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Übergewicht verdoppelt Darmkrebsrisiko

Neue Studie zeigt unterschätzte Gefahren und fordert präventive Maßnahmen

(PresseBox) (Karlsruhe, )
Übergewicht spielt eine deutlich größere Rolle bei der Entstehung von Darmkrebs, als bisher angenommen. Eine neue Analyse des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zeigt, dass fast ein Viertel aller Darmkrebsfälle mit Übergewicht zusammenhängt – doppelt so viele wie zuvor geschätzt. Die Studie deckt methodische Schwächen früherer Untersuchungen auf und betont die dringende Notwendigkeit effektiver Präventionsmaßnahmen. Was das für Gesundheitspolitik, Prävention und jeden Einzelnen bedeutet, erfahren Sie hier.

Übergewicht hat einen deutlich größeren Einfluss auf das Darmkrebsrisiko, als bislang angenommen. Eine neue Analyse des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zeigt, dass der Anteil von Übergewicht an der Entstehung von Darmkrebs nahezu doppelt so hoch ist wie bisher geschätzt. Die Ergebnisse stammen aus der renommierten DACHS-Studie, einer der weltweit größten bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studien zum Thema Darmkrebs. Die Wissenschaftler untersuchten die Daten von 7.098 Patienten mit Darmkrebs und 5.757 gesunden Kontrollpersonen, wobei sie neue methodische Ansätze verwendeten, um bislang unberücksichtigte Verzerrungen auszuschließen.

Frühere Studien gingen davon aus, dass Übergewicht für etwa 10 Prozent der Darmkrebserkrankungen verantwortlich ist. Diese Schätzung wurde jedoch durch Standardanalysen begrenzt, die mehrere Schlüsselfaktoren nicht berücksichtigten. Dazu zählen Gewichtsverluste, die häufig vor einer Krebsdiagnose auftreten, vorausgegangene Darmspiegelungen, bei denen Krebsvorstufen entfernt werden können, sowie ein möglicherweise erhöhtes Risiko bereits bei BMI-Werten unterhalb der Schwelle für Übergewicht von 25 kg/m². Die DKFZ-Forscher kombinierten diese Faktoren in einer neuen statistischen Analyse, die zu überraschenden Ergebnissen führte.

„Im ersten Schritt haben wir die Daten auf herkömmliche Weise ausgewertet, wie es in früheren Studien üblich war“, erklärte Marko Mandic, Erstautor der Studie. „Dabei zeigte sich, dass 11,5 Prozent der Darmkrebsfälle auf Übergewicht zurückzuführen sind.“ Im nächsten Schritt korrigierten die Wissenschaftler diese Berechnung um die drei genannten Aspekte. Das Ergebnis: Der Anteil von Übergewicht an der Darmkrebsentstehung verdoppelte sich nahezu auf 23,4 Prozent. Laut Hermann Brenner, Leiter der Epidemiologie am DKFZ, waren solche Verzerrungen schon lange ein vermutetes Problem in bisherigen Studien.

Besonders alarmierend ist, dass das Risiko offenbar bereits bei BMI-Werten knapp unterhalb der Grenze für Übergewicht beginnt. Fettgewebe fördert die Freisetzung von Wachstumsfaktoren, Hormonen und entzündungsfördernden Substanzen, die das Krebsrisiko erhöhen können. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass die Gefahren des Übergewichts für die Krebsentstehung massiv unterschätzt wurden“, betonte Brenner. Neben Darmkrebs gilt Übergewicht bereits als gesicherter Risikofaktor für andere Tumorarten wie Brust- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Die Erkenntnisse aus der DACHS-Studie rücken die Bedeutung von Präventionsmaßnahmen in den Fokus. Angesichts der stetig wachsenden Zahl an übergewichtigen Menschen weltweit sehen Experten erhebliches Potenzial, durch gezielte Präventionsstrategien Krebsrisiken zu minimieren. „Hier sprechen wir von vermeidbaren Risiken, die wir unbedingt ernster nehmen müssen“, sagte Mandic. Es sei dringend notwendig, gesellschaftlich stärkere Anreize für gesunde Ernährung, Bewegung und Gewichtskontrolle zu schaffen.

Die Studie verdeutlicht zudem die Notwendigkeit einer breiteren Aufklärung über die Zusammenhänge zwischen Übergewicht und Krebs. „Prävention darf kein Randthema sein. Sie muss ein zentraler Bestandteil der Gesundheitspolitik werden“, forderte Brenner.

Kommentar:

Die neue Analyse des DKFZ offenbart einen besorgniserregenden Zusammenhang zwischen Übergewicht und Darmkrebs und unterstreicht die enorme Bedeutung präventiver Maßnahmen. Bisher wurde Übergewicht häufig als moderater, jedoch nicht dominanter Risikofaktor betrachtet. Die aktuelle Studie zeigt jedoch, dass dieser vermeidbare Faktor erheblich unterschätzt wurde. Das Problem ist nicht nur medizinischer Natur, sondern betrifft auch die gesamte Gesellschaft.

Die wachsende Prävalenz von Übergewicht in nahezu allen Altersgruppen ist eine direkte Folge unseres modernen Lebensstils. Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und eine allgegenwärtige Verfügbarkeit kalorienreicher Lebensmittel tragen dazu bei, dass immer mehr Menschen in den Bereich des Übergewichts oder der Adipositas fallen. Dabei wird oft übersehen, dass die gesundheitlichen Folgen nicht nur auf Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen begrenzt sind, sondern auch das Krebsrisiko erheblich beeinflussen.

Besonders besorgniserregend ist die Erkenntnis, dass bereits BMI-Werte knapp unter der Schwelle für Übergewicht mit einem erhöhten Darmkrebsrisiko einhergehen können. Hier zeigt sich deutlich, dass ein gesunder Lebensstil für alle Bevölkerungsgruppen essenziell ist, nicht nur für Menschen mit ausgeprägtem Übergewicht. Die Ergebnisse der DACHS-Studie legen nahe, dass Prävention weitaus intensiver gefördert werden muss – und das nicht nur durch individuelle Anstrengungen, sondern auch durch strukturelle Veränderungen.

Die Politik ist gefragt, gesunde Lebensweisen aktiv zu fördern, beispielsweise durch bessere Aufklärung, Unterstützung für gesunde Ernährung und finanzielle Anreize für sportliche Aktivitäten. Auch Schulen und Arbeitgeber sollten stärker eingebunden werden, um die Basis für eine gesunde Zukunft zu legen. Gleichzeitig ist die medizinische Forschung gefordert, gezielte Ansätze zu entwickeln, die das Risiko für Krebserkrankungen durch Übergewicht weiter reduzieren können.

Die alarmierenden Zahlen der DKFZ-Studie sollten ein Weckruf für uns alle sein. Prävention ist keine Kür, sondern eine Pflichtaufgabe – sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Wenn es uns gelingt, die Prävalenz von Übergewicht zu senken, können wir nicht nur die Zahl der Krebsfälle deutlich reduzieren, sondern auch die allgemeine Lebensqualität verbessern. Es ist Zeit zu handeln.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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