Die USA scheinen keine „Terra incognita“ mehr für europäische Manager zu sein: Hunderte von Büchern und Schritt-für-Schritt-Anleitungen wurden veröffentlicht; es finden auch regelmäßige Workshops zu Start-Ups im Land der Freiheit statt. Jede Branche verfügt jedoch über eigene Besonderheiten und eigene Tricks.
Darüber, wie die Logistikbranche in die US-Geschäftswelt eintritt und sein kleines Stück vom Kuchen abkriegt, erzählt AsstrA USA-Abteilungsleiter Vladislav Lagun:
Vladislav, wie wurde die AsstrA USA-Abteilung gegründet?
Der Hauptgrund für den Start war, ist und wird das Ziel von AsstrA bleiben, Marktführer weltweit unter den Transport-und Logistikunternehmen zu werden. Dies gilt sowohl für die Abteilungsgründung als auch für die allgemeine Unternehmensentwicklung. Im Jahr 2015 wurde in AsstrA ein neues Konzept eingeführt: Trade Lane Management (TLM). Der TLM-Schwerpunkt liegt darin, dass die meisten Beförderungsrouten (TL-Trade Lanes) mehrere alternative Transportwege enthalten, die von verschiedenen Verkehrsträgern durchgeführt werden können. Anstelle eines einseitigen Standardangebots bietet das AsstrA-Team eine umfassende TLM-Lösung an, so dass für jeden Kunden die für ihn passende Alternative entwickelt wird.
Das TLM-Konzept bevorzugt Transportrouten mit größerer Distanz, weshalb die Transportwege China-EU / GUS – China und USA – EU / GUS –USA als wichtige Trade Lanes zur Entwicklung ausgewählt wurden. Die Gründung der AsstrA USA-Abteilung ist also eine logische Fortführung der gesamten Unternehmensrichtlinie. Die spezialisierte Abteilung ist ein Wettbewerbsvorteil, ein Zeichen unserer Kundenorientierung. Mit ihm gewinnen wir neue Kunden und erweitern die Zusammenarbeit mit bestehenden Kunden.
Der zweite Grund waren objektive Kennzahlen: im Jahre 2017, vor der Abteilungseröffnung, transportierte AsstrA auf US-bezogenen TL 3 400 Tonnen Fracht. Angesichts der Tatsache, dass der gesamte Handelsumsatz aus/in die USA für 2016 37.000 Kilotonnen betrug, wurde uns klar, dass AsstrA noch weiteres Wachstumspotenzial mit dieser Richtung hat und ein separates Team benötigt, um dieses Wachstum zu ermöglichen.
Welche Schwierigkeiten traten am Anfang auf?
Da der Verkehrsmarkt in der Richtung Europa-USA-Europa gut entwickelt ist, besteht die Hauptherausforderung für ein Logistikunternehmen, das gerade neu auf diesem Markt ist, in einem starken Wettbewerb. Entscheidende oder spezifische Wettbewerbsvorteile sind erforderlich, um einem harten Kampf zu widerstehen.
Ein unerwartetes Problem für uns war die Einstellung der amerikanischen Speditionen zu neuen Partnern. Viele der ersten Kontaktaufnahmen blieben erfolglos, da die amerikanische Seite kein gegenseitiges Interesse an der Zusammenarbeit zeigte und unsere Anfragen oft ignoriert wurden. Dazu werden in vielen amerikanischen Speditionen die meisten Entscheidungen zentral getroffen; aus diesem Grund konnten unsere Kontaktpersonen selbständig keine Fragen beantworten und die Entscheidungen unter dem Vorwand der Abstimmung mit dem Vorgesetzten wurden aufs Eis gelegt.
Die Suche nach zuverlässigen Agenten war ein Prozess, der zwar viel Geduld benötigte, aber von langfristigem Erfolg gekrönt war. In der Anfangsphase empfehle ich also, mehr Zeit und Aufmerksamkeit für die Suche und Auswahl zuverlässiger Partner zu investieren. Diesen Einsatz von Zeit und Ressourcen haben wir nie bereut.
Zweifelhaft ist jedoch der Einfluss von den in den Medien häufig diskutierten Sanktionen. Aus der Analyse der Daten von Panjiva (US-Unternehmen, das sich mit der Analyse der internationalen Handelsdaten beschäftigt) ist für das zweite Quartal 2018 ersichtlich, dass das Transportvolumen zwischen den USA und Europa um 8% im Vergleichen zu diesem Zeitraum im Jahre 2017 stieg, und in Juni-Juli (nach der gegenseitigen Einführung von Tarifen für mehrere Produktkategorien) betrug der Anstieg 6.5%. Meiner Meinung nach haben Sanktionen einen schwächeren Einfluss auf den Handel, als es in den Medien geschrieben wird. Der entscheidende Faktor waren und bleiben die Wirtschaftskennzahlen von Ländern, wie z.B. das BIP oder die Konsumausgaben.
Welche Beförderungsschemas sind optimal im Sinne des Preises und der Lieferfristen?
Sowohl der See- als auch der Lufttransport gliedert sich in grundsätzlich 3 Phasen: In den Vor- (pre-carriage), Haupt- (main carriage) und den Nachlauf (on-carriage). Die Auswahl des Schemas hängt einerseits von der Route ab. Der Preis und die Transitzeit sind stark an die Frachtführer, die Verkehrsinfrastruktur in der Region des Absenders und die Transportstrecke angewiesen. Andererseits bestimmen die spezifischen Bedingungen, wie die Ladeart, die Fristen, die Frachtwaren, das endgültige Beförderungsschema.
Oft, wenn die Ware nicht teuer ist, ist die optimale Variante der Versand in einem Container. Dabei kann der Transport zum Abgangshafen mit einem Containerschiff (in kurzer Entfernung) oder mit Hilfe eines Flachwagens (auf langen Strecken, wenn es die Infrastruktur auf der Transportstrecke erlaubt) durchgeführt werden.
Welche "dunkle Gefahren" des Seetransports sollte man kennen?
Erstens gibt es auf dem US-Markt eine Besonderheit: Schiffslinien bieten nur ungerne den Vorlauf an. Zweitens ist es wichtig, die Situation mit Sanktionen zu überwachen. In der Regel überprüfen Kunden selbst, ob ihre Waren oder ihr Partner von den Sanktionen betroffen sind. Aber selbst ein Container mit Sanktionsware kann für den Kunden schwerwiegende Schäden verursachen. Zusätzlich gibt es einen Mangel an Fahrern und Containerchassis, weshalb die Container lange warten können, bis sie an der Reihe sind, um den Hafen zu verlassen.
Welche kurzfristigen Ziele hat sich AsstrA in Amerika gesetzt?
Unser Ziel ist, bis 2020 einen Umsatz von 6,6 Millionen Euro auf US-bezogenen Trade Lanes zu erreichen. Der Plan ist, durch die Fokussierung auf einzelne Handelswege, die Pflege der Beziehungen zu Schifffahrt- und Fluggesellschaften, strategische Partnerschaft mit Agenten eine Kostenführerschaft auf einzelnen Trade Lanes zu erreichen.
Erzählen Sie über interessante Fälle, mit denen Sie konfrontiert waren.
Es gab einen interessanten Fall am Anfang dieses Jahres, als wir Kosmetika für unseren Kunden in Europa befördert haben. Für die Lieferung wurden zunächst strenge Fristen definiert, da die Ware ein Teil der aktuellen Kollektion war. Leider kam das Laden des Containers gerade zum Zeitpunkt, als es einen kritischen Schiffplatzmangel gab. Keine Schiffslinie konnte für keinen Preis einen Platz auf dem Schiff zur Verfügung stellen. Die Plätze bekamen Unternehmen, die mehrere Wochen im Voraus reservierten.
Die Spezialisten der Abteilung verloren aber keine Zeit und suchten nach einem freien Platz, gleichzeitig diskutierten sie mit dem Kunden die Möglichkeit eines alternativen Lieferschemas mit dem Flugzeug. Als es uns klar wurde, dass wir beim Containertransport die Fristen nicht mehr einhalten, haben wir in zwei Tagen den Lufttransport und die Markierung von 10 Tonnen Kosmetika organisiert und anschliessend erfolgreich durchgeführt. Dies beweist, dass dank der individuellen Bemühungen und der Kundenorientierung, die ich am Anfang erwähnt habe, ein großartiges Ergebnis erzielt wurde. Die Lieferung wurde rechtzeitig organisiert und die schnelle gelöste Situation war die Voraussetzung für die Kundenbindung. Logistik macht Spaß!