Ursprünglich war Yale ein kleiner Familienbetrieb im kolonialen Amerika. 1840 öffnete Linus Yale sen. seinen Yale Lock Shop in Newport, New York. Hier schuf er die erste Serie innovativer Hochsicherheitsschlösser. Bereits nach drei Jahren, 1843, konnte er mit dem Kombinationsschloss sein erstes Schlosspatent anmelden. Später beschäftigte er sich auch mit der Entwicklung eines Sicherheitsschlosses auf Sperrstiftbasis, dem Pin-Tumbler-Lock. Sein Sohn Linus Yale jr. trieb die Entwicklung des berühmten Stiftzylinderschlosses voran, nachdem er 1850 dem väterlichen Unternehmen beigetreten war.
Vom Fallriegelschloss zum Stiftzylinderschloss
Dazu experimentierte Linus Yale jr. mit dem Schließmechanismus, den bereits die alten Ägypter vor 4000 Jahren angewendet haben. Bekannt für ihren Einfallsreichtum, bewiesen sie auch bei der Hütung ihrer Schätze großen Erfindergeist und entwickelten das Fallriegelschloss. Wie der Name schon erahnen lässt, fallen dabei Stifte durch ihr Eigengewicht in die Aussparungen des Riegels und blockieren so die Tür. Nur mit dem passenden Schlüssel kann dieser wieder geöffnet werden. Dazu muss der Schlüssel Zinken in der richtigen Länge haben, die die einzelnen Fallriegel anheben und so den Riegel wieder freigeben können.
Diesen Stiftzuhaltemechanismus übertrug Linus Yale jr. auf das Zylinderschloss: 1851 ließ er den Rundzylinder mit vier Stiftzuhaltungen und 1865 den Rundzylinder mit fünf Stiftzuhaltungen patentieren. Im Yale-Schließzylinder sind sowohl im drehbaren Kern als auch im festen Gehäuse Stifte unterschiedlicher Länge in einer Reihe hintereinander angeordnet. Durch kleine Federn wird auf diese Druck im Gehäuse ausgeübt, wodurch der Zylinder im Normalzustand blockiert ist. Nur wenn der auf die Stifte passende Schlüssel eingeführt wird, kann das Schloss geöffnet werden.
Die hierfür verwendeten Flachschlüssel sind praktisch und nutzerfreundlich. Im Gegensatz zu den Schlüsseln, die für die bisher gebräuchlichen Zuhaltungsschlössern notwendig waren, fallen sie deutlich kleiner und leichter aus. Mit seiner Erfindung trennte Linus Yale jr. auch erstmals den Schließzylinder vom eigentlichen Schloss. Das förderte eine industrielle und damit kostengünstige Herstellung. Außerdem muss nur noch der Zylinder ausgetauscht werden, wenn die Schlüssel verloren gehen, und nicht mehr das ganze Schloss. Das Stiftzylinderschloss ist zudem wesentlich sicherer als beispielsweise das Chubb-Schloss. Und auch im Bezug auf die Lebensdauer punktet die Yale-Erfindung, die im hohen Maße verschleißresistent ist.
Vom Familienbetrieb zur Weltmarke
1868 gründete Linus Yale jr. mit seinem Kollegen Henry Towne die Firma Yale & Towne. Das Unternehmen wuchs stetig. Ursprünglich 35 Mitarbeiter, beschäftigte es im frühen 20. Jahrhundert weltweit 12.000 Mitarbeiter. In dieser Zeit firmierte das Unternehmen wieder als Yale. Durch Aufkäufe, Übernahmen und Zusammenschlüsse mit anderen Marken wurden Yale-Schlösser weltweit bekannt. Im August 2000 übernahm ASSA ABLOY Yale. Seitdem ist die Marke ein wichtiger Teil der schwedischen Unternehmensgruppe, die weltweit Schließlösungen produziert und vertreibt.
Vom Gestern ins Morgen
Mit der zunehmenden Heimautomatisierung beziehungsweise dem global präsenten Thema Smart Home geht auch Yale neue Wege. Seit 2016 bietet die Marke unter dem Namen Smart Living ein smartes Sicherheitssystem für das eigene Zuhause. Dazu gehören wahlweise Kameras für innen und außen, Bewegungsmelder, Tür- und Fensterkontakte, Rauchmelder, Sirenen, Bedienfelder, Steckdosen und mehr. Alle Komponenten sind miteinander verbunden, kommunizieren über einen zentralen Hub und lassen sich über die Yale Smart Living-App auch von unterwegs bedienen und überwachen – inklusive des Schließzylinders an der Haustür.
Während die Erfindung des Stiftzylinderschlosses seinerzeit kleinere und leichtere Schlüssel zur Folge hatte, machen die intelligenten Türverriegelungslösungen von Yale Smart Living Schlüssel komplett überflüssig. Bei den sogenannten Smart Door Locks übernehmen die Schlüsselfunktion stattdessen PIN, Fingerabdruck, Lesegerät, Fernbedienung oder eine digitale Schlüsseleingabe auf dem Smartphone. Mit bestimmten Yale Smart Door Locks können sogar mobile Zugänge für einen temporären Zutritt an Familie und Freunde gesendet werden. Die Zukunft von Yale heißt aber nicht nur Smart Living: Seine Wurzeln schätzend, baut die traditionsreiche Marke auch sein mechanisches Sortiment weiter aus.