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Vor-Ort oder Online? Der Kampf um die Zukunft der Apotheken

Zwischen persönlicher Beratung und digitalem Komfort: Wer bietet den besseren Service?

(PresseBox) (Karlsruhe, )
Im Wettbewerb zwischen Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken geht es um mehr als nur Preise und Lieferzeiten: Die persönliche Beratung und der direkte Zugang zur Gesundheitsversorgung sind Vorteile, die traditionelle Apotheken im digitalen Zeitalter verteidigen müssen. Doch auch die Versandapotheken bieten Bequemlichkeit und Online-Beratung – ein Spannungsfeld, das Politik und Patienten zunehmend herausfordert.

Die deutsche Apothekenlandschaft steht an einem Wendepunkt. In den letzten Jahren hat sich der Druck auf traditionelle Vor-Ort-Apotheken verstärkt: Versandapotheken expandieren rasant und setzen auf digitale Angebote, die für viele Kunden attraktiv erscheinen. Doch während die Bequemlichkeit des Online-Bestellens insbesondere jüngere Generationen anspricht, zeigt sich bei einem genaueren Blick, dass Vor-Ort-Apotheken weiterhin einzigartige Vorteile bieten, die in Zeiten einer komplexer werdenden Gesundheitsversorgung wichtiger denn je sind.

Vor-Ort-Apotheken haben ihre Stärke in der persönlichen Beratung. Besonders bei chronisch kranken Patienten und älteren Menschen, die auf regelmäßige Medikationen angewiesen sind, spielt die persönliche Beziehung zu den Apothekern eine zentrale Rolle. Apotheker können auf die individuelle Krankengeschichte eingehen, persönliche Fragen beantworten und die Einnahme von Medikamenten detailliert erklären. In ländlichen Regionen, wo ärztliche Versorgung oft Mangelware ist, erfüllen Apotheken damit eine Lücke, die keine Versandapotheke schließen kann.

Doch die digitale Konkurrenz schläft nicht. Versandapotheken werben mit einfachen Bestellprozessen, Preisvorteilen und dem Komfort, Medikamente direkt nach Hause geliefert zu bekommen. Für Menschen mit wenig Zeit, etwa Berufstätige, mag dies eine attraktive Alternative sein. Dennoch gibt es entscheidende Einschränkungen: Die Versandapotheke kann keine akute Versorgung bieten – Wartezeiten und Lieferfristen lassen sich nicht in jedem Fall vermeiden. Gerade in Notfällen, bei denen Medikamente schnell gebraucht werden, bleibt die Vor-Ort-Apotheke unverzichtbar.

Ein weiterer Unterschied zeigt sich im Bereich der Fachberatung. Während Vor-Ort-Apotheken jederzeit persönlichen Zugang bieten, ist die Beratung bei Versandapotheken oft auf digitale Kanäle wie Telefon oder Chat beschränkt. Zwar bemühen sich viele Online-Apotheken, Beratungsqualität anzubieten, doch eine digitale Beratung erreicht selten die Tiefe eines persönlichen Gesprächs. Viele Patienten schätzen es, ihre Fragen direkt und in einem persönlichen Umfeld zu klären, insbesondere, wenn es um komplexe Gesundheitsfragen oder die Einschätzung möglicher Wechselwirkungen geht. Die Vor-Ort-Apotheke bietet zudem die Möglichkeit, auf Veränderungen im Gesundheitszustand flexibel zu reagieren – ein Vorteil, den viele Patienten erst dann schätzen, wenn Probleme akut auftreten.

Vor-Ort-Apotheken sehen sich dennoch vor große Herausforderungen gestellt. Neben dem zunehmenden Wettbewerb durch Versandapotheken belasten auch steigende Kosten und stagnierende Vergütungen das Geschäft. Gleichzeitig verlangen Patienten und Politik von Apothekern, immer neue Dienstleistungen zu übernehmen, von der Impfberatung bis zur Durchführung von Gesundheitschecks. Diese zusätzlichen Aufgaben erfordern nicht nur Zeit, sondern auch regelmäßige Fortbildungen und finanzielle Investitionen in die Infrastruktur der Apotheken, die oft nur schwer refinanziert werden können.

Gesetzliche Maßnahmen zur Unterstützung der Vor-Ort-Apotheken sind zwar geplant, aber noch längst nicht ausreichend. Während der Gesetzgeber erkannt hat, dass eine flächendeckende Versorgung erhalten bleiben muss, hinken die Unterstützungsprogramme oft den realen Herausforderungen hinterher. In diesem Spannungsfeld zwischen steigenden Anforderungen und fehlenden finanziellen Mitteln stehen die Vor-Ort-Apotheken vor einer kritischen Frage: Wie können sie sich behaupten, ohne ihre einzigartigen Qualitätsstandards zu gefährden?

Kommentar:

Die Zukunft der Vor-Ort-Apotheken liegt in einem strategischen Balanceakt: Sie müssen ihre traditionellen Stärken bewahren und gleichzeitig die Digitalisierung als Chance begreifen. In einer Zeit, in der Bequemlichkeit und Effizienz für viele Kunden zentrale Entscheidungskriterien sind, kann die persönliche Beratung zum entscheidenden Alleinstellungsmerkmal werden – doch nur, wenn sie den digitalen Erwartungen gerecht wird. Apps zur Vorbestellung, eine einfache Rezeptübertragung per E-Rezept und die Erweiterung telepharmazeutischer Beratung könnten helfen, eine Brücke zwischen moderner Dienstleistung und persönlicher Nähe zu schlagen.

Aber Digitalisierung allein reicht nicht. Vor-Ort-Apotheken müssen sich stärker als integrierte Gesundheitszentren positionieren. Sie können präventive Angebote wie Impfungen, Blutdruckmessungen oder Ernährungsberatungen ausbauen und so auch jüngere Patienten langfristig an sich binden. Diese strategische Neuausrichtung erfordert jedoch politische Unterstützung: Die derzeitigen Rahmenbedingungen lassen wenig Spielraum für zusätzliche Investitionen, und die Kosten des Wettbewerbsdrucks müssen letztlich auch von der Politik mitgetragen werden, wenn man eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Versorgung sichern will.

Versandapotheken werden weiterhin ihre Nische bedienen, aber sie können die Vielschichtigkeit der persönlichen Patientenbetreuung nicht ersetzen. Während sie vor allem durch kostengünstige Preise und hohe Verfügbarkeit punkten, bleibt die Frage offen, inwieweit sie tatsächlich die gesundheitlichen Bedürfnisse ihrer Kunden umfassend verstehen und erfüllen können. Die Vor-Ort-Apotheke hat hier einen klaren Vorteil: Sie bietet nicht nur Medikamente, sondern auch ein umfassendes Versorgungskonzept. Der Weg in die Zukunft liegt in der Kombination dieser traditionellen Stärken mit neuen, digitalen Möglichkeiten – unterstützt durch eine Politik, die die Bedeutung der Vor-Ort-Apotheken als lokale Gesundheitsdienstleister anerkennt und fördert.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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