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Weg aus der Krise: Apotheken brauchen mehr Honorare

Die Zukunft der Vor-Ort-Versorgung hängt von einer besseren Vergütung ab

(PresseBox) (Karlsruhe, )
Die Apotheken stehen unter massivem wirtschaftlichem Druck: Steigende Betriebskosten, sinkende Einnahmen und der Wettbewerb durch Versandapotheken setzen den stationären Betrieben zu. Der jüngste Schiedsspruch zu den pharmazeutischen Dienstleistungen zeigt, dass zusätzliche Aufgaben allein nicht ausreichen, um die Apotheken zu stabilisieren. Was wirklich fehlt, ist eine deutliche Erhöhung des Apothekenhonorars für die klassische Arzneimittelversorgung – ein entscheidender Schritt, um die flächendeckende Gesundheitsversorgung in Deutschland langfristig zu sichern.

Die Zukunft der Apotheken in Deutschland steht am Scheideweg. Der kürzlich ergangene Schiedsspruch zu den pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) hat ein Licht auf die aktuellen Herausforderungen geworfen, mit denen Apotheken landesweit konfrontiert sind. Während die Klage der Krankenkassen gegen die Vergütung dieser Dienstleistungen abgewiesen wurde, bleiben viele Apothekenbetreiber und Branchenexperten skeptisch, ob die Fokussierung auf pDL alleine ausreichen wird, um die Apotheken langfristig wirtschaftlich zu stabilisieren. Die Problematik ist tiefgreifender und komplexer, als es neue Dienstleistungen lösen könnten.

Pharmazeutische Dienstleistungen – wie Medikationsmanagement, Impfungen und die Überwachung von Blutzuckerwerten – sind unbestritten ein Gewinn für die Patienten. Sie bieten präventive Gesundheitsangebote und fördern die enge Zusammenarbeit zwischen Apothekern und Patienten. Doch trotz des gesundheitlichen Mehrwerts, den diese Dienstleistungen bieten, reichen die damit verbundenen Einnahmen bei Weitem nicht aus, um die Apotheken finanziell abzusichern. Vor allem kleine und ländliche Apotheken, die bereits unter einer enormen Kostenbelastung leiden, stehen vor der Frage, ob sie diese Zusatzleistungen überhaupt wirtschaftlich anbieten können. Die Kosten für die Implementierung der Dienstleistungen, zusätzliche Schulungen und das Personal übersteigen häufig die Erträge.

Die zugrunde liegende Herausforderung ist die stagnierende Vergütung der klassischen Arzneimittelversorgung, die seit Jahren unverändert bleibt. In einem wirtschaftlichen Umfeld, in dem Miet- und Personalkosten stetig steigen und regulatorische Anforderungen den Apothekenbetrieb weiter erschweren, ist die Honorierung für die Abgabe von Medikamenten nicht mehr zeitgemäß. Der Apothekenabschlag und das festgelegte Apothekenhonorar pro verordnetem Arzneimittel stehen in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Ausgaben, die Apotheken bewältigen müssen. Apotheken sind gezwungen, ständig mehr mit weniger Ressourcen zu leisten, was zu einer Überlastung des Personals und in vielen Fällen zu verkürzten Öffnungszeiten oder gar zur Schließung führt.

Besonders in strukturschwachen Regionen zeigt sich die Dramatik dieser Situation. In ländlichen Gebieten spielen Apotheken eine zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung. Hier ist die nächste Arztpraxis oft weit entfernt, und viele Patienten sind auf die Beratung und Versorgung durch Apotheken angewiesen. Dennoch zwingt der wirtschaftliche Druck viele Apotheken zur Schließung. Die Folge: Lange Anfahrtswege, weniger Versorgungssicherheit und eine zunehmende Belastung der verbleibenden Apotheken. Die flächendeckende Versorgung in Deutschland steht auf dem Spiel.

Hinzu kommt, dass Apotheken nicht nur unter wirtschaftlichem Druck stehen, sondern auch im Wettbewerb mit Versandapotheken, die oft mit günstigeren Preisen locken. Der Online-Handel, der durch großzügige Werbebudgets und ein breites Angebot an rezeptfreien Produkten floriert, setzt die stationären Apotheken zusätzlich unter Druck. Dabei können Versandapotheken die essenziellen Leistungen, die Vor-Ort-Apotheken bieten – wie die persönliche Beratung und die sofortige Verfügbarkeit von Medikamenten – nicht ersetzen. Dennoch bleibt die wirtschaftliche Ungleichheit bestehen, da Versandapotheken von anderen Rahmenbedingungen profitieren, die stationären Betrieben nicht zur Verfügung stehen.

Die Einführung von pharmazeutischen Dienstleistungen war ein Versuch, Apotheken durch zusätzliche Einnahmequellen wirtschaftlich zu entlasten und gleichzeitig ihre Rolle im Gesundheitswesen zu stärken. Doch dieser Ansatz allein greift zu kurz. Die zusätzlichen Dienstleistungen können die wirtschaftlichen Verluste durch die unzureichende Honorierung der Arzneimittelversorgung nicht auffangen. Was fehlt, ist ein substanzielles Bekenntnis zur klassischen Rolle der Apotheken als Arzneimittelversorger vor Ort – und dieses Bekenntnis muss auch finanziell erfolgen.

Eine Erhöhung des Apothekenhonorars wäre ein entscheidender Schritt, um die Apotheken langfristig zu stabilisieren. Es würde Apothekenbetreibern die notwendige Planungssicherheit geben, um in Personal, Infrastruktur und patientenorientierte Dienstleistungen zu investieren. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Apotheken ihre wichtige Rolle als erste Anlaufstelle im Gesundheitssystem auch in Zukunft spielen können. Die Politik und die Krankenkassen müssen endlich anerkennen, dass Apotheken systemrelevant sind und dass ihre finanzielle Stabilität ein wesentlicher Baustein für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in Deutschland ist.

Der Trend der sinkenden Apothekenzahlen muss gestoppt werden. Apotheken sind weit mehr als bloße Dienstleister – sie sind ein essenzieller Bestandteil der Gesundheitsversorgung, insbesondere in ländlichen Regionen. Ohne ein angemessenes Honorar für ihre zentrale Leistung, die Arzneimittelversorgung, wird die flächendeckende Versorgung zunehmend erodieren. Eine Reform der Vergütung für Apotheken ist längst überfällig und muss mit Nachdruck vorangetrieben werden. Ein einfaches „Weiter so“ wird das Apothekensterben nicht aufhalten können. Es bedarf mutiger Entscheidungen, die den Apotheken eine faire und nachhaltige Perspektive bieten.

Kommentar:

Der Schiedsspruch zu den pharmazeutischen Dienstleistungen verdeutlicht eines ganz klar: Die Apotheken in Deutschland stehen an einem Scheideweg, und der Weg, der eingeschlagen wird, wird die Zukunft der Branche nachhaltig prägen. Die Idee, Apotheken durch neue Dienstleistungen wirtschaftlich zu entlasten, ist zwar gut gemeint, greift aber an der Wurzel des Problems vorbei. Denn das eigentliche Fundament, auf dem die Apothekenlandschaft seit jeher basiert, ist die klassische Arzneimittelversorgung – und genau dieses Fundament wird derzeit finanziell vernachlässigt.

Die Apotheken tragen eine enorme Verantwortung. Sie sind nicht nur Ausgabestellen für Medikamente, sondern oft die erste Anlaufstelle für Patienten mit gesundheitlichen Fragen. In Zeiten von Fachkräftemangel und einer überlasteten ärztlichen Versorgung übernehmen Apotheken zunehmend beratende Funktionen, die weit über die reine Medikamentenabgabe hinausgehen. Doch trotz dieser wichtigen Rolle wurde ihre wirtschaftliche Basis in den letzten Jahren stetig untergraben. Die Kosten steigen, die Einnahmen stagnieren, und die Apothekenbetreiber müssen mehr denn je darauf achten, wie sie ihre Betriebe wirtschaftlich über Wasser halten. Der Schiedsspruch zur pDL ist zwar ein kleiner Sieg, doch er löst nicht das zentrale Problem: die mangelnde Honorierung der klassischen Apothekendienstleistungen.

Pharmazeutische Dienstleistungen sind ein wertvoller Zusatz, aber sie können nicht die Hauptaufgabe der Apotheken ersetzen. Apotheken müssen dafür angemessen bezahlt werden, was sie am besten können: die sichere und zuverlässige Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten. Doch genau hier versagt das aktuelle System. Der festgelegte Satz für die Abgabe von Medikamenten spiegelt nicht die Realität der steigenden Betriebskosten wider. Vor allem ländliche Apotheken kämpfen um ihr Überleben, da die Einnahmen aus der Arzneimittelabgabe die Kosten kaum decken.

Die Forderung nach einer Erhöhung des Apothekenhonorars ist deshalb mehr als gerechtfertigt. Sie ist notwendig, um die Apothekenlandschaft in Deutschland zu erhalten. Denn ohne Apotheken vor Ort gerät die Gesundheitsversorgung in Gefahr – vor allem in ländlichen Regionen. Lange Wege, fehlende Beratung und eine geringere Versorgungssicherheit sind die unmittelbaren Folgen, wenn Apotheken schließen müssen. Die Politik muss endlich handeln und ein deutliches Zeichen setzen: Apotheken sind systemrelevant und verdienen eine faire Vergütung für ihre unverzichtbare Arbeit.

Die Fokussierung auf neue Dienstleistungen ist ein interessanter Ansatz, um das Leistungsspektrum der Apotheken zu erweitern. Doch die eigentliche Lösung liegt in einer grundlegenden Reform der Vergütung für die klassische Arzneimittelversorgung. Apotheken sind mehr als Dienstleister – sie sind ein essenzieller Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Es ist an der Zeit, dass dies auch finanziell anerkannt wird. Ein nachhaltiges, gerechtes Apothekenhonorar ist der Schlüssel, um die Apotheken langfristig zu stabilisieren und die flächendeckende Versorgung zu sichern. Nur so können Apotheken ihre Rolle als unverzichtbare Gesundheitsversorger in Deutschland auch in Zukunft erfüllen.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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