Verwahrungsvertrag zwischen den Parteien bestand. Stattdessen wurde die gegenseitige Aufbewahrung eines Hausschlüssels als reine Gefälligkeit angesehen, da kein Rechtsbindungswillen erkennbar war. Dies galt insbesondere aufgrund des familiären Näheverhältnisses zwischen den Brüdern.
Des Weiteren fehlte es an der Kausalität für einen deliktischen Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Gemäß § 249 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich der Zustand wiederherzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Da der Beklagte den Schlüssel des Klägers nicht rechtzeitig herausgegeben hatte und dadurch das Eigentum des Klägers beeinträchtigt wurde, hätte allenfalls ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Kosten für einen Ersatzschlüssel bestanden, jedoch nicht in Höhe der Kosten für den Schlossaustausch.
Kommentar:
Das Urteil des Amtsgerichts München in diesem Fall unterstreicht die Bedeutung klarer rechtlicher Vereinbarungen, insbesondere in Bezug auf die Aufbewahrung von Schlüsseln. Obwohl die beiden Parteien Brüder und Nachbarn waren, wurde festgestellt, dass kein Verwahrungsvertrag existierte und die Schlüsselaufbewahrung lediglich eine Gefälligkeit darstellte. Dieses Urteil zeigt, dass selbst in familiären Beziehungen eine klare rechtliche Vereinbarung die beste Vorgehensweise sein kann, um potenzielle Konflikte und finanzielle Verpflichtungen zu vermeiden.
Von Engin Günder, Fachjournalist